Sozialpsychologie 1

Universität Würzburg

Universität Würzburg


Kartei Details

Karten 200
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 17.06.2025 / 04.07.2025
Weblink
https://card2brain.ch/box/20250617_sozialpsychologie_1
Einbinden
<iframe src="https://card2brain.ch/box/20250617_sozialpsychologie_1/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>

• Stereotype können zur Rechtfertigung

gesellschaftlicher Ungleichheit dienen (z.B. Jost &

Banaji, 1994). Beispiele:

• Sexistische Stereotype rechtfertigen

Geschlechterungleichheit

• Klassenstereotype rechtfertigen

Einkommensunterschiede

• Ethnische Stereotype rechtfertigen „Segregation“

Rechtfertigungseffekte

• Ausgangsthese: Niedriger Selbstwert à Tendenz

Fremdgruppen abzuwerten und Eigengruppe aufzuwerten

(Abrams & Hogg, 1988)

• Vermutete Funktion: Stabilisierung oder Erhöhung des

Selbstwertes durch Abwertung von Fremdgruppen

• Beobachtungen stützen dies nur bedingt (Rubin & Hewstone,

1998):

• Eigengruppenbevorzugung steigert Selbstwert

• Geringer Selbstwert führt nicht konsistent zu stärkerer

Eigengruppenbevorzugung

Selbstwert

• Personenunterschiede:

• Autoritäre Persönlichkeit (Adorno et al., 1950)

• Soziale Dominanzorientierung (Pratto, 1999)

• „Big Five“: Einfluss von Agreeableness (r = -.22) und

Openness (r = -.30) auf Vorurteile in Metaanalyse (Sibley

& Duckitt, 2008)

• Kognitionsbedürfnis hemmt Stereotypisierung (Crawford

& Skowronski, 1998)

• Evolutionspsychologische Perspektive: Stereotype und

Vorurteile als Selektionsvorteil von Gruppenwesen (Schaller

et al., 2010)

• Konflikttheoretische Perspektive: Stereotype und Vorurteile

als unweigerliche Folge von Ressourcenkonflikten zwischen

Gruppen (Sherif, 1966)

Weitere Ursachenfelder

Stereotype können automatisch aktiviert werden z.B. durch:

• kategorieassoziierte Wörter (Wittenbrink et al., 2001)

• Bilder von Gruppenmitgliedern (Judd et al., 2004)

• Nennung der Kategorie in Gesprächen (Greenberg et al.,

1985)

• Ausführung stereotypassoziierter Verhaltensweisen (z.B.

Mussweiler, 2006)

Aktivierung von Stereotypen

Drei Hauptwirkungen:

1. Stereotypkonsistente Interpretation uneindeutiger

2. 3. Information (z.B. Devine, 1989)

Stereotypkonsistentes Verhalten (z.B. Chen & Bargh, 1997)

Stereotypkonsistente Informationssuche (z.B. Johnston &

Macrae, 1994)

Tragen zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen

bei!

Nach Werth & Mayer (2008)

Smith & Mackie (2007)

Wirkung aud stereotypisierende Person

Moderatoren:

• Vorurteilslevel

• Motivation, vorurteilsfrei zu handeln

• Kognitive Kapazität (Ablenkung, Zeitdruck,

Müdigkeit, Sedativa)

• Bewusstsein des Einflusses

• Stimmung

• Macht

Aktivierung und Anwendung

„Stereotype threat: Fear of being

judged in terms of a stereotype and

negatively fulfilling the stereotype.

Stereotype threat leads to poorer

performance on a task.“ (Sutton &

Douglas, 2020; S. 487)

Wirkung auf stereotypisierte Person

Steele und Aronson (1995; Exp. 4)

Quasi UV 1: Ethn. Herkunft der Vpn (afrikanisch, europäisch)

UV 2: „Erinnerung“ der Vpn an Herkunft (ja, nein)

AV: Leistung in „IQ-Test“

--> Schlechtere Leistung

durch Selbststereotypisierung!

 

 

Stereotype Threat

• Verringertes Arbeitsgedächtnis (Schmader & Johns, 2003)

• Negative Gedanken (Cadinu et al., 2005)

• Erregung (Ben-Zeev et al., 2005)

• Induktion von Genauigkeitsfokus (Seibt & Förster, 2004)

Wurde mit vielfältigen

Stereotypen

nachgewiesen!

Stereotype Threat - Vermutete Ursache/ Mediatoren

Stereotype Threat Effekte treten vor allem auf, wenn...

• Man sich stark mit der Gruppe identifiziert

• Wenn einem die Gruppenmitgliedschaft bewusst ist

• Wenn man sich stark mit der Leistungsaufgabe identifiziert

• Wenn einem die Stereotyprelevanz der Aufgabe bewusst ist

• Wenn einem das Stereotyp bewusst ist

Neue Metaanalyse (Shewach et al., 2019):

• Unter Laborbedingungen: kleiner signifikanter Effekt (d = -.31)

• Unter realistischen Testbedingungen: kleiner signifikanter

Effekt (d = -.14)

• Nulleffekt, wenn monetäre Belohnung für gute Leistung

geboten wurde

à Phänomen „real“, jedoch womöglich geringere

Bedeutsamkeit in Testsituationen

Stereotype Threat: Moderatoren

Einfluss auf stereotypisierte Person...

• Selbstwertbedrohung

• Attributionale Ambiguität

• Stress und Gesundheit

Stereotype Threat - Weitere Wirkungen

Kontakthypothese (contact hypothesis): Intergrup-

penkontakt wird Vorurteile abbauen, wenn er (1) das

Potenzial zum Anknüpfen von Bekanntschaften birgt,

(2) unter Bedingungen gleichen Status‘ abläuft, (3)

Kooperation in Richtung auf ein gemeinsames Ziel

beinhaltet und (4) in einem unterstützenden normati-

ven Klima stattfindet.

"Vorurteile können... durch einen Kontakt mit gleichem Status zwischen Majorität und Minderheit in der Anstrebung gemeinsamer Ziele verringert werden. Die Wirkung ist sehr viel größer, wenn der Kontakt durch die öffentlichen Einrichtungen unterstützt wird und vorausgesetzt, der Kontakt führt zur Entdeckung gemeinsamer Interessen und der gemeinsamen Menschlichkeit dieser Gruppen" (Allport 1953; nach Aronson et al. 2008)

Die Konktakthypothese: Allport (1954)

Pettigrew und Tropp (2006)

• Metaanalyse = Studie über Studien

• 515 Publikationen

• 696 Stichproben

• 250.089 Versuchspersonen

• Maß für Effektstärke: r(Kontakt, Vorurteil)

Mittlerer Effekt: r = -.215

ABER: Studie von Barlow et al. (2012):

Nur positiv erlebter Kontakt verringert

Vorurteile

Wirkung des Kontakts

Kontakt führt nicht zu Veränderung:

Subtyping (Weber & Crocker, 1983) --> 

“A subset of disconfirming group members is

excluded” (Richards & Hewstone, 2001).

• Karrierefrauen

• Hausmänner

Bedingungen:

• Extreme Abw. (e.g.,

Kunda & Oleson, 1997)

• Atypische Abw. (e.g.,

Weber & Crocker, 1983)

• Klar erkennbare

Eigenschaften der Abw.

(e.g., Kunda & Oleson,

1995)

• Hohe Ressourcen (e.g.,

Yzerbyt et al., 1999)

Folgen

• Reduzierte Variabilität

(e.g., Maurer et al.,

1995)

• Extremere Stereotype

(e.g, Hewstone et al.,

1994)

--> Stereotyp-Erhaltung

Besser: moderate, häufige Abweichung mit typischen

Mitgliedern!!!

Subtyping

Hinweise auf Grenzen der positiven Wirkung:

• Womöglich geringere Effekte für Frauen in

Bewerbungssituationen (Ruffle et al., 2015)

• Bevorzugung vor allem bei gemischtgeschlechtlichen

Situationen (Agthe et al., 2010)

• Männer mit sehr hohem Status und sehr hoher Attraktivität:

womöglich Nachteil bei Partnersuche (Chu, 2007)

 

Chohens d: M1-M2/S12 

0,2 = klein 

0,4 = mittel 

0,8 = groß 

Folgen körperlicher Schönheit

Grundannahme: Schön sind Cues/Hinweisreize/Anzeichen für

hohen Reproduktionserfolg.

• Anzeichen für Gesundheit

• Anzeichen für Fertilität

• Anzeichen für in der Entwicklungsumgebung „nützliche“

psychische & körperliche Eigenschaften und sonstige

Ressourcen

Evolutionspsychologie & Attraktivitätsforschung

„Fluctuating asymmetry“: In der Population unsystematische

Abweichung von ansonsten bilateral symmetrischen

Merkmalen

• Durchschnittlichkeit: Übereinstimmung mit dem für eine

Population typischen Gesicht

• Geschlechtshormon-Marker: Z.B. Kinngröße, Lippen

• Waist-to-hip-ratio: Taille-Hüft Verhältnis

• Shoulder-to-hip-ratio: Schulter-Hüft Verhältnis

• BMI: Body-Mass Index (kg/m2)

 

Wichtige Anzeichen

„Fluctuating asymmetry (FA) ... is thought to result from

developmental instability (the inability to perfectly express

developmental design) and, therefore, reflects

maladaptation.“ (Thornhill & Gangestad; 1999; 454)

• Korreliert mit:

• Attraktivität (z.B. Mealey et al., 1999)

• Wahrgenommener Dominanz (Shakelford & Larsen,

1997)

• Wahrgenommener Gesundheit (Rhodes et al., 2007)

• Krankheit (z.B. Waynforth, 1998)

Symmetrie

• Durchschnittlichkeit bzw. Übereinstimmung mit typischem Gesicht

der Population

• Attraktivität steigt mit zunehmendem „Morphgrad“ (Langlois &

Roggman 1990; Rhodes et al 1999)

• Einzelgesichter werden attraktiver, wenn man „untypische“

Merkmale entfernt (Rhodes & Tremewan 1996; Rhodes et al 1999).

• Natürlicherweise durchschnittlichere Gesichter sind attraktiver

(Light et al 1981; Rhodes & Tremewan 1996; Rhodes et al 1999)

• ABER: Einige wenige Merkmale (insbes. Geschlechtsmerkmale)

erzeugen bei Abweichung größere Attraktivität (Perrett et al 1998;

Rhodes et al 2000)

Erklärungen nach Gangestad & Scheyd (2005):

 Wahrnehmungsflüssigkeit

 Entwicklungsstabilität / Adaptivität

Durchschnittlichkeit

• Fragestellung: Identifikation unabhängiger Effekte von Symmetrie

und Durchschnittlichkeit

• Manipulation der Symmetrie: Mischung mit Spiegelbild

• Manipulation der Durchschnittlichkeit: Einzelgesichter 50% in

Richtung Durchschnitt oder von Durchschnitt entfernt verzerrt

• AV: Attraktivitätsratings

Durchschnittlichkeit - Studie Rhodes et al. (2001)

Viel T im Verhältnis zu E in

der Pubertät:

• Großes Kinn

• Große Wangenknochen

• Große Augenbögen

Viel E im Verhältnis zu T in

der Pubertät:

• Kleines Kinn

• Kleine Wangenknochen

• Kleine Augenbögen

• Vollere Lippen

• Wie wirken diese Merkmale auf

Attraktivität?

• Und warum?

Gesicht: Anzeichen für Geschlechtshormone

• Zusammenfassung publizierter Studien zu Geschlecht,

Attraktivität und Geschlechtshormonmarkern

(Anzeichen)

• Analysen:

- Weiblichkeit bei weiblichen Gesichtern

- Männlichkeit bei männlichen Gesichtern

- Echte vs. technisch veränderte Gesichter

 

Person r: 0,10 = klein

0,30 = mittel 

0,50 = groß 

r^^2 = erklärte Varianz

 

Zusammenfassung

• Starker, zuverlässiger Effekt der

Weiblichkeit bei weiblichen Gesichtern

• Schwächerer, nur bei natürlichen

Gesichtern auftretender Effekt der

Männlichkeit bei männlichen Gesichtern

Überblick und Metaanalyse Rhodes (2006)

Ältere Erklärung für globale Präferenz für weiblichere

Gesichter durch Frauen: Strategic Pluralism /

Kompromisshypothese / Dual-Mating-Strategy (Fink &

Penton-Voak, 2002; Gangestad & Simpson, 2000)

• Hohes T erzeugt Dilemma:

- „genetischer Fitnessvorteil“

- Unzuverlässigkeit, geringere Bindung,

Risikobereitschaft

• Kompromisshypothese: Wechselnde Strategien je

nach „Partnerziel“

- Niedriges T ~ Langzeitversorgung

- Hohes T ~ Fortpflanzung

 

Gesicht: Ursachen Geschlechtsmerkmarker

Ältere Evidenz: Bevorzugung sehr männlicher Gesichter..

- Während der fruchtbaren Tage (Johnston et al., 2001)

- Während der fruchtbaren Lebensperiode (Little et al.,

2010)

- Eher als Kurzzeit- als als Langzeitpartner (Penton-Voak

et al., 2003)

Neue Evidenz:

- Männliche Körper: Stärkere Attraktion während fruchtbarer Tage, dies

aber Unabhängig von Männlichkeit und unabhängig von Kurz-vs.

Langzeitpartner (Jünger et al., 2018)

- Ähnliche Befunde für Gesichter (Überblick: Jones et al., in press)

--> Womöglich eher reine „sexual-motivation“ Effekte der Fruchtbarkeit

(Jones et al., in press) und weniger Bevorzugung spezifischer Cues

Gesicht: Anzeichen für Geschlechtshormone - Evidenzen

Lange vertretene These

(Singh, 1993):

• WHR von 0.7 maximal

attraktiv

• Umfangreiche Evidenz

• Korreliert womöglich mit

Fruchtbarkeit

Zwei Herausforderungen:

• WHR oder BMI?

• 0,7 oder Durchschnitt?

WHR und Attraktivität

• WHR und BMI häufig korreliert

• In vielen Studien klärt BMI den größeren Varianzanteil auf

(z.B. Tovee et al., 2002)

r = -0,32

WHR oder BMI?

Was ist attraktiver: WHR = 0,7 oder WHR = Durchschnitt?

• 200 Linienzeichnungen mit weitem Range in W, H, S

• Rater: 100 Männer

• Analyse: Attraktivität über weite W und H Bereiche

• Vergleich mit durchschnittlicher WHR

 

Durchschnittstorso (W, H,

S) für australische Frauen

zw. 19 und 45

 

Anscheinend ist nicht

WHR = 0,7, sondern

WHR = Durchschnitt

maximal attraktiv

Studie Donohoe et al. (2009)

• Bei Frauen BMI vermutlich wichtiger als WHR

• Bei Männern SHR recht zuverlässiger Prädiktor

• Muskularität wird (wie männlichere Gesichter) in fruchtbarer

Phase bevorzugt

Zusammenfassung Körperform

Bevorzugung niedriger BMI:

• Niedriger normaler BMI à Fertilität

• Sehr niedriger BMI à Amenorrhoe

• Sehr hoher BMI à Schwangerschaftskomplikationen und

geringere Fertilität

• Sehr hoher BMI à Gesundheitsprobleme

ABER: Probleme mit hohem BMI treten erst in Bereichen auf,

die sehr weit über dem für Attraktivität optimalen BMI liegen!

Ursachen Körperform

Jee et al. (2006), NEJM

• 1.213.829 Erwachsene

• 12 Jahre prospektive

Studie

• Korea

• AV: Relatives

Mortalitätsrisiko

• UV: BMI

BMI und Gesundheit 1

Prospective Studies

Collaboration (2009),

Lancet

• 900.000 Erwachsene

• 57 prospektive Studien

• Westeuropa und

Nordamerika

• AV: Mortalitätsrisiko

• UV: BM

BMI und Gesundheit 2

Kultur vs. Natur:

• Zum Teil sehr große interkulturelle Übereinstimmung (z.B.

Cunningham et al., 1995)

• Aber auch kulturelle Einflüsse nachweisbar (z.B.

Körpergewicht, Moden)

• Für manche Merkmale kein biologischer Vorteil erkennbar

(z.B. kleiner BMI)

Kulturelle Einflüsse

• Fragestellung: Wie hängen Körperpräferenzen vom

sozioökonomischem Status (SES) ab?

• Vpn: Frauen aus

• UK (SES hoch)

• Malaysia

- Kuala Lumpur (SES hoch)

- Sabah (SES niedrig)

• Attraktivitätsratings von Männerkörpern mit

variierendem WHR, BMI, WCR

 

Beobachtung: In Regionen mit niedrigem SES

werden fülligere Männerkörper bevorzugt.

Interpretation: Anpassung der

Körperpräferenzen an lokale Kultur / Umwelt

Swami & Tovee (2005)

• Kollektive Präferenzbildung durch perzeptuelle

Adaptation (Winkler & Rhodes, 2005)

- Durchschnittlich = attraktiv

- Durchschnitt durch Lernen veränderbar

• Kulturell festgelegte Signale evolutionär bedeutsamer

Traits (Swami & Furnham, 2008)

- Macht = attraktiv (evolutionär festgelegt)

- Was aber signalisiert Macht?

- Je nach Kontext z.B. Muskeln, Waffen, Geld

(kulturell festgelegt)

Zwei Mechanismen kultureller/kontextueller Variation

„Close Relationship: A relationship

involving strong and frequent

interdependence in many domains of

life“ (Smith & Mackie, 2007)

Enge Beziehungen - Englisch

• Kognitiv: Selbstkonzept, Pläne etc. schließen Partner ein

• Behavioral: Verhalten hängt vom Partner ab

• Affektiv: Starker emotionaler Einfluss

à Romantische Partner, Kinder, Eltern, Geschwister, Freunde...

Interdependenz

Dauerhafte Bindung und (relative) Monogamie bei

Menschen

Enge Beziehungen - Sonderfall

• Gehirngröße --> frühe Geburt

• Lange Unselbstständigkeit

• Viel Lernen, wenig Instinkt

• Große elterliche Investition nötig

Besonderheiten menschlicher Reproduktion

1. „cooperative breeding“ / alloparenting

2. Dauerhafte Partnerbindung

Anpassung an diese Herausforderungen

Attraktion: Schönheit, Sozioökonomische Ressourcen, Ähnlichkeit

Drei Säulen der interpersonellen Attraktion