Diagnostik

2. Grundlegende Aspekte der Diagnostik

2. Grundlegende Aspekte der Diagnostik


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Flashcards 22
Language Deutsch
Category Psychology
Level University
Created / Updated 28.01.2016 / 26.12.2020
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Diagnostik als Basisfach für alle psychologischen Fächer

Inhalte der Diagnostik:

Verfahren

•Fragebogen, •Tests •Interview •Beobachtung…. •Kritische Auseinandersetzung mit den Verfahren

Strategien

•Kombinationen •Kriterien •Grenzen

 

Denkweisen

Entscheidungen •Diagnosen •Prognosen •Kritisches Denken

 

Definition: Psychologische Diagnostik

Psychodiagnostik ist das systematische Sammeln und Aufbereiten von  Informationen mit dem Ziel, Entscheidungen und daraus resultierende Handlungen zu begründen, zu kontrollieren und zu optimieren. 

Informationssammlung basiert auf Regeln, Anleitungen,  Algorithmen

Zur Gewinnung psychologisch relevanter Charakteristika von Merkmalsträgern und

Integration gegebener Daten zu einem Urteil 

Ziel: Entscheidung als Diagnose, Prognose und deren Evaluation

Psychologische Diagnostik (Schmidt-Atzert& Amelang, 2012) 

… ist eine Teildisziplin der Psychologie. Sie dient der Beantwortung von Fragestellungen, die sich auf die Beschreibung, Klassifikation, Erklärung oder Vorhersagemenschlichen Verhaltens und Erlebens beziehen. Sie schließt die gezielte Erhebung von Informationen über das Verhalten und Erleben eines oder mehrerer Menschen sowie deren relevanter Bedingungen ein. Die erhobenen Informationen werden für die Beantwortung der Fragestellung interpretiert. Das diagnostische Handeln wird von psychologischem Wissen geleitet. Zur Erhebung von Informationen werden Methoden verwendet, die wissenschaftlichen Standards genügen.

- eigenschaftsbedingt und situationsbedingt

- Intra-und interindividuelle Unterschiede

- Information und Interpretation –sind nicht das Gleiche

Beschreiben, Klassifizieren, Erklären und Vorhersagen

Qualitativeund quantitativeBeschreibung 

 

Klassifikation: z.B. ICD-10, DSM-V

auch in der Eignungsdiagnostik

 

Erklären: Ursachendiagnostik

 

Vorhersagen: z.B. Berufserfolg, Gesundheitszustand, Rückfälligkeit (aber das Problem der Varianzaufklärung!?)

Merkmalsträger können sein:

Einzelpersonen Frank, Peter, Franka, Petra..

Personengruppen Arbeitsgruppen, Berufsgruppen, Schulklassen…

Institutionen Verwaltung, Firmen, …

Situationen Arbeitsabläufe, Gespräche, …

Gegenstände Getränke, Autos, Stifte…

Zielgerichtetheit der Psychodiagnostik z.B. Diagnostik zur Behandlung oder zur Beratung

ErfassungIst-Zustand, ggf. der vergangenen Ursachen und des Soll-Zustandes

 Aufgabenbereiche und Fragestellungen

ABO-Psychologie (30%)

Pädagogische Psychologie (29%) Klinische Psychologie (24%)  

Forensische Psychologie (44%) 

Markt-und Werbepsychologie  

Ökologische Psychologie 

Verkehrspsychologie (44%) 

Gesundheitspsychologie (29%)

Neuropsychologie  

 

Diagnostikund Bedeutungder Erkenntnisseausden Grundlagengebieten 

s. Bild

Diagnostikund Bedeutungder Erkenntnisseausden Anwendungsgebieten

s. Bild

Sinn oder Unsinn der Diagnostik 

Suche nach optimalem Treatment (z.B. Behandlung)

Qualitätssicherung Streben nach Selbsterkenntnis

Bedürfnis nach Unsicherheitsreduktion bezüglich der Eigenschaften von Mitmenschen

Wunsch nach Rechtfertigung von Entscheidungen durch Tests

Verwaltung von Mangelzuständen

 Diagnostikarten -  Gegenüberstellung der verschiedenen Einteilungen

Eigenschaftsdiagnostik vs. Verhaltensdiagnostik

Statusdiagnostik vs. Prozessdiagnostik

Selektionsdiagnostik vs. Modifikationsdiagnostik

 

Eigenschaftsdiagnostik I (Theoretische Basis, Annahmen, Erfassen)

Theoretische Basis:

Eigenschaftstheorien (Traits)

Stabilität des Traits als Voraussetzung

Traitsnicht direkt beobachtbar nur aus Verhalten ableitbar

Vorhersage von Verhalten aus Trait

Annahme:

Verhaltensweisen = Indikatoren für Trait z.B. Suche nach Eigenschaftstest(s) als Indikatorfür Berufseignung

wenn Test mit Kriterien für Berufseignung korreliert

d.h. Indikatoren müssen repräsentativ für Eigenschaft sein

Erfassen:

i.d.R. über psychometrische Testverfahren

i.d.R. normorientiertes Messen (Normen von Tests)

Quantitative Abstufung der Testwerte (Ausprägung der Eigenschaft einer Person im Vergleich zur Population

Eigenschaftsdiagnostik II - Schlussfolgerungstyp:Analogieschluss 

Schlussfolgerungstyp:Analogieschluss

A hat Ähnlichkeit mit B .

B hat die Eigenschaft C .

Also hat auch A die Eigenschaft C .

 

Fritz und Paul haben einen IQ-Wert von 100.

