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Cartes-fiches 72
Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
Niveau Université
Crée / Actualisé 08.02.2022 / 24.02.2022
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Nenne den Kernsatz des 6. Standards des IV: Protokollierung und Auswertung

 

  • Auf der Grundlage einer sorgfältigen Protokollierung der Gesprächsinhalte werden die erhobenen Informationen systematisch und anforderungsorientiert ausgewertet und zu einer Entscheidung verdichtet.

Merkmale

  1. Im Gesprächsverlauf werden alle notwendigen Gesprächsinformationen im Sinne eines Verlaufsprotokolls sorgfältig schriftlich festgehalten, ohne dass sie bereits interpretiert werden. Dafür ist ein Protokollant zu bestimmen.
  2. Um ein vollständiges Gesprächsprotokoll zu erhalten, werden die Informationen Kriterien zusammengefasst werden
  3. Zunächst nicht eindeutig zuzuordnende Informationen werden auf  ihren direkten Anforderungsbezug geprüft und -sofern nicht relevant- verworfen
  4. Die unter einer Anforderungskategorie zusammengetragenen Informationen werden zusammengefasst und gemäß der geplanten Entscheidungsregel bewertet
  5. In Fällen von Meinungsunterschieden in der Interpretation von Verhaltensdaten durch die Interviewer sind die definierten Anforderungen entscheidungsrelevant

Nenne 8 Merkmale des 7. Standards des AC: Datengewinnung und Bewertung

 

  1. dokumentiertes Beobachtungs-, Protokollierungs- und Auswertungssystem
  2.  Anforderungsmerkmale des ACs werden für jedes Verfahrenselement separat operationalisiert
  3. Anforderungs-Übungs-Matrix und Beobachterrotationsplan sind eindeutig
  4. Pro TN und Übung mind. 2 Beobachter, pro Anforderung mind. 2 Übungen
  5. in jeder Übung maximal 3-5 Anforderungen
    • Sonst überfordert es uns und wir haben über alle Anforderungen hinweg einen Halo-Effekt
  6. unabhängige Bewertung pro Beobachter
  7. Interview: mit Hilfe vorab festgelegter typischer Antworten Einschätzung der jeweiligen Merkmalsausprägungen
  8. Test/Fragebogen: passende Vergleichsnormen oder empirisch geprüftes Auswertungsschemas - nur anforderungsrelevante Aspekte berücksichtigen

Nenne 5 Merkmale des 8. Standards des AC: Datenintegration und Ergebnisermittlung

 

  1. Konsequente Umsetzung eines definierten regelgeleiteten Prozesses der Datenintegration und Ergebnisermittlung
  2. quantitativ-statistisches Vorgehen effizienter in Entscheidungsfindung (Personalauswahl); qualitative Auswertung unterstützt Feedback im Rahmen der Personalentwicklung
  3. Zusammenführung der Daten erfolgt nach vor AC eindeutig definierten Vorgehen – für alle TN gleich – umfasst Entscheidungsregeln, Gewichtung, Mindestausprägungen etc.
  4. Integration und Entscheidungsfindung zeitnah nach Abschluss der Aufgaben
  5. Beobachterkonferenz = zentrales Element der Datenintegration und Ergebnisfindung

Beschreibe die Konstruktvalidität.

  • Konstruktvalidität noch immer umstritten 
    • Sorgenkind im Bezug auf Assessmentcenter. - wir möchten ja Merkmale erfassen und einen möglichst stabilen Eindruck von bestimmten Anforderungen haben. 
  • häufig replizierter Befund: Koeffizienten für konvergente Validität niedrig, Koeffizienten für diskriminante Validität hoch - Das heißt: gleiche Anforderungen in verschiedenen Übungen korrelieren untereinander niedrig, während verschiedene Anforderungen innerhalb einer Übung hoch korrelieren
    • Erfasst man möglicherweise unterschiedliche Facetten eines Merkmals?
  • Metaanalyse von Melchers et al. (2007): 31 Studien mit insgesamt 7.540 Teilnehmern – konvergente Validität betrug im DurchschniR r = .33, diskriminante Validität im DurchschniR r = .62!

