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Fichier Détails
Cartes-fiches | 25 |
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Langue | Deutsch |
Catégorie | Psychologie |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 16.02.2022 / 26.02.2022 |
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https://card2brain.ch/box/20220216_methoden_und_anwendungsbereiche_der_diagnostik_iii
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In welchen 4 Bereichen treten diagnostische Fragestellungen in der Rechtspsychologie z.B. auf?
Bereiche diagnostischer Fragestellungen in der Rechtspsychologie:
- Strafverfahren
- - Glaubwürdigkeit Zeugenaussagen
- - Schuldfähigkeit
- - strafrechtl. Verantwortung jugendl. Täter
- Zivilverfahren
- - Entzug der Geschäftsfähigkeit
- - Umgangs- und Sorgerecht für ein Kind nach Scheidung
- - Entzug elterliche Sorge
- Sozialgerichtsverfahren
- - Arbeits- und Erwerbfähigkeit
- - Voraussetzungen für eine Umschulungsmaßnahme
- - Berufsfähigkeit
- Strafvollzug
- - Erstellen eines Vollzugsplans
- - Vollzugslockerung
- - Kriminalprognose (vorzeitige Entlassung, Sicherheitsverwahrung)
Sind Zeugenaussagen generell zuverlässig?
- Zeugenaussagen sind relativ ungenaues Mittel.
- 72% von Fehlurteilen gehen auf falsche Aussagen von Augenzeugen zurück.
- Allein die Art des Fragens beeinflusst die Antworten und die Berichterstattungen.
- Bsp. Wie schnell waren die Autos, die zusammenstießen. 55km/h. Wie schnell waren die Autos, die zusammen krachten? 65km/h. .. 1 Woche später meinten Gruppe "krachten" Glas am Tatort gesehen zu haben. = schon die Veränderung einzelner Formulierungen kann Antworten und Erinnerungen beeinflussen.
- Weiteres Bsp. mit 3 echten Kindheitserinnerungen und einer falschen (in Kaufhaus verloren gegangen). Einige Probanden erinnerten sehr detailreich falsche Erinnerung.
- Frage nach Verlässlichkeit der Informationen:
- zu unterscheiden ist zwischen Glaubhaftigkeit der Aussage und Glaubwürdigkeit der Person des Zeugen (Steller & Volbert, 1997)
- auch um Korrektheit bemühten Zeugen können Fehler unterlaufen
- Beobachtungsfehler und Erinnerungsverzerrungen teilweise gravierend
- Verzerrung auch durch Befragung möglich
Was ist ein Kognitives Interview (Geiselman & Fisher, 1984, 1992).
Welche 4 Instruktionen gibt es?
Beschreibe das konkrete Vorgehen in 5 Schritten.
- Erhebungsmethode zur Befragung von Zeugen/Opfern
- Anliegen = Verbesserung der Qualität polizeilicher Befragungen
- Dieses IV hat keine Außenkriterien, die ausgewertet werden. Infos werden retrospektiv aufgeschrieben (nicht mal verdichtet). Nicht in Bezug zu Kriterium gesetzt o.ä.
- basiert auf gedächtnispsychologischen Prinzipien:
- Prinzip der spezifischen Enkodierung (Abruf von Infos erfolgt leichter in dem Kontext, wo sie abgespeichert wurden.)
- Multi-Komponenten-Ansatz
Vier Instruktionen
- = Wesentliche Struktur/ Minimalstruktur. Man sieht schon, dass es den Einsatz bei bestimmten Personen einschränkt. Siehe z.B. Alterseinschränkung bei Instruktion 4.. man empfiehlt dieses IV erst ab Grundschulalter einzusetzen (Fähigkeit Perspektivübernahme). Außerdem nicht geeignet bei traumatisierten Personen oder Personen mit klaren kognitiven Einschränkungen.
- „Sich wieder in den Wahrnehmungskontext zurückversetzen“
- Prinzip der spezifischen Enkodierung.
- „Alles berichten, was der Person einfällt“
- alles berichten = Extra nicht "nur relevantes", damit man sich nicht auf bestimmte Infos beschränkt.
- was einem einfällt = Soll den Druck raus nehmen.
- „In einer anderen zeitlichen Abfolge berichten“
- Auf verschiedene Kanäle berufen. Multi-Komponenten-Ansatz soll weitere Gedächtnisinhalte aktivieren.
- Möglich auch: Bei Schlüsselkomponente starten.
