Differentielle Psychologie II - Kap. 6 Persönlichkeit
Kapitel 6 FFH
Kapitel 6 FFH
Kartei Details
Karten | 51 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 30.01.2013 / 08.06.2022 |
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Was versteht man unter Konstitutionstypologien (Kretschmer)?
Klassifizierung von Menschen angesichts ihres Körperbaus, aus dem auf individuelle Leistungsfähigkeit und seelisches Verhalten geschlossen wird.
- Pykniker: depressiv, genussbetont
- Leptosome: kopfbetont, nachdenklich, Neigung zu Schizophrenie
- Athletische: extrovertiert, körperbetont, unüberlegt, Neigung zu Epilepsie
empirischer Nachweis zumindest fragwürdig, nur 10% "reine" Typen, wissenschaftlich überholt
Was versteht man unter Temperamentstypologien?
Anwendung von Temperamenten (Eigenschaften im Bereich Aktivierung, Affekte, Aufmerksamkeit) zur Klassifizierung von Menschen
- Sanguiniker
- Choleriker
- Phlegmatiker
- Melancholiker
Erweiterung des Hippokratischen Modells durch Wundt mit den Dimensionen "Stärke der Gemütsbewegung" und "Schnelligkeit des Wechsels der Gemütsbewegung"
Erweiterung durch Eysenck durch kontinuierliche Zuordnung von Eigenschaften zu den vier Typen auf den vier Dimensionen Neurotizismus (labil/stabil) und Extraversion (extravertiert - introvertiert)
Eysenck wendet sich später einem faktorenanalytisch begründeten Ansatz zu (PEN-Modell)
Wie erklärt Eysenck die individuellen Differenzen in den Dimensionen?
durch individuelle Differenzen im aufsteigenden retikulären aktivierenden System ARAS
Was ist das PEN-Modell?
ein hierarchisches Persönlichkeitsmodell
unterste Ebene: spezifische Reaktionen (mehrmalige Kontrolle der Haustür ob abgesperrt ist)
mittlere Ebene: Habits (gewohnheitsmäßiges Überprüfen von Handlungen um korrektes Handeln zu gewährleisten)
oberste Ebene: Traits/Typen (Neurotizismus)
Wie kommt die Bezeichung PEN zustande?
Die drei unabhängigen Sekundärfaktoren im Modell Eysencks:
- Psychotizismus (ungewöhnliches, unsoziales, wenig kontrolliertes Verhalten; aggresiv, egozentrisch, unempathisch etc.); häufiger bei Männern, Jüngeren, Künstlern, Delinquenten
- Extraversion (Soziabilität - gesellig, dominant, lebhaft; Belohnungssensitivität - abenteuerlustig, reizsuchend; treten nur mittelhoch gemeinsam auf); positive Emotionalität, Kernelement des Glücklichseins
- Neurotizismus (ängstlich, irrational, launisch, wenig selbstbewusst); negative Emotionalität, "Anleitung zum Unglücklichsein"
Erfassung der PEN-Dimensionen?
- Eysenck Personality Inventory EPI
- Eysenck Personality Questionnaire EPQ und revidierte Fassung EPQ-R
- Eysenck Personality Profiler EPP-D (Psychotizismus umbenannt in Risikoneigung; Offenheit als Lügenskala)
auch neurowissenschaftlich fundiert
Was besagt die Arousal-Theorie?
Introvertierte haben niedrigere physiologische Aktivierungsschwelle, sind daher auch in Situationen mit wenig Aktivierungspotenzial überdurchschnittlich aktiviert (Arousal hoch); ab einer gewissen Schwelle werden jedoch Schutzmechanismen aktiviert sodass sie bei stark erregenden Situationen wieder weniger Aktivierung als Extrovertierte haben
optimales Erregungsniveau unterscheidet sich zwischden Extravertierten und Introvertierten; Introvertierte erreichen früher den Punkt der maximal-positiven hedonistischen Tönung
Welchen Stellenwert hat das PEN-Modell heute?
noch aktuell und häufig eingesetzt, jedoch eher für klinische Psychologie
Kritikpunkte:
- frühe Festlegung auf 3 Persönlichkeitsfaktoren schränkte Entwicklung ein
- Unabhängigkeit der drei Faktoren fragwürdig
- Ergebnisse zum Teil nur durch Einzelstudien untersucht
- Ergebnisse von Eysencks Arbeitsgruppe sind meist positiver als die anderer ForscherInnen
- nicht immer klare Unterscheidung zwischen gezielter Vorhersage und gelungener Post-Hoc-Interpretation
Was sagt der lexikalische Ansatz der Persönlichkeit aus?
