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Kartei Details

Karten 73
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 08.06.2024 / 20.10.2024
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Was sind Vorteile von Bisherige diskrete/kategoriele Klassifikationen von Persönlichkeitsstörungen?

  • Beruht auf etablierten und langjährigen Tradition klinischer Beobachtungen
  • Kliniker neigen dazu, in Typen oder "Gestalten" zu denken -> Komplexitätsreduktion
  • Kriterien erlauben viele verschiedene Kombinationen und Variationen der Persönlichkeitsstörungstypen
  • Stimmt weitgehend mit der etablierten klinischen Theorie überein und sind (teilw.) umfassend erforscht worden
  • Kategorische Diagnoseschwellen entsprechen in der medizinischen Praxis und den Anforderungen der Versicherungsgesellschaften der kategorischen Entscheidungsfindung
  • Bietet eine überschaubare Anzahl von Persönlichkeitsstörungskategorien

Vergleich DSM-5 (alternatives Modell) und ICD-11 in Bezug auf Schweregradbeurteilung und Trait-Domänen bei Persönlichkeitsstörungen

  • ICD-11: Schweregrad wird nicht nach den verschiedenen Bereichen unterteilt, sondern generell vergeben
  • Trait-Domänen des ICD-11 sind teilweise vergleichbar mit denen des DSM-5
  • Nur Borderline-PS kann im ICD-11 als einzige spezifische PS diagnostiziert werden

Vorteile der neuen Klassifikation nach ICD-11 von Persönlichkeitsstörungen

  • Eine globale Bestimmung des Schweregrads gibt Aufschluss über die Prognose, das Risiko und die Intensität der Behandlung.
  • Eine globale Einstufung des Schweregrads ist einfach und in ressourcenarmen Umgebungen handhabbar, und sie verhindert die Vergabe von (zu) vielen Diagnosen.
  • Die Möglichkeit, Zusammensetzungen von 3 Schweregraden und 5 zusätzlichen Trait-Domänen darzustellen, erlaubt es dem Kliniker, 93 Varianten einer Persönlichkeitsstörung zu beschreiben.
  • Trait-Domänen sind empirisch ermittelte "Bausteine" der Persönlichkeitspathologie.
  • Die Klassifizierung des Schweregrads und der Trait-Domänen ermöglicht es, dass sich künftige Behandlungsstudien sowohl auf allgemeine Funktionsfähigkeit des Menschen als auch auf homogene Phänotypen (d.h. Trait-Domänen) konzentrieren können.
  • Kontinuität mit empirischen Taxonomien eines globalen p-Faktors, des Big-5-Modells und des alternativen DSM-5-Modells für Persönlichkeitsstörungen (AMPD).

Nachteile der neuen Klassifikation nach ICD-11 von Persönlichkeitsstörungen

  • Eine globale Bestimmung des Schweregrads ohne Berücksichtigung der Typologie kann vage und ungenau sein und ist daher nicht sehr informativ.
  • Eine globale Klassifizierung des Schweregrads ist möglicherweise zu minimalistisch und zu wenig differenziert für die klinische Praxis.
  • Eine Vielzahl von verschiedenen Zusammensetzungen der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung können für die klinische Praxis und die Kommunikation zu komplex sein.
  • Viele Kliniker sind mit den Trait-Domänen nicht vertraut - und es ist nicht einfach, sie in die klinische Praxis zu übertragen.
  • Keine Übereinstimmung mehr mit etablierten Forschungsergebnissen und klinischen Empfehlungen für Persönlichkeitsstörungen (mit Ausnahme von Borderline).
  • Diskontinuität mit bekannten, gut etablierten und historisch wichtigen Persönlichkeitsstörungstypen (ausser Borderline)

Hauptkriterien für die Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS)

  • Tiefgreifendes Muster charakterisiert von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, Selbstbild, Affekten und Impulsivität (sichtbar durch das Vorhandensein von vielen [sic] der folgenden Kriterien):
    • Heftige Versuche reales oder vorgestelltes Verlassenwerden zu vermeiden
    • Muster instabiler und intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen
    • Identitätsstörung als deutliches und persistierendes instabiles Selbstbild
    • Tendenz, bei starken negativen Emotionen impulsiv zu handeln, führt zu potenziell selbstschädigendem Verhalten
    • Wiederkehrende Episoden von Selbstschädigung
    • Emotionale Instabilität aufgrund von deutlicher Reaktivität der Stimmung
    • Chronische Gefühle der Leere
    • Unangemessener intensiver Ärger oder Schwierigkeiten Ärger zu kontrollieren
    • Vorübergehende dissoziative Zustände oder Psychose-ähnliches Erleben in Situationen mit hoher emotionaler Anspannung
  • Andere Manifestationen des Musters, die nicht alle zum gegebenen Zeitpunkt präsent sein müssen:
    • Ein Selbstbild als unzulänglich, schlecht, schuldig, abstoßend und verachtenswert
    • Erleben des Selbst als grundlegend anders und isoliert von anderen Menschen, schmerzliches Gefühl der Entfremdung und tiefe Einsamkeit
    • Hypersensitivität für Zurückweisung, Probleme, angemessen Vertrauen in zwischenmenschlichen Beziehungen aufzubauen bzw. aufrecht zu erhalten,
    • Häufige Fehlinterpretation von sozialen Signalen

Nenne Indikationsstelle von DBT

  • Modifikationen
    • DBT ursprünglich konzipiert als ambulante Behandlung chronisch suizidalen Verhaltens
    • Störungen der Emotionsregulation als transdiagnostischer Mechanismus
    • Modifikationen bezüglich Behandlung anderer oder komorbider Störungen, unterschiedlicher Settings und unterschiedlichen Umfangs:
      • DBT bei komorbider Substanzabhängigkeit (DBT-S)
      • DBT bei PTBS (DBT-PTSD)
      • DBT bei Störungen im Jugendalter (DBT-A)
      • DBT bei Essstörungen, Depressionen, Angststörungen, ADHS
      • DBT im stationären Setting
      • DBT Fertigkeitentraining als alleinstehende Intervention (DBT-ST)
  • DBT-A
    • Für Adoleszente
    • Kürzere Behandlungsdauer (16-20 Wochen statt 1 Jahr)
    • Einbezug der Eltern in Einzeltherapie und Fertigkeiten-Trainingsgruppe
    • Reduktion der Anzahl vermittelter Fertigkeiten
    • Vereinfachung der Formulierungen im Manual
    • Für Zielgruppe ansprechendere Gestaltung des Layouts
    • Ergänzung des Programms um das Modul «Walking the Middle Pat

Wie ist die Wirksamkeit von Dialektisch-behaviorale Therapie (DTB)

  • Viele RCTs und Meta-Analysen zu DBT: Signifikante Effekte bezüglich Selbstverletzungen und Borderline-Symptomatik (Schweregrad), psychosoziales Funktionsniveau, Depression bei Jugendlichen und Erwachsenen
  • DBT wird zur Behandlung der BPS in den Leitlinien empfohlen

Nenne die Therapieelemente von DTB

  • Einzeltherapie (i.d.R. über einen Zeitraum von 2 Jahren, 1-2x wöchentlich)individuelle Ziel- und Motivationsarbeit sowie die Durchführung von Problem- und Lösungsanalysen
    • fortwährend die Emotionen fokussiert, wobei zu Beginn der Therapie v. a. die Kontrolle, später das Zulassen und Akzeptieren der Emotionen vorrangig ist
  • Fertigkeitentraining (Skillstraining) in Gruppen (1,5-2h, 7-8 Personen, ca. 1 Jahr)
  • Telefonberatung (keine Therapie; Alltagstransfer, kurze Kontakte, klar definierte Zeiträume, Krisen):Zur Lösung akuter suizidaler oder parasuizidaler Krisen (Vermitteln von kurzfristig wirksamen Bewältigungsstrategien)
    • Zur Belohnung nach schwierigen Veränderungsschritten („Ich freue mich, wenn Sie mir kurz melden, wenn Sie das geschafft haben“)
    • Zur kurzen Klärung der therapeutischen Beziehung (z.B. Missverständnisse aus Sitzung klären)
  • Konsultations- und Supervisionsgruppen zur Unterstützung der Therapeut*innen

Ziel von Achtsamkeit bei Fertigkeitstraining bei DTB

  • Ziel der Achtsamkeit ist die nicht-bewertende Wahrnehmung sowie das Erreichen vermehrter Kontrolle und Stabilität. Dieses Modul ist die Basis für das gesamte Skills-Training.
  • Besinnen auf den Augenblick
  • Benennen des Gedankens in diesem Augenblick
  • Benennen des Gefühls in diesem Augenblick
  • Wahrnehmen ohne zu bewerten
  • Distanzierung (Schritt zurück)

Ziel von Stresstoleranz bei Fertigkeitstraining bei DTB

  • Ziel: Krisen und Hochstressphasen bewältigen und ihnen vorbeugen
  • Inhalte:•Die eigene Anspannung einschätzen lernen
  • Frühwarnzeichen erkennen
  • Kurzfristig wirksame Stresstoleranzskills (bei hoher Anspannung)
  • Langfristig wirksame Stresstoleranzskills (bei mittlerer oder niedrigerer Anspannung)
  • Notfallkoffer

Nenne die Charakteristiken bei 3 Konflikte bei OPD (Psychodynamik)

  • Konflikt = gegensätzliche Positionen von Motiven, Wünschen etc.
  • 8 Kernkonflikte, die von 4 Charakteristiken definiert werden
    • Repetitive (dys)funktionale motivationale Muster
    • Kern- und Leitaffekte
    • (Typische) auslösende Situation
    • Übertragungs- und Gegenübertragungsdynamik

Nenne die Dimensionen bei 4 Struktur bei OPD (Psychodynamik)

  • 5 Dimensionen:
    • Wahrnehmung
    • Steuerung
    • Abwehr
    • Kommunikation
    • Bindung

Erkläre Übertragungsfokussierte Therapie (TFP)

  • Behandlung u.a. von Boderline Persönlichkeitsstörung
  • Theoretischer Hintergrund: Objektbeziehungstheorie
  • Ziel: Ganzheitliches Bild schaffen zwischen Selbst und Anderen/Objekten, Reifung Persönlichkeit
  • Technische Neutralität hier: Alle Anteile der Persönlichkeit werden gleichermassen beleuchtet
  • Übertragung im Hier und Jetzt
  • Behandlungsdauer: 2 – 3 Jahre, 2 Stunden pro Woche
  • Vergleich: Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT, Linehan): Kürzer, symptomorientierter

Was sind besondere Beziehungskonstellationen in der systemischen Beziehungsdynamiken?

  • Triangulation
    • dysfunktionale Beziehungen innerhalb einer Dreierkonstellation unter (hierarchisch) Ungleichen gegen eine*n Dritte*n; Bsp.: Mutter verbündet sich mit Tochter gegen Vater
  • Doppelbindung
    • Botschaften richten sich mit widersprechenden Handlungsaufforderungen auf unterschiedlichen Kommunikationsebenen (z.B. verbal-nonverbal, Inhalt-Beziehung) an das Gegenüber
  • Delegation
    • Auftrag eines Elternteils an das Kind
  • Kollusion
    • die Dispositionen von Partner*innen passen wie Schlüssel und Schloss zusammen
      • Pare finden sich, wo der eine die Bedürfnisse des anderen sehr gut erfüllen kann (z.B. Partner A unterstützt gerne, Partner B braucht sehr viel Unterstützung)

Was sind die 4 «apokalyptischen Reiter» in der besondere Beziehungskonstellationen in der systemischen Beziehungsdynamiken?

  • Kritik („criticism“)
    • häufig in Du-Sätzen, zynische Bemerkungen
  • Verachtung („contempt“)
    • persönliche Abwertung, lächerlich machen
  • Abwehr („defensivness“)
    • rechtfertigen, Verantwortung zurückweisen, Gegenkritik
  • Abblocken, mauern („stonewalling“)
    • dicht machen, Kommunikation verweigern, Partner*in ignorieren
      • Oft Endphase einer Beziehung ohne Input / Austausch

Was beinhaltet das Erstgesprächbei Systemischer Therapie?

  • Joining als positive affektive Rahmung (gute, beständige Beziehung zu Beginn)
    • Jede*n ansprechen, jede Sichtweise ist gleichwertig
    • Auch unmotivierte Personen dazu holen
    • Infos zur eigenen Tätigkeit à Gesprächsführung
  • Kontext berücksichtigen
    • „Was wäre gutes Ergebnis des Gesprächs für alle Familienmitglieder?“
    • Zeitlicher Kontext
    • Vorerfahrung bei System und Helfer
    • Aktuelles Helfersystem
    • Überweisungskontext
    • Institutioneller Kontext
    • Bedeutung der persönlichen Merkmale Therapeut*in
      • z.B. spielt Geschlecht der Therapeutin eine Rolle?
  • Auftrag abklären
    • Erwartungen/Aufträge der einzelnen Familienmitglieder: Auftrag abholen

Was sind die Dimensionen von Strukturelle Familientherapie

  • Adaptabilität (rigide-strukturiert-flexibel-chaotisch)
  • Kohäsion (verstrickt-verbunden-getrennt-losgelöst)
  • Grenzen zw. Subsystemen: Koalitionen, Triangulationen und Konfliktumleitung

Wie ist der Ablauf von Bewältigungsorientierter Paartherapie?

  • Schaffung allgemeiner Grundlagen für dyadische Begegnung und Therapie
    • Möchte Paar zusammenbleiben oder ist Trennung die Lösung?
  • 3 Bausteine der Therapie:
    • Reziprozitätstraining: Aufbau und Stärkung gegenseitiger Positivität (negative Interaktion oft sehr viel größer als Positive)
    • Kommunikationstraining: Verbesserung der Kommunikation mittels Regeln
    • Problemlösetraining: Verbesserung der Lösung von Alltagsproblemen (Problemlöseschema)
  • 3-Phasen-Methode: Aufbau von Intimität, Förderung der Selbstöffnung, Stärkung des dyadischen Copings
  • Akzeptierungsarbeit: Suche nach Kompromissen, Entwicklung von Toleranz und Akzeptanz

Was ist Reziprozitätstraining bei Bewältigungsorientierter Paartherapie?

  • „Oral History Interview“ zur Beziehungsgeschichte
    • Erkunden der früheren Beziehungsgeschichte (d.h. vor dem Auftreten der Krise)
      • Wie hat sich das Paar kennengelernt?
      • Was hat einen aneinander fasziniert?
      • Was hat man gemeinsam Schönes erlebt?
      • Erinnern der Hochzeit und anderer schöner Feste etc.
    • Erkennen, dass die Beziehung früher befriedigend und stimulierend war, und dass man diesen früheren Zustand wieder erreichen könnte/kann à es gab etwas, wodurch Paar zusammengekommen ist, was gut war à soll wiederbelebt werden
  • Arten von Verstärkern (sozial, spirituell, Handlungsverstärker, materielle Verstärker)
  • Erstellen einer Liste, was man im Alltag tun könnte, um Partner*in Freude zu machen, konkretisieren, umsetzen und Umsetzung Partner*in beobachten

Erkläre das sich-ständig-sorgen anhand des Teufelskreismodells der GAS

  1. Reiz 
  2. Aufmerksamkeitsverschiebung
  3. Interpretation als bedrohlich
  4. Emotionsregulation > Comping durch Sorgen
  5. Aktivierung des kognitiven Schemas
    1. Sorgen = Vorsorge
      1. Afftekt / Symptome
    2. Meta-Sorgen
      1. Kontrollversuche
        1. Vermeidung und Rückversicherung

Erkläre Sorgen = Vorsorge und Meta-Sorgen

  • Coping durch Sorge = Emotionen werden rein kognitiv verarbeitet = Vermeidung von intensiven Emotionen bzw. von inneren Erfahrungen (auch
    bildlichen Vorstellungen)
  • Positive und negative Metasorgen (Sorge ist Vorsorge; die Sorgen schaden mir) -> Metasorgen führen zu Versuchen, die Sorgen zu kontrollieren, was den Sorgenprozess verstärkt

Wie wird Somatischen Belastungsstörung heute Diagnostiziert?

  • Somatische Belastungsstörung und verwandte Störungen
    • Aufgabe der medizinischen Unerklärbarkeit
      • Vorher Kriterium, dass Symptome nicht medizinisch erklären
      • Leidensdruck unabhängig vom vermuteten Grund der Beschwerden
      • Behandler befürchten evtl., zugrundeliegende Krankheiten zu übersehen -> relativ seltene Diagnose
      • Einschätzung Unerklärbarkeit durch Behandler ist unzuverlässig
      • Stigmatisierung
        • Symptome nur eingebildet oder simuliert
    • Aufgabe des Konzeptes der „Negativdiagnostik“
      • nicht Diagnosestellung durch Ausschluss anderer Erkrankungen
      • Vergabe Diagnose zusätzlich zu somatischer Diagnose möglich
      • keine Differentialdiagnose mehr nötig

Was sind Prädiktoren für ungünstigen Verlauf von Somatischen Belastungsstörungen?

  • multiple Beschwerden / Schmerzstörung
  • weibliches Geschlecht
  • ungünstige Kognitionen, negative Affektivität, Krankheitsangst
  • ungünstiges Krankheitsverhalten, z.B. Vermeidung körperlicher Aktivität

Wie ist die Entwicklung und Verlauf bei Jugendlichen von Somatischen Belastungsstörungen

  • beachtliche Stabilität somatoformer Störungen
  • nach 4 Jahren 60 % noch Diagnose somatoformer Störung
  • Remissionsraten nach stationärer Behandlung für SSD bei Jugendlichen vielversprechend, insbesondere wenn Eltern die Diagnose akzeptieren.

Was sind Einflussfaktoren von Somatischen Belastungsstörungen

  • allgemeine Prädiktoren
  • belastende frühere Erfahrungen / Lebensereignisse
  • biologische Faktoren (auch zentrale Sensitivierung)
  • psychologische Faktoren
  • medizinsystemische, soziokulturelle Faktoren
  • protektive Faktoren

Erkläre allgemeine Prädiktoren von Somatischen Belastungsstörungen

  • weibliches Geschlecht
  • niedriger sozioökonomischer Status
  • geringere Bildung
  • chronische Erkrankungen in Familie
  • schwerwiegende Krankheit in der Kindheit
  • belastende Lebensereignisse (Krieg, sexueller Missbrauch / Traumata)
  • aktuelle soziale Stressfaktoren
  • komorbide allgemeinmedizinische Erkrankungen (v.a. bei älteren Pat.),
  • komorbide psychische Störungen (insb. depressive / Angststörungen)

Erkläre biologische Faktoren von Somatischen Belastungsstörungen

  • erhöhte psychophysiologische Aktivierung
  • muskuläre Verspannungen (z.B. bei emotionalen Themen)
  • erhöhte kardiovaskuläre Aktivität
  • Hyperventilation und veränderte Atmungsmuster
  • geringere psychophysiologische Habituation in Stresssituationen und immer weitere Anspannungszunahme
  • genetisch: wenig bekannt, wahrscheinlich geringer Beitrag
  • beteiligte Prozesse:
    • körpereigene Stressreaktion über Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-(HPA) Achse
    • verringertes Level des Stresshormons Kortisol
    • Veränderungen im serotonergen System
    • Konzentration von Immunparametern und Monoaminosauren im Blut
    • unklar:
      • Ursache-Wirkungs-Beziehungen
      • relativer Anteil als prädisponierende, auslösende und/oder aufrechterhaltende Faktoren
    • Sehr komplex, viele relevante biologische Faktoren
    • Gibt nicht den einen prädiktiven Faktor
  • zentralen Sensitvierung
    • Schmerzen bei normalerweise nicht schmerzhafte Reize (Hyperalgesie)
    • Schmerzempfindung ist nicht nur funktionell beeinträchtigt, sondern auch strukturell auf Ebene der Neurophysiologie
    • Annahmen:
      • neuronale Plastizität: anhaltende neuronale Aktivierungsmuster können ZNS nicht nur funktionell, sondern auch strukturell verändern (z.B. neuronales Wachstum, Aufbau neuer synaptischer Verbindungen)
      • verstärkte Reaktion auf Umgebungsreize (zentralnervös, psychophysiologisch, neurophysiologisch)
      • trägt bei verschiedenen Erkrankungen zur Aufrechterhaltung von Körpersymptomen bei
    • Wenig Daten für zentrale Sensitivierung als kausalen Faktor bei Entstehung anhaltender Körperbeschwerden.

Erkläre psychologische Faktoren von Somatischen Belastungsstörungen

  • Persönlichkeit
  • Lernen
  • Kognitionen
  • Emotionen
  • Verhalten

Erkläre Persönlichkeit von Somatischen Belastungsstörungen

  • z.B. Alexithymie:
    • reduzierte Fähigkeit, eigene Emotionen wahrzunehmen, auszudrücken und von körperlichen Symptomen zu unterscheiden
    • Aufmerksamkeit verstärkt auf körperliche Aspekte von Gefühlen und Belastungsreaktionen
    • eigene Gefühle schlecht mit psychosozialen Stressoren in Verbindung gebracht
    • Aber:
      • nicht spezifisch für somatoforme Störungen
      • fraglich, ob Ursache oder Bewältigungsstrategie

Erkläre Lernen von Somatischen Belastungsstörungen

  • Positive Verstärkung (z. B. Aufmerksamkeit, Trost):
    • nach Schmerzäußerungen und offen gezeigtem Krankheitsverhalten (z. B. stöhnen, humpeln)
    • in Kindheit oft Erfahrung, durch Zeigen körperlicher Symptome Zuneigung von Eltern zu erfahren
    • Positive Verstärkung wirkt vor allem zu Beginn und konditioniert, nach einer Weile lässt sie aber nach (Bezugspersonen geben weniger Aufmerksamkeit, Trost, schneller genervt)
  • Mangelnde positive Verstärkung:
    • … für angemessenen Umgang mit Symptomen (z.B. Wiederaufnahme von Alltagsaktivitäten)
  • Negative Verstärkung:
    • z.B. Flucht in Krankenrolle aufgrund mangelnder alternativer Bewältigungsstrategien
  • Medikamentenmissbrauch:
    • Einnahme bei starken Schmerzen
      • Schmerzabnahme
      • immer schneller / häufiger / mehr
    • Behandlung:
      • ungünstige Kontingenzverbindung auflösen
      • Medikamente zeitkontingent / nicht symptomkontingent nehmen
  • Bei Kindern/Jugendlichen
    • gehäuft somatoforme Störungen bei Kindern von Eltern mit organischen Krankheiten / somatoformer Störung
      • Eltern Symptome ernstnehmen und als Rollenmodell für Krankheitsverhalten dienen
    • Kinder von somatoform erkrankten Eltern haben erhöhte Anzahl schulischer Fehltage und Arztbesuche
    • Krankes Elternteil ist möglicherweise Modell für Krankheitsverhalten des Kindes:
      • klagt häufig über Schmerzen oder körperliche Beschwerden
      • somatisiert häufig
      • Krankheitsverhalten hat beobachtbare positive Konsequenzen

Erkläre Kognitionen von Somatischen Belastungsstörungen

  • Kognitionen können Ausmaß der Belastung verstärken
  • Kausalattributionen: organisch-somatische Ursachen für Beschwerden ohne Hinweise in ärztlicher Untersuchung
  • katastrophisierende Bewertung von Beschwerden
  • negative Verlaufserwartung
  • niedrige Kontrollerwartung
    • Niedrigere Kontrollerwartung im Umgang mit somatischen Symptomen nimmt mit zunehmender Krankheitsdauer zu
  • Teufelskreis der Kognitionen
    1. Erhöhte Aufmerksamkeit
    2. Fehlbewertung/Attribution
    3. Körperliche Vorgänge/Missempfindungen
    4. Aufmersamkeit wird auf Körper fokussiert
    5. Verstärkung der Wahrnehmung
    6. Missempfindung = gefährlich!

Erkläre Emotionen von Somatischen Belastungsstörungen

  • Entstehung und Aufrechterhaltung somatoformer Störungen hängt zusammen mit Schwierigkeiten, …
    • Gefühle bewusst wahrzunehmen
    • körperliche und emotionale Missempfindungen auseinanderzuhalten
    • Verbindung zwischen Missempfindungen und Gefühlen herzustellen
    • unangenehme Gefühle erkennen, benennen und non-verbal auszudrücken
  • oft vermeidende Emotionsregulation
  • Trennung zwischen somatisch und psychisch schwierig

Erkläre Verhalten von Somatischen Belastungsstörungen

  • Schonverhalten
    • Teufelskreis:
      • Häufigere körperliche Missempfindungen
      • Bewertung als krank
      • Erhöhung Schon- und Vermeidungsverhalten
      • Reduktion der körperlichen Belastung
  • «Checking Behavior»: Überprüfen bestimmter Körperbereiche auf mögliche Krankheitszeichen
  • mehr hilfesuchendes Verhalten gegenüber Familie
  • Wunsch nach ärztlicher Rückversicherung
    • häufiger und schneller zu Ärzten
    • Medikamenteneinnahme, Spritzen etc.
    • krankschreiben lassen
  • generell Verringerung körperlicher Aktivitäten
    • mehr körperlicher Abbau, negativer Affekt, gedanklicher Fokus auf Beschwerden
    • weitere Beeinträchtigung
    • Zur multimodalen Therapie gehört es, zu lernen, sich wieder mehr zu bewegen, Sport als wichtigen Teil des Lebens zu akzeptieren

Erkläre medizinsystemische, soziokulturelle Faktoren von Somatischen Belastungsstörungen

  • medizinsystemisch
    • somatische Symptome oft einseitig organmedizinisch betrachtet
    • wenig auf Selbstverantwortung / Prävention ausgerichtet
    • nicht streng indizierte diagnostischer Maßnahmen z.B. Patient fordern Diagnosen ein, die eigentlich medizinisch nicht gerechtfertigt wären
    • unbegründete Verordnung von Medikamenten
  • soziokulturell
    • unklare Beschwerden als illegitim bewertet
    • haftungsrechtliche Ansprüche nach körperlichen Traumata
    • Möglichkeiten Invalidenrente / vorzeitige Pensionierung
      • Invalidenrente bei sehr stark ausgeprägter somatoformen Störung möglich -> stark in Diskussion
    • medial vermittelte Krankheitskonzepte
    • epidemische Gesundheitsängste
      • Gesundheitsängste durch Häufung der Nennung in den Medien gestärkt (z.B. Corona)
    • regionale kulturelle Bedeutungsmuster

Erkläre protektive Faktoren von Somatischen Belastungsstörungen

  • vgl. salutogene / Resilienzfaktoren
  • beeinflussen Verlauf der Beschwerden möglicherweise positiv
  • meiste unspezifisch, z.B.
    • adaptive Coping-Strategien
    • sicherer Bindungsstil
    • aktuelle stabile Beziehungen

Was ist das Erklärungsmodell von Somatischen Belastungsstörungen?

  • Integrative Modell der Pathogenese und Aufrechterhaltung
    • Auslöser/Trigger führt zu 
      • Auslöser/Trigger und Körperliche Veränderungen beeinflusst durch biologische Faktoren
    • Körperliche Veänderung (Körperreaktion, Missempfindungen) führt zu
    • Wahrnehmung führt zu
      • Somatosensorische Verstärkung für Wahrnehmung
    • Fehlinterpretation als Krankheitszeichen führt zu
      • Symptomverstärkung verstärkt Körperliche Veränderungen
      • Krankheitsverhalten verstärkt Körperliche Veränderungen
        • Krankheitsverhalten beeinflusst durch Modell- und Verstärkungslernen

Was sind Voraussetzungen für eine Anamnese von Somatischen Belastungsstörungen

  • empathische, wertschätzende, authentische Grundhaltung
  • Reflexion eigener Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber Patient:innen (z.B. wenn man merkt, man hat keinen Bock auf alte Männer)
  • verständnisvolle und motivierende Gesprächsführung
  • Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung

Erkläre tangentiale Gesprächsführung von Somatischen Belastungsstörungen

  • zuerst körperliche Beschwerden («foot in the door»)
  • psychosoziale Faktoren beiläufig und einfühlsam einbringen
  • Alltagsbegriffe «Belastung», «Überlastung», «Stress» verwenden
  • Zweifel an psychologischen Erklärungen als legitim bestätigen
  • funktionalere Einstellungen/Verhalten fördern mit Lob und Motivieren
  • auch medizinisches Praxispersonal dahingehend schulen

Erkläre Simultandiagnostik von Somatischen Belastungsstörungen

  • somatische & psychosoziale Faktoren immer parallel
  • beide sollen parallel diagnostiziert / im Auge behalten werden
  • (Sowohl-als-auch-) Haltung:
    • keine Fixierung auf rein somatisches Krankheitsmodell
    • körperliche Symptome nicht vernachlässigen
    • evtl. somatische Erkrankung nicht übersehen
  • Ziele:
    • aktuelle Anliegen verstehen
    • ausführliche Anamnese, Validierung der Körpersymptome
    • Befürchtungen / Ängste erfragen
  • Verhalten:
    • Untersuchungen, Befunde, Therapieberichte ausführlich
    • ggf. andere Fachärzt:innen hinzuziehen
    • mögl. somatoforme Natur der Symptome und relevante psychosoziale Komponenten von Anfang an ansprechen
    • multifaktorielles biopsychosoziales Geschehen als Krankheitsmodell anbieten

Erkläre (Bio-)Psychosoziale Anamnese von Somatischen Belastungsstörungen

  • Beschwerden & Symptome
    • Beginn; Auslöser für Beginn, Verbesserung und Verschlechterung
  • aktuelle psychosoziale Belastungsfaktoren
    • akute und chronische Belastungen bzgl. Beziehungen, Sexualität, Arbeit, Finanzen, Rentenbegehren, Rechtsstreite etc.
  • körperbezogene Faktoren
    • eigene & familiäre Vorerkrankungen (somatische und psychische)
    • Erfahrungen mit Kranksein
    • Sexualanamnese
    • Schlaf-, Ernährungs-/ Bewegungsgewohnheiten
  • Biografie/ Persönlichkeit
    • familiärer Hintergrund
    • prägende (auch traumatische) Begegnungen / Lebensereignisse
    • Aufwachsen, Ausbildung, Beruf
    • Partnerschaften, Rollenvorstellungen
    • Selbsteinschätzung der Persönlichkeit
    • auch Fremdeinschätzungen (nur mit Zustimmung des Patienten!)
  • typischer Tagesablauf
    • Aktivität, Funktionalität und Teilhabe