Nenne den Kernsatz des 9. Standards des AC: Feedback und Folgemaßnahmen

Nenne 5 Merkmale des Feedbacks.

Nenne 4 Folgemaßnahmen.

 

  • Jeder AC-Teilnehmer hat Anspruch auf ein individuelles Feedback, um so das Ergebnis nachvollziehen und daraus lernen zu können. Nach dem AC sind konkrete Folgemaßnahmen festzulegen, deren Umsetzung regelmäßig überprüft wird

Merkmale

  1. nach AC ohne Ausnahme und unmittelbar Feedback – auf Teilnehmerseite freiwillig
  2. Feedback in persönlichem Gespräch zwischen TN und 1-2 Beobachtern
  3. Ablauf durch geeignete Materialien unterstützt
  4. Rückmeldung konkreten Verhaltens ausschließlich auf Beobachtungen aus AC-Übungen und Ergebnis der Beobachterkonferenz gestützt
  5. Inhalte: persönliche Stärken und Schwächen i.S.d. Anforderungen; Gesamtentscheidung; Entwicklungsempfehlungen

Folgemaßnahmen

  1. abgeleitete Entscheidungen so schnell wie möglich abstimmen, dokumentieren, kommunizieren
  2. schriftliche Zusammenfassung der wesentlichen Punkte
  3. Vertraulichkeit und Datenschutz!
  4. interne AC: individuelle Maßnahmenpläne, an Anforderungen der derzeitigen oder zukünftigen Funktion orientiert - Umsetzung wird regelmäßig kontrolliert

Nenne den Kernsatz des 7. Standards des IV: Feedback

 

  • Ein individuelles und anforderungsorientiertes Feedback ist unerlässlich.
  • Möglichkeit zum Feedback sollte gegeben werden;
  • Feedback als vertrauliches Gespräch auf der Grundlage von verhaltensnahen Beschreibungen direkt aus der Interviewsituation;
  • Feedback wird von Interviewern gegeben
  • (analog AC)

Nenne den Kernsatz des 8. Standards des IV: Dokumentation und Evaluation

 

  • Ergebnisse werden so dokumentiert, dass diese für Dritte nachvollziehbar und für durchzuführende Evaluationen verfügbar sind.

Nenne den Kernsatz des 10. Standards des AC: Evaluation

Nenne 4 Merkmale.

  • Regelmäßige Güteprüfungen und Qualitätskontrollen stellen sicher, dass die mit dem AC angestrebten Ziele auch nachhaltig erreicht werden.

Merkmale

  1. Anlass: zwingend bei erstmaliger Einführung, Anpassung an Zielgruppe oder Veränderungen in Organisation oder substanziellen Veränderungen im Ablauf und/oder Materialien
  2. regulär alle 2 bis 5 Jahre
  3. geprüft werden: interne Struktur des Verfahrens (u.a. Unabhängigkeit der Ergebnisse der verschiedenen Verfahrenselemente und Anforderungsmerkmale sowie deren jeweiliger Beitrag zum Gesamtergebnis - z.B. sollte Element Interview nicht alles andere komplett überstrahlen.); Prognosegüte, Akzeptanz und Fairness
  4. Prüfung des inhaltlichen und wirtschaftlichen Nutzen des ACs - mittels geeigneter Methoden Ökonomie im Sinne einer Kosten-Nutzen-Relation bestimmen

Beschreibe die Grundannahme, den Aufbau und Güte des des Entscheidungsorientierten Gesprächs (EOG, Westhoff, 2009).

Grundannahme

  • vergangenes Verhalten = bester Prädiktor für zukünftiges Verhalten
  • eignet sich für alle Arten diagnostischer Informationsgewinnung

Aufbau

  • basiert auf Methode der kritischen Ereignisse
  • kein fester Ablauf – Gestaltung z.B. in Form von BDI, SI und MMI (vgl. eignungsdiagnostische Formen) möglich = in umfangreiche Checklisten
  • Ziel = Erhebung von Informationen, die möglichst valide Verhaltensbeschreibung, -erklärung und –vorhersage ermöglichen
  • gestattet qualitative Auswertung als ersten und sogar ausreichenden Schritt
  • Regelsystem für Planung, Durchführung und Auswertung liegt vor

