Methodenlehre

Methodenlehre

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Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
Niveau Université
Crée / Actualisé 30.06.2023 / 28.01.2025
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Methodologien

  • Allgemeine Verfahrensweisen der wissenschaftlichen Forschung
  • weitgehend unabhängig vom Forschungsgegenstand

Methoden

  • Konkrete Verfahrensweisen der Datengewinnung
  • Für bestimmten Forschungsgegenstand konzipiert

 

Roth&Holling

  • planmäßiges und systematischen vorgehen beim Versuch, ein Ziel zu erreichen
  • Regeln!
  • Ziel: Antwort auf eine Frage finden

Methodisches Vorgehen

  • Beinhaltet eine Menge Entscheidungen, die kommunizierbar und begründbar sein sollten
  • Wissenschaftliche Standards müssen eingehalten werden!
  • Nicht starr festgelegt, sondern flexibel

Methodologisches Vorgehen: empirischer Zirkel

Beobachtung -> (Induktion) -> Schlussfolgerung -> (Deduktion) -> Vorhersage -> (Test) -> Beobachtung usw. 

 

  • Anpassung der Regeln und des Handelns an spezifische Bedingungen

Studiendurchführung (oft chaotischer und undurchsichtiger als hier gezeigt)

Ziel psychologischer Methoden

Erfassung psychologischer Inhalte (Emotion, Motivation, Kognition, Lernen, Motorik, Verhalten, Sensorik, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit)

Möglichkeiten subjektiver (mehr fehleranfällig) und objektiver (valider) Messungen

  • Test
  • Verhaltensbeobachtung
  • Physiologische und neurowissenschaftliche Verfahren
  • Verhaltensspurenanalyse (zeichnungen, Briefe, etc.)
  • Befragung (problematisch, da Befragungen und somit die Introspektion fehleranfällig sind)

Laborforschung

"sichere" Erkenntnisse

Feldforschung

"realitätsnahe" Erkenntnisse

Labor-feld-Kontinuum

Ideal für Forschungsprogramme

Messung von Erleben und Verhalten in der Psychologie

Messung von Verhalten und Leistung

Definition: Verhalten

  • Umfasst im Prinzip alle Aktionen eines Individuums
  • Fokus: meist eher allgemeinpsychologisch
  • Verhaltensmessungen in den meisten psychologischen Experimenten (streng genommen in JEDER)
  • Verhalten als Indikator psychologischer Prozesse
  • Verhalten kann auf einem Kontinuum zwischen verdeckt und offen erhoben werden

Ziele der Verhaltensmessung

  • Input, Throughput und Output

Effektorsysteme, die in der Psychologie vermessen werden

  • Manuelle Reaktionen und Fehler
  • Handbewegeungen und sonstige motorische Muster
  • Blickbewegungen
  • Sprachbezogene verhaltensmaße
  • Gestik, Mimik, Fußbewegungen

Verhaltenstypen

  • Reaktionszeit und/oder Fehler (häufigste AV in quantitativ psychologischen Untersuchungen)
  • Räumliche Parameter (zB. Bewegungsamplituden der Hand)
  • Verhaltensklassen (zB. Wippen mit dem Fuß)
  • Indirektes Erschließen von Verhalten (zB. Bodenabrieb)

Leistungsmessung

  • An objektiven Kriterien beurteilbar
  • Ideal: normierte Tests zur Individualbeurteilung
  • Zweck: meist differentialpsychologisch oder diagnostisch

Leistung als Teilmenge von Verhalten!

Fragestellungen bei Studiendurchführung basieren auf...

Phänomenen

Phänomenorientierte Forschung

Am Anfang der Forschung: Analysieren, Einteilen und Ordnen

 

BEISPIELE

  • Wenn Menschen durch Licht ein Auge zukneifen, blendet es "für das andere Auge" nicht mehr - Frage: Ist es dem Gehirn zu hell?
  • Wir sehen manchmal Dinge, die gar nicht da sind - Fragen zu Ambiguität und Wahrnehmungstäuschungen
  • Warum verläuft die Vergessenskurve von Ebbinghaus, so wie sie verläuft - Fragen zum Gedächtnis
  • Außerdem Fragen zu perzeptueller Organisation, Aufmerksamkeit, Objekterkennung, etc.

Muss gute Forschung theorierelevant sein?

Argument dagegen: viele Highlights der Wissenschaft bestehen oft nur aus Phänomenberichten

Argument dafür: völlig theoriefreie Forschung ist auch oft trivial

 

-> Theorien als "Deckmäntelchen" um simple Phänomene "theoretisch anzureichern" und leichter publizieren zu können

KAPITEL 2 - konkrete Methoden in speziellen psychologischen Disziplinen

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Psychophysik als Methode (Bereich der "Wahrnehmung")

  • Ziel: Erforschung der Schnittstelle zwischen Physischem (Eigenschaften) und Psychischem (Wahrnehmung)

 

Äußere vs. innere Psychophysik

  • Äußere: beschreibt den Zusammenhang zwischen den den distalen Reizen und der Wahrnehmung,, die der Mensch durch diesen Reiz erfährt
  • Innere: beschreibt den Zusammenhang zwischen dem proximalen Reiz (innerhalb des Sinnesorganes) und der Wahrnehmung

 

Fragestellung der Psychophysik: Welche Eigenschaften müssen zur Wahrnehmung gegeben sein?

  • Bestimmung der Absolutschwelle (Punkt, an dem ein Reiz mit 50% Wahrscheinlichkeit wahrgenommen wurde)
  • Bestimmung von Unterschiedsschwellen

Signalentdeckung als Methode (Bereich der "Wahrnehmung")

Häufigkeits-Vierfeldertafeln zur Analyse von verschiedenen Verhaltensmustern

  • Jemand, der alle Signale entdeckt, muss kein guter Signalentdecker sein!

 

Zwei mentale prozesse (mittels SDT messbar)

  • Diskriminationsfähigkeit (Sensitivität): z-Wert der Treffer minus den z-Wert der falschen Alarme
  • Reaktionstendenz (response bias): -0.5 * (z-Wert der Treffer + z-Wert der falschen Alarme)

Sensorik als Methode (Bereich der "Wahrnehmung")

  • Mensch wird hier "unter die Lupe" genommen
  • Primäres Forschungsziel: Beschreibungen und Systematisierungen (weniger Theoriebildung)

 

Besonders erforscht: das visuelle System (und auch das Ohr)

Mentale Chronometrie (Bereich der Kognition)

Kognitive Informationsverarbeitung:

Input (Hören, Gleichgewicht, Schmecken, etc.) -> Mentale Prozesse/Throughput (Wahrnehmen, Entscheiden, Merken, etc.) -> output (Körper, Kopf, Augen, etc.)

Mentale Chronometrie: Donders

  • Annahme, dass kognitive Prozesse unmittelbar ablaufen
  • Ziel: Beschreibung und Vermessung mentaler Prozesse
  • Methode: Reaktionszeitexperiment
    -> Analyse und Vergleich von reaktionszeiten anhand der Substraktionsmethode
  • Geburtsstunde der experimentellen Kognitionspsychologie!

Mentale Chronometrie: Posner

Letter-matching studies (Präsentation von Buchstabenpaaren)

  • Aufgabe 1: physikalisch identisch? - Enkodierung, Vergleich, Entscheidung
  • Aufgabe 2: inhaltlich identisch? - Gedächtnissuche
  • Aufgabe 3: Konsonant oder Vokal? - Kategorisierung
     
  • Methode: Reaktionszeitmessung und Subtraktionsmethode
  • Idee: logische Aufgabenanalyse ergibt mentale Prozess-Bestandteile

Mentale Chronometrie: Mental-Travel Studien

  • Probanden vergleichen. mental die Entfernung zwischen Orten
  • Reaktionszeiten korrelieren mit den physikalischen Entfernungen
  • Ergebnis: mentale Repräsentationen werden analog zur physischen Außenwelt repräsentiert
  • Leistungstests zur zeitlichen Messung verschiedener mentaler Operationen

Mentale Chronometrie: Sprache

Satz-Bild-Verifikation

  • Übereinstimmung von Satz und Bild?
  • Vermessung mentaler Satzverarbeitungsprozesse

Visual World Paradigm

  • Vermessung von Blickbewegungen beim Sätze-Hören 

Mentale Chronometrie: Visuelle Kognition

Eye-Tracking

  • Eye-mind assumption: Mental verarbeitet wird stets das, was gerade fixiert wird
  • Probleme: Möglichkeit paralleler Verarbeitung, parafoveal pre-processing, spillover, "look but failed to see"

Jenseits der mentalen Chronometrie (Bereich der Kognition)

Psycholinguistik

  • Fixationspositionen auf einer Buchseite variieren je nach Wortlänge, Worthäufigkeit, etc.

Problemlösen

  • 3 Komponenten: Anfangszustand, Zielzustand, Menge von Operatoren

Urteilen und Entscheiden

  • Urteilen beruht oft auf Heuristiken
  • Entscheiden kann durch "Rahmung" beeinflusst werden -> Schluss von Entscheidungen der Probanden auf zugrundeliegende mentale Prozesse

Kognitive Neurowissenschaften (Bereich der Kognition)

Kognitive Neurowissenschaften = Kombination von kognitiven Methoden mit neurowissenschaftlichen Verfahren

Kognitive Neuropsychologie = Klärung kognitiver Funktionen anhand neuropathologischer Befunde (bei Patienten!)

  • Ziel 1: Struktur kognitiver Leistungen bei Gehirnverletzten erklären
  • Ziel 2: Schlussfolgerungen über allgemeinpsychologische kognitive Fähigkeiten ziehen
  • Problem: Neuroplastizität!

1. Neurowissenschaftliche Methode: Dissoziation/Assoziation

Voraussetzung: Gemeinsam auftretenden kognitiven Leistungen liegen gemeinsame kognitive Prozesse zugrunde.

-> dissoziierten kognitiven Leistungen liegen unterschiedliche kognitive Prozesse zugrunde

 

Methode: einfache Dissoziation, doppelte Dissoziation (am besten!) und Assoziation (nicht gut geeignet!)

 

"Reverse Interference": immer häufiger Schlusslogik in kognitiven Neurowissenschaften 

  • Schließen von Hirnaktivität auf mentale Prozesse
  • Problem: logisch inkorrekte Deduktion!

1. Probleme dissoziationsbasierter Forschung

  • Leistung und "zugrundeliegende Prozesse" - was heißt das?
  • Ist das Streben nach einer modularen Theorie trivial?
  • Notwendigkeit faktisch sinnvoller Alternativhypothesen
  • Gibt es nicht die Möglichkeit gleicher physiologischer Prozesse bei verschiedenem psychologischem Korrelat oder umgekehrt?
  • Ist neuronale Aktivität auch so etwas wie Verhalten?
  • Wie interpretiert man neuronale Aktivationsunterschiede, wenn keine entsprechende Verhaltensdifferenzen vorliegen?

Beachte: Psychologisch sind neurowissenschaftliche Methoden meist nur interessant vor dem Hintergrund von Verhaltenskorrelaten!

2. Syndromgruppenbildung vs. Störungsbilder

Syndromguppenbildung

  • Clusterbildung von Patienten mit ähnlichen Symptomen
  • Probleme: undifferenziert, eher anatomisch als funktional begründet, daher klassische Syndrome für kognitive neuropsychologische Fragestellungen ungeeignet

Theoretisch fundierte Klassifikationen von Funktionsstörungen

  • Beschreibung von Patienten anhand eines systematisch getesteten Katalogs seiner Funktionsstörungen 
  • Probleme: steigende Komplexität und Spezifität

2. Einzelfallstudien 

  • Vorteil: keine Information „wegmitteln"
  • Einzelfälle haben paradigmatischen Charakter, sollten also für ein bestimmtes kritisches Problem entscheidend sein!

Empfehlungen zur Interpretation von Einzelfallstudien:

  • Verwendung standardisierter neuropsychologischer Tests
  • auf Patient zugeschnittene (kritische) Aufgaben
  • kontrollierte Testbedingungen
  • statistische Auswertung
  • Replikation
  • Validierung durch mehrere Aufgaben

2. Konvergierende Operationen

= Konvergenz durch Indizsammlung aus den Bereichen Gesunde und Patienten, sowie aus den Bereichen Verhalten und Hirnaktivität, zur Sicherung aufgestellter Modelle

2. Entwicklung von Modellen

  • Typisch: Box & Arrow Modelle
  • Helfen Funktionsstörungen besser zu erklären
  • Systematische Überprüfung von Funktionsstörungen
  • Problem: kein Vokabular für Prozesse innerhalb der postulierten Module, nicht streng falsifizierbar, oft ad hoc Veränderungen

3. Modulhypothese zur Organisation mentaler Prozesse

Eigenschaften kognitiver Module:

... umstritten, aber fruchtbar...

1. Verkapselung (Unabhängigkeit der Module, Unkenntnis von anderen)

2. Spezifität (bzgl. ihres „Fachgebietes“)

3. Verbindlichkeit (unwillkürliche Verarbeitung bei passendem Input)

4. Angeborenheit (Gegnargument: Lesen/Schreiben modular beschreibbar)

5. Peripherität (In-/Outputmodule)

 

Kritik/Gegenideen

  • massive modularity (= Annahme zentraler Module, Kognition als „App-Sammlung“)
  • Nachweis von Crosstalk- Phänomenen (Interferenz zwischen allen möglichen kognitiven Modulen)

3. PDP - Alternative zur Modulhypothese

= Modellierung von Kognition mittels neuronaler Netze

  • Wissen als Muster von Verbindungsstärken innerhalb einer Menge von Verarbeitungseinheiten
  • kein Alles-oder-Nichts in konnektionistischen Systemen: Möglichkeit partiellen Wissens
  • Komplexe Interkonnektivität von Verarbeitungseinheiten

Vorteile

  • erklärt regelgeleitetes Verhalten ohne explizit gespeicherte Regel
  • nur leichte Leistungsausfälle neuronaler Systeme bei Schädigungen
  • Abruf komplexer Inhalte aufgrund eines Teilinhaltes / besonders geeignet zur Erklärung von Crosstalk, Priming, Gedächtnisphänomenen ...

KAPITEL 3 - Methodologien

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