Altklausurfragen BQT II Systemische

Fragen aus Gedächtnisprotokoll SS24

Fragen aus Gedächtnisprotokoll SS24


Fichier Détails

Cartes-fiches 38
Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
Niveau Université
Crée / Actualisé 03.02.2025 / 05.02.2025
Lien de web
https://card2brain.ch/box/20250203_altklausurfragen_bqt_ii_systemische
Intégrer
<iframe src="https://card2brain.ch/box/20250203_altklausurfragen_bqt_ii_systemische/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>

Was ist sozialer Konstruktivismus und was bedeutet das für die Systemische Therapie?

Sozialer Konstruktivismus besagt, dass Realität nicht objektiv gegeben, sondern durch soziale Interaktion, Sprache und Kultur konstruiert wird.

Bedeutung für die Systemische Therapie:

  • Realität als Konstruktion: Probleme sind Interpretationen, die verändert werden können.
  • Sprache & Narrative: Neue Erzählweisen schaffen neue Handlungsmöglichkeiten („Reframing“).
  • Kontextabhängigkeit: Verhalten wird im sozialen Umfeld verstanden.
  • Ko-Konstruktion: Therapeutin und Klientin erschaffen gemeinsam neue Perspektiven.

Dadurch ist die systemische Therapie flexibel, lösungsorientiert und ermöglicht neue Sichtweisen auf Probleme.

Was sind Systeme?

  • System: „Satz von Elementen und Objekten zusammen mit den Beziehungen zwischen diesen Objekten und deren Merkmalen“
  • Strukturen und Grenzen: klare Grenzen der Subsysteme -> gesunde Struktur; fehlende / schwache Grenzen à verstrickte Struktur; übermäßig starre Grenzen -> isolierte Struktur
  • Regeln: wiederkehrende Verhaltensmuster in sozialen Systemen
  • Beharrungs- (Morpho-/Homöostase) und Veränderungsimpulse (Morphogenese)
  • Problemsystem: zirkuläre Wechselwirkung zwischen Problem und sozialem Kontext (Selbstorganisation des Systems); Aufrechterhaltung auch möglich, wenn Problemursache nicht mehr existent

Wieso ist eine Mehrpersonenperspektive sinnvoll und mit welcher Intervention würden Sie sie erfragen?

  • Mehrgenerationenperspektive: Möglichkeit der Weitergabe von Symptomen, Bindungsmustern, Beziehungsproblemen und Traumata
  • Konzept der Differenzierung: Therapieziel bei emotionaler Verschmelzung
  • Triangulierung und belastete (pathologische) Dreiecksbeziehungen: bei Stress in instabilem Zwei-Personen-System wird dritte Person einbezogen
  • Differenzierung: im engen Kontakt zu Bezugspersonen Selbstwert wahren
  • emotionale Verschmelzung: ein Beziehungspartner passt sich an den anderen an, wodurch dieser stärker wirkt als der Angepasste
  • potenziell problematische transgenerationale familiäre Muster: Koalitionen und Verstrickung; Konfliktumleitung; Triangulation; elterliches Entfremdungssyndrom; Delegationen; Parentifizierung; Mini-Paartherapeut

Intervention: Genogramm

Was ist besonders an Therapiezielen in der Systemischen Therapie und wie werden sie überprüft?

  • alle Arten von Zielen eigentlich möglich (außer wenn moralisch nicht vertretbar
  • Patient kann selbst nachsteuern und Ziele anpassen
  • auf soziales System bezogen, nicht nur auf die Person
  • ressourcenorientiert
  • SMART

 

Besonderheiten von Therapiezielen in der Systemischen Therapie

  • Individuell und kontextabhängig: Ziele werden gemeinsam mit den Klient*innen im sozialen Kontext definiert, nicht nach festen Vorgaben.
  • Ressourcen- und lösungsorientiert: Der Fokus liegt auf vorhandenen Stärken und Möglichkeiten statt auf Defiziten.
  • Prozesshaft und veränderbar: Ziele sind flexibel und können im Verlauf angepasst werden.
  • Mehrperspektivisch: Sie berücksichtigen verschiedene Sichtweisen (z. B. Familie, Partner, Umfeld).

Überprüfung der Ziele

  • Zirkuläre Fragen: Wie würde eine andere Person (z. B. Partner*in) die Veränderung wahrnehmen?
  • Skalierungsfragen: „Auf einer Skala von 1 bis 10 – wie nah sind Sie dem Ziel?“
  • Konkrete Verhaltensänderungen: Welche kleinen Veränderungen sind bereits sichtbar?
  • Feedback-Schleifen: Regelmäßige Reflexion mit den Klient*innen über Fortschritte und neue Bedürfnisse.

Was sind Anlass, Anliegen, Auftrag und Kontrakt?

  • Anlass: Ereignisse, die Druck aufbauen, sich Hilfe zu suchen
  • Anliegen: Erwartung / Veränderungswunsch
  • Auftrag: explizites Anliegen
  • Kontrakt: Vereinbarung, wenn Auftrag und Angebot zusammenfassen

Was sind systemische Hypothese? Nennen Sie ein Beispiel. 

  • Hypothesenbildung: keine Ursachensuche; Wert gemessen an Nützlichkeit für therapeutischen Prozess; überprüfbar; Zusammenhänge mit Lebensgeschichte

Systemische Hypothesen sind vorläufige Annahmen darüber, wie ein Problem innerhalb eines sozialen Systems (z. B. Familie, Team) entsteht und aufrechterhalten wird. Sie helfen, Muster, Wechselwirkungen und Bedeutungen zu verstehen, ohne eine absolute Wahrheit zu beanspruchen.

müssen überprüfbar sein und werden verworfen, wenn Patient nicht zustimmt (am besten, wenn Patient selbst Hypothese benennt)

Symptombildung als Funktion

Beispiele:
Schulverweigerung bei Kind, da er zu Hause Funktion des Mediators zwischen den streitenden Eltern erfüllt
Panikattacken des Klienten ggf. nicht durch individuelle Ängste ausgelöst, sondern durch das Bedürfnis nach Zuneigung durch die Partnerin

Wie kann man Patienten anhand ihrer Auftrags- und Veränderungsbereitschaft kategorisieren?

Besucher*innen

  • Kommen oft auf äußeren Druck (z. B. Partner, Schule, Gericht).
  • Sehen sich selbst nicht als problematisch oder veränderungsbedürftig.
  • Beispiel: „Ich bin nur hier, weil mein Chef das will.“
  • Intervention: Beziehung aufbauen, Interesse wecken, Ressourcen betonen.

Klagende (Leidende)

  • Erleben sich als Opfer externer Umstände oder anderer Personen.
  • Wünschen sich Veränderung, sehen aber die Verantwortung bei anderen.
  • Beispiel: „Mein Mann hört mir nie zu, er muss sich ändern!“
  • Intervention: Perspektivwechsel fördern, Eigenverantwortung stärken

Kundinnen (Kooperative Klientinnen)

  • Erkennen das Problem und wollen aktiv an Lösungen arbeiten.
  • Sind bereit, ihr eigenes Verhalten zu reflektieren und zu ändern.
  • Beispiel: „Ich will lernen, meine Konflikte anders zu lösen.“
  • Intervention: Lösungsorientierte Techniken, konkrete Ziele erarbeiten.

Welche Studien gibt es zur Wirksamkeit von Systemischer Therapie?

verschiedene RCTs zu Sozialphobie, (ggf Persönlichkeitsstörungen,) Binge Eating und Begleittherapie bei Diabetes Typ II

Metaanalysen: positive Effekte auf affektive Störungen, Zwangsstörungen, Essstörungen, somatoformen Störungen und Schizophrenie; teils geringere Dropout-Raten; auch Einfluss auf psychische Gesundheit Angehöriger bei körperlichen Erkrankungen

Wann sind zirkuläre Fragen nicht sinnvoll?

  • akute Psychosen
  • mangelnde Mentalisierungsfähigkeit keine Kontraindikation! -> kann man dabei lernen
  • zu komplexe Fragen konnen aufgesplittet werden

 

  • akute Notfälle und Krisen
  • bei fehlernder Beziehung oder Widerstand
  • bei kognitiven Einschränkungen oder jungen Kindern
  • wenn Patientin ganz konkrete Lösungen suchen

Was ist Reframing? Nennen Sie ein Beispiel. 

  • Reframing: positive Konnotation von durch den Klienten als problematisch erlebtem Verhalten (keine Verharmlosung des Leids!)
    • damit überzeugt man niemanden
    • lediglich Aufzeigen einer neuen Perspektive
    • wenn Perspektivübernahme dann nicht von selbst passiert, auch nicht dasselbe immer wieder probieren
  • Probleme anders betrachten – die positive Umdeutung: Symptome erfüllen stabilisierende Funktion im System; ressourcenorientierte Umdeutung; Unterstellung positiver Motive für Symptome; Veränderung von Bedeutung und Bewertung verändert auch folgende Interaktionen

Beispiele:
Kontrolle -> Fürsorge
Aufmüpfigkeit -> Selbstständigkeit / Autonomie

Was sind allgemeine Nebenwirkungen von (systemischer) Psychotherapie?

Risiken und Nebenwirkungen:

  • Indikationen und Kontraindikationen
  • Non-Response und Verschlechterungen (bei 33-65% der Therapeuten)
  • unerwünschte Ereignisse (Lebensereignisse unabhängig von der Therapie)
  • Nebenwirkungen und Krankheitsverschlechterungen (9%)
  • Therapieschäden (durch Grenzüberschreitungen, Missbrauch; bei 10% der Therapeuten)

spezifische Nebenwirkungen systemischer Psychotherapien:

  • Familienaufstellung nach Hellinger (Dekompensation und Abhängigkeiten)
  • traumatisierende Erkenntnisse (v.a. durch Mehrgenerationenperspektive)
  • mangelnde Motivation und unreflektierte Parteilichkeit
  • Einzel- oder Paartherapie? (negative Effekte von Einzeltherapie auf Partner oder Familienbeziehungen -> Mehrpersonensetting?)
  • Auswirkungen nach Therapiebeendigung (Nebenwirkungen können anhalten)

Schwierigkeiten in und Nebenwirkungen von Therapien: Misserfolge im Vorfeld; Therapieablehner; Abbrecher; Non-Responder; Verschlechterungen; Rückfälle; Zeit und Kosten; Effekte des Therapienutzerverhaltens; Veränderungen von Einstellungen, Problembewältigung und Lebensstil; in privaten Beziehungen; im Berufsleben; Überanpassung an Therapiephilosophie

Was ist der Unterschied zwischen Skulptur und Aufstellung in der Systemischen Therapie?

beides Methoden zur Visualisierung von Beziehungsdynamiken, haben aber unterschiedliche Schwerpunkte

Aufstellung: Fokus auf Beziehungen, Hierarchien und Dynamiken zwischen Personen

Skulptur: Fokus auf emotionalen und körperlichen Ausdrucksformen von Beziehungen

Was wissen Sie über die Familienaufstellung nach Hellinger und was sind potenziell problematische Aspekte davon?

Familienaufstellung nach Hellinger: „lebende Skulptur“; Klient stellt Herkunfts- oder aktuelle Familie auf à Stellvertreter werden befragt à Skulptur wird umgestellt (z.T. nach Hellingers Theorien; z.T. nach geäußerten Befindlichkeiten und Impulsen) à Klient nimmt eigenen Platz wieder ein à Abschluss durch Ritualhandlung (z.B. Schlüsselsatz)

  • Grundannahme: Symptome treten dann auf, wenn Familienmitglied in einer Position, die ihm nicht „gemäß“
  • unethisch / fragwürdige Aspekte: apodiktisch-destruktive Äußerungen; Arroganz gegenüber Kritik; Weigerung, sich evaluieren zu lassen; dogmatisch-alttestamentarische Haltung zu Frauen; therapeutische Arbeit als Show vor Zuschauern

Was sind Narrative im Systemischen Kontext?

  • Erzählungen / Geschichten aus der Familie 
  • Ressourcen im Kontext biografischer Narrative: ob Ressourcen als solche wahrgenommen und genutzt werden abhängig von subjektiver Wahrnehmung und Verarbeitung (und damit Lebenserfahrungen)
  • Bedeutung narrativer Strukturen: Menschen organisieren ihr Leben rund um Geschichten; welches Leben wir führen, abhängig davon, welchen Geschichten wir Bedeutung geben
  • narrative Konzepte: Störungen als Folge problemerzeugender, abwertender und entmutigender Erzähltraditionen von Familien -> Narrative identifizieren, Auswirkungen überprüfen, dekonstruieren und ersetzen (Externalisierung und therapeutisches Schreiben hilfreich)

das Genogramm

  • graphische Darstellung der Familie und ihrer Geschichte
  • mindestens 3 Generationen, sonst orientiert sich der Umfang an den relevanten Personen und Themen (Kriegstraumata in der Vergangenheit, unerfüllter Kinderwunsch, etc.)
  • Anordnung der Personen möglichst mit erkennbarem Alter (nicht immer möglich)
  • meist Vorlage in Therapiesitzung erstellen und hinterher ins Reine schreiben
  • besondere Ereignisse, Allianzen, Konflikte und Kommunikationsstil auch einbauen
  • je nach kognitiven Fähigkeiten des Patienten mehr oder weniger erklären (bezüglich einzelner Symbole und auch abgeleiteter Hypothesen)

Was versteht man unter Seilarbeit? Wann und wie wird sie angewendet?

  • Lebenslinie
  • zum Teil sinnvoll, extra ein kurzes Seil zu nehmen -> zwingt dazu, Probleme zu hierarchisieren/priorisieren
  • Patient an aktuellen Punkt stellen, in die Vergangenheit sehen, bewusstes Umdrehen und in die Zukunft schauen
  • konkrete Schritte: in Einzel- oder Mehrpersonensetting möglich; „Zeitlinienwanderung“ durch Familiengeschichte; verbundene Gefühle spürbar machen
  • Vorgehensweise: Zeitrahmen abstecken (Start- und Zielpunkt festlegen; im Raum mit Gegenständen markieren); Skalierung eher von subjektivem Erleben abhängig; ggf. Seile zur Visualisierung anderer Systemmitglieder hinzufügen
  • drei Phasen: Entwicklung der Zeitlinie durch Erzählungen und offenes Fragen -> Erweiterung der Erzählung in die Zukunft (ggf. auch mehrere Optionen) -> flexible Arbeit zwischen Zeitabschnitten (Ziel: Klarheit und Verständnis; Flexibilisierung; Ressourcenaktivierung)
  • verschiedene Anwendungszwecke:
    • Geschichte des Systems gleichzeitig nah und aus Beobachterperspektive erleben
    • Probleme, Krisen, Symptome und Traumata nicht als festgeschriebene Geschichte betrachten -> Fokus auf Ressourcen bei der Bewältigung
    • mehrere zukünftige Lösungsmöglichkeiten zum selben Anliegen als mehrere Zeitlinien ausprobieren

Wie funktioniert die Arbeit mit dem Familienbrett?

  • weniger emotionale Aufstellung ohne lebendige Personen
  • kann auch z.B. innere Anteile beinhalten
  • Therapeut darf Interpretationen haben und Hypothesen äußern, Klient entscheidet aber, ob diese sinnvoll sind
  • zentrale Aspekte für Analyse von Skulptur-Daten: dyadische / triadische Distanzen; Höhenunterschiede; Zu- / Abwendung und Blickrichtung; Platzierung auf dem Spielfeld; Reihenfolge der Aufstellung; Altersklassen; Körperkontakt

Hinweise auf klinische Risikofaktoren in Skulpturen:

  • Nichtrepräsentation wichtiger Bezugspersonen
  • alleinstehende Protagonisten / große Distanz zu wichtigen Bezugspersonen
  • abgewendete wichtige Bezugspersonen
  • bewusste Verwendung von Figuren „falscher“ Altersklassen
  • extreme Höhenunterschiede innerhalb der Familie
  • bizarrer / eigenartiger Gebrauch des Materiels

Wieso kann eine Diagnose zur Verfestigung der Symptomatik beitragen? Wie würde ein Systemiker eine Diagnose stellen?

Verfestigung durch: 

  • selbsterfüllende Prophezeihungen
  • System und Funktion der Symptome werden ausgeblendet
  • starke Identifizierung verkleinert evtl. subjektiven Handlungsspielraum des Klienten

standardisierte Diagnostik:

  • Spannungsfeld -> Diagnosen eher als „Arbeitshypothesen für Systemkonstellationen mit begrenzter Laufzeit“
  • Diagnostik im Erstgespräche: Interaktionsmuster, Beziehungsstrukturen, familiäre Grundannahmen, Regeln und Geheimnisse, Mehrgenerationenperspektive, intrapsychische Variablen und Position des Therapeuten im System als zentrale Aspekte
  • interpersonelle Diagnostik:
    • Einsatz „relational diagnoses“ statt etablierter klinischer Diagnostik
    • Formen interpersoneller Diagnostik und Paar-/Familiendiagnostik: Sammlung objektiver Informationen; interne Repräsentationen von Beziehungen; Interaktionsanalyse; strukturelle Merkmale von Paaren / Familien; interpersonell relevante Personeneigenschaften
    • standardisierte Fragebögen; Fremdratingverfahren

systemische Ergänzungen:

  • Symptome als Kommunikationsbeitrag: „xy ist depressiv“ vs. „xy hat eine Depression“ vs. „xy zeigt die Symptome einer Depression“ vs. „xy ist oft traurig und fühlt sich von seinem Umfeld nicht verstanden“
  • das „Problemsystem“: Problem wird erst zum Problem, wenn ein Beobachter es als solches bewertet und es durch Kommunikation darüber soziale Relevanz erlangt
  • Familien- und relationale Diagnostik (Achtung, Konstruktivismus!)
  • Ressourcendiagnostik
  • Diagnostik als Interaktion und Bestandteil der Therapie: Symptom als Mittel, etwas auszudrücken (Funktion!); Diagnostiker als Adressat dessen

praktischer Umgang mit Diagnosen und Arztbriefen:

  • Sprechen über Diagnosen (gemeinsamer Konstruktionsprozess)
  • Entlassbriefe schreiben: möglichst so, dass Patienten sie lesen (einfache Sprache), verstehen (Nachfragen) oder sogar daran mitwirken können (Änderungswünsche; Adressaten werden gemeinsam bestimmt); Epikrise

 

Schichtenregel / Hierarchieregel (vs. Komorbidität): psychische Erkrankungen in Schichten angeordnet à tiefer liegende Störung drückt sich in darüberliegender Störung aus (-> nur tiefere als Diagnose!)

Was sind Kontraindikationen in der Systemischen Therapie?

störungsspezifisch:

  • Kontraindikationen: keine generellen; bei somatischen Erkrankungen, Schizophrenie, bipolaren oder schweren depressiven Störungen nur in Kombination mit Medikamenten; nur mit entsprechender Qualifikation

auf Mehrpersonensetting bezogen:

  • häusliche Gewalt und Misshandlungen als Kontraindikation (solange Täter leugnet oder Konsequenzen zu befürchten sind)
  • Familiengeheimnisse (die manche wissen, andere nicht): keine generelle Kontraindikation, aber aufpassen und Privatsphäre wahren!
  • Trennungsintention bei Paaren keine Kontraindikation!

für spezifische systemische Interventionen: (nur mit Ausbildung!)

  • (Familien-)Skulptur: nur bei bestehender Vertrauensbeziehung zwischen Klienten und Therapeut; genug Zeit und therapeutischer Standfestigkeit, das Sichtbargewordene aufzuarbeiten (intensive Wirkung; Abwehr)
  • paradoxe Intervention: nicht bei emotional labilen Familien(-mitgliedern), die Konflikte evtl. gewalttätig austragen; nicht bei instabilen Ich-Grenzen

Wie sollte Qualitätssicherung in der Systemischen Therapie aussehen?

  • Voraussetzungen: Wirksamkeit, Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit
  • Qualitäts- und Wirksamkeitskriterien: Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität; Veränderungsmessungen bei Beziehungen, Symptomen und Lebensqualität; ggf. störungsspezifische Indikatoren; Prä-/Post-Messungen
  • pragmatisches Modell einer Qualitätssicherung für Systemische Therapie:
    • wichtige Kriterien: Anschlussfähigkeit; Ökonomie; Patientenperspektive
    • grafische Aufbereitung von Prozess- und Ergebnismonitoring à zusätzliche Erkenntnisquelle (Rückkopplungssystem)
  • Standardpaket zur Qualitätssicherung systemischer Therapie:
    • Ebene Symptomveränderung: Messung z.B. über SCL-90R
    • Ebene Problem-Ziel-Veränderung:
      • GAS (Goal Attainment Scale): drei wichtigste Problembereiche; Ist-Zustand zu Therapiebeginn ist 0 à regelmäßige Einordnung der Zielerreichung zwischen -2 und +4
    • Ebene Beziehungsveränderung:
      • EVOS (Evaluation of Social System Scale): erfasst Beziehungsqualität und kollektive Wirksamkeit

Was ist die Grundhaltung in der Systemischen Therapie?

  • entwicklungsfördernd, neugierig, kontextsensibel, ressourcenorientierte, Hoffnung weckend, manchmal überraschend, immer allparteilich
  • Sicht auf Patienten: den Patienten selbst Verantwortung für Gestaltung angemessener Handlungsspielräume überlassen
  • Sicht des Therapeuten auf sich selbst:
    • not knowing: Patient, nicht Therapeut, als Experte für sich selbst
    • (Muster) verstehen wollen statt Werkzeuge anwenden
    • gekonnt fragen
    • Sicherheit herstellen (Balance zwischen Veränderungsmotivation und Beharrungsvermögen)
  • Grundhaltung:
    • allgemein: bedingungslose positive Wertschätzung, Empathie, Kongruenz
    • spezifisch systemisch: Neugier, hypothesengeleitete Fragen, Zirkularität
    • Orientierung an Lösungen und Ressourcen, Mustern und Kontext, Auftrag und Kunden, Kooperation und Beziehung

Was ist das Double-Bind Konzept? Nennen Sie ein Beispiel. 

Person sendet zwei widersprüchliche Botschaften -> paradoxe Situation; Person kann nur falsch handeln

Beispiel: Vater zu Kind
verbale Botschaft: "Sei ehrlich und sag mir immer, was du denkst!“
nonverbale Botschaft: wenn Kind offen seine Meinung äußert, reagiert Vater wütend oder verletzt

Was versteht man unter Triangulation und wie kann man sich diese bewusst machen?

Triangulation beschreibt ein Beziehungsmuster, bei dem eine dritte Person in einen Konflikt zwischen zwei anderen Personen einbezogen wird. Dadurch wird die direkte Auseinandersetzung zwischen den beiden Hauptpersonen vermieden oder abgefedert.

Beispiele: 
Kind als Vermittler
dritte Person als Verbündete
Arbeitskonflikte

Bewusstmachen durch zirkuläre Fragen, Genogrammarbeit, Reflexion der eigenen Rolle und Förderung direkter Kommunikation

Was sind die vier ethischen Prinzipien in der Psychotherapie?

  • Respekt der Patientenautonomie (Aufnahme der Therapie; informationelle Selbstbestimmung)
  • Schadensvermeidung (Nicht-Schädigung; Begrenzung von Schädigungen)
  • Prinzip der Nutzenvermehrung (Linderung von Beschwerden)
  • Gerechtigkeit (keine Diskriminierung)

Was sind Schlussinterventionen?

  • Schlussintervention (Klient etwas mit auf den Weg geben; z.B. Hausaufgabe, Reframing, offene Symptomverschreibung oder Verschreibung eines Rituals)
  • wichtig, da Systemiker davon ausgehen, dass Hauptteil der Entwicklung zwischen den Sitzungen passiert
  • Systemverstörung

 

  • Lob und Würdigung
  • Hausaufgaben und Experimente
  • paradoxe Interventionen
  • zirkuläre Fragen zur Selbstreflexion
  • Skalierungsfragen
  • Metaphern und Geschichten
  • Rituale und symbolische Handlungen

Wo schaut man nach, was man bei bestimmten Störungsbildern für Interventionen macht?

Leitlinien und Manuale

Was sind die wichtigsten Elemente des systemischen Erstgesprächs?

Erstgespräch mit Einzelpersonen:

  • Beziehungsaufbau und Interaktion (verbal und non-verbal)
  • Problem- und Ressourcenexploration (Informationen von Vorbehandlern zusammenfassen; Informationssammlung; Diagnostik; Indikation prüfen)
  • Erkundung des Auftrags- und Überweisungskontext (Einbeziehen von Indexpatient und Bezugspersonen; bei „Multiproblem-Individuen“ Einbezug anderer Helfer; Therapiemotivation, Diagnosen, Kontra-/Indikationen prüfen)
  • Genogramm-Erhebung
  • gemeinsam entwickelte Therapieziele (konkret, begrenzt, positiv formuliert)
  • Schlussintervention (Klient etwas mit auf den Weg geben; z.B. Hausaufgabe, Reframing, offene Symptomverschreibung oder Verschreibung eines Rituals)

Erstgespräch mit Paaren und Familien:

  • Erfassung der Problematik, bisheriger Lösungsversuche, Ressourcen und Anliegen aller Beteiligten
  • therapeutische Fertigkeiten in der Arbeit mit Paaren:
    • drei Ebenen der Beobachtung: beide Partner als Individuen; Beziehung der Partner zueinander; therapeutische Beziehung zu beiden
    • aktive, strukturierende und flexible Gesprächsführung; Authentizität
    • Haltung von Allpartielichkeit und Neutralität

idealtypischer Ablauf (90 Minuten):

  • Einleitungsphase: Joining (Fragen über aktuelle Lebenssituation, Beruf, Familie, Hobbys, etc.; Angst- und Spannungsabbau für Klienten; erste Orientierung für Therapeut); Transparenz über Vorabinformationen herstellen; Klärung aktueller Lebenssituation; Beziehungsaufbau
  • Explorationsphase: Erfassung des Problems und dessen Bedeutung für Partner und Partnerschaft; Zielfindung / Auftragsklärung; zirkuläre Fragen
  • Konklusionsphase: wertschätzende Zusammenfassung (Problem, Bedeutung für die Partnerschaft, bisherige Lösungsversuche, Ziele); positive Konnotation des Engagements aller Beteiligten; Reframing
  • Abschlussphase: Gelegenheit für Feedback; offen gebliebene Fragen

Was muss man bei Patienten mit Demenzerkrankungen beachten?

  • nicht zu komplexe zirkuläre Fragen
  • realistische Ziele
  • einfache Sprache
  • Bezugspersonen einbeziehen

Was sind Interventionen bei strittigen Paarkonstellationen?

  • zirkuläre Fragen
  • Reframing
  • Skulptur
  • Regeln für Kommunikation festlegen (Ich-Botschaften, etc.)
  • Symptomverschreibung als Hausaufgabe
  • Allparteilichkeit

 

  • Grundhaltung bei Streitgespräch: man kann nur helfen, wenn man auch Teil des Prozesses sein kann und auch sprechen kann; Kommunikation soll ja anders laufen als zu Hause, kann aber auch mal einen guten Einblick in die Dynamik (zu Hause) geben

Unterschiede VT, TP und ST

Wichtig: Gespräch auf Augenhöhe (eher Zusammenarbeit, Vorschläge machen, sehr individuell, weniger manualisiert) [VT ist direktiver, gibt manualisierter Ideen vor, die funktionieren sollten]; Therapeut ist in seiner Wahrnehmung nicht wichtiger als der Patient; Patient darf auch sagen, wenn er Dinge anders sieht [in AP hält sich der Therapeut für den Experten, weiß mehr als der Patient]; Patient ist Experte für sich selbst, seine eigenen Empfindungen, Gedanken, sein Leben, etc.

Was versteht man unter Differenzierung?

  • Fähigkeit, im engen Kontakt zu wichtigen anderen Bezugspersonen ein stabiles Selbstwertgefühl zu wahren
  • einhergehend mit guter Gefühlswahrnehmung, Selbstregulation und einer Resistenz gegen die "Infektion" durch Ängste von Beziehungspartnern
  • Therapieziel bei emotionaler Verschmelzung (Gegenteil)

Was macht man bei strittigen Dreierkonstellationen?

  • zirkuläre Fragen
  • Reframing
  • zeichnen eines Beziehungsdreiecks, um jeweilige Rollen klarzumachen (z.B. Täter, Opfer, Retter)

Was machen Sie, wenn sich ein Patient suizidalisiert?

  • Supervision
  • alle Gefühle sind in Ordnung (sollte man sich aber klarmachen und reflektieren)
  • ggf. bewusst Abschied nehmen
  • metakognitiver Ansatz (sind aufkommende Gedanken nützlich?)
  • generell über Leben und Tod (und das Recht auf Suizid) nachdenken
  • Unterstützung des betroffenen Systems?

Was sind Vor- und Nachteile von Fragebögen?

  • Systemiker sind keine großen Fans, Patienten finden es eher gut -> eher als Ergänzung

 

  • Gefahr der Pathologisierung
  • Vernachlässigung der Individualität

 

  • Diagnostik ist auch schon Intervention
  • symptom- vs. ressourcenorientiert
  • Familiensystem kann mit einbezogen und erfragt werden

Was versteht man unter Externalisierung? 