Güte

  • Objektivität (Kontext – mündliche akademische Prüfungen): Übereinstimmungen zwischen Prüfer und Beisitzer - r =.94
    • enorm hohe Interrater-Reliabilität
  • Selbsteinschätzung des Prüflings mit Note - r = .68
    • ebenfalls hoch (besonders im 1er und 2er Bereich zuverlässige Schätzung. Im unteren Notenbereich ist es schlechter)
  • Studien zur Validität sprechen für Vollständigkeit der Regelsysteme sowie deren Lehr- und Lernbarkeit
    • Gute Content-Validität ist gegeben
  • weitere Studien nötig!
    • z.B. konkrete prädiktive Studien.

EOG Planung: Was enthält der Leitfaden? (grob)

  • Auffällig ist der hohe Detailgrad

Der Leitfaden für das EOG enthält ...

  1. die notwendigen Informationen für den Beginn des Eignungsinterviews (Begrüßen, Vorstellen, Funktionen der Beteiligten, Ziele und Dauer des Interviews, Übersicht über die Vorgehensweise, Erklärungen zum Umgang mit den zu erhebenden Informationen)
  2. alle (möglicherweise) zu stellenden Fragen,
    • besser: alle Fragen die schon absehbar sind. Leitfaden sollte für die am wenigsten gesprächige Person gestaltet sein. Nachfragen sollten nach Bedarf eingesetzt werden und sind vorab noch nicht absehbar.
    • Aber wichtige Startfragen und zu erfassende Facetten sollten im Vorfeld definitiv feststehen und im Leitfaden stehen.
  3. die erklärenden Überleitungen zu den einzelnen Abschnitten sowie
    • Das sind dann alles Punkte, über die man sich als Interviewer keine Gedanken machen müssen. = Entlastung.
  4. notwendige Erklärungen von nicht vermeidbaren Fachbegriffen.
    • Kurze umgangssprachliche Erläuterung sollte vorab überlegt werden
  5. Vorschriften, wie der Interviewer bei jeder anstehenden Entscheidung vorzugehen hat.

EOG Planung: Wann ist der Feinaufbau des Leitfadens nützlich? 

  • alle Fragen in einfachem, klaren, genauen Deutsch formuliert sind, wenige Fremd- und Fachwörter, die verständlich erklärt werden
  • notwendige Erklärungen kurz, zutreffend, verständlich sind (längere in GesprächsabschniBen)
  • alle Fragen und Aufforderungen unter einem Gliederungspunkt in sachnotwendiger Reihenfolge angeordnet sind
  • in jeder Frage nach konkretem individuellem Fühlen, Denken oder Handeln gefragt wird
  • nur “günstige” Fragen verwendet werden (siehe critical incident technique)
  • jede Frage angemessen offen, direkt ist
  • geschlossene Fragen nur als Filterfragen genutzt werden

EOG Planung: Was zeichnet günstige Fragen im Leitfaden aus? 

1. wichtig:

  • konkretes individuelles Verhalten betreffend
  • in eindeutigem Bezugsrahmen stehend und nur einen Sachverhalt beinhaltend
  • möglichst kurz und treffend, nicht suggestiv, sachlich
    • keine Kettenfragen - Parts können vergessen werden oder Antwort nur auf bestimmte Parts
    • Antwortspielraum nicht einschränken
  • wenig emotional geladene Wörter und Redewendungen
    • Wie ging es Ihnen mit diesem schrecklichem Ereignis? - Wenn Person gegenüber nicht selber so eine Bewertung der Situation vorgenommen hat, sollte ich es vermeiden. Kann Atmosphäre eines Gesprächs verändern.
  • Kontext als Gedächtnisstütze verwenden

2. wichtig:

