Bio 2 Hirnlateralisierung

Hirnlateralisierung | Entscheiden und Handeln

Hirnlateralisierung | Entscheiden und Handeln


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Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
Niveau Université
Crée / Actualisé 11.02.2025 / 13.02.2025
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Phonem

  • Kleinstes Element der gesprochenen Sprache
  • Bildung aus Klängen, die vom menschlichen Sprachapparat produziert werden (Geschwindigkeit ca. 15 Phoneme/Sekunde)
  • Nicht identisch mit Buchstaben

Morphem

  • Kurze Sequenzen von Phonemen
  • Entsprechen weitgehend den Silben der geschriebenen Sprache

Wort

  • Zusammensetzung von Morphemen
  • Träger der Bedeutung

Syntax

Zusammensetzung von Wörtern nach festgelegten Regeln
(Satzbau)

Semantik

Bedeutungsebene von Aussagen über Objekte, Geschehnisse, Personen, etc.

Fähigkeiten mit Linkshemisphärischer Dominanz

  1. Sehen: Wörter, Buchstaben
  2. Hören: Sprachlaute
  3. Bewegung: Komplexe Bewegungen, Ipsilaterale Bewegungen
  4. Gedächtnis: Verbales Gedächtnis, Interpretation von Erinnerung
  5. Sprache: Sprechen, Lesen, Schreiben, Rechnen

 

Fähigkeiten mit Rechtshemisphärischer Dominanz

  1. Sehen: Gesichter, Geometrische Muster, Emotionaler Ausdruck
  2. Hören: Nichts sprachliche Geräusche, Musik
  3. Fühlen: Taktile Muster, Brailleschrift
  4. Bewegung: Bewegungen in räumlichen Mustern
  5. Gedächtnis: Nichtverbales Gedächtnis, Wahrnehmungsaspekte von Erinnerungen
  6. Sprache: Emotionaler Gehalt
  7. Räumliche Fähigkeiten: Mentale Rotation von Formen, Geometrie, Richtung, Entfernung

 

Sprachrelevante Hirnregionen

Primärer auditorischer Cortex (Heschl-Querwindung, im Temproallappen) & Wernicke-Areal (Sprachverständnis, im Temporallappen) => Akustische Verarbeitung gesprochener Sprache

Primärer visueller Cortex (im Okkzipitallappen) & Gyrus angularis (Sprachliche Analyse von Schrift, Parietallappen) => Visuelle Verarbeitung geschriebener Sprache

Broca-Areal (Vorbereitung der Sprachproduktion, im Frontallappen) & Primärer motorischer Cortex (Sprachproduktion, im Frontallappen) => Sprechen

was passiert beim Antworten auf eine gehörte Frage?

Ablauf nach dem Wernicke-Geschwindmodell

  1. Der primäre auditorische Cortex empfängt das Sprachsignal und leitet die Information zum Wernicke-Areal in dem das Sprachverständnis entsteht
  2. Eine Antwort wird gedanklich im Wernicke-Areal vorbereitet und über den Fasciculus arcuatus zum Broca-Areal transferiert
  3. Im Broca-Areal werden geeignete Artikulationsprogramme aktiviert und über den primären Motorcortex ausgedrückt

Laut lesen nach dem Wernicke-Geschwindmodell

  1. Der visuelle Cortex (visuelle Verarbeitung) übermittelt die Information an den Gyrus angularis (sprachliche Analyse von Schrift), der den visuellen Eindruck in einen auditorischen Code übersetzt
  2. Der auditorische Code wird im Wernicke-Areal (akkustische Verarbeitung/Sprachverständnis) verstanden, über den Fasciculus arcuatus zum Broca-Areal (sprechen) transferiert und über Beteiligung des primärer Motorcortex (Sprechen) artikuliert

 Vorhersagen des Wernicke-Geschwindmodells

Das Modell weist spezifischen Aktivitäten eng umschriebene Gehirnareale zu

Schädigung Broca-Areal: Expressive Aphasie:

  • Normales Verständnis geschriebener & gesprochener Sprache
  • Sprache mit erhaltener Bedeutung aber schlechter Artikulation (langsam, umständlich, unzusammenhängend)

