Allgemeine Bestimmungen Obligationenrecht

Diese Karteikarten stützen sich auf die Vorlesung von Von Örelli Marianne im Fach OR I (Allgemeine Bestimmungen) von der Hochschule Luzern für Wirtschaft.

Diese Karteikarten stützen sich auf die Vorlesung von Von Örelli Marianne im Fach OR I (Allgemeine Bestimmungen) von der Hochschule Luzern für Wirtschaft.


Kartei Details

Karten 205
Lernende 80
Sprache Deutsch
Kategorie Recht
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 11.01.2015 / 09.06.2025
Weblink
https://card2brain.ch/box/allgemeine_bestimmungen_obligationenrecht
Einbinden
<iframe src="https://card2brain.ch/box/allgemeine_bestimmungen_obligationenrecht/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>

Gibt es Formvorschriften beim Abschluss eines Vertrages?

Verträge können grundsätzlich formlos abgeschlossen werden, es sei denn, das Gesetz oder die Parteien verlangen etwas anderes (Art. 11 OR).

Welche Formvorschriften gibt es?

Einfach Schriftlichkeit (Art. 12 OR)

Qualifizierte Schriftlichkeit

Öffentliche Beurkundung

Öffentliche Beurkundung und Eintrag in ein öffentliches Register

Was versteht man unter der einfachen Schriftlichkeit?

Einfach Schriftlichkeit (Art. 12 OR): schriftliche Abfassung des Vertrags und die Unterzeichnung der verpflichteten Personen

Was versteht man unter der qualifizierten Schriftlichkeit?

Qualifizierte Schriftlichkeit: schriftliche Abfassung des Vertrags (einfache Schriftlichkeit) mit besonderen Bestimmungen (z. B. bestimmte Angaben im Vertag, besondere Formulare verwenden oder eigenhändige Niederschrift des Vertrags).

Was versteht man unter der öffentlichen Beurkundung?

Öffentliche Beurkundung: Vertragsabschluss unter Mitwirkung einer Urkundsperson (Notar)

Was versteht man unter der öffentlichen Beurkundung mit Eintrag in ein öffentliches Register?

Öffentliche Beurkundung und Eintrag in ein öffentliches Register: strengste Formvorschrift; aus Gründen der Sicherheit des Rechtsverkehrs soll eine gewisse Publizität gegeben werden (z. B. Grundbuch, Handelsregister)

Wann ist einen Vertrag nichtig?

Nichtigkeit: Der Inhalt des Vertrages kann innerhalb der Schranken des Gesetzes beliebig festgestellt werden (Art. 19 OR). Werden diese Schranken missachtet ist der Vertrag nichtig. Einen nichtigen Vertrag geniesst keinen Rechtsschutz. Bereits erbrachte Leistungen aus einem nichtigen Vertrag ohne gültigen Rechtsgrund können daher wegen ungerechtfertigter Bereicherung zurückgefordert werden (Art. 62 ff. OR).

Was sind die Voraussetzungen für die Nichtigkeit gmäss Art. 20 OR

Voraussetzung für die Nichtigkeit (Art. 20 OR): 

  • Unmöglichkeit: Der Vertrag ist  offensichtlich objektiv unmöglich (z. B. nicht verkäufliche Sache) 

  • Widerrechtlichkeit (z. B. Vertrag über die Aufteilung der Diebesbeute) 

  • Sittenwidrigkeit (z. B. Schweigegeld) 

  • Simulation (Art. 18 OR): Hier liegt eine übereinstimmende Willensäusserung vor, aber der Inhalt ist von beiden Parteien nicht gewollt (Scheineinverständnis).

Aus welchen Gründen ist ein Vertrag anfechtbar?

Anfechtbare Verträge: Verträge, bei deren Abschluss die eine Partei übervorteilt (Art. 21 OR) worden ist oder bei dem sie sich auf einen Willensmangel (Irrtum (Art. 24 OR), absichtliche Täuschung (Art. 28), Drohung (Art. 29 und 30 OR)) berufen kann, sind einseitig unverbindlich. Der Benachteiligte kann sich innert Jahresfrist auf die Unverbindlichkeit berufen (Art. 31 OR). In diesem Fall gilt der Vertrag als von Anfang an unwirksam. Erhebt die benachteiligte Person keinen Einspruch, so gilt der Vertrag als genehmigt.

Gründe für Anfechtbare Verträge: 

  • Übervorteilung (Art. 21 OR):  Es besteht ein offenbares Missverhältnis zwischen der vertraglich vereinbarten Leistung und der Gegenleistung. Die eine Vertragspartei hat die andere Partei durch Ausnützung der Notlage, der Unerfahrenheit oder des Leichtsinns ausgenützt. 