Die menschliche Sprache spiegelt alle Aspekte der Persönlichkeit wider, die für den sozialen Umgang von Menschen wichtig sind. Je wichtiger ein Merkmal, desto eher werden sich dafür Wörter in der Sprache finden.
Wie wird daher im Rahmen des lexikalischen Ansatzes vorgegangen?
Man verwendet Sprache als Ausgangsbasis für die Suche nach grundlegenden, wichtigen Persönlichkeitsdimensionen. Das gesamte Lexikon einer Sprache wird nach persönlichkeitsbeschreibenden Eigenschaftswörtern durchsucht. Ungebräuchliche Wörter und Synonyme weglassen. Verbleibenden Sammlung von einer großen Stichprobe beurteilen lassen (sich selbst oder andere Personen betreffend - meist mit Likert-Skalen).
Eigenschaftsvariablen dann mit Hilfe von Faktorenanalysen auf möglichst wenige Faktoren reduzieren
Wo liegen die Grenzen der Verwendung von Sprache als Ausgangsbasis für Persönlichkeitsdimensionen?
Relevante Persönlichkeitsmerkmale könnten sprachlich unterrepräsentiert sein
Unterschiede zwischen Sprachgemeinschaften/Kulturen
Wieviele Faktoren kristallisierten sich ab Anfang der 60er Jahre heraus und durch welche ForscherInnen?
5
Tupes&Christal US-Luftwaffe, Re-analyse von Interkorrelationen in 8 Stichproben
Norman - erste Benennung der fünf Faktoren
Goldberg - Big Five = sehr breite Aspekte der Persönlichkeit, auf relativ hohem Abstraktionsniveau
Costa & Crae
Benenne und beschreibe die Fünf Faktoren der Big5!
O C E A N
Openness: intellektuelle Neugier, Kunst- Kulturgefühl; instabilster Trait; höchste Korrelation mit Intelligenz, hoch auch mit Kreativität und Bildung
Conscientiousness: (Gewissenhaftigkeit) Zuverlässigkeit, Beharrlichkeit, Ordentlichkeit; eher stabil, korreliert besonders hoch mit Bildung, hoch mit Intelligenz
Extraversion: Aktivität, Geselligkeit, Ungehemmtheit; korreliert mit subjektivem Wohlbefinden und Initiierung von Interaktionen
Agreeableness: Freundlichkeit, Wärme, zwischenmenschliches Entgegenkommen; korreliert mit hilfsbereitem Verhalten
Neurotizismus: Nervosität, Gefühlsschwankungen, Ängstlichkeit, negative emotionale Stabilität; korreliert negativ mit allgemeiner Lebenszufriedenheit und subjektivem Wohlbefinden.
Nenne einige Fragebögen zur Erfassung der Big Five!
- NEO Persönlichkeitsinventar - revidiert NEO-PI-R längstes Inventar; unterteilt die 5 noch in je 6 Unterfacetten; jeweils 8 Fragen pro Unterfacette; ergibt insgesamt 240 Items
- NEO Fünf-Faktoren-Inventar NEO-FFI Kurzfassung mit 60 Items
- Big Five Inventory-Short BFI-S 15 Items
- Big Five Inventory 10 10 Items
Benenne einige Unterfacetten des NEO-PI-R?
Openness: Fantasie, Ästhetik, Gefühle
Conscientiousness: Kompetenz, Pflichtbewusstsein, Leistungsstreben
Extraversion: Herzlichkeit, Durchsetzungsfähigkeit, Erlebnishunger
Agreeableness: Vertrauen, Freimütigkeit, Altruismus
Neuroticism: Ängstlichkeit, Reizbarkeit, Depression
In welchen Situationen sollte ein eher längeres / kürzeres Persönlichkeitsverfahren eingesetzt werden?
Kurzversionen: ökonomisch, liefern aber nur Ausschnitte, weniger Reliabilität/geeignet für breiten Überblick einer/s BewerberIn
Langversionen: erfasst viele unterschiedliche Facetten, von denen einzelne relevanter sein können als ihre übergeordneten Faktoren; dauert allerdings sehr lang / wenn Fokus auf Detailerfassung von Eigenschaften
Was ist das Bandwidth Fidelity Dilemma?
Das Dilemma zwischen Bandbreite/Komplexität und Genauigkeit eines psychologischen Testverfahrens.
Devise: so lange wie nötig
Welche drei Persönlichkeitstypen gingen aus Clusteranalysen der Big Five hervor?