Paul ist durchschnittlich intelligent.

Dann ist Fritz auch durchschnittlich intelligent.

 

Frau M. und Frau F. sind traurig

Frau M. hat eine Depression

Also hat Frau F. auch eine Depression

 

Problem!?

 

Probleme bei Eigenschafsdiagnostik (Traits)?

Sind Eigenschaften unabhängig von Situationen und Zuständen erfassbar? Stabilität… gibt es die wirklich?

              z.B. Ängstlichkeit und Angst

Definitionsproblem: Vorsicht vor tautologischen Schlüssen!!

Beispiel A:

              Definition: „Intelligenz“ =  Thurstones7 Primärfaktoren (z.B. 5 erfasst der IST 2000-R)

              Peter hat 76 Aufgaben richtig gelöst IQ-Punkte 118 Normalverteilung  ablesen

             „Überdurchschnittlich“ Peter ist überdurchschnittlichintelligent im Sinne des IST2000am Tag X! (Interpretation

 

) Beispiel B:

            Peter nimmt Drogen, weil er Drogenabhängigerist.

 

            Diagnostischer Aussagegehalt von A und B?

 

            Bei A) Verhaltensindikatorund Definitionsind identisch!

            Validitätsprüfungder Verhaltensindikatoren

Verhaltensdiagnostik I (Theoretische Basis, Annahme, Ziel, Erfassen)

Theoretische Basis:Lerntheorien

(Eigenschaften und Verhalten ist erlernt und modifizierbar)

Annahme: bester Prädiktor für zukünftiges Verhalten (Kriterium, „sign“) ist vergangenes Verhalten

Ziel: Suche nach repräsentativen „samples“ (Beispiele, Stichproben) von Verhaltensweisen für das Kriterium

              Z.B. Angstauslösende Reize

              Z.B. Kenntnis der Straßenverkehrsgesetze (theor. Fahrprüfung), Fahrtauglichkeit (prakt. Fahrprüfung)

Erfassen:  z.B. Rollenspiele oder Arbeitsproben, praktische Tests

Inhaltsvalidität ist hier wichtig! (s. spätere Vorlesung)

i.d.R. kriteriumsorientiertes Messen:  verwendeter Vergleichsmaßstab für das zu bewertende Merkmal eines Beurteilungssachverhalts wird unabhängigvon Informationen über die Verteilung der Ausprägungen dieses Merkmals festgelegt (Pawlik, 1992).

Verhaltensdiagnostik II (Schlussfolgerungstyp: Induktionsschluss)

Schlussfolgerungstyp: Induktionsschluss

 A ist gleich B

A hat Eigenschaft C

also gilt für alle B die Eigenschaft C

 

Sokrates ist sterblich

Sokrates ist ein Mensch

Alle Menschen sind sterblich

 

Peter ist lernt jeden Tag nach der Schule

Peter ist  intelligent

Menschen die viel lernen sind intelligent.

Probleme bei Verhaltensdiagnostik?

Der Schluss vom einzelnen auf die Allgemeinheit kann, muss aber nicht wahr sein!

Kann zur Hypothesenbildung helfen, muss aber geprüft werden!

Auch –oder gerade in der Individual-Diagnostik ist wissenschaftliches Vorgehen extrem wichtig!

Leider haben wir es in der Diagnostik in der Regel nur Stichproben von Verhalten und müssen auf Induktionsschlüsse zurückgreifen

Unterschiede in der Praxis (Eigenschaftsdiagnostik: vs. Verhaltensdiagnostik + SORKC-Verhaltensgleichung)

Eigenschaftsdiagnostik: Klassifikation von Personen nach bestimmten taxonomischen Einheiten aber daraus resultieren noch keine Handlungsanweisungen für Interventionen „Peter ist ängstlich.“

Verhaltensdiagnostik: Handlungsanweisungen direkt ableitbar: z.B. funktionale Verhaltensanalyse hieraus können Handlungsanweisungen für Interventionen abgeleitet werden. „Bettnässen“, Angstzustände

 

 

Prozess-vs. Statusdiagnostik

Statusdiagnostik: Erfassung des Ist-Zustands
Prozessdiagnostik: Wiederholte Untersuchungen mit Erfassung der Veränderungen
 

 

Selektions- vs. Modifikationsdiagnosti

Selektionsdiagnostik: zB Personenselektion, Bedingungsselektion

 

Modifikationsdiagnostik: Verhaltensmodifikation, Bedingungsmodifikation (Dabei Annahme, dass Bedingung (z.B. Verhalten) veränderbar (variabel) ist.)

Zusammenfassung: Diagnostik

Je nach Fragestellung kann in der Diagnostik die Perspektive sehr unterschiedlich sein und daraus resultieren sehr unterschiedliche diagnostische Vorgehensweisen!

Diagnostische Schlüsse beinhalten viele Möglichkeiten und viele Probleme, die im Alltag von Psycholog_innen eine wichtige Rolle spielen! Sie können nicht völlig verhindert werden, müssen aber bei der Begutachtung bedacht werden.

Diagnostik sollte kein Glaubensbekenntnis sein (s. Kirche des Fliegendes Spagettimonsters), sondern einem wissenschaftlich fundierten Vorgehen folgen!

Fragen & Aufgaben

1. Beschreiben, Klassifizieren, Erklären und Vorhersagen:

    Wo sind die Unterschiede? Wo sind die Übergänge ggf. schwer einzugrenzen?

 

2. Unterscheiden Sie die Diagnostikartenund bilden Sie für alle ein praktisches Beispiel