  • Irrtum (Art. 24 OR): Die Vertragspartei hat eine falsche Vorstellung über den Sachverhalt. Der Irrtum muss wesentlich sein. 

  • Absichtliche Täuschung (Art. 28 OR): Eine Vertragspartei wird durch die andere Partei absichtlich zum Vertragsabschluss verleitet.  

  • Drohung (Art. 29 und 30 OR): Der einen Vertragspartei wird gedroht, dass ihr Unheil zugefügt wird, wenn sie den Vertrag nicht abschliessen.

 

Wann ist eine Obligation richtig erfüllt?

Die Obligation ist richtig erfüllt, wenn sie in Bezug auf die Person, den Ort, die Zeit und den Inhalt richtig geleistet wird.

Person (Ar. 68 OR), Ort (Art. 74 OR), Zeit der Erfüllung (Art. 75 OR) und Inhalt (Gattungsware: Art. 71 OR und Speziesware)

Was ist ein Exkulpationsbeweis?

Exkulpationsbeweis: Der Schuldner muss beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.

Was ist das positive Vertragsinteresse?

Positives Vertragsinteresse: Der Gläubiger wird so gestellt, wie wenn der Vertrag richtig erfüllt wurde.

Was ist das negative Vertragsinteresse?

Negatives Vertragsinteresse: Der Gläubiger wird so gestellt, wie wenn der Vertrag gar nie existiert hätte.

Welche Voraussetzungen müssen eintreffen, dass nach Art. 97 (Ausbleiben der Erfüllung) OR Schadenersatz gefordert werden kann?

Art. 97 OR (Ausbleiben der Erfüllung): 

  1. Schaden --> Vermögensminderung 

  2. Vertragsverletzung 

  3. Adäquate Kausalität (Kausalzusammenhang) 

  4. Verschulden (Das Verschulden wird vermutet)

Was ist der Unterschied zwischen der Schadenersatzforderung nach Art. 97 OR oder Art. 41 OR?

Art. 97 OR

Die Vertragsverletzung und die Kausalität muss vom Geschädigten bewiesen werden. Das Nichtverschulden muss vom Schädiger bewiesen werden (Beweislastumkehr) 

Art. 41 OR:

Der Geschädigte muss den Schaden beweisen (Art. 8 ZGB).

Falls ein Vertrag und eine Widerrechtlichkeit vorliegt, kann der Geschädigte wählen, auf Grund von welchem Artikel er klagt. (Vorteile nach Art. 97 OR, weil Beweislastumkehr)

Welches sind die drei Voraussetzungen beim Artikel 102 OR (Verzug des Schuldners)? Was sind die Folgen, wenn die drei Voraussetzungen erfüllt werden?

Art. 102 OR (Verzug des Schuldners = Verspätung der Lieferung):

  1. Nichtleistung trotz Leistungsmöglichkeit (bei Unmöglichkeit käme Art. 97 OR zur Anwendung)
  2. Fälligkeit der Forderung
  3. Der Schuldner mahnen (formlos)

Diese drei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, dass man nach Art. 103 OR Schadenersatz fordern kann (positives Vertragsinteresse). Man haftet auch für Zufälle, ausser sie wären auch bei korrekter Erfüllung eingetreten.

Was ist das besondere bei einem Verfalltagsgeschäft?

Ist ein bestimmter Verfalltag (Verfalltagsgeschäft) verabredet oder läuft die Kündigungsfrist (vertragliche oder gesetzlich vorgesehene Kündigung) ab so muss nicht gemahnt werden.

Was ist das besondere bei Geldschulden, wenn man mit der Zahlung im Verzug ist?

Bei Geldschulden muss der Schuldner bei Verzug mit der Zahlung Verzugszinsen zahlen (Art. 104 OR).

Bei zweiseitigen Verträgen hat der Gläubiger das Wahlrecht nach Art. 107 OR. Nach Ablauf der Nachfrist, kann der Gläubiger zwischen drei Optionen wählen. Welche?

  1. Festhalten an der Leistung, beharren auf Erfüllung und Schadenersatz für die Verspätung fordern (Diese Variante kommt ohne Mitteilung zur Anwendung.) Diese Wahl wird vom Käufer getroffen, wenn er die gleiche Sache nirgendswo beschaffen kann.
  2. Festhalten am Vertrag und auf die nachträgliche Erfüllung verzichten und Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern / Der Käufer wird diese Wahl treffen, wenn die gleiche Sache an einem anderen Ort teurer ist. Der Verkäufer hat die Differenz zu zahlen.
  3. Rücktritt vom Vertrag und Schadenersatz wegen Dahinfallens verlangen / Der Käufer wird diese Wahl treffen, wenn die gleiche Sache an einem anderen Ort günstiger ist (Art. 109 OR).

