Klinische Psychologie, Wissensfragen

Fragen & Antworten zu den Wissensfragen in jeder Vorlesung

Fragen & Antworten zu den Wissensfragen in jeder Vorlesung

Nathaly Blaser

Nathaly Blaser

Set of flashcards Details

Flashcards 72
Language Deutsch
Category Psychology
Level University
Created / Updated 23.03.2023 / 27.07.2024
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Was sind zentrale Aufgaben der Epidemiologie für die Klinische Psychologie? und Psychotherapie (Unterschied deskriptive und analytische Epidemiologie)?  

Deskriptive Epidemiologie: Feststellung der Häufigkeit von Krankheiten und der Verteilung von Krankheiten über Raum und Zeit Analytische Epidemiologie: Was verursacht gewisse Krankheiten und was hält sie aufrecht. Erkenntnisse über Ursachen, Risiko- un

Erklären Sie zentrale Begriffe der Epidemiologie (Prävalenz und Inzidenz)

Prävelenz:Häufigkeit einer Erkrankung. Welcher Anteil der Menschen einer definierten Population ist zu einem bestimmten Zeitpunkt (bzw. während einer bestimmten Zeitspanne) an einer bestimmten Störung erkrankt?  

 

Punktprävalenz: Welcher Anteil einer Population ist an einem bestimmten Stichtag (= Punkt) an einer Störung erkrankt  

 

Periodenprävalenz: Welcher Anteil einer Population ist während einer bestimmten Periode krank: 

  • 12-Monats-Prävalenz: während der letzten 12-Monate  

  • Lebenszeitprävalenz: im Verlauf des Lebens  

 

Inzidenz: Häufigkeit des Neuauftretens einer Erkrankung innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, unabhängig davon, ob die Erkrankung am Ende der Zeitperiode (z.B. 12-Monats-Inzidenz) noch besteht oder nicht  

Kumulierte Inzidenz:Wie viele Menschen bis zu einem bestimmten Alter sind an einer Störung erkranken (Beispiel hierfür siehe später)  

Was sind wichtige Merkmale epidemiologischer Untersuchungen?  

  • Es wird die Gesamtheit der Individuen betrachtet, Repräsentative Stichproben  

  • Exakte Falldefinition

Was sind typische Untersuchungsdesigns in der Epidemiologie?  

Typischerweise nicht experimentell (nichts bewusst manipuliert von Forscher*innen 

  • Querschnitttudie 

  • Längsschnittstudie 

  • Kohortenstudien: Wird bestimmte Kohorte (Gruppe) von Personen angeschaut, sowohl Längs- und Querschnittlich 

  • Fallkontrollgruppen: Gruppe mit Merkmalen und ohne angeschaut zur Identifikation von Risiko- oder Schutzfaktoren 

Was sind die wichtigsten Zahlen und Befunde aus epidemiologischen Untersuchungen? (s. Folie 26, Vorlesung 2)  

  • Lebenszeitrisiko psychischer Störungen insgesamt: ca. 43% 

  • Die häufigsten Störungen sind Angststörungen, affektive Störungen und Substanzstörungen  

  • 12-Monatsprävalenz: 31%; Männer : Frauen = ca. 1 : 2 

  • Ausgeprägte Komorbiditäten  

  • Ersterkrankungsrisiko: Es gibt früher und später auftretende Störungen (z.B. bestimmte Angststörungen (Phobien) früher als Depressionen)  

  •  Versorgungssituation schlecht: Insbesondere aufgrund mangelnder Versorgungsdichte (z.B. zu wenig Therapeuten)  

  •  Verlauf: variabel  

  • eher episodisch: affektive Störungen (Major Depression, Bipolare Störungen)  

  • eher persistierend/chronisch: Alkoholabhängigkeit, somatoforme Störungen, Dysthymie  

  • hohe Spontanremission: frühe Phobien, Substanzmissbrauch  

Was ist mit einer Odds Ratio (OR) von 4.7 gemeint?

Bsp. Die Quote eine Sozialphobie zu entwickeln, ist bei Kindern mit Eltern mit einer Sozialphobie 4.7 mal grösser als bei Kindern mit Eltern ohne Sozialphobie

Dürfen die in epidemiologischen Untersuchungen gefundenen Zusammenhänge kausal interpretiert werden? Wenn nicht, was sind Hinweise auf kausale Einflüsse?

  • In den naturalistischen epidemiologischen Untersuchungen werden Zusammenhänge berichtet, die nicht kausal interpretiert werden, dürfen (in komplexem Untersuchungs- Setting gibt es viele Drittvariablen/Störvariablen, die nicht kontrolliert werden können)  

  • Beispiel Scheinkorrelation: Obwohl es eine Korrelation zwischen der Zahl der Geburten und der Zahl der Storchenpaare gibt, gibt es keinen unmittelbaren kausalen Zusammenhang  

  • Beispiel konfundierte Variablen: Deutlicher Zusammenhang zwischen Leberzirrhose und Tabakrauchen. Aber Rauchen führt nicht zu Leberzirrhose. Grund für den Zusammenhang: Viele Raucher sind auch Trinker. Drittvariable Alkohol steht sowohl mit Rauchen als auch Leberzirrhose in Zusammenhang (= konfundierte Variable)

Was heisst „familiäre Transmission psychischer Störungen“ und mit welchen Fragen beschäftigt sich dieser Bereich?

Familiäre „Weitergabe“ psychischer Störungen zwischen den Generationen

 

- Liegt überhaupt eine familiäre Häufung psychischer Störungen vor? Falls ja, wie stark ist diese ausgeprägt?

- Wie kann eine familiäre Häufung erklärt werden?
- Wie interagieren genetische und umweltbedingte Faktoren bei der Entwicklung psychischer Störungen?

- Klinische Implikationen der Forschungsbefunde zur familiären Transmission psychischer Störungen?

  • Was sind die wichtigsten Untersuchungsmethoden?

Familienstudien:

  • Family study: Befragung aller erreichbarer Mitglieder einer Familie bezüglich psychischer Störungen

  • Family history study: Indirekt Befragung der erreichbaren Mitglieder auch über nicht erreichbare Familienmitglieder (Schätzung unsicherer als bei family studies)

  • High risk study: Vorauswahl der untersuchten Familien. Es werden nur Familien untersucht, in denen ein Mitglied eine psychische Störung aufweist (z.B. Kind oder Eltern)

Zwillingsstudien

  • Untersuchung der Häufung psychischer Störungen bei eineiigen oder zweieiigen Zwillingen

  • Ähnliche Umweltbedingungen, aber unterschiedliche Übereinstimmung der genetischen Information (eineiig: genetisch identisch; zweieiig: 50% Übereinstimmung)

  • Erlaubt Schätzung der Heritabilität / Erblichkeit psychischer Störungen

 

  1. Adoptionsstudien

    • Unterschiedliche Umweltbedingungen, aber ähnliche genetische Information

    • Überzufällige Übereinstimmung im Phänotyp kann teilweise durch

      gemeinsamen genetischen Hintergrund erklärt werden (da Umweltfaktoren unterschiedlich)

Was sind die wichtigsten Befunde zur familiären Häufung psychischer Störungen?  

Deutliche familiäre Häufung psychischer Störungen

  • Die Wahrscheinlichkeit eines Kindes an einer psychischen Störung zu erkranken, wenn die Eltern eine psychische Störung aufweisen, ist deutlich erhöht (Faktor 2-13fach; je nach psychischer Störung)

  • Rund jedes 4. Kind hat mind. ein Elternteil mit einer psychischen Erkrankung
    Ø Kinder von Eltern mit psychischen Störungen = oft vergessene Angehörige

    Zwillingsstudien: Auch bei 100% genetischer Übereinstimmung, liegt die Übereinstimmung des Phänotyps bei weit weniger als 100%

    Ø Vererbt wird die Vulnerabilität (Anfälligkeit) für eine psychische Störung

    Ø Auch nicht-genetische Faktoren spielen bei der Entwicklung psychischer Störungen eine wichtige Rolle

Was versteht man unter dem Konzept der „Entwicklungsaufgaben“ und wie erklärt dieses Konzept die Entwicklung psychischer Störungen?  

 

Entwicklungsaufgaben und psychische Störungen

  • Ø  Erfolgreiche Bewältigung von Entwicklungsaufgaben ist Voraussetzung für einen angepassten Entwicklungsverlauf

  • Ø  Die gelungene Bewältigung während einer Entwicklungsperiode (z.B. Bindung an die primäre Bezugsperson) fördert die angemessene Anpassung an die

    Herausforderungen zukünftiger Entwicklungsperioden (z.B. die Entwicklung der Selbstständigkeit).

  • Ø  Werden Entwicklungsaufgaben nicht gelöst, führt dies auch zu Komplikationen für die weiteren Entwicklungsschritte (z.B. Selbständigkeit kann sich nicht entwickeln, weil Bindung an primäre Bezugspersonen nicht gelungen ist)

  • Ø  Im Entwicklungsverlauf addieren sich „Fehlanpassungen“, so dass relativ unscheinbare „Störungen“ in der Kindheit weitreichende Konsequenzen haben können

  • Ø  Entwicklungsaufgaben stellen sich über die gesamte Lebensspanne (z.B. Anpassung an Pensionierung)

Womit beschäftigt sich die Epigenetik?

  • Epigenetik beschäftigt sich mit Veränderungen in der Genexpression

  • Durch Umwelteinflüsse werden Gene „an“- oder „ab“-geschaltet

  • Die genetische Wirkung auf die menschliche Entwicklung hängt also nicht einfach von der DNA ab, sondern von der epigenetisch bestimmten Aktivität von Genen

Ø Wird oft als revolutionärer Ansatz zur Erklärung der Transmission psychischer Störungen bezeichnet

• Grund: Weil sich die Epigenetik auch mit der Frage beschäftigt, ob erworbene Eigenschaften (Umwelteinflüsse) biologisch an zukünftige Generationen weitergegeben werden (transgenerationale Epigenetik)

Was sind die klinischen Implikationen aus Befunden zur familiären Transmission psychischer Störungen?

Ø Erfassung von familiärer Vorbelastung im Erstgespräch ist wichtig!
Ø Angehörigen (insb. Kindern) psychisch kranker Menschen (z.B. Eltern) und

den Eltern selbst sollte spezifisch Unterstützung angeboten werden

1. Therapie der Eltern

à Interessant! Erste Hinweise, dass die psychotherapeutische Behandlung der Eltern auch die Psychopathologie der Kinder reduziertèTransmission funktioniert auch „umgekehrt“ (Schneider et al. 2013)

2. Spezifische Trainings für Eltern
3. Interventionen für Angehörige (insbes. Kinder und Familien)

siehe nächste Folien (Vorlesung 3 Folie 38 ff.)

Welche adaptiven Funktionen erfüllen Emotionen?  

  1. Motivation: Emotionen signalisieren die Bedeutsamkeit von Reizen/Ereignissen in Bezug zu eigenen Bedürfnissen und Zielen

  2. Handlungsbereitschaft: Emotionen gehen mit physiologischen Veränderungen einher, die Lebewesen auf adaptives Verhalten vorbereiten (z.B. Flucht oder Kampf)

  3. Lernen: Die Assoziation von Reaktionen mit (antizipierten) emotionalen Konsequenzen (Belohnung vs. Bestrafung) ist die Grundlage für zielgerichtetes Verhaltens

  4. Kommunikation: Emotionales Ausdrucksverhalten hat eine kommunikative Funktion und spielt eine wichtige Rolle bei der Koordination sozialer Beziehungen

  5. Kognition: Emotionen lenken Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Entscheidungsprozesse in Richtung auf motivational bedeutsame Informationen

Was besagt die James-Lange-Theorie zur Auslösung von Emotionen und wie wurde diese durch die Zwei-Faktoren-Theorie nach Schachter und Singer erweitert?  

James-Lange-Theorie:

Wahrenhmung eines bedrohlichen Reizes -> Physiologische Erregung -> Erlebte Angst

Das Erleben einer Emotion beruht auf der Wahrnehmung der physiologischen Reaktionen auf einen emotionsauslösenden Reiz:„Wir zittern nicht, weil wir Angst erleben, sondern wir erleben Angst, weil wir zittern“

 

Zwei-Faktoren-Theorie von Schachter und Singer:

ØUm eine Emotion zu erleben, muss sowohl physiologische Erregung als auch eine emotionsrelevante kognitive Interpretation dieses Zustands vorliegen

Welche Bewertungsprozesse werden in der Theorie von Lazarus (1966) angenommen?  

1. Primary Appraisal Ist ein Ereignis überhaupt bedrohlich oder relevant für meine Motive und Ziele?

2. Secondary Appraisal Einschätzung, ob die zur Verfügung stehenden Coping-Kompetenzen für eine erfolgreiche Bewältigung der Bedrohung ausreichen.

-> Nur wenn das Ereignis bzw. die Situation im Primary Appraisal als relevant wahrgenommen wird und das Secondary Appraisal ergibt, dass die Situation nicht bewältigbar ist, wird Stress ausgelöst

3. Reappraisal

Möglichkeit, z.B. aufgrund von neuen Informationen, zu einer Neueinschätzung der Situation und Bewältigung zu kommen

  • Problemorientierte Strategien: Veränderung der Situation durch eigenes Handeln

  • Emotionsorientierte Strategien: z.B. Aufmerksamkeitsablenkung, Entspannung, Akzeptanz

  • (Bewertungsorientierte Strategien: Umbewertung)

 

Welche Belege gibt es dafür, dass Emotionen auch unbewusst ausgelöst werden können?  

Gut belegt: Angstkonditionierung und Angstreaktionen finden unter massgeblicher Beteiligung der Amygdala statt

Bechara et al. (1995): Konditionierungsexperiment mit Patient, dessen Amygdala ausgefallen war, aber dessen Hippocampus in Ordnung vs. Patient bei dem der Ausfall umgekehrt war

(Funktion des Hippocampus: Orte, Ereignisse und Fakten in einen raumzeitlichen Zusammenhang zu stellen)

Konditionierung: Blauen Dias (NS resp. CS) folgte ein lautes Nebelhorn (US)

  1. Patient ohne Amygdala konnte explizit angeben, wann das Nebelhorn gekommen war, aber zeigte keine Angstreaktion auf den „CS“ (blieb also NS)

  2. Patient mit Hippocampus-Ausfall aber intakter Amygdala zeigte Angstreaktion auf CS, hatte aber kein Bewusstsein dafür, an welcher Stelle das Nebelhorn ertönte

  3.  Auslösung emotionaler Reaktionen durch unbewusst verarbeitete Reize möglich (hier auch Dissoziation von Furchtkonditionierung und explizitem Gedächtnis)

 

Was sind die zwei Wege der Furchtauslösung in der Theorie von LeDoux?  

Unterschiedlich schneller und unterschiedlich vorverarbeiteter Input zur Amygdala

  1. Schneller subkortikaler Pfad direkt von Sinnesorganen (Anblick einer Schlange löst automatisch und unbewusst Angst aus)

  2. Langsamer kortikaler Pfad mit höherer kognitiver Verarbeitung (Bewertung und
    Kontextualisierung des Reizes)

Inwiefern ist die Unterscheidung von impliziten und expliziten Gedächtnisformen für die Psychotherapie relevant?  

Besonders relevant: Unterschiedliche Zugriffsmöglichkeiten auf implizite und explizite

Gedächtnisformen

  • Ø  Inhalte des impliziten Gedächtnisses können v.a. „bottom-up“, durch die erneute Darbietung ähnlicher Reize aktiviert werden (z.B. Darbietung der Schlange), aber nicht „top-down“ (intentional, konzeptuell, mit Reden und Denken)

  • Ø  Bedeutet: Erhebliche Einschränkung der Veränderungsmöglichkeiten einer „rein verbalen Therapie“

  • Ø  Prozessuale Aktivierung impliziter Prozesse als wichtiger Wirkfaktor in der Psychotherapie (Grawe, 1998; siehe nächste Folie)

Was ist eine mögliche Erklärung dafür, dass Angstpatient:innen explizit wissen, dass die Situation nicht gefährlich ist und trotzdem die Angst nicht kontrollieren können?  

Ø Mögliche Erklärung: Dissoziation der verschiedenen Gedächtnis- systeme bzw. neuronalen Schaltkreise

Ø Kontextuelle, raumzeitliche Einordnung der Erfahrungen und Hemmung der automatisch ausgelösten Reaktionen gelingt nicht mehr

Was passiert nach LeDoux bei einer erfolgreichen Angstbehandlung?  

LeDoux (2002): Angstreaktionen werden auch nach erfolgreicher Behandlung (z.B. verhaltenstherapeutischer Expositionstherapie) nicht einfach aus der Amygdala gelöscht. Amygdala feuert auch nach erfolgreicher Therapie.

  • Ø  „Unbewusste Furchterinnerungen scheinen unauslöschlich in der Amygdala eingebrannt zu sein“ (LeDoux, 2001, S. 272)

  • Ø  Vielmehr werden in der Therapie in kortikalen Hirnstrukturen (insbesondere im orbitofrontalen Kortex) neue neuronale Muster aufgebaut, die unvereinbar mit der Angst sind und die die Angstreaktion erfolgreich hemmen (sofortige Kontextualisierung und Entwarnung durch kortikale Strukturen).

Nennen Sie Beispiele, wie Emotionen die Informationsverarbeitung und Gedächtnisspeicherung modulieren können.  

• Die Amygdala ist mit vielen Hirnregionen verbunden, die an der Speicherung von Gedächtnisinhalten beteiligt sind

Ø Ideale anatomische Position, um Speicherung und Konsolidierung neuer Inhalte in anderen Hirnregionen zu modulieren

Warum sind soziale Beziehungen für unser psychisches Wohlbefinden wichtig?  

  • Bindung ist angeborenes biologisches Grundbedürfnis („primärer biologischer Trieb“; Bowlby/Ainsworth)

  • Menschen brauchen Beziehungen genau so wie Essen, Trinken, Sexualität etc. (nicht nur in der Kindheit, sondern auch im Erwachsenenalter)

  • Beziehungen sind auch eine externe Regulationshilfe bei Angst und Verunsicherung (Funktiona Emotionsregulation)

  • Bindungspersonen als sichere Basis, um Explorationsverhalten zeigen zu können

Was können Gründe sein, weshalb psychische Erkrankungen in unteren Sozialschichten besonders stark verbreitet sind?  

  • Höhere Inkongruenz (weniger Möglichkeiten Grundbedürfnisse wie Selbstwert- und Kontrollbedürfnis zu befriedigen)

  • Niedrige Sozialschicht ist ein chronischer Stressor, der das Risiko für akute Stressoren (z.B. finanzielle Probleme) erhöht und die psychosozialen Ressourcen – wie soziale Unterstützung – zum Umgang mit den Stressoren begrenzt (Turner & Lloyd, 1999)à Personen mit tiefer Bildung haben ein kleineres soziales Netz (Bachmann, 2014)

  • Geringere Kontrolle über die Umwelt und schlechterer Zugang zu präventiven und therapeutischen Angeboten

  • Wichtiger Stressor Arbeitslosigkeit: Arbeitslosigkeit sagt im Längsschnitt einen Anstieg psychischer Störungen vorher (Paul & Moser, 2009). Arbeitslosigkeit bei Personen mit weniger qualifizierten Berufen hat besonders negative Auswirkungen

Was sind mögliche Erklärungen, weshalb psychische Erkrankungen bei Frauen häufiger vorkommen als bei Männern?

  1. Verschiedene Erklärungsansätze:

    • Frauen mehr soziale Stressoren (z.B. Berufs-Familienrollen-Konflikte)

    • schlechtere Entwicklungschancen in Beruf

    • unterschiedliches Coping mit Stresssituationen (z.B. Männer eher aktives Problemlösen und Alkohol; Frauen mehr Probleme sich von Stress zu distanzieren)

    • Frauen möglicherweise offener beim Berichten von Gefühlen und psychischen Problemen (führt zu mehr Diagnosen)

    • biologische Gründe

Was ist mit öffentlicher Stigmatisierung und Selbststigmatisierung gemeint?  

bild

Können psychische Störungen zu einer Erosion des sozialen Netzwerkes führen?  

Ja

Was ist mit dem Konzept Expressed Emotion (EE) gemeint und wie hängt EE mit psychischen Störungen zusammen?

  • • AusdruckvonMissbilligung,Ärger,Abneigung,Grollgegenüberder/dem Patient*in

    • verbaleundnonverbaleAspekte(z.B.Betonung,AnhebenderStimme)

    • Beispiel:„ImganzenHauslässtsiedasLichtbrennen;dasgehtdochnicht! (ärgerlicher, aufgebrachter Tonfall, schneller Sprechgeschwindigkeit). „Es ist immer schlimmer geworden; nichts räumt er auf...er tut überhaupt nichts!“ (abfälliger Tonfall; Anheben der Stimme)

  1. Expressed Emotions = unspezifischer Vulnerabilitätsfaktor

  2. High Expressed Emotions sagt eine erhöhte Rückfallwahrscheinlichkeit schizophrener

    Patienten vorher, auch korrelatiojn mit affektiven Störungen und Esstörungen

Nennen Sie zwei Beispiele von dysfunktionalen Verarbeitungsprozessen sozialer Informationen  

Bsp. Sozialer Aufwärtsvergleich

Bsp. Exzessive Selbstgerichtete Aufmerksamkeit

Auf welchen Säulen „steht“ nach Potreck-Rose der Selbstwert?  

Selbstakzeptanz, Selbstvertauen, Soziale Kompetenz, Soziales Netz

Welche drei Typen sozialer Kompetenzen werden typischerweise in sozialen Kompetenztrainings unterschieden? (nach Hinsch und Pfingsten)  

  • Typ R (Recht): Eigene Rechte und berechtigte Interessen in Anspruch nehmen und durchsetzen, Forderungen stellen, unberechtigte Forderungen anderer ablehnen

  • Typ B (Beziehung): Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche in die Beziehung zu nahestehenden Personen einbringen, Kompromisse finden

  • Typ K (Kontakt): Kontakte aufnehmen und gestalten (insbesondere zu fremden Personen), Menschen für sich gewinnen, um Sympathie werben

Was sind nach Grawe die vier Phasen der Psychotherapieforschung?

Vier Phasen der Psychotherapieforschung (nach Grawe, 1992):

  1. Legitimationsphase: Wirkt Psychotherapie überhaupt?

  2. Wettbewerbsphase: Vergleichende Wirkung / Welcher Therapieansatz wirkt am besten?

  3. „Verschreibungsphase“: Differentielle Wirksamkeit / Welche Form der Psychotherapie ist bei wem (und unter welchen Umständen) indiziert?

  4. Prozessforschungsphase: Wirkungsweise / Wie wirkt Psychotherapie?

Was sind die Vor- und Nachteile von...  

– Fallstudien?  

Vorteile:

  • helfen Kluft zwischen Forschung und Praxis zu verkleinern: Fallstudien sind nahe am Einzelfall und Kliniker:innen können leicht auch selbst Fallstudien durchführen

  • auch seltene Phänomene können illustriert werden (Bsp. aus Neurowissenschaften: Oliver Sacks)

  • Fallstudien können v.a. auch während der Entwicklung neuer Erhebungs- und Behandlungsformen nützlich sein (erste Erfahrungen berichten)

Nachteile:

  • Generalisierungsmöglichkeiten stark eingeschränkt (Erkenntnisse haben nicht unbedingt Gültigkeit für andere Fälle)

  • Viele unkontrollierte Variablen (z.B. können leicht «plausible» Geschichten geschrieben werden, welche Faktoren für ein Ergebnis wesentlich waren, aber aus einer anderen Perspektive lassen sich auch andere «plausible» Geschichten ableiten)

  • Verminderte Objektivität (die Fallbeschreibungen werden oft von Kliniker:innenn erstellt, die gleichzeitig die Therapeuten waren; Beobachter ist nicht unabhängig)

 

Was sind die Vor- und Nachteile von...

–  Experimentellen Einzelfallstudien?  

Hauptnachteil: Ergebnisse lassen sich möglicherweise nicht auf andere Fälle

generalisieren; wenig systematisch

Vorteile:

  • Es kann eine kausale Beziehung zwischen einer Intervention und einer Veränderung aufgezeigt werden

  • Sehr viel billiger als experimentelle Studien mit grossen Stichproben

  • Verschiedene Einzelfallexperimente können in rascher Abfolge aufeinander aufbauen und so schnell zur Entwicklung oder Optimierung einer Intervention beitragen

  • Im Gegensatz zu vielen Gruppenstudien wird nicht einfach Prä und Post gemessen. Die wiederholte Messung erlaubt die detaillierte Analyse von Veränderungsmustern und zeitliche Abfolge der Veränderung

Was sind Vor- & Nachteile von...

Randomisiert kontrollierten Studien (RCTs)? – Metaanalysen?  

Vorteile:

  • KAUSALE Wirksamkeitsbelege (dass Effekte auf Intervention zurückzuführen sind) nur durch experimentelle Studien möglich

  • Hohe interne Validität (Störvariablen werden kontrolliert; Alternativerklärungen für das Vorliegen von Effekten können weitgehend ausgeschlossen werden)

  • In RCTs wird das therapeutische Vorgehen genau definiert (in Manualen): Manuale können gerade für Anfänger-Therapeut:innen von Vorteil sein

    Ø Dank RCTs konnte die Wirksamkeit von Psychotherapie eindeutig nachgewiesen werden, was zur Akzeptanz von Psychotherapie auch im medizinischen Kontext und in politischen Diskussionen geführt hat.

Nachteile:

  • Resultate können nur auf Routinepraxis generalisiert werden, wenn die Patient:innen in der Routinepraxis hinreichend ähnlich sind und Therapeut:innen genau gleich vorgehen wie in der Studie

    • Ø  Patient:innen in der Routinepraxis haben oft komplexere Probleme als Patienten in den Studien (z.B. hohe Komorbidität = mehrere Störungen)

    • Ø  Je nach Patient:in kann es schwierig sein, sich an ein Manual zu halten und die meisten Therapeut:innen in der Routinepraxis halten sich nicht an Manuale und kombinieren therapeutische Methoden aus verschiedenen Ansätzen (Praxis- Forschungs-Lücke)

  • Ein wesentlicher Teil des Effektes von Psychotherapien ist gar nicht auf spezifische Interventionen/Techniken zurückzuführen, sondern auf interventionsübergreifende Aspekte (z.B. therapeutische Beziehung), was dazu führt, dass kaum Unterschiede zwischen etablierten Therapieformen gefunden werden

Was sind Vorteile der Randomisierung in RCTs?  

ermöglicht Vergleichbarkeit der Bedingungen hinsichtlich aller denkbaren Personenvariablen und anderen Einflüssen (Kontrolle von Störvariablen; bekannte und unbekannte Störvariablen werden gleichmässig auf die Experimental- und Kontrollbedingung verteilt)

• Vergleichbarkeit ist zwar nicht vollständig garantiert, aber sie gewährleistet sie innerhalb bestimmter statistischer Fehlergrenzen

Was sind Vor- und Nachteile verschiedener Kontrollgruppen in RCTs?  

Ø Wartelistekontrollgruppe:

  • Vorteil: Zeiteffekte werden kontrolliert (z.B. spontane Remission)

  • Nachteile: Ethische Bedenken (Menschen warten lassen)

  • unklar, ob Wirkung einer Intervention auf spezifische Aspekte der Intervention zurückzuführen ist (Effekt könnte auch auf allgemeine Faktoren wie Aufmerksamkeit der Therapeut:innen zurückzuführen sein)

  • Einsatz: Nützlich in einer frühen Phase der Wirkungstestung (ist die neue Therapieform überhaupt wirksam?)

    Ø Placebokontrollgruppe:

  • Vorteil: Nicht nur Zeiteffekte, sondern auch Erwartungs- und Aufmerksamkeitseffekte werden

    kontrolliert. Erlaubt Schlüsse auf die spezifische Wirkung einer Intervention

  • Nachteil: In Psychotherapieforschung nur schwer zu realisieren (meist sog. supportive Therapien

    = unspezifisch Unterstützung geben); Therapeuten wissen, dass es sich um Placebobedingung handelt (Erwartungseffekte?); auch Probanden müssen darüber informiert werden, dass sie möglicherweise in einer Placebobedingung sind; ethische Bedenken (20 Sitzungen Placebotherapie?)

  • Einsatz: aus o.g. Gründen relativ selten

Was ist mit efficacy und effectiveness gemeint?  

  • Efficacy: die Wirksamkeit einer Behandlung in der „Kunstwelt“ kontrollierter Studien (unter idealen „Labor“-Bedingungen)

Ø hohe interne Validität (z.B. Drittvariablen kontrolliert), geringere externe Validität (möglicherweise nicht auf Routinepraxis generalisierbar)

 

Effectiveness: die Wirksamkeit einer Behandlung in der routinemässigen Anwendung

• in der Routinepraxis
• mit nicht besonders selegierten Patient:innen
• mit nicht besonders stark trainierten Therapeut:innen

Ø hohe externe Validität (kann auf Routinepraxis generalisiert werden), geringere interne Validität (weniger kontrolliert)

Ø Effectiveness-Studien sind nach Efficacy-Studien gefordert

Was ist mit Moderatoren und Mediatoren gemeint? Was sind Beispiele hierfür in der Therapieforschung?  

Mediatoren ERKLÄREN den Zusammenhang zwischen zwei Variablen: z.B. welche Mediator-Variablen (z.B. Therapiebeziehung) erklären den Therapieerfolg = Wie (über welche Wirkmechanismen) wirkt Psychotherapie

Moderatoren VERÄNDERN den Zusammenhang zwischen zwei Variablen: z.B. welche Moderator-Variablen (z.B. Alter) beeinflussen/verändern den Therapieerfolg = beim wem (mit welchen Merkmalen) wirkt Psychotherapie

Welche Faktoren beinhaltet die Therapiebeziehung (‚Working Alliance‘) nach Bordin?  

  1. Beispielitems des WAI-SR:

    • Ich glaube mein/e Therapeut/in mag mich (erfasst emotionale Bindung; «bond»-Komponente der Therapiebeziehung)

    • Meine Therapeutin und ich arbeiten auf Ziele hin, über die wir uns einig sind (erfasst Übereinstimmung bezüglich der Therapieziele; «goal»-Komponente der Therapiebeziehung)

    • Ich glaube, dass es richtig ist, wie wir an meinen Problemen arbeiten (erfasst die Übereinstimmung bezüglich des Vorgehens; «task»-Komponente der Therapiebeziehung)