- „Aus der Perspektive eines anderen berichten“
Vorgehen
- Begrüßung, . . . ; Erinnerungshilfen + Zweck des Interviews erklären
- Schilderung der Ereignisse – ohne Unterbrechung (So, wie sie gerade präsent sind.)
- Eigentliche Befragung anhand der Instruktionen
- Zusammenfassung durch Interviewer
- Verabschiedung
Was ist ein Verstärktes (Erweitertes) Kognitives Interview.
- (enhanced cognitive interview)
- Nutzung zusätzlicher Techniken, die sich in Gesprächsführung als hilfreich/validitätsförderlich erwiesen haben z.B.:
- Aufbau von Rapport (= angenehme Beziehung zwischen IV und Befragten),
- angemessener Umgang mit
… Pausen (den Personen Zeit lassen)
… nonverbalem Verhalten (z.b. nonverbale Verstärker) - Wirkungen verschiedener Fragetypen
Welche Befunde gibt es zum Kognitiven Interview aus der Studie von Köhnken et al. (1999)?
Köhnken et al. (1999). The cognitive interview: A meta-analysis. Psychology, Crime & Law, 5, 3-27.
- über 42 Studien mit insgesamt etwa 2500 Teilnehmern
- zentrale Befunde:
- starker Effekt auf die Anzahl korrekt wiedergegebener Details (ca. 20-35%/40% mehr korrekte Details) bei einer
- deutlich geringeren Erhöhung der Anzahl unkorrekter Details im Vergleich zu Kontrollgruppen in üblicher polizeilichen Befragung
- Effekt war größer, wenn zu berichtende Episode von Schauspielern vorgespielt wurde im Vergleich zu Zeigen eines Videofilmes
- Gut für die Praxis: Je näher der Befragte am Geschehen ist, desto besser.
- Erwachsene berichteten mehr falsche Details als Schulkinder.
- Achtung: Hier geht es um das Maß an falschen Details. Das heißt nicht, dass Kinder mehr positive Details berichten. Möglicherweise, weil Erwachsene mehr Schemata im Gedächtnis besitzen, was dazu führen kann, dass Lücken im Gedächtnis schneller "falsch" gefüllt werden.
- Erweiterte Form produziert mehr korrekte Details aber auch mehr falsche
- In einem solchen Ausmaß, dass man besser die Ursprungsform verwenden sollte. Woran könnte das liegen? Erklärungsansätze - Demand-effect: Wenn gute Beziehung, dann können Befragte verstärkt "versuchen" mehr Details zu berichten. Oder Thema Zeit lassen: Kann zu Gefühl führen, dass man mehr erzählen sollte ("peinliches Schweigen"), dadurch wird mehr und mehr "falsches" berichtet
Welche Befunde gibt es zum Kognitiven Interview aus der Studie von Memon et al. (2010)? (+ Moderatorvariablen)
Memon et al (2010). The Cognitive Interview: A meta-analytic review and study space analysis of the past 25 years. Psychology, Public Policy, and Law, 16(4), 340 – 372. https://doi.org/10.1037/a0020518
- Aufnahme auch modifizierter Varianten des KI (z.B. für jüngere Kinder)
- 59 Effektgrößen aus 46 Artikeln (Einschlusskriterien: veröffentlichte Studien, Bericht eines Ereignisses oder Beschreibung einer Person wurde erfragt, KI in Original, Erweiterter oder Modifizierter Form wurde durchgeführt und verglichen mit Standardinterview, strukturiertem Interview oder freier Abfrage, Daten zu (in-)korrekten und konfabulierten Details verfügbar)
- Resultate:
- starker Effekt im Zuwachs korrekter Details (d = 1.20), kleiner Effekt im Zuwachs inkorrekter Details (d = 0.24), nicht signifikanter Effekt für konfabulierte Details (d = 0.08)
- Moderatorvariablen:
- Erwachsene berichteten mehr korrekte Details, Kinder weniger inkorrekte Details (jeweils vgl. mit Kontrollbedingung)
- kleinere Effektgrößen (aber nach wie vor starke Effekte) beim Erinnern von Ereignissen, die mit mehr Aufregung/Stress einhergehen (z.B. Unfall, kriminelles Ereignis)
- größerer Abstand zum Ereignis verringert Effekt für korrekte Details und vergrößert Effekt für konfabulierte Details, kein Einfluss auf inkorrekte Details
- modifizierte Varianten des KI generierten mehr inkorrekte Details verglichen mit dem Original KI, keine Unterschiede für die erweiterte Form verglichen mit dem Original
Welche Motive gibt es für Falschaussagen?