Was ist das spezielle an einem Fixgeschäft nach Art. 108 OR?

Wurde ein Fixgeschäft nach Art. 108 Ziff. 3 OR vereinbart muss der Schuldner bis zum vereinbarten Zeitpunkt liefern und danach ist die Leistung unbrauchbar.

Mit welchen Hilfsmitteln kann die Vertragserfüllung sichergestellt werden?

  1. Zession
  2. Konventionalstrafe
  3. Eigentumsvorbehalt
  4. Kaution
  5. Pfandrecht
  6. Bürgschaften

Was ist eine Zession?

Zession (Abtretung von einer Forderung): Bei einer Zession wird eine Forderung auf einen neuen Gläubiger durch Vertrag übertragen. Der abtretende Gläubiger ist der Zedent und der Erwerber der Forderung ist der Zessionar. Der Vertrag wird zwischen dem Zedent und dem Zessionar abgeschlossen. Die Zustimmung des Schuldners ist nicht erforderlich, dennoch sollte der Schuldner darüber informiert werden (=Notifikation). Nach der Notifikation muss der Schuldner an den neuen Gläubiger liefern. (Art. 164 ff. OR) Es gilt der Grundsatz der Identität und Forderung, das heisst, dass auch die Neben- und Vorzugsrechte auf den neuen Gläubiger übergehen (Zinsen, Bürgschaften etc.)

Was ist eine Konventionalstrafe?

Konventionalstrafe (Art. 160ff. OR): Grundsätzlich gilt, dass jede Vertragspartei von der anderen Schadenersatz verlangen kann, wenn diese den Vertrag nicht oder nicht richtig erfüllt. Bei der Konventionalstrafe ist der Vorteil, dass der Schaden nicht nagewiesen werden muss. Wenn nichts anderes vereinbart ist, kann die verletzte Partei nur entweder die Konventionalstrafe oder die Vertragserfüllung fordern (Art. 160 Abs. 1 OR). Ist die Konventionalstrafe für die Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes vereinbart so kann die nachträgliche Erfüllung und die Konventionalstrafe gefordert werden (Art. 160 Abs. 2 OR).

Was ist ein Reugeld?

Reugeld (Art. 158 Abs. 3 OR): Das Reugeld muss im Vertrag vereinbart werden und bringt den Vertragsparteien die Möglichkeit gegen ein Entgelt vom Vertrag zurückzutreten.

Was ist der Eigentumsvorbehalt?

Eigentumsvorbehalt (Art. 715 ZGB): Das Eigentum an einer beweglichen Sache geht grundsätzlich mit der Übergabe und nicht mit der Bezahlung auf den Käufer über. Beim Eigentumsvorbehalt bleibt der Verkäufer Eigentümer der Sache bis zur vollständigen Abzahlung. Dieser muss ins Eigentumsvorbehaltsregister am Wohnort des Käufers eingetragen werden.

Was ist eine Kaution?

Kaution: Der Schuldner hinterlegt eine bestimmte Geldsumme. Bei Vertragsverletzung kann die Kaution als Deckung des Schadens verwendet werden. (Anwendung vor allem im Miet- und Arbeitsrecht)

Was ist ein Pfandrecht?

Pfandrechte: Durch das Pfandreicht wird eine Forderung gesichert in der Weise, dass der Gläubiger sich aus dem Erlös der verpfändeten Sache bezahlt machen kann, wenn der Schuldner die Forderung bei Fälligkeit nicht erfüllt. Der Pfandgläubiger hat keinen Anspruch auf die Sache selbst. Der Eigentümer des Fahrnispfandes beleibt der Schuldner und der Gläubiger ist der Besitzer. Wird die Pfandforderung nicht erfüllt, muss der Gläubiger mit Hilfe des Betreibungsamtes die Pfandsache verwerten lassen. Das Pfandrecht geht mit der Erlöschung der Pfandforderung oder durch die Verwertung der Pfandsache und schliesslich durch den Untergang unter.

Von welchen zwei Pfandreicht unterscheidet man?

Fahrnispfand und Grundpfand

Was ist ein Faustpfand (unter Gruppe von Fahrnispand)?

Faustpfandrecht ist das Pfandrecht an einer bestimmten, beweglichen körperlichen Sache. Es muss sich um eine verwertbare Sache handeln. Zur Entstehung braucht es einen Pfandvertrag und die Besitzübertragung. (Art. 884 ZGB)

Was ist das Retentionsrecht (unter Gruppe von Fahrnispfand)? Zwischen welchen zwei Retetionsrechten wird unterschieden?

Das Retentionsrecht ist ein gesetzliches Fahrnispfand. Voraussetzung:

1. bewegliches Sache
2. Fälligkeit der Forderung
3. Zusammenhang zwischen der Forderung und dem Retentionsobjekt
4. Besitzübertragung mit dem Willen des Schuldners (Art. 895 ZGB)
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, entsteht das Retentionsrecht von Gesetzes wegen.

bürgerliches und kaufmännisches Retentionsrecht

Was ist ein bürgerliches Retentionsrecht (unter Gruppe von Retentionsrecht)?

Bürgerliches Retentionsrecht (Art. 895 Abs. 3 ZGB): z. B.: Ein Student überlässt einem anderen seinen Laptop. Diese organisieren später zusammen ein Fest und daraus entsteht zugunsten des Entlehners gegenüber dem Verleiher eine Forderung. So darf der Entlehner den Laptop nicht zurückbehalten, weil zwischen dem Computer und dem Fest kein Zusammenhang besteht.

Was ist ein kaufmännisches Retentionsrecht (unter Gruppe von Retentionsrecht)?

Kaufmännisches Retentionsrecht (Art. 895 Abs. 2 ZGB): In diesem Fall ist kein enger, unmittelbarer Zusammenhang erforderlich. Es genügt, wenn der Besitz an der Sache und die Forderung aus ihrem geschäftlichen Verkehr hergeführt werden.

Was ist eine Bürgschaft?

Bürgschaften (Art. 492 ff. OR): Die Bürgschaft ist ein einseitig verpflichtender Vertrag, in dem sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners verpflichtet, für dessen Schuld einzustehen. Der Bürgschaftsvertrag ist ein Vertrag zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger. Bei einer verheirateten Person ist die Zustimmung des Ehepartners erforderlich (Art. 494 OR). Die Formvorschriften sind in Artikel 493 OR geregelt.

  1. Einfache Bürgschaft (Art. 495 OR): Der Bürge kann erst belangt werden, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Hauptschuldners feststeht.
  2. Solidarbürgschaft (Art. 496 OR): Hier kann der Bürge bereits belangt werden, wenn der Hauptschuldner mit der Leistung im Rückstand ist. Im Vertrag muss ein Vermerk auf "solidarisch" stehen.

Was ist das wichtigste bei einer Einfachen Gesellschaft?

  • vertraglicher Zusammenschluss von zwei oder mehreren Personen
  • das Erreichen von einem gemeinsamen Zweck mit gemeinsamen Mitteln
  • keine Rechtspersönlichkeit
  • Solidarhaftung

Was ist eine Anweisung?

Anweisung (Art. 466 bis 471 OR):

Der Anweisende ermächtigt den Angewiesenen Geld, Wertpapiere oder vertretbare Sachen an den Anweisungsempfänger zu leisten.

Was ist eine Hinterlegung?

Hinterlegung (Art. 472 bis 491 OR):

Der Aufbewahrer verpflichtet sich eine bewegliche Sache entgegenzunehmen  und an einem sicheren Ort aufzubewahren. Ein Entgelt muss ausdrücklich vereinbart werden oder von der Natur aus zu erwarten sein (Art. 472 Abs. 2 OR). Ein Schliessfach ist keine Hinterlegung, sondern es handelt sich um einen Mietvertrag.

Was ist eine Bürgschaft? Welche Besonderheiten gibt es?

Bürgschaft (Art. 492 bis 512 OR):

Bei der Bürgschaft verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger des Hauptschuldners für die Erfüllung zu haften. Der Vertrag besteht zwischen dem Bürgen und dem Gläubiger. Der Bürgschaftsvertrag ist formbedürftig und der Höchstbetrag muss bekannt gegeben werden (Art. 493 Abs. 1 OR). Verheiratete Personen müssen eine schriftliche Zustimmung des Partners vorweisen (Art. 494 Abs. 1 OR).

Es gibt vier Arten von Bürgschaften. Welche?

  • einfache Bürgschaft
  • Solidarbürgschaft
  • Nachbürgschaft
  • Rückbürgschaft

Was ist eine einfache Bürgschaft?

Bei der einfachen Bürgschaft kann der Bürge erst belangt werden, wenn der Hauptschuldner in Konkurs geraten ist (Art. 495 OR).

Was ist eine Solidarbürgschaft?

Bei der Solidarbürgschaft kann der Bürge bereits belangt werden, wenn der Hauptschuldner erfolglos gemahnt wurde (Art. 496 OR).