  • auch dem Interviewer peinliche Fragen zutreffend formuliert
    • Wenn ich peinlich berührt bin ist es mein Gegenüber auch. Versachlichung und Überlegung im vorneherein sind nötig für Souveränität.
  • Fragen zur Motivation nicht über „Warum“-Fragen
    • Vor allem im forensischen Bereich.
    • z.B. Partnerwahl: "Warum haben Sie sich für diesen Partner entschieden?"
    • Solche Fragen fühlen sich schwierig an und lösen Rechtfertigungs-Drang aus. Als ob es rationale und vernünftige Gründe geben.
    • Besser: Wie kam es denn dazu?
    • Wenn man Faktenwissen erfahren will sind Warum-Fragen okay.
  • nicht nach Verhalten in hypothetischen Situationen, sondern Fragen nach Fühlen, Denken oder Handeln in erlebten Situationen oder Fragen nach Erwartungen, Überzeugungen oder Plänen für zukünftige gut vorstellbare Situationen

EOG Durchführung: Was sind zentrale Bedinungen für ein erfolgreiches EOG? 

  1. muss auf gültige, Verhalten beschreibende Anforderungen gegründet sein;
  2. alle vom Interviewer zu treffenden Entscheidungen bei Planung, Durchführung und Auswertung nach gültigen vorher explizit festgelegten Regeln treffen;
  3. Interviewer muss in allen relevanten Interviewerverhaltensweisen individuell trainiert und regelmäßig evaluiert werden.

Der Interviewer …

  • hat alle Erwartungen an Gesprächspartner bei Vorbereitung zugelassen, weiß, was er an Gesprächspartner gut/weniger gut findet
  • hat konkrete Pläne, wie er mit Gesprächspartner umgehen will
  • weiß, wie er angemessen mit erwarteten Schwierigkeiten umgehen kann
  • ist gedanklich und gefühlsmäßig richFg auf Gespräch eingestellt
  • hat übersichtlichen und angemessen ausformulierten Leitfaden

EOG Durchführung: Beschreibe das Verhaltensdreieck. 

Vorab diese 3 Bereiche umfassend erkunden:

  1. Situation
    • z.B. Ich möchte mir gerne ein Bild davon machen, wie Sie ... . Wie ist die Situation genau abgelaufen?
  2. Verhalten
    • z.B. Was haben Sie getan? Wie ging das weiter?
  3. Ergebnis
    • z.B. Was kam dabei heraus? Wie hat das Umfeld reagiert? ...

Wie wird das EOG ausgewertet?

Qualitative Auswertung:

  • Regelkatalog vorhanden
  • wesentlich ist Verwenden expliziter Entscheidungsregeln
  • zeitnahe Auswertung des Gesprächs
  • Sicherstellen einer korrekten Zuordnung der gefundenen Informationen zu den Anforderungen
  • korrekte Wiedergabe der erhaltenen Informationen unter Beachtung der Inhalte und des Kontextes, aus dem Information stammte

Was sind die 5 Aufgaben der klinischen Diagnostik?

  1. Qualitative und quantitative Beschreibung der vorliegenden (psychischen) Problematik
    • inklusive Faktoren unter denen sich Symptomatik verschlimmert oder verbessert
  2. Klassifikation der psychischen Störung
  3. Exploration von besonderen lebensgeschichtlichen Bedingungen bei der Entstehung und dem bisherigen Verlauf der Störung
  4. Beobachtung des Verlaufs der Intervention und der Veränderung der Symptomatik
  5. Überprüfung des Therapieerfolgs
  • in Abhängigkeit von Rahmenbedingungen verschiedene Aufgaben im Fokus

Nenne 6 Beispiele für klinische institutionelle Rahmenbedingungen.

  1. Private Praxis: Diagnostik und klinisch-psychologische Intervention; primär Einzel- oder Gruppenpsychotherapie; klassifikatorische und dimensionale Diagnostik psychischer Störungen und Erkrankungen 
  2. Psychiatrische Klinik: meist Kombi von pharmakologischen, psychotherapeutischen und weiteren Therapiemaßnahmen bei meist schweren psychischen Störungen, die einen stationären Aufenthalt notwendig machen
  3. Psychosomatische Kliniken: stationäre, meist psychotherapeutische Behandlung und Rehabilitation bei psychischen Störungen und körperliche Erkrankungen, bei denen psychische Faktoren eine bedeutsame Rolle spielen
  4. Beratungsstellen: Beratung z.B. von Alkohol- und Drogenabhängigen; Beratungsstellen für Paare, Familien, Erziehungsfragen, Studierende. Indikationsstellung für umfassendere medizinische und/oder psychotherapeutische, ambulante oder stationäre Behandlung und entsprechende Vermittlung
  5. Berufliche Rehabilitation: Diagnostik von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die die Wiedereingliederung in den alten Beruf oder die Umschulung in einen neuen Arbeitsbereich betreffen; Einsatz entsprechender therapeutischer Interventionen und Fördermaßnahmen
  6. Allgemeinmedizinische Kliniken: psychologische Konsiliar- und Liaisondienste primär bei solchen körperlichen Erkrankungen, bei denen ein Einfluss psychologischer auf Entstehung, Verlauf und möglicherweise auch auf die Genesung bekannt oder wahrscheinlich ist