  • „Das Problem ist das Problem, nicht die Person.“
  • Indikationen: wechselhafte Beziehung zwischen Patienten und ihren Problemen erforschen; mit Klienten (und deren System) gemeinsam gegen Probleme vorgehen (positive Nebenwirkung); neue Perspektive auf Ansatzpunkte und gesunde Anteile
  • Kontraindikation: wenn Klienten Ursachen der Probleme sowieso nur im Außen suchen; bei Handicaps, Psychosen, Missbrauch und Traumatisierung aufpassen!
  • Nebenwirkungen: externalisierende Dialoge bleiben metaphorisch à Transfer in den Alltag wichtig!
  • klinische Praxis:
    • Schritte zum Externalisieren: Problem personifizieren (z.B. der Magersucht einen Namen geben) -> Exploration der Auswirkungen des Problems -> Wunderfrage zum Problem / erwünschte Veränderungen -> Exploration von Ausnahmen, in denen das Problem außer Kraft gesetzt ist
    • mehr Haltung als Technik, mehr Philosophie als Werkzeug
    • Auswirkungen und Einflüsse des Problems auf einen selbst, auf Beziehungen und die eigenen Einflussmöglichkeiten auf das Problem rücken ins Blickfeld

Was sind allgemeine und spezielle Berufspflichen in der Psychotherapie? (keine Altklausurfrage, hab ich nur noch mit reingenommen)

allgemeine Berufspflichten: gewissenhafte Berufsausübung, ethische Prinzipien

spezielle Berufspflichten:

  • Aufklärung und Einwilligung
  • Aufklärungs- und Informationspflichten
  • Einwilligungsfähigkeit prüfen (ca. ab 14. Lebensjahr)
  • Schweigepflicht (Anpassung bei Einwilligungsunfähigkeit)
  • Offenbarungsbefugnisse und -pflichten
  • Dokumentation, Einsichtsrecht, Therapiesicherung, Rechenschaftsablegung und Beweissicherung

Was sind Schwierigkeiten, die in der Familien- und Paartherapie auftreten können? (auf Patienten- und Therapeutenseite)

 auf Therapeutenseite:

  • emotionale Überforderung bei lang anhaltenden Konflikten
  • verhinderte Veränderung (Schwierigkeit Widerstände zu überwinden)
  • Mangel an Allparteilichkeit (unbewusste Bevorzugung → Vertrauensgefährdung)
  • verschiedene Ziele und Erwartungen (erschweren Fokus)
  • Übertragung und Gegenübertragung (von unbewussten Wünschen, Konflikten, Emotionen → verzerrte Reaktionen

Patientenseite:

  • Widerstand gegen Veränderung (Abwehrhaltung, Leugnen)
  • dysfunktionale Kommunikationsmuster (Anklage, Schweigen, Rückzug)
  • Verletzungen und Vertrauen (Untreue, Gewalt) → Misstrauen ggü. Therapeut
  • assymetrische Erwartungen (ungleiches Maß an Engagement, Wunsch nach Veränderung, Kooperation)
  • übermäßige Abhängigkeit vom Therapeuten (keine eigenen Wege)

Welche Wirkfaktoren der Systemischen Psychotherapie kennen Sie? (keine Altklausurfrage, hab ich nur noch mit reingenommen)

  • allgemeine Wirkfaktoren: Übereinstimmung in Zielen, Empathie und Arbeitsbeziehung, Überzeugtsein des Therapeuten von seinem Tun
  • Synergetik: Zusammenwirken von Elementen, die innerhalb eines komplexen dynamischen Systems in Wechselwirkung treten
  • Grawe: therapeutische Beziehung, Ressourcenaktivierung, Problemaktualisierung, Klärungsarbeit, Problembewältigung
  • generische Prinzipien: Meta-Stabilisierung, Identifikation von Mustern, Sinnbezug, Energetisierung, Fluktuationsverstärkung, Resonanz und Synchronisation, Symmetriebrechung, Re-Stabilisierung
  • kritische Instabilitäten (entstehen, wenn sich Muster bei Klienten auflösen und neue entstehen à Instabilität bisheriger Dynamik)
  • Attraktoren: durch Selbstorganisation hervorgebrachte Ordnungen