- Rache
- Angst vor nega/ven Konsequenzen
- Mitleid
- Vorteile durch eine Verurteilung erlangen
- Verdecken von eigenem Fehlverhalten
- Zur Beurteilung der Motivation: Analyse der Beziehung zwischen Beschuldigtem und Zeugen - Beachte: Motiv für Falschaussage heißt nicht zwangsläufig Falschaussage!
- Zur Beurteilung, ob Aussage durch Suggestion zustande gekommen sein kann, müssen Umstände und Art der Befragung eruiert werden
- Glaubwürdigkeit = bezieht sich auf die Person. Glaubhaftigkeit = Merkmal der Aussage, die wird beurteilt.
Welche Rolle spielt Suggestion bei der Überprüfung der Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen? (Arten, Wann suggestiv?)
- Es gibt verschiedene Arten von Suggestion. Die offensichtliche (Meinen Sie nicht auch, dass...) und die subtileren Formen. Dazu zählen z.B. auch implizite Aufforderungen oder geschlossene Frage, die bestimmte Infos ausschließt.
- Unterstellung eines Sachverhalts
- Aufforderung zu Spekulation
- Verstärkung von Antworten (nicken, "ahja", ...), die ins Konzept des Interviewers passen
- Wiederholung einer Frage im Verlauf des IV
- Fragen im Gespräch sind suggestiv, wenn die sozial erwünschte oder weniger erwünschte Antwort aus der Frage erkennbar ist, weil
- sie etwas als gegeben voraussetzen, was nicht vorausgesetzt werden kann, weil es auch anders sein kann
- Antwortalternativen unvollständig aufgezählt werden bzw. bei vollständigen Antwortalternativen oder bei „Ja-Nein“ Antworten, eine Antwort „einfacher“/nahe liegender o.ä. ist
- in der Frage bereits eine Bewertung des erfragten Verhaltens enthalten ist
- hinweisgebende Füllwörter wie „sicher“, „etwa“ etc. enthalten sind
- vorausgeschickte Informationen die erwünschte Antwort verdeutlichen
Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen: Welche Möglichkeiten gibt es diese zu überprüfen?
- Inhaltsanaly)sche Analyse von Aussagen
- wird danach analysiert, ob sie Kriterien der Glaubhaftigkeit aufweist – Realkennzeichen (Steller & Volbert, 1997)
- Es gibt zwar viele, aber hier gibt es keine Checkliste oder Standardisierung (z.B. wenn 5 davon zutreffen ist es eine Lüge etc.).
- sollen zwischen Aussagen differenzieren, die sich auf selbst vs. nicht selbst erlebte Ereignisse beziehen
- Problem: keine Standards zu Menge notwendiger Kennzeichen, Trainierbarkeit?, Personspezifik?
- => hohe Interpretationsspielräume!
Nenne 10 Beispiele für Realkennzeichen.
Beispiele für Realkennzeichen (das Vorliegen spricht für eine glaubwürdige Aussage)
- Logische Konsistenz
- Schilderung von Komplikationen im Handlungsverlauf
- Schilderung ausgefallener Einzelheiten
- Schilderung eigener psychischer Vorgänge
- Eingeständnis von Erinnerungslücken
- Verwendung wörtlicher Rede
- spontane Berichtigung
- Selbstbelastung, Täterentlastung
- unstrukturierte Darstellung
- Detailreichtum
- Man muss mit großer Sorgfalt auf das große Ganze schauen inkl. interindividuellen Unterschieden (z.B. Redseligkeit, Extraversion, ...) Motivlage etc.!
- Glaubwürdigkeit = bezieht sich auf die Person. Glaubhaftigkeit = Merkmal der Aussage, die wird beurteilt.
Beispiel Rechtspsychologie: Beschreibe Familienrecht – und Sorgerechtsfragen.
Auch im Bezug auf Kindeswohl und Kindeswille.
- bei Scheidungs-/Trennungsverfahren müssen Eltern angeben, ob gemeinsame minderjährige Kinder betroffen sind
- einvernehmliche Regelung: kein Handlungsbedarf
- bei Streit der Eltern um Sorgerecht: Familiengericht führt Entscheidung herbei, sollte dabei auf einvernehmliche Regelung der Betroffenen hinwirken
- vor gerichtlicher Entscheidung: Schlichtung/Vermittlung – gilt auch, wenn psychologischer Sachverständiger von Gericht hinzugezogen wird
- Diagnostik und Intervention (Hinwirken auf Einigung, Vermittlung, Beratungsangebot ...) also eng verzahnt
Kindeswohl, Kindeswille
- Zu beachten bei Vorgehen ist Kindeswohl und bei über 14-jährigen Kindern auch Kindeswille
- Kindeswohl = leibliches und geistig/seelisches Wohl des Kindes - juristisch nicht definiert; zur Beurteilung sind vor allem sozialwissenschaftliche Erkenntnisse anzuwenden
- Beurteilung hat in Sorgerechtsverfahren zentrale Bedeutung, kann zu weitreichenden Maßnahmen führen
- über 14-jähriges Kind darf selbst Vorschlag zum Sorgerecht machen – wenn Kind einem gemeinsamen Elternvorschlag zur Regelung des Sorgerechts explizit nicht zustimmt, tritt Gericht eine Entscheidung, die sich am Kindeswohl orientiert
- psychologischer Sachverständiger in Regel dann hinzugezogen, wenn Familienrichter Fragen nicht selbst beantworten können
- aus zunächst juristischen Fragen werden psychologische Fragen abgeleitet, z.B.
- Ist die Erziehungsfähigkeit durch eine Erkrankung eingeschränkt?
- Liegt sexueller Missbrauch vor?
- Was ist der Kindeswille?
Was zeigte ein Ergebnis von 2 großen Studien der FU Hagen und IB Hochschule Berlin?
- Psychologische Expertise vs. „Experten“
- Fehler in (je nach Studie) 50-75% (!) der untersuchten Gutachten
Fazit: Psychologische Expertise essentiell!
- „.. In Verfahren §151 Nummer 1 bis 3 ist das Gutachten durch einen geeigneten Sachverständigen zu erstatten, der mindestens über eine psychologische, psychotherapeutische, kinder- und jugendpsychiatrische, psychiatrische, ärztliche, pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation verfügen soll. Verfügt der Sachverständige über eine pädagogische oder sozialpädagogische Berufsqualifikation, ist der Erwerb ausreichender diagnostischer und analytischer Kenntnisse durch eine anerkannte Zusatzqualifikation nachzuweisen.“
Nenne 2 Themenfelder verkehrspsychologischer Diagnostik.
- Analyse von Unfallschwerpunkten
- TÜV: Fahreignungsprüfungen/Medizinisch-Psychologische Untersuchungen
Was ist eine MPU? Inhalt und Ablauf.
Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU)
- Anlässe = Alkohol, Drogen, verkehrsrechtliche sowie strafrechtliche Auffälligkeiten
- Dauer: 3-4 Stunden
- Inhalte: TestdiagnosNk, ärztliche Untersuchung,
- psychologisches Gespräch (Reihenfolge kann variieren)
- Ablauf:
- Gespräch: Einsicht des früheren Fehlverhaltens, persönliche Ursachen dafür, Konsequenzen für aktuelles Verhalten, Vorsätze und Verhalten für die Zukunft
- zukünftig geplantes Verhalten soll seit mindestens sechs Monaten stabil gelebt werden
- Gespräch muss für Gutachten aufgezeichnet werden
- Dauer: ca. 45 - 60min
- Haben Sie Ursachen der Auffälligkeiten erkannt? z.B. Trinkverhalten
- Haben Sie Veränderungsmotivation?
- Haben Sie schon etwas verändert?
- Sind diese Veränderungen stabil?
- Testdiagnostik: standardisierter Reak'onstest am Computer (Reaktionsfähigkeit: Wahrnehmungs- und Reaktionsleistung, Konzentration, Aufmerksamkeit, Belastbarkeit)
- Medizinische Untersuchung: Prüfung auf verkehrsrechtlich relevante Erkrankungen sowie Alkohol- und Drogenmissbrauch; medizinische Vorgeschichte erfassen, körperliche Untersuchung, Laborverfahren
- Gespräch: Einsicht des früheren Fehlverhaltens, persönliche Ursachen dafür, Konsequenzen für aktuelles Verhalten, Vorsätze und Verhalten für die Zukunft
Beschreibe Stärken und Schwächen von Verkehrspsychologischen Gutachten:
Nenne 9 Ergebnisse der Studie von Wittkowski und Seitz (2004)
- Analyse von 122 Gutachten aus 39 medizinischpsychologischen Begutachtungsstellen mit Anlass „Fahren unter Alkoholeinfluss“
- Ergebnisse: beispielhaft (Anteil an Gutachten mit Mängeln)
- 81% GA-Auftrag wortwörtlich wiedergegeben
- 23% Quellen zur Fetstsellung des bisherigen Sachverhalts benannt
- 39% Fragestellungen in konkrete Untersuchungsvariablen überführt
- 25% Vollständige Angaben im Bezug auf Infoquellen wie Akten, Testverfahren etc.
- 2% in Ergebnisbericht Trennung von Information und Interpretation
- 61% Ergebnisse für den Leser klar und eindeutig formuliert
- 52% Integrative Befunde (falls vorhanden) durch Mehrfachbelege unterstützt
- 97% Fragestellung klar und unmissverständlich beantwortet
- 80% Vollständiges Literaturverzeichnis am Ende des GA
Was ist das Anliegen diagnostischer Modelle?
- Modelle für Urteilsbildung und Evaluation kennenlernen
- Nutzen für praktische Anwendung im diagnostischen Prozess verstehen
Was ist die Grundannahme des Linsenmodells (Brunswik, 1956)
- alte, aber immer noch aktuell, besonders in Persönlichkeitsforschung und Diagnostik
- Grundannahme: probabilistischer Funktionalismus
- Versuchen immer zu filtern, was relevante Hinweisreize sind und versuchen dazu Vorhersagen für Verhalten etc. des Gegenübers und der Umwelt abzuleiten.
- jede psychologische Analyse hat sich zu beziehen auf Anpassungsleistung des Organismus an probabilistisch funktionierende Umgebung – häufig mangelnde Information über Umwelt – zur Maximierung der Anpassung notwendig
- richtiges Identifizieren der nützlichsten Info-Quellen
- regelgeleitetes Kombinieren von Informationen
- valides Urteil
Was ist die mathematische Grundlage und Vorraussetzungen des Linsenmodells (Brunswik, 1956)
- mathematische Grundlage = Multiple lineare Regression
- paramorphes Modell
- Anwendungsbereich: Evaluation
Voraussetzungen
- Stationarität: bedeutet, dass Bedingungsgefüge (Zusammenhänge) sind stabil
- mind. 40 – 100 Durchläufe
- lineare Zusammenhänge
- intervallskalierte Daten
Beschreibe das Modifizierte Linsenmodell zur Erklärung von Verhaltensbeurteilungen ((Schmidt-Atzert & Amelang, 2012, S. 318)
Person sendet Hinweisreize aus (z.B. konkrete Verhaltensweisen wie gähnen, durchs Haar fahren etc.) = objektive Dinge, die passieren
Wie die beobachtende Person diese Dinge wahrnimmt und vor Hintergrund von Schemata etc. interpretiert - führt zu Urteil über Eigenschaft oder Zustand = subjektive Hinweisreize, kann von Beobachter zu Beobachter unterschiedlich sein
Wenn also verschiedene Urteile vorliegen, kann es daran liegen, dass das gleiche Signal unterschiedlich interpretiert wurde.
Was ist die Analyseebenen des Linsenmodells (Brunswik, 1956).
- Umwelt: formale Eigenschaften der Umgebung (wie gut sagt jedes der Merkmale Kriterium voraus?, In welcher Beziehung stehen distale und proximale Merkmale?, Wie ist Vorhersageleistung der KombinaJon der Merkmale?)
- Beurteiler: Merkmalsnutzung, Merkmalsgewichtung, Strategienutzung (Konsistenz)
- Beziehung zwischen beiden Systemen (Vorhersageleistung, korrekte Aufgabenwahrnehmung)
Was ist das Bayes-Theorem?
- Mathematischer Satz (1963)
- Ziel: Wahrscheinlichkeitsaussagen durch Zusatzinformation verbessern
- systematisches Hinzunehmen von Infos
- Grundprinzip: Diagnose = probabilistischer Klassifika7onsprozess – Aussage darüber, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Individuum, welches ein bestimmtes Merkmal aufweist, einer von mehreren diagnostischen Kategorien richtig zugeordnet werden kann
- Möglichkeit genauerer Zuordnung, der fehleranfälliges „Schätzen“ verbessert
- paramorphes Modell
Was ist die Grundformel des Bayes-Theorem?
Formel: P(H/Dk) = P(H)*P(Dk/H) / P(Dk)
- P(H/Dk): Wahrscheinlichkeit des Ereignisses H bei Vorliegen der Information Dk
- z.B. H = Studienerfolg: Wie wahrscheinlich ist der Studienerfolg,, wenn ein IQ von über 120 vorliegt?
- P(H): Wahrscheinlichkeit des Ereignisses H
- Wie wahrscheinlich ist Studienerfolg?
- P(Dk/H): Wahrscheinlichkeit der Information Dk (bei Vorliegen des Ereignisses H
- z.B. wie wahrscheinlich ist ein IQ von 120 bei vorliegen von Studienerfolg?
- P(Dk): Wahrscheinlichkeit der Ausprägung des Datums Dk ("Normalisierungskonstante": bewirkt, dass die Summe der Alternativen 1 ergibt)
- z.B. Wahrscheinlichkeit, einen IQ von über 120 zu haben.
- Beispiel: Studienerfolg, Unfall bei Alkoholkonsum
- Erweiterung der Grundformel auf mehrere Hypothesen/mehrere Daten möglich
Was sind die Vorraussetzungen und was sind die Vorteile des Bayes-Theorem?
Voraussetzungen:
- Hypothesen müssen disjunkt und exhaustiv sein
- exhaustiv = allumfassend), z.B. IQ von über 120, entweder liegt vor oder nicht.
- Stationarität
- zuverlässige Eingangsdaten – vor allem zu gewinnen über Untersuchung großer Anzahl gleichar9ger Fälle (Beobachtungen, Empirie) oder aber über Expertenschätzungen
Vorteile:
- diskrete Informationen (kategorial, qualitativ) können verarbeitet werden
- keine Verteilungsannahmen nötig
- es ist möglich, Vorinformationen mit zu berücksichtigen und sequentiell Daten zu berücksichtigen
- denn man kann immer weitere Informationen hinzunehmen
Was ist das HYPAG-Structure (Wottawa, 1987)?
- Modell, was sich mit Verknüpfen und verbinden von Hypothesen im Urteilsprozess beschäftigt.
- hypotheses agglutination – „Zusammenkleben“ von Hypothesen
- Rekonstruktion diagnostischer Entscheidungen in Form logisch verknüpfter Wenn-Dann-Regeln
- Ziel = implizite Entscheidungsregeln von Diagnostikern explizit machen - isomorphes Modell
- isomorph = in genau gleicher Weise. Das heißt, wir haben Entscheidungen von Diagnostikern nach impliziten Regeln, die explizit gemacht werden sollen.
- Voraussetzungen: Stationarität, verfügbare Anzahl notwendiger Fälle (ca. 200-300)
Beschreibe das Vorgehen von HYPAG-Structure (Wottawa, 1987)?
Wann sollte man es nutzen?
- Dialog/Beobachtung zwischen Diagnostiker und Interviewer
- nach Aufstellen einer Regel – Prüfung an neuem Fall – mögliche Ausgänge = Treffer/Fehler/Nicht entscheidbar – Rückmeldung an Diagnostiker ...
- z.B. Notenvergabe nach Wenn-Dann-Regel - überprüfen, ob die Ausgänge stimmen (ist vielleicht Wenn- oder Dann-Teil fehlerhaft), wenn es kein Treffer war: Regel anpassen und bei weiteren Fällen (und vorherigen Fällen) neue Regel anwenden. Das ganze passiert über alle Fälle hinweg, bis man eine hinreichende Passung erreicht hat.
- Bei Veränderung einer Wenn-Dann-Regel – Prüfung auch an allen vorherigen Fällen
- Modellerstellung, -erweiterung, und -modifikation bis hinreichende Passung für alle analysierten Fälle (angestrebte Genauigkeit ca. 95%)
- anschließend Kreuzvalidierung an neuen Fällen
Wann nutzen?
Hoher Aufwand. Wann lohnt es sich? - Wenn man zu einer Information kommt über Entscheidungen mit großer Tragweite oder die noch weitere Folgen haben wir.
Aber HYPAG sagt nichts über Validität aus. Wenn ich einen schlechten Diagnostiker abbilde, habe ich auch ein Modell, was schlecht diagnostiziert (denn isomorph; bildet nicht ab, wie gut Entscheidung ist). Also vorher Validität prüfen - erfolgreiche Diagnostiker.
Beispiel: Ich nehme erfolgreiche Diagnostiker, bilde ab, worauf es ankommt und trainiere die schlechteren Diagnostiker.