- der Unterkontrollierte: wenig gewissenhaft, leicht erhöhte Offenheit und Extraversion
- der Überkontrollierte: extrem neurotisch, sehr wenig extravertiert
- der Resiliente: wenig neurotisch, hoch gewissenhaft, sehr offen
Welche beiden Komponenten enthält die individuelle Veränderung von Persönlichkeitseigenschaften?
- durchschnittliche, alterstypische Veränderungen (höhere Aggressionswerte in der Pubertät)
- differentielle Veränderung - individuelle Besonderheiten in der Entwicklung
Wie werden Persönlichkeitsentwicklungen erforscht?
anhand von Längsschnittstudien - Metaanalysen von Längsschnittstudien zur Mittelwertveränderung von Eigenschaften
Welche Ergebnisse lieferten Untersuchungen zur Persönlichkeitsentwicklung?
Emotionale Stabilität sowie die Mittelwerte der Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit nehmen über die Lebensspanne zu
Offenheit und Extraversion liefern keine eindeutigen Ergebnisse
Ursachen für Persönlichkeitsveränderungen?
- intrinsiche Reifungsprozesse
- altersbedingte Umweltveränderung (z.B. verändert sich Neurotizismus mit Eingehen der ersten längeren Beziehung bedeutsam)
Welche Methoden werden zur Feststellung der Stabilität von Eigenschaften verwendet?
- Mittelwertsunterschiede
- Korrelation
Welches sind die vier allgemeinen Prinzipien der Stabilität?
- Die Stabilität einer Eigenschaft sinkt kontinuierlich mit wachsendem Zeitabstand zwischen Messpunkten.
- Für unterschiedliche Persönlichkeitsbereiche sind die Stabilitäten verschieden hoch. IQ am stabilsten, Big Five mittelmäßig, Selbstwertgefühl und allg. Lebenszufriedenheit am instabilsten.
- Für viele Traits sinkt die Stabilität mit instabiler Umwelt.
- Ist der erste Messzeitpunkt im Kindes-/ Jugendalter, der zweite aber nicht, mindert das die Stabilität. Effekt tritt nicht auf wenn alle Messzeitpunkte im Erwachsenenalter liegen.
Heutiger Stellenwert des Big Five Modells?
Referenzmodell
meist verbreitete und akzeptierte Grundlage der Persönlichkeit
Integration verschiedener Paradigmen und Traditionen
Kritik am Big Five Modell?
- wenige Überlegungen zu möglichen biologischen Fundierungen
- Uneinheitlichkeit der Benennung
- Unklarheit über hierarchische Ordnung der Faktoren
- es handelt sich nicht um entdeckte Naturgegebenheiten sondern Konstruktionen
Welche biologisch begründeten Modelle der Persönlichkeit kennen Sie?
- Sensation Seeking (Zuckerman)
- Reinforcement Sensitivity Theorie (Gray)
Was beschreibt die Eigenschaft Sensation Seeking?
Bedürfnis nach wechselnden, neuen und komplexen Empfindungen und Erfahrungen
individuelle Unterschiede im Bedürfnis nach Stimulation, die notwendig ist, um sich wohl zu fühlen (hedonistischer Tonus) & unterschiedliches Niveau der Basisaktivierung
Der Trait Sensation Seeking bezieht sich somit auf die Tendenz, neue, verschiedenartige, komplexe und intensive Eindrücke zu erfahren und dafür auch Risiken in Kauf zu nehmen.
Worauf gründet Zuckerman seinen Ansatz?
auf biologische Grundlagen
Zusammenhänge zwischen Sensation Seeking und dem psychophysionlogisch definierten Persönlichkeitsmerkmal Augmenting-Reducing.
Was versteht man unter Augmenting?
Bei wiederholter Stimulation können Reaktionen des zentralen Nervensystems im EEG abgelesen werden. Die Komponenten dieser Reaktion variieren systematisch mit der Reizstärke. Ab einem gewissen Stimulationslevel werden interindividuelle Unterschiede sichtbar:
Augmenter weisen eine immer größer werdende Differenz zwischen "Öffnen der Schleuse" zur betreffenden Lokation P1 und genauer Erfassung des Reizes N1 auf.
Reducer weisen ab einem bestimmten Stimulationslevel eine immer geringer werdende Differenz zwischen P1 und N1 auf. Dies wird als Augmenting-Reducing bezeichnet und wird als Schutzmechanismus des Körpers vor übermäßiger Stimulation interpretiert.
Welchen Zusammenhang stellt Zuckerman zwischen kortikalem Augmenting und dem Trait Sensation Seeking her?
Sensation Seeker zeigen eher Augmenting (keine Schutzhemmung des zentralen Nervensystems). Niedrige Sensation Seeker sind eher Reducer.
Wie wird das Merkmal Sensation Seeking noch erfasst?
Mit dem Fragebogen Sensation Seeking Scale, die vier Primärfaktoren (teilweise interkorrelierend) unterscheidet:
- Thrill and Adventure Seeking (riskante, aufregende Aktivitäten, Sport etc.)
- Experience Seeking (neue Erfahrungen machen wollen)
- Disinhibition (Stimulation durch soziale Aktivitäten, Enthemmung mit Hilfe sozialen Trinkens)
Boredom Susceptibility: Intoleranz gegenüber Langeweile
Mit welchen alltagsrelevanten Verhaltensweisen hängt der Trait Sensation Seeking zusammen?
- weniger Angst vor Unbekanntem
- bevorzugt Berufe mit Abwechslung, Herausforderungen
- offen, dominant, sucht Sozialkontakte
- bevorzugt riskante Sportarten
- nonsense Witze
- Sexualverhalten als Spiel ohne strenge Regeln
Was wird mit Hilfe der Reinforcement Sensitivity Theory RST erklärt?
worauf der individuelle Unterschied in den individuellen Reaktionen auf Lob und Tadel zurückzuführen ist und welche Konsequenzen daraus entstehen
Wie wurde das RST Modell entwickelt?
Weiterentwicklung des PEN-Modells, mit alternativen Dimensionen für Eysencks Extraversion und Neurotizismus: Ängstlichkeit und Impulsivität
Ängstliche und Impulsive reagieren unterschiedlich gut auf Belohnung und Bestrafung und können daher unterschiedlich gut lernen
Wie wird die Annahme des unterschiedlichen Lernens durch Ängstliche und Impulsive begründet?
biologische Begründung:
- Verhaltenshemmungssystem (Behavioral Inhibition System BIS): individuelle Unterschiede in Ängstlichkeit; wenn hoch ausgeprägt, dann leichtere Ansprechbarkeit für Bestrafung; septo-hippocampales System, zingulärer und präfrontaler Kortex
- Verhaltensaktivierungssystem (Behavioral Activation System BAS): individuelle Unterschiede in Impulsivität; wenn hoch ausgeprägt, dann leichtere Ansprechbarkeit für Belohnung; Basalganglien, dorsales und ventrales Striatum, Nucleus Accumbens, Verbindungen zum präfrontalen Kortex
Was ist das verbindende Element verhaltenstheoretischer Ansätze der Persönlichkeit?
- die zentrale Betonung von Lernvorgängen
- Annahme, dass neben wenigen angeborenen Reaktionen (Reflexe) und zufälligen spontanen Aktivitäten das menschliche Verhalten erlernt ist und primär durch Umweltreize gesteuert wird
Erkläre die soziale Lerntheorie (Rotter).
Vier Grundkonzepte: Verhaltenspotential, Erwartung, Situation, Verstärkungswert
Verhaltenspotential (Aussicht dass Verhalten y in der Situation s mit aussicht auf eine Verstärkung gezeigt wird); ist eine Funktion der Erwartung, dass das Verhalten y in der Situation s zur Verstärkung führt und des Verstärkungswertes; ist nur gegeben wenn Erwartung und Verstärkungswert positiv sind
Individuelle Unterschiede im Verhalten in ein und derselben Situation resultieren aus unterschiedlichen Erwartungen und Verstärkungswert
Worum handelt es sich bei dem LOC?
Locus of Control - Kontrollüberzeugung: die Erwartung, Handlungsfolgen selbst unter Kontrolle zu haben oder Opfer der Situation zu sein.
- internaler LOC: Kontrolle liegt bei der Person selbst
- externaler LOC: Ort der Kontrolle in äußeren Umständen
Entstehung internaler/externaler Kontrollüberzeugung durch Mutter-Kind-Interaktionen: Erziehung zu früher Selbstständigkeit führt eher zu internalem LOC
internale Erwachsene hatten als Kinder stärkere Kontakte zu Gleichaltrigen
Konsequenzen individueller Kontrollorientierung im Alltag?
- Informationssuche: Internale kompetenter
- Kausalattribuierungstendenz: Internale führen Erfolg auf eigene Fähigkeiten zurück, Externale schreiben Misserfolge dem Zufall zu
- Leistungsverhalten: Internale zeigen stärkere Leistungsorientierung
- Gesundheitsverhalten: Internale betreiben mehr Vorsorge, weniger anfällig für Depressionen, psychische Fehlanpassung
- Soziale Beeinflussbarkeit: Internale geben Konformitätsdruck weniger nach
- Delay of Gratification: Internale sind eher bereit auf eine kleine sofortige Belohnung zugunsten einer größeren später zu verzichten