EmoKog2 - Methoden
Theorie Hypothese Operationalisierung Statistische Hypothese Laborexperiment Hirnaktivität Selbstbeobachtung Symbolverarbeitungsansatz Konnektionismus Referenzproblem Robotik Computersimulation Goldstandard
Theorie Hypothese Operationalisierung Statistische Hypothese Laborexperiment Hirnaktivität Selbstbeobachtung Symbolverarbeitungsansatz Konnektionismus Referenzproblem Robotik Computersimulation Goldstandard
Kartei Details
Karten | 36 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 14.10.2012 / 23.01.2017 |
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Psychologie als Populärwissenschaft
- Bsp.: „Spirituelle Intelligenz“ (Buzan); ca. 18 Web-of-Science-Einträge, die insgesamt ca. 20-30mal zitiert werden.
!!! Umstrittene Konzepte, da nicht durch empirische Evidenz untermauert!
Psychologie als Naturwissenschaft
Gegenstand: natürliche Phänomene, daher BEOBACHTBAR!
Theoretische Bestimmung (geteilter) Kriterien zum Nachweis ihrer Existenz ist möglich
Ablauf der Methoden
* Theorie
* Hypothese
* Operationalisierung
* Messung/Beobachtung/Berechnung (Statistische) Auswertung
** Ggf. Modifikation der Theorie
Die Naturwissenschaftliche Theorie
- vereinfachtes Bild oder Modell der Realität
- enthält Axiome, als gültig anerkannte Annahmen
- und enthält unbestätigte Annahmen
- sollte widerspruchsfrei sein
- unbestätigte Annahmen müssen (empirisch) falsifizierbar sein (ist nicht Definition)
BSP: Ziehen Farbkontraste die Aufmerksamkeit an?
Hypothese
- eine bislang nicht (vollständig) bestätigte Annahme einer Theorie
- erlaubt eine Vorhersage: wenn - dann
- entspricht einer falsifizierbaren Annahme
. UNABHÄNGIGE Variable (UV) = Wenn Phase
. ABHÄNGIGE Variable (AV) = Dann Phase
Bsp: Wenn Farbkonstraste die Aufmerksamkeit anziehen, dann sieht man sie an.
Statistische Hypothese
- Annahme über Wahrscheinlichkeitsverteilung
- Nullhypothese (H0) Zufallsverteilung der Daten
Bsp. Wenn Farbkontraste nicht die Aufmerksamkeit anziehen, solle man sie genauso häufig ansehen wie nicht ansehen.
Statistische Hypothese 2
- Annahme über Verteilung der Daten (ihre Varianz)
- Alternativhypothese (H1) ~ systematische Verteilungsunterschiede der Varianz der AV zwischen den Bedingungen (Stufen) der UV
Bsp.: Wenn Farbkontraste die Aufmerksamkeit anziehen, sollte man sie häufiger anschauen, als Regionen ohne Farbkontraste.
→ gerichtete Hypothese
- Test: Welche Varianz ist größer? Die aufgrund der UV? Oder die zufällige?
Operationalisierung
= messbar machen
Bsp.: Mit Video aufnehmen, wohin Menschen in Bildern schauen.
→ Zählen der Dauer von Blicken auf (a) Farbkontraste und (b) Orte ohne Farbkontraste
→ Vergleich der Dauer von Blicken auf (a) Farbkontraste und (b) Orte ohne Farbkontraste
Methoden der Operationalisierung
Laborexperiment
Psychobiologische Methoden
Selbstberichte
Einzelfallstudien
Feldbeobachtungen
Computersimulationen und Künstliche Intelligenz
4 Merkmale der Laborexperimente - nach Wundt
1 Willkürliche Wahl des Zeitpunktes
2 Optimale Einstellung der Aufmerksamkeit des Beobachters
3 Wiederholung zur Sicherung der Ergebnisse
4 Systematische Variation der Randbedingungen; Ein- und Ausschalten der für die Erscheinung kritischen Randbedingungen
Nenne Vor/Nachteile des Laborexperimentes!
+ hohe Kontrolle
+ gute Replizierbarkeit
+ Generalisierbarkeit über Individuen
+ eindeutige Wirkrichtung von UV auf AV
+ erlaubt Prüfung von Kausalhypothesen
- ökologische Validität
(- eingeschränkter Anwendungsbereich)
Laborexperiment - Beispiel: Selektive Angstkonditionierung
Frage: Gibt es eine Prädisposition für Angstkonditionierung auf Schlangen?
→ Affen sahen Videos mit Schlangen (SN) oder Blumen (FL); im Gegenschnitt sahen sie Artgenossen, die sich fürchteten (SN+ oder FL+) oder nicht (SN- oder FL-)
Aufgabe der Affen: Videos sehen
Danach Essen fassen entweder über einen Container mit
(1) Plastikschlange oder (2) Plastikblume
Unabhängige Variablen:
Gruppe: SN+/FL- oder SN-/FL+
Abhängige Variablen: Angstverhalten, Dauer bis zum Essenfassen, Dauer in der Versuchskammer
Vor/Nachteile der Psychobiologischen Methoden
+ Ausmaß der Kontrolle variiert stark
+ gute Replizierbarkeit
+ nicht immer generalisierbar
+ eindeutige Wirkrichtung von UV auf AV?
- erlaubt nicht immer Prüfung von Kausalhypothesen
- geringe ökologische Validität
(- eingeschränkter Anwendungsbereich)
Was ist die INTRAKRANIELLE Stimulation?
Ein Verfahren zur Prüfung von Kausalhypothesen bezüglich der Wirkung von Hirnaktivität auf Verhalten oder Erleben sind kursiv hervorgehoben.
Elektronenzephalogramm (EEG)
- 1924 von Hans Berger entdeckt
- nicht-invasives Verfahren
- misst vornehmlich EPSPs und IPSPs
Ereigniskorrelierte Potentiale (EKPs)
engl. ERPs (Event-Related Potentials)
- von Sinneseindrücken, kognitiven Prozessen oder Reaktionen ausgelöste EEG-Aktivität
Hirnaktivität EKPs
- Aufzeichnung der Aktivität, zeitlich synchronisiert mit reizseitigem oder antwortseitigem Ereignis
- Amplitude in müVolt
- Zeit in ms
Beispiel Hirnaktivität: EKPs auf fröhliche und ängstliche Gesichter von 7 Monate alten Babys
- Mittelung über Durchgänge
→ systematische Effekte des Ereignisses (Signal) wachsen, unsystematisches (Rauschen) schrumpft
→ Komponentenstruktur
Hirnaktivität Bsp: Gibt es einen freien Willen? LIBET
! gilt als neurowissen- schaftlicher Nachweis, dass der Wille nicht frei ist
Aufgabe der Probanden: spontane Fingerbewegung
2 AV
EKP: Bereitschaftspotential (BP)
Subjektiver Bericht (Wundt‘sche Uhr) über Zeitpunkt des willentlichen Entschlusses
Ergebnis
BP beginnt vor der subjektiven Willensentscheidung!
Schlussfolgerung: Kein freier Wille?
- gilt nur wenn BP freien Willen erschöpfend misst
- wird von Libet selbst bestritten:
Veto (Abbruch der Handlung vor Ausführung) nach BP-Beginn möglich
- Allgemein: Willensakte der Unterlassung → zeigen sich nie im BP
Hirnaktivität: Beziehung zum Psychischen
Wichtig:
- kausale Wirkung von Hirnprozessen auf psychisches Geschehen wird nicht bestritten
Beispiel: intrakranielle Stimulation, Läsionen (Hirnschädigungen) → verändern psychisches Geschehen!
- daher eindeutige Wirkrichtung: Hirn → Erleben!
- nur: die jüngere Neurowissenschaft hat wenig zu diesen lange bekannten Tatsachen beigetragen
Hirnaktivität: "gute" räumliche Auflösung
- Läsionen
- PET
- SPECT
- Computertomographie
- fMRT, event-related
- MRT
Erkläre die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT)!
- Induktion von Magnetfeldern
- Hämoglobin (roter Blutfarbstoff)
- mit Sauerstoff angereichert ist diamagnetisch
- ohne Sauerstoff ist paramagnetisch
- BOLD-Antwort (Blood Oxygen Level Dependent) - Messung der Magnetisierbarkeit von Gewebe
- BOLD-Antwort stärker wo Sauerstoff verbraucht wird (als wo er nicht verbraucht wird)
- paradox, da Sauerstoff die Magnetisierbarkeit mindert
- mögliche Erklärung: überschießende Nachschubversorgung mit sauerstoffhaltigem Blut
- Berechnung von BOLD-Differenzen (z.B. Aufgabe vs. Pause)
- Verfahren löst räumlich gut auf; Voxel (Würfel) mit ca. 4 mm Kantenlänge
- Verfahren löst zeitlich schlecht auf; eine Messung pro ca. 2,5 – 3 Sekunden
Wichtig: fMRT misst die Sauerstoffversorgung, nicht die neuronale Aktivität
Aber: neuronale Aktivität ist für Verarbeitung von Information im Gehirn verantwortlich
→ BOLD-Antwort ist daher indirektes Maß der Verarbeitung
Was sie genau widerspiegelt wird erforscht!
Psychobiologische Methoden: Eingeschränkte Generalisierbarkeit
- von Tierversuchen auf den Menschen; Bsp.: Bestimmung homologer (mit dem Menschen vergleichbarer) Areale niederer Tiere
- von neuropsychologisch Erkrankten Menschen auf gesunde Menschen; Bsp.: Substitution von Funktionen
(Gilt leider gerade für die Verfahren zur Prüfung von Kausalhypothesen, die die Wirkung von Hirnaktivität auf Verhalten oder Erleben betreffen.)
Peripherphysiologische Aktivität
- EKG
- Herzrate, Puls, Atemfrequenz
- Elektrodermatographie
Selbstberichte beinhalten folgende Methoden:
Fragebögen
Interviews
Tagebücher
Verbale Protokolle
Selbsteinschätzungen
Vor/Nachteile von Selbstberichten
+ hohe Augenscheinvalidität
+ hohe ökologische Validität
+ Zugang zum Subjektiven (privates Erleben, Bewusstsein)
- willentliche Verfälschbarkeit - Vergessen
- setzen Bewusstsein voraus
- können den Gegenstand der Beobachtung ändern
Objektive Daten
*Leistungsdaten; gute Leistung lässt sich nicht willentlich vortäuschen
*physiologische Daten; geringes subjektives Wissen über die willentliche Beeinflussbarkeit der physiologischen Daten
Computersimulationen, künstliche Intelligenz
- Computermetapher: psychische Prozesse als Informationsverarbeitung
- formale oder mathematische Beschreibung von geistigen Prozessen
- Rechenbarkeit als Plausibilitätskriterium für psychologische Theorien
Symbolverarbeitungsansatz
- psychische Prozesse entsprechen Erzeugung und Veränderung symbolischer Repräsentationen
- häufig mit der Annahme propositionaler Wissensrepräsentation verbunden
- hierarchische Verarbeitung - sequentielle Verarbeitung
Beispiel Symbolverarbeitung: General Problem Solver (Newell & Simon, 1972)
- Computerprogramm zur Lösung logischer Probleme
- schrittweise Reduktion der Unterschiede zwischen Ist-Zustand (Problem) und Soll-Zustand (Ziel)
- durch Anwendung erlaubter Operatoren
- zur Lösung von Aufgaben wie „Turm von Hanoi“ - „Turm von Hanoi“:
(1) schichte die Scheiben vom linken Stab (Ist- Zustand) auf den rechten
(2) lege immer nur kleinere auf größere Scheibe, nie größere auf kleine
Bsp: Menschenähnlichkeit?
Methode:
Vergleich der Computerlösungsschritte mit verbalen Kommentaren von Menschen bei der Lösung derselben Probleme
→ Ergebnis: gute Übereinstimmung
Menschenähnlichkeit - KRITIK
- physiologisch (im Gehirn erfolgt) Verarbeitung nicht digital (nicht durch Kodierung in „An“- und „Aus“- Zuständen)
- Theorie hat eingeschränkten Geltungsbereich: z.B. menschlicher Sprachgebrauch (Performanz) ist nicht zu erklären
→ Hypothese, dass Menschen Information wie Computer verarbeiten, ist daher nicht bestätigt
→ dass Menschen Information wie Computer verarbeiten ist häufig nur ein Axiom
Konnektionismus
- biologisch plausibel; vom Aufbau des Gehirns inspiriert
- parallele Verarbeitung
- rekursive Verarbeitung
- verteilte Repräsentation
Konnektionismus: Beispiel
Modell zur Steuerung der visuellen Aufmerksamkeit/des Blicks bei visuellem Input
- Annahme: Salienz (Deutlichkeit) von Merkmalen zieht Blick an
- Salienz: Stärke lokaler Merkmalsdifferenzen in Farbe, Intensität und Orientierung (Verarbeitung parallel)
→ Repräsentation in Salienzkarten für jedes Merkmal → Kombination der drei Karten
→ Position maximaler Aktivierung in der gemeinsamen Karte („Winner“) wird betrachtet/beachtet
→ anschließend „gehemmt“ (damit Blick nicht dorthin zurückkehrt)
Formale Beschreibung/Algorithmen IST NICHT GLEICH Bedeutung/Inhalt
Formeln und Algorithmen beschreiben Lösungen, unabhängig vom Gegenstand.
Spezifische Bedeutung des Modells wird durch unsere Interpretation willkürlich hinzugefügt.
Robotik
- biologisch plausibel; vom Aufbau des Körpers inspiriert
- Arbeitsteilung zwischen Körperperipherie und Gehirn/Geist
- löst das Referenzproblem, ist fundiert (engl. „grounded“)
Computersimulation, künstliche Intelligenz
Vor/Nachteile
+ strenge Annahmen
+ quantitative Vorhersagen
+ Signalermittlung in biologischen Systemen
- Mächtigkeit der Modelle; Zahl der Freiheitsgrade
- Abstraktionsniveau vs. Aussagekraft
- Erklärungen vs. Beschreibungen
Methoden - Fazit
Alle Methoden haben Vor- und Nachteile.
>>Daher Gold-Standard:
Konvergenz der Ergebnisse unter Verwendung verschiedener Methoden!