005 Motivationen - WISE-25
VO_APSY2_MOT_Feldtheorie
VO_APSY2_MOT_Feldtheorie
Fichier Détails
| Cartes-fiches | 10 |
|---|---|
| Langue | Deutsch |
| Catégorie | Psychologie |
| Niveau | Université |
| Crée / Actualisé | 24.11.2025 / 24.11.2025 |
| Lien de web |
https://card2brain.ch/cards/20251124_005_motivationen_wise25
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| Intégrer |
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Feldtheorie – Allgemeine Konzeption (nach Lewin)
Hintergrund
Lewin war durch die Gestaltpsychologie geprägt. Diese Betonung des „Ganzen“ statt einzelner Elemente bestimmt auch seine Feldtheorie: Verhalten entsteht nicht aus isolierten Faktoren, sondern aus dem Zusammenspiel aller gerade wirksamen Kräfte.
Zentrale Idee
Feld = Kräftefeld.
Es ist ein psychologisches Pendant zu physikalischen Kraftfeldern. Das bedeutet:
Im psychischen Leben wirken gleichzeitig verschiedene Kräfte in bestimmte Richtungen (Lewin nennt sie Vektoren). Diese Kräfte beeinflussen Denken, Fühlen und Verhalten.
Verhalten
Lewin fasst das sehr kompakt in der Formel:
V = f(P, U)
P (Person): Alle Eigenschaften, Bedürfnisse, Ziele, Spannungen der Person.
U (Umwelt): Alles, was die Situation aktuell objektiv und subjektiv ausmacht.
Verhalten ist also keine reine Eigenschaft der Person und auch nicht direkt durch die Umwelt bestimmt – sondern durch deren Wechselwirkung im jeweiligen Moment.
Dynamik der Theorie
„Dynamisch“ bedeutet hier: Verhalten ist immer das Ergebnis aktueller Kräfte, nicht vergangener Ereignisse. Relevant ist also der Zustand jetzt, so wie die Person ihn subjektiv erlebt.
Lebensraum
Der Lebensraum bezeichnet die aktuelle subjektive Wahrnehmung der inneren und äußeren Situation.
Er enthält also:
innere Zustände (Bedürfnisse, Ziele, Emotionen)
äußere Bedingungen (soziale und physische Umgebung)
und deren subjektive Bedeutung für die Person.
Im Lebensraum wirken dann die verschiedenen psychologischen Kräfte, deren Ergebnis das beobachtbare Verhalten ist.
Personmodell – Strukturelle Komponenten
Lewin beschreibt die Person als ein System verschiedener innerpersonaler Bereiche (IP). Jeder Bereich repräsentiert ein Bedürfnis oder Motiv.
1. Innerpersonale Bereiche (IP)
Diese Bereiche stehen für:
Bedürfnisse und Motive
Quasibedürfnisse (das sind Ziele, Intentionen, Aufgaben)
2. Lage der IP
Je zentraler ein Bereich liegt, desto grundlegender ist das zugehörige Bedürfnis.
Zentrale Bedürfnisse haben also mehr Einfluss auf das Verhalten.
3. Nachbarschaft der IP
Je näher zwei Bereiche beieinander liegen, desto ähnlicher sind die Bedürfnisse.
Das ermöglicht Überlappungen oder Übergänge zwischen Bedürfnissen.
4. Grenzwände und Durchlässigkeit
Zwischen Bereichen gibt es Grenzen, die unterschiedlich durchlässig sein können.
Hohe Durchlässigkeit bedeutet, dass ein Bedürfnis in einen benachbarten Bereich „übergeht“. Daraus entstehen:
Substitution
Ersatzhandlungen
ativen Bedingungen.
3. Personmodell – Dynamisches Element
Personmodell – Dynamisches Element
1. Spannung
Ein Bedürfnis erzeugt Spannung im zugehörigen Bereich. Diese Spannung drängt auf Reduktion.
Wege des Spannungsausgleichs
Zugang zur sensumotorischen Zone → direktes Handeln, um das Bedürfnis zu befriedigen.
Diffusion in Nachbarbereiche → Ersatzhandlungen, wenn direkte Befriedigung nicht möglich ist.
Spannung bleibt bestehen, bis das (Quasi)Bedürfnis erfüllt ist.
Einfluss von Spannung
1. Wahrnehmung
Spannung verändert, was die Person leichter erkennt:
Dinge, die zur Bedürfnisbefriedigung taugen, haben erhöhten Aufforderungscharakter.
Beispiel aus deinem Material:
Hungrige Personen erkennen nahrungsbezogene Wörter schneller.
2. Gedächtnis
Spannung macht zielbezogene Inhalte zugänglicher.
Dazu zählt:
Rumination (gedankliches Kreisen um offene Aufgaben)
Zeigarnik-Effekt: Unerledigte Aufgaben werden besser erinnert.
3. Handeln
Spannung aktiviert zielbezogenes Verhalten – aber immer in Verbindung mit den situ
4. Wiederaufnahme-Effekt (Ovsiankina, 1928)
Der Wiederaufnahme-Effekt (Ovsiankina, 1928) beschreibt die Tendenz, eine unterbrochene Aufgabe später spontan weiterzuführen, weil im Inneren eine unerledigte Spannung bestehen bleibt. Dieser Effekt baut direkt auf Lewins Feldtheorie und dem Zeigarnik-Effekt auf, geht aber einen Schritt weiter: Es geht nicht nur ums Erinnern, sondern um aktives Weiterarbeiten.
Grundidee
Wenn eine Aufgabe begonnen wird, entsteht eine psychische Spannung, die erst verschwindet, wenn die Aufgabe abgeschlossen ist. Wird sie unterbrochen, bleibt die Spannung bestehen und „drängt“ zur Wiederaufnahme – sogar ohne äußere Aufforderung.
Kernergebnisse der Experimente
79 % der Versuchspersonen nahmen eine regulär unterbrochene Aufgabe wieder auf.
100 % nahmen Aufgaben wieder auf, die scheinbar zufällig unterbrochen wurden (z. B. Störung durch eine andere Person).
Bemerkenswert ist die Wiederaufnahme selbst dann, wenn:
die Versuchsperson hört, die Aufgabe sei unwichtig
sie ausdrücklich verboten wird (daher der Begriff „diebische“ Wiederaufnahme)
die Aufgabe nicht sichtbar ist (zeigt, dass der innere Spannungszustand entscheidend ist)
Wann sinkt die Wahrscheinlichkeit der Wiederaufnahme?
1. Ersatzhandlungen reduzieren die Spannung
Wenn während der Unterbrechung eine andere Aktivität die Spannung quasi „stellvertretend“ abbaut, verschwindet der Drang zur Fortsetzung.
Beispiel: Jemand wird beim Schreiben eines Berichts unterbrochen, verfasst aber direkt eine kurze Nachricht, die denselben Zweck erfüllt. Dadurch sinkt die Spannung.
2. Misserfolgserwartung beim Unterbrechen
Wenn die Person glaubt, die Aufgabe sei schwer bzw. sie könne scheitern, ist die innere Spannung beim Unterbrechen weniger stabil.
Das „Weitermachen-Wollen“ verliert an Stärke.
3. Einschätzung der Aufgabe als unwichtig
Wenn die Aufgabe aus persönlicher Sicht keinen Wert hat, entsteht schon beim Start geringe Spannung – daher nach Unterbrechung kaum Motivation zur Wiederaufnahme.
5. Zeigarnik-Effekt (Zeigarnik, 1927)
Der Zeigarnik-Effekt (1927) beschreibt, dass unerledigte Aufgaben besser behalten werden als erledigte. Beim Beginnen einer Aufgabe entsteht eine mentale Spannung, die erst verschwindet, wenn man die Aufgabe als beendet wahrnimmt. Bleibt sie offen, hält diese Spannung die Information aktiv – daher die bessere Erinnerung. Typisch ist ein Verhältnis von 2:1, also doppelt so gute Erinnerung an unerledigte Aufgaben.
Entscheidend ist nicht der objektive Zustand, sondern die subjektive Einschätzung:
Wenn jemand glaubt, eine Aufgabe sei abgeschlossen (Marrow, 1938), wird die Spannung aufgelöst und der Effekt verschwindet – selbst wenn die Aufgabe in Wirklichkeit unvollständig ist.
Kurz: Offen = Spannung = gute Erinnerung. Wahrgenommener Abschluss = Spannung weg = normale Erinnerung.
6. Aufforderungscharakter (Wispé & Drambarean, 1953)
Der Aufforderungscharakter beschreibt, dass bestimmte Reize „herausstechen“, wenn sie zu einem aktuellen Bedürfnis passen.
Im Experiment von Wispé & Drambarean (1953) wurde untersucht, wie Hunger die Wahrnehmung beeinflusst.
Versuchslogik
Den Personen wurden kurz eingeblendete, schwer erkennbare Wörter gezeigt. Zwei Faktoren wurden variiert:
Hungerzustand: 0, 10 oder 24 Stunden Nahrungsentzug
Wortart:
– nahrungsbezogen (z. B. Brot, Suppe)
– nicht relevant (z. B. Lampe)
Zentrales Ergebnis
Je hungriger die Personen waren, desto schneller erkannten sie nahrungsbezogene Wörter.
Das bedeutet: Hunger senkt die Wahrnehmungsschwelle für Reize, die das Bedürfnis betreffen.
Reize, die mit dem aktuellen Motiv zusammenhängen, werden also leichter, schneller und präziser wahrgenommen.
Kurz: Bedürfnisse lenken Aufmerksamkeit. Hunger macht essensbezogene Reize „auffälliger“.
Lewins Umweltmodell beschreibt, wie Menschen ihre Umgebung wahrnehmen und wie sie sich darin verhalten.
Die Umwelt wird in Bereiche unterteilt, die Handlungsmöglichkeiten darstellen. Jeder Weg zu einem Ziel ist also ein eigener Bereich, und die Grenzen zwischen ihnen wirken wie Hindernisse. Lewin nennt dies den „hodologischen Raum“ – entscheidend sind die Pfade zu Zielen.
Dynamische Elemente der Umwelt:
Valenz: Sie beschreibt, wie attraktiv oder abstoßend ein Bereich ist, abhängig von den Bedürfnissen der Person. Je stärker ein Bedürfnis und je besser das Ziel passt, desto höher die Valenz. Sie kann positiv (anziehend) oder negativ (abstoßend) sein.
Formel: Va=f(s,Z)Va = f(s, Z)Va=f(s,Z), wobei sss der Spannungsgrad des Bedürfnisses und ZZZ die Eigenschaften des Ziels sind.
Bereiche mit hoher Valenz ziehen das Verhalten stärker an.
Kraft: Sie zeigt, wie stark die Valenz tatsächlich das Verhalten beeinflusst. Die Kraft steigt, je näher man dem Ziel ist.
Formel: K=Va⋅dK = Va \cdot dK=Va⋅d, wobei ddd die Distanz zum Ziel ist.
Kraft bestimmt sowohl die Intensität als auch die Richtung des Verhaltens.
Beispiel: Wenn du hungrig bist, zieht dich Essen stärker an, je näher du ihm kommst – das zeigt den Project-Completion-Effekt: das Ziel „Essen“ gewinnt an Bedeutung, je greifbarer es wird.
Das dynamische Modell nach Lewin beschreibt Verhalten als Ergebnis von Kräften in einem psychologischen Feld:
Kräftefelder
Verhalten entsteht durch die Summe aller Kräfte, die auf eine Person wirken. Unerfüllte Bedürfnisse erzeugen innere Spannung, die durch Zielerreichung abgebaut wird.Beispiel: Hunger → Suche nach Nahrung → Spannungsabbau, sobald gegessen wird.
Lokomotion
Lokomotion bedeutet die Bewegung im Kräftefeld. Richtung und Stärke der Bewegung hängen von den Kräften ab: je höher die Valenz und je näher am Ziel, desto stärker die Kraft (K=Va/dK = Va / dK=Va/d).Konflikte
Konflikte entstehen, wenn sich anziehende (positive) und abstoßende (negative) Kräfte gegenseitig ausgleichen, was zu Stillstand oder widersprüchlichem Verhalten führen kann.a) Annäherungs-Vermeidungs-Konflikt
Ein Ziel hat gleichzeitig positive und negative Eigenschaften. Die Vermeidungskraft steigt stärker an, je näher man dem Ziel kommt, oft stärker als die Anziehung.Beispiel: Leckeres, aber heißes Essen; Tiere in der Columbia-Obstruction-Box müssen zwischen Futter und Elektroschock abwägen.
b) Zielgradienten (Brown, 1948)
Je näher man einem Ziel ist, desto größer wird die Kraft, das Ziel zu erreichen (positive Gradient) oder zu meiden (negative Gradient). Auch der Ausgangspunkt spielt eine Rolle: größere Distanz → geringere Bewegungskraft.
1. Konflikttypologie (Lewin & Miller)
Konflikte entstehen, weil in einem psychologischen Kräftefeld gleichzeitig anziehende und abstoßende Kräfte wirken. Die Art dieser Kräfte bestimmt den Konflikttyp.
Annäherungs‑Vermeidungs‑Konflikt:
Ein Objekt hat positive und negative Valenzen gleichzeitig. Man wird also hingezogen (Annäherung) und zugleich abgestoßen (Vermeidung).
In Zielnähe wird die Vermeidungs‑Gradient steiler, also stärker als die Annäherung. Dadurch wird das Verhalten besonders instabil, typisch sind Schwanken oder Zögern.Annäherungs‑Annäherungs‑Konflikt:
Es gibt zwei attraktive Alternativen. Schon eine kleine Bewegung in Richtung einer der Optionen macht sie psychologisch „näher“ und stärkt ihre Anziehung. Deshalb löst sich dieser Konflikt relativ leicht.Vermeidungs‑Vermeidungs‑Konflikt:
Zwei Optionen sind negativ. Wenn man sich in Richtung einer Option bewegt, wird ihre abstoßende Kraft stärker, da die Vermeidungs‑Gradient in Nähe zunimmt. Das macht den Konflikt schwer und erzeugt oft Stillstand.Doppelter Annäherungs‑Vermeidungs‑Konflikt:
Beide Alternativen haben positive und negative Valenzen. Dadurch gleichen die Kräfte sich ähnlich problematisch aus wie beim Vermeidungs‑Vermeidungs‑Konflikt. Entscheidungen sind sehr instabil.
2. Theorie der kognitiven Dissonanz (Festinger, 1957)
Menschen wollen konsistente Gedanken, Einstellungen und Handlungen.
Wenn zwei Kognitionen widersprüchlich sind, entsteht Dissonanz – ein unangenehmer Spannungszustand.
Reduktion erfolgt über mehrere Wege:
Verhaltensänderung (z. B. unpassendes Verhalten anpassen)
Einstellungsänderung (die Bedeutung oder Bewertung ändern)
Trivialisierung (Widerspruch als unwichtig darstellen)
Hinzufügen konsonanter Kognitionen (Argumente suchen, die das Verhalten stützen)
Vermeidung dissonanter Information (Infos meiden, die den Widerspruch verstärken würden)
10. Konflikttypologie
Teil 2
3. Entfernung und Motivation (SS vs. LL)
Entscheidungen hängen davon ab, wie weit Belohnungen zeitlich entfernt sind.
Es gibt Konkurrenz zwischen:
smaller‑sooner (SS) = kleinere, sofortige Belohnung
larger‑later (LL) = größere, spätere Belohnung
Beispiel: Marshmallow‑Experiment (Mischel, 1974)
Ein Marshmallow jetzt oder zwei später → zeigt Entscheidungsverhalten zwischen SS und LL.
Preference Reversal (Rachlin, 1995):
Wenn beide Belohnungen weit entfernt sind, wirkt LL attraktiver.
Wenn SS zeitlich näher rückt, wird sie plötzlich bevorzugt.
Grund: Hyperbolisches Discounting → kurzfristige Belohnungen verlieren viel weniger an Wert, sobald sie nah sind, und werden dadurch extrem attraktiv.
4. Prokrastination
Prokrastination bedeutet, wertvolle Aufgaben aufzuschieben, obwohl man weiß, dass es negative Folgen gibt.
Der Mechanismus dahinter ist derselbe wie bei SS vs. LL:
Sofortige, angenehme Aktivitäten wirken stärker (SS), während entfernte Ziele wie Abgaben oder Prüfungen (LL) weniger attraktiv erscheinen.
Beispiel: Freunde treffen jetzt vs. Hausarbeit mit späterer Deadline.
5. Anspruchsniveau (Lewin, Dembo, Festinger & Sears, 1944)
Das Anspruchsniveau ist der Schwierigkeitsgrad, den eine Person sich als Ziel setzt. Es hängt davon ab, ob man vorher Erfolg oder Misserfolg erlebt hat.
Regelungen:
Nach Erfolg steigt das Anspruchsniveau → man traut sich mehr zu.
Nach Misserfolg sinkt es → man wählt leichtere Ziele, um Fehlschläge zu vermeiden.
Einfluss: Die bisherigen Erfahrungen formen die generalisierte Erwartung, wie man in Zukunft wahrscheinlich abschneidet.