Schädigung Wernicke-Areal: Rezeptive/Sensorische Aphasie:

  • Schlechtes Verständnis geschriebener & gesprochener Sprache
  • Bedeutungslose Sprache aber sprachähnlicher Artikulationsrhythmus sowie Intonation („Wortsalat“)

Schädigung Fasciculus arcuatus: Leitungsaphasie:

  • Sprachverständnis & spontane Sprache weitgehend intakt
  • Probleme bei der Wiedergabe gehörter oder gelesener Wörter

Schädigung Gyrus angularis (= Sprachliche Analyse von Schrift): Alexie (Unfähigkeit zu Lesen) + Agraphie (Unfähigkeit zu Schreiben)

  • Intaktes Sprachverständnis & erhaltene Sprachproduktion
  • Unfähigkeit zu Lesen + Schreiben

⚠️widersprüchliche Befunde & postulierten Aphasien existieren quasi nie in reinen Form und Patienten, die aufgrund des läsionierten Areals eine bestimmte Form der Aphasie zeigen sollten, weisen oft auch Symptome auf, die nicht zu den Vorhersagen des Modells für das betroffene Areal passen. Trotzdem werden die Begriffe Broca-Aphasie und Wernicke-Aphasie im klinischen Kontext oft verwendet

✅ Das Modell ist an sich ein gutes Modell, da es sehr klare Annahmen macht (wichtig, da ein Modell überprüfbar sein sollte)

=> Allerdings haben Überprüfungen eben eher gezeigt, dass diese spezifischen Annahmen so nicht angenommen werden können

Ereigniskorreliertes Potential N400

Sprachliche Konflikte (hinsichtlich Wissen oder Semantik, wie etwa nicht in den Kontext passende Wörter) lösen eine Negativierung des ereignis-korrelierten Potentials aus (N400)

=> Korrelat des inhaltlichen Sprachverständnisses

bei Aphasie-Patienten mit einem schlechten Sprachverständnis ist N400 war spezifisch reduziert -> Patienten haben geringere Sensitivität für sprachliche Verletzungen

Beispiel: Der Kaffee ist heiß und blau

ereigniskorrelierten Potentials (P600, SPS = syntactic positive shift)

Grammatikalische Fehler lösen eine Positivierung des ereigniskorrelierten Potentials aus (P600, SPS = syntactic positive shift)

-> P600 =  Korrelat des grammatikalischen Sprachverständnisses

Beispiel: Ich kann über mir selbst lachen

Hemisphärenspezialisierung kann über verschiedene Methoden erfasst werden

  1. Wada-Test: kurzzeitiges Narkotisieren einer Hirnhälfte durch Natrium-Amobariat in eine Karotis-Arterie (invasiv!)
  2. Dichotisches Hören: Simultane, akustische Stimulation beider Ohren mit unterschiedlichen Informationen (z.B. Ziffern)
  3. Funktionelle Bildgebung:Nicht-invasive Messung der neuronalen Aktivität und anschließende Bestimmung der relativen Aktivierung je Hemisphäre
    → Kritik: schwer interpretierbar
  4. Callosotomie: Durchtrennung des Corpus callosum („Split-Brain“)  und jeweils Beobachtung, was die einzelnen Hemisphären bei der Durchführung von Aufgaben oder Präsentation von Stimuli noch können oder erkennen
    • Beste Methode um Lateralisierung zu testen
    • ABER: invasiv
    •  Beobachtung: Split-Brain Patienten zeigen keine großen Verhaltensänderungen (weil es noch subcortikale Verbindungen gibt und die meisten Funktionen bilateral sind, bzw die Hemnisühären weitgehend autonom voneinader funktionieren!)

Hinrsphärenspezialisierung

  • Die beiden Hemisphären des Gehirns können unabhängig voneinander arbeiten und tauschen Informationen über interhemisphärische Verbindungen aus (primär über das Corpus callosum)
  • Es existieren aber außerdem subkortikale Faserkreuzungen -> Über diese Faserkreuzungen können z.B. schon auf der Höhe
    des Rückenmarks Informationen ausgetauscht werden -> obwohl der Balken durchtrennt ist, werden dadurch einfache sensorische und motorische Fähigkeiten nicht beeinträchtigt

Lateralisierte Funktionen:

  • Sprache ist die am deutlichsten, meist links lateralisierte „höhere“ Funktion
  • Händigkeit: kontralateral zur dominanten Hemisphäre
  • Visuelle Exploration -> Rechtshänder zeigen eine frühe Orientierungspräferenz für die linke Gesichtsfeldhälfte
  • Klar lateralisiert sind über subcortikale Faserkreuzungen sensorische und motorische Funktionen (jeweils kontralateral repräsentiert)
  • Neben primär sensorischen und motorischen Regionen sind das Broca-Areal (Sprachproduktion) und das Wernicke-Areal (Sprachverständnis)die relevantesten Regionen

 

  • Semantische (N400) und syntaktische Regelverletzungen (SPS) zeigen sich in spezifischen Komponenten des ereigniskorrelierten Potentials
  • In der Klinik spricht man zwar von Broca- und Wernicke-Aphasie, die neurobiologische Zuordnung von Sprachdefizit zu Hirnareal ist jedoch weniger spezifisch

Schädigungen des Collosum dingsta und Cisma optikum

Nachweis durch einen Versuch von Myers & Sperry mit Split Brain Katzen

Gruppen: Experimental- & Kontrollgruppe

  • Experimentalgruppe: Durchtrennung des Corpus callosum UND Chiasma Opticum
  • Kontrollgruppen: mind. 1 intakte Verbindung → Austausch zwischen den Hemisphären also prinzipiell möglich

Durchführung:

  1. Katzen lernen visuelle Diskriminationsaufgabe mit einem abgedeckten Auge
  2. Danach: Wechsel der Augenabdeckung auf das andere Auge und erneutes Lösen der Aufgabe

Ergebnisse:

  • Beim Erlernen der ersten Aufgabe keine Unterschiede zwischen den Gruppen
  • Nach Wechsel der Augenabdeckung auf das andere Auge:
    • Experimentalgruppe → müssen nochmal neu lernen (kein Wissenstransfer!!)
    • Kontrollgruppe → können Diskriminationsaufgabe anwenden (interhemisphärischer Wissenstransfer der Assoziation hat statt gefunden)

Frühen befunde von Broca zur Sprachlateralisierung

Pierre Paul Broca untersuchte Patienten mit Sprachstörungen (= Aphasie)

Beobachtung:

  • intaktes Sprachverständnis
  • beeinträchtigte Sprachproduktion

Autopsien nach dem Tod der Patienten: Beobachtung einer Läsionen in der linken Hemisphäre zwischen Frontal- und Temporallappen

→ Schluss auf eine Lateralisierung der Sprachproduktion in der linken Hemisphäre

Was versteht man unter Alexie bzw. Agraphie? 

Alexie = unfähig zu Lesen (Störung von visuellem Code → zu akustischem Code für Sprachverständnis)

Agraphie = unfähig zu schreiben (Störung von akustischem Code → zu visuellem Schrift-Code)

→ Sprachverständnis und Sprachproduktion bei beiden intakt

Was versteht man unter Entscheiden und Handeln?

Entscheiden =

  • bewusste Wahl zwischen mehreren Alternativen anhand bestimmter Präferenzen, objektiv oder subjektiven Entscheidungskriterien, Wertmaßstäbe
  • Können Rational oder spontan/zufällig sein
  • Beeinflusst von emotionalen + motivationalen Faktoren (Bauchgefühl)

Handeln =

  • Ausführen oder Unterlassen/Inhibition von einer zielgerichteten komplexen Tätigkeit
  • Voraussetzung (VOR Handeln): bewusstes/intuitives Entscheiden + Agieren
  • Abgegrenzt zu: einfachen automatischen Verhaltensweisen + Reaktionen (kein Entscheiden davor)

Frontalhirn & Präfrontalkortex

Der Frontallappen (beim Menschen ca. 1/3 des Cortex) besteht aus motorischen + prämotorischen Regionen + Präfrontalcortex

-> Expansion des Frontalcortex (insbesondere Zunahme der weißen Substanz) ist in der Evolution des Menschen assoziiert mit dem Auftreten höherer kognitiver Funktionen (Größenverhältnis ist sehr viel kleiner bei nicht Primaten)

Präfrontalcortex ≈ Hälfte des gesamten Frontalcortex beim Menschen

Präfrontalkortex hat wichtige Rolle beim Entscheiden!! Siehe Probleme von Phineaus Gage nach Schädigung

 Präfrontalcortexmassives Netzwerk, das motorische + perzeptuelle + limbische Regionen miteinander verknüpft

PFC: Lateral, Medial, Orbitofrontal = Oberaufseherkontrolle, ideale Position um verschiedene ZNS Prozesse zu koordinieren

Projektionen zu fast allen Regionen im parietalen + temporalen Cortex sowie zu prästriären Regionen des Okzipitallappens

Projektionen von Subcortikale Regionen wie Thalamus, Basalganglien, Cerebellum und Kerne im Hirnstamm projizieren zum PFC



 

Frontalhirnsyndrom

Patienten mit Läsionen in Teilen des Frontallappens zeigen charakteristische Beeinträchtigungen, vor allem bei exekutiven Funktionen:

  • Perseveration = Haften an (irrelevanten) Details und Probleme bei Aufgabenwechsel
  • Disinhibition = Stimulus-getriebenes Verhalten, unreifes und enthemmtes Auftreten
  • Vermindertes Urteils- und Planungsvermögen
  • erhöhte Impulsivität = Unbedachtes und vorschnelles Handeln 

⚠️ „Frontalhirnsyndrom“ ist eine Beschreibung von Folgen einer lokalisierten Störung im Gehirn, keinem eigenständigen Krankheitsbild

Ähnlichkeiten bestehen zum Verhalten kleiner Kinder (noch unzureichende Reifung des Präfrontalcortex) sowie zu Patienten mit frontotemporaler Demenz (selektiver Verlust von Neuronenpopulationen in Frontal- und Temporallappen)

Exekutive Funktionen

Synonyme: „kognitive Kontrolle“ oder „Supervisory Attentional System (SAS)“

=> Exekutive Funktionen erlauben Menschen (im weiteren Sinne: höhere Lebewesen) ihr Verhalten unter Berücksichtigung ihrer Umwelt zu steuern

Teilbereiche:

  • Setzen von Zielen
  • Strategische Handlungsplanung
  • Einkalkulieren von Hindernissen
  • Entscheidung für Prioritäten
  • Impulskontrolle und Selbstbeherrschung
  • bewusste Aufmerksamkeitssteuerung
  • Zielgerichtete Handlungsplanung/-ausführung
  • Adaptive Handlungssteuerung und -korrektur

Kognitive Funktionen:

  • Arbeitsgedächtnis (getestet mit Delayed response Task)
  • Aufgabenwechsel ("Taskt switching" -> getestet mit Wisconsin Card Sorting Test WCST)
  • Inhibition (getetst mit Stop-Signal Aufgaben)
  • Reaktionsüberwachung (getest mit Aufgaben zur Fehlerverarbeitung -> Flanker Task)

 => teilweise abgrenzbare neuronale Organisationen: Spezifität bestimmter präfrontaler Regionen für bestimmte Exekutive Aufgaben getestet mit

  • TMT = Trail Making Test (Response switching)
  • WCST = Wisconsin Card Sorting Test (Set switching)
  • STROOP = Stroop Test (Reaktionshemmung bei Interferenz)
  • COWA = Controlled Oral Word Association Test (verbale Flüssigkeit, divergentes Denken, Kreativität)

 

Arbeitsgedächtnis

basiert laut Baddeley auf dem Zusammenwirken dreier Strukturen:

  1. der phonologischen Schleife
  2. dem visuell-räumlichen Notizblock
  3. der zentralen Exekutive

=>  Arbeitsgedächtnis ist ein System zur temporären Speicherung, Manipulation und Überwachung von nicht mehr in der Umwelt zur Verfügung stehender Information

Es erlaubt die Integration aktuell vorhandener, perzeptueller Informationen mit gespeicherten Inhalten

Es ist wichtig für Ziel-orientiertes im Gegensatz zu Stimulus-getriebenem Verhalten

=> Getestet mit Delayed response Task