Nenne 5 Arten klnischer Diagnostik.

  1. Klassifikatorische Diagnostik
    • Zuweisung von Diagnosen zum Symptomkomplex der Person
  2. Funktionale Diagnostik
    • Bedingungsanalyse zur Mikroplanung der Indikation und Therapie
  3. Prozessdiagnostik
    • Verlaufsmessung und Adaptation
  4. Strukturdiagnostik
    • Zuweisung zu Typen von Behandlungskonstrukten
  5. Diagnostisches Verhalten
    • z.B. Gesprächsführung

Nenne 5 Diagnostische Methoden im klinischen Kontext.

  1. offenes diagnostisches Gespräch (Probatorik)
  2. strukturierte und standardisierte klinisch-psychologische Interviews
    • genutzt wenn man objektiv klassifizierte Diagnostik machen möchte
  3. Fragebogen- und Testverfahren
  4. Beobachtungsmethoden
  5. psychophysiologische und biologische Verfahren

Was zeichnet ein (offenes) diagnostisches Gespräch aus? (Ziele, Definition)

Ziel der Erstgespräche:

  • = Grundlage für alles weitere schaffen.
  • Erhebung störungsbezogener Information
  • Erhebung der Vorgeschichte der Problematik
  • Aufbau einer therapeutischen, problemorientierten Arbeitsbeziehung

Definition:
„Das diagnostische Interview dient zur Erhebung problemrelevanter Informationen mit dem Ziel, das Problem genau zu beschreiben, zu verstehen, wie das Problem gegenwärtig aufrechterhalten wird und Hintergründe der Lebens-, Problem- und Behandlungsgeschichte zu erfassen.“
(Schmidt-Atzert & Amelang, 2012, S. 508)

Welche beiden Klassifikationssysteme psychischer Störungen haben sich durchgesetzt?

Was zeichnet sie aus?

ICD

  • International Classification of Diseases (Internationale Klassifikation der Krankheiten)
  • Herausgeber: Weltgesundheitsorganisation (WHO) aktuell ICD-10

DSM

  • Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen)
  • Herausgeber: American Psychiatric Association (APA) aktuell DSM-V
  • 5 Achsen:
    1. Klinische Störungen
    2. Persönlichkeitsstörungen und geistige Behinderungen
    3. Medizinische Krankheitsfaktoren
    4. Psychosoziale und Umweltbedingte Probleme
    5. Globale Beurteilung des Funktionsniveaus

Merkmale der Systeme

  • Diagnostisches Referenzsystem: DSM mit den angegebenen ICD-10 Nummern
  • alle Diagnosen werden mehr oder weniger eindeu(g beschrieben (explizit und opera(onalisiert),
  • mit ihren zwingend erforderlichen
  • und optionalen Merkmalen
  • nach Ähnlichkeit oder Kernmerkmalen gruppiert
  • und ausführlicher kommentiert

Welche 3 Arten von Klinisch- Klassifikatorischen Interviews gibt es?

  1. Checklisten
    • z. B. Münchner Diagnosen Checklisten (MDCL)
    • nur für Dokumentationssicherheit durch erfahrene Kliniker geeignet
    • Güte ist stark von Interviewer abhängig. deshalb nur Einsatz durch geschulte und erfahrene Personen.
      Sonst Gefahr der Bestätigungsdiagnostik = systematische Verzerrung. So können z.B. komorbide Störungen schnell übersehen werden.
  2. Strukturierte Interviews
    • z.B. Strukturiertes Interview für DSM-IV (SCID-5-CV/PD),
    • Diagnostisches Interview bei psychischen Störungen (DIPS Open Access)
    • erfordern klinisch erfahrene Diagnostiker!
      • Güte ist stark von Interviewer abhängig. deshalb nur Einsatz durch geschulte und erfahrene Personen. Sonst Gefahr der Bestätigungsdiagnostik = systematische Verzerrung. So können z.B. komorbide Störungen schnell übersehen werden.
      • In der Praxis ist das öfter nicht der Fall. Spielraum in diesem IV muss ja durch fachliche Kompetenzen gefüllt werden.
      • Mehr Handlungsspielraum = einerseits gut, weil individueller = aber größere Gefahr für Verzerrungen.
  3. Standardisierte Interviews
    • z.B. Composite International Diagnostik Interview (CIDI) bzw. DIA-X
    • erfordern trainierte Einführung!
    • Hier ist echt alles klar vorgegeben. Kann vorgelesen wirken. Nachteil: Kann nur das erfassen, was darin enthalten ist. (Kein Nachfragen etc.). Vorteil: Auch für unerfahrene Personen valide einsetzbar.

Klinisch-Klassifikatorische Interviews: Strukturierte Formen: Beschreibe das SCID-5-CV

  • liegt seit 2019 vor, halbstrukturiertes Interview - es werden allgemeine, aber keine spezifischen Fragen vorgegeben
  • Einsatz bei Erwachsenen ab 18 Jahren - Diagnostik psychische Störungen nach DSM-5
    • international am meisten verwendet
  • Durchführung durch Personen mit klinischer Erfahrung und Kenntnis des DSM-5
  • umfasst DSM-5-Diagnosen, die am häufigsten im klinischen Bereich auftreten: zehn relativ eigenständige diagnostische Module
    • A Affektive Episoden,
    • B Psychotische und Assoziierte Symptome,
    • C Differenzialdiagnose Psychotischer Störungen,
    • D Differenzialdiagnose Affektiver Störungen,
    • E Störungen durch Substanzkonsum,
    • F Angststörungen,
    • G Zwangsstörung und Posttraumatische Belastungsstörung,
    • H Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung - Erwachsene,
    • I Screening für andere aktuelle Störungen sowie J Anpassungsstörung.
  • (Nachfolger von SKID für DSM-IV, Achse I)
  • Variante für Persönlichkeitsstörungen = SCID-5-PD
  • Angaben zu BeurteilerübereinsImmung und Reliabilität lediglich zu früheren SCID-Versionen: Reliabilitäten schwanken in Abhängigkeit u.a. von Studiendesign, Basisrate der Störungen, Interviewertraining. Kennwerte überwiegend mindestens .70
  • höhere Validität in Vergleich zu klinischem Standard-Interview nachgewiesen
  • Dauer zwischen 45 und 90 Minuten, bei komplexer psychiatrischer Vorgeschichte bis zu drei Stunden

Klinisch-Klassifikatorische Interviews: Beschreibe das CIDI.

CIDI (Composite International Diagnostic Interview)

  • kann auch durch klinisch unerfahrene trainierte Personen reliabel und valide eingesetzt werden
  • ist das weltweit am weitesten verbreitete Instrument (v.a. in der Forschung)
  • offizielles Instrument der WHO
  • voll standardisiert
  • Computerisiert: Man erhält als Ergebnis eine Verdachtsdiagnose, die weiter validiert werden muss (durch weitere Sitzungen).
    • Achtung: Computerbasierte Verfahren vermitteln oft Scheinsicherheit.
  • DSM 5-basierte Version wird aktuell geprüft

Güte:

  • in DSM-III Version: Studie an 575 psychiatrischen Patienten, die in 19 über die ganze Welt verteilten Zentren interviewt wurden
  • Objek:vität: gute bis sehr gute Kappa-Werte für die Interrater-Übereins:mmung von 0.67 bis 1.00
  • Retest: zufrieden stellende bis gute Kappa-Werte (0.59 – 0.84; