Das neue Netz, Kap 3
Kommunikationswissenschaftliche Grundlagen, Vorlesung HS 2016, Uni Basel
Kommunikationswissenschaftliche Grundlagen, Vorlesung HS 2016, Uni Basel
Fichier Détails
Cartes-fiches | 19 |
---|---|
Langue | Deutsch |
Catégorie | Affaires sociales |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 23.11.2016 / 23.11.2016 |
Lien de web |
https://card2brain.ch/box/das_neue_netz_kap_3
|
Intégrer |
<iframe src="https://card2brain.ch/box/das_neue_netz_kap_3/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>
|
Praktiken
Praktiken setzen bestimmte Wissensformen voraus,
die den Handlungsvollzug und den Umgang mit Artefakten berühren, aber
auch die Körperlichkeit der Akteure einbeziehen. Der Akteur, der Träger der
Praxis ist, muss in konkreten Situationen verschiedene oder auch
widersprüchliche Routinen und Sinngehalte abwägen.
Routinen
Routinen sind wiederholte Aktivitäten, die zumindest zu Beginn von
bestimmten Reflexionen ausgehen. Die Routinisierung wirkt entlastend und
komplexitätsreduzierend, da die Reflexion nicht wieder und wieder
vorgenommen werden muss.
Gewohnheiten
Gewohnheiten sind ebenfalls wiederholte Handlungen, die
hingegen eher unbewusst ausgeführt werden.
Veränderungen in der Mentalität
Veränderungen der Fähigkeiten oder
Fertigkeiten des eigenen Körpers oder den zur Verfügung stehenden
dinglichen Artefakten, die dazu führen, dass eingeübte Handlungsroutinen
nicht mehr adäquat sind.
„Encoding-Decoding“-Modell
Dieses Modell von Hall konzipiert das
allgemeine Textverständnis von Bild, Bücher, Film etc. und beschreibt auf
welche Art und Weise der Rezipient einen Medientext verarbeitet, deutet und
interpretiert. Das Rezipieren von Medienangeboten also als Dekodierung,
sprich: Rekonstruktion der eingeschriebenen Bedeutungen in Medientexten.
Mehrfaktorieller Technizismus:
Technik löst vielartige Wirkungen auf die
Gesellschaft aus, sowohl qualitativ wie auch quantitativ.
Relativistischer Kulturismus:
Artefakte und technische Systeme sind Produkte
gesellschaftlicher Praktiken.
Adäquanz-& prozedurale Regeln, Implizit- Explizitheit
Die Adäquenzregel bezieht sich auf die Medienwahl, genauer heisst dies,
dass sie Routinen und Erwartungen erfasst, „aus welchem Grund benutze ich
ein bestimmtes Medium“. Ausserdem spielt bei dieser Regel die Öffentlichkeit
bzw. Zugänglichkeit der benutzten Kanäle eine Rolle.
Prozedurale Regeln beschreiben den Mediengebrauch, genauer meint
Schmidt damit wie Inhalte aufbearbeitet oder gestaltet werden in Anbetracht
von Routinen und Erwartungen, die den tatsächlichen Ablauf einer
Nutzungsepisode beeinflussen.
Diese Regeln unterscheiden sich nach dem Grad ihrer Implizit- und
Explizitheit. Hierbei stehen sich formalisierte Normen einerseits (rechtliche
Vorschriften bzw. Gesetze) und informelle Regeln andererseits gegenüber.
Netiquette
Die Netiquette besteht aus dem Wort „Netz“ und dem französischen
„Étiquette“(Verhaltensregel). Informelle Regeln bleiben üblicherweise
implizit und fungieren als ungeschriebene Regeln, als Netiquette also.
Technischer und Sozialer Akt des Verknüpfens
Technische Relationen sind Verknüpfungen, die durch Software hergestellt
werden. Für den Nutzer direkt sichtbar in Form von: Hyperlinks, Dokumente
oder Ressourcen im WWW, hinzu kommen Verknüpfungen, innerhalb von
Datenbanken. Die technische Realisierung jedoch beruht immer auf
menschlichem Handeln: strongly authored links bestehen bspw. aus dem
Setzen eines Hyperlinks auf einen anderen Weblogeintrag, weakly authored
links hingegen erscheinen als Ergebnis von Datenbankabfragen (bsp. Google-
Suche). 2-facher Effekt von technischen Relationen: Weil sie Daten
miteinander verknüpfen sowie Navigationen innerhalb von Hypertexten
unterstützen, lassen sie vernetzte Öffentlichkeiten entstehen. In den Praktiken
der Nutzer geht es also primär nicht um den technischen Akt, sondern um den
sozialen Akt der Artikulation, der Pflege und des Knüpfens einer Beziehung
zu einer anderen Person, kurz: um die Verortung in einem medientechnisch
unterstützten sozialen Raum.
Strong ties vs. weak ties
Um welche Art von "ties" es sich handelt ist abhängig von verschiedenen
Merkmalen wie dem Inhalt, der Beziehung, Intensität und Reziprozität.
Während "strong ties" eher für intensive und multiplexe Beziehungen stehen,
wie eine enge Freundschaft, decken "weak ties" uniplexe, nicht-intensive oder
nicht-reziproke Beziehungen, wie die zu ehemaligen Kollegen ab.
Proximity bias
Neue Links entstehen größtenteils zwischen Nutzern, die bereits davor
miteinander verbunden waren.
Affordances
Affordances sind ein Verbindungsglied zwischen den technischen
Merkmalen, den individuell ausgeübten Verwendungsweisen und den
gesellschaftlich oder in Verwendungsgemeinschaften vorherrschenden
Vorstellungen über legitime Praktiken. Sie dienen in Bezug auf die
Strukturierung des Kommunikationsprozesses.
One-to-one vs. One-to-many vs. Many-to-many (Kommunikation)
One-to-one beschreibt die direkte Kommunikation von einem Nutzer direkt
zum anderen (z.B. Whatsapp, SMS, Telefon etc. ), während One-to-many die
Kommunikation von einem Sender zu mehreren Empfängern beschreibt wie es
bei den klassischen Medien der Fall ist(z.B. Zeitung, Radio, Fernsehen etc.),
wobei der Empfänger keine Antwort vom Empfänger erwarten kann. Manyto-
many bedeutet einen Austausch von Informationen zwischen vielen
verschiedenen Teilnehmern, wobei jeder der Teilnehmer sowohl Sender als
auch Empfänger ist.
Synchrone vs. asynchrone Kommunikation:
Dies bezieht sich auf die zeitliche Dimension (eine von zwei affordances oder
‚Aufforderungscharaktere‘), anhand welcher sich die Kommunikation im Web
klassifizieren lässt. Unter synchroner Kommunikation versteht man eine
Gesprächssituation, in der zwischen den (Rede-)Beiträgen keine Zeit
verstreicht bzw. der Gesprächspartner nicht auf eine Antwort warten muss
(z.B. Skype oder auch Whatsapp, etc.), während man unter asynchroner
Kommunikation das Gegenteil versteht, nämlich, dass eine unmittelbare
Erwiderung nicht zwangsläufig ist (z.B. E-Mails oder Forendiskussionen, etc.)
und eine gewisse Zeitdauer vergehen kann, bis eine Antwort erfolgt.
Visibility, Awareness, Accountability
Diese drei affordances beziehen sich auf die Transparenz einer Software,
indem sie regeln, was die anderen Nutzer über deine Tätigkeiten im social web
erfahren. Mit Visibility ist gemeint, dass deine kommunikativen Beiträge
festgehalten werden und andere sie sehen können (z.B. die Chronik auf
Facebook, die alle Aktionen auflistet), während unter Awareness verstanden
wird, wenn die anderen Nutzer sehen, wenn du gerade online bist (z.B. auf
whatsapp, wo oben unter dem Namen steht, ob man gerade online ist) und
zuletzt versteht man unter Accountability das Wissen, dass du weisst, dass sie
sehen, dass du online bist (z.B. auf Skype, wo du entscheiden kannst, ob sie
dich als ‚online‘, ‚beschäftigt‘, etc. sehen. In diesem Moment, wenn du dich
entscheidest, ist die Accountability gegeben, da du weisst, dass sie dich danach
als ‚online‘ sehen).
Binäres Beziehungsverständnis
Das binäre Beziehungsverständnis kommt
bei Software Anwendungen zum Tragen, bei denen nur Kontakt oder nicht-
Kontakt möglich ist und kein Komplexes Beziehungsnetzt aufweist, wie im
wirklichen Leben der Fall. Bei Facebook z.B kann man entweder Freund oder
nicht-Freund sein. Bekanntschaften anderer Arten sind nicht definiert.
Technological Spirit
Damit ist das Konzept, die Grundidee, gemeint, die die Entwickler einer
Software und deren Gebrauch haben. Natürlich ist es möglich, dass die
tatsächliche Nutzung dann von diesem technological spirit abweicht, was
dann dazu führt, dass die Entwickler stets ihr Konzept anpassen und
überarbeiten müssen (z.B. war Facebook dazu gedacht, mit dir bereits
bekannten Freunden in Kontakt zu treten und nicht um neue Freunde
kennenzulernen).
Architektur des Internets
Die Architektur des Internets besteht einerseits aus den technischen
Grundlagen, wie dass das Internet im Prinzip ein Netzwerk ist, welches
andere Netzwerke miteinander verbindet oder die „net neutralitiy“(kein
Datenpaket wird beim Transport bevorzugt) gewähren soll. Eine weitere
Eigenschaft der Architektur des Internets, neben den technischen Grundlagen,
ist die Individuelle Nutzung dieses Netzwerkes mit Hilfe von Interfaces und
Programmen und die Kommunikation untereinander, die von jedem selbst
abhängt und die die Architektur des Internets zu einem Teil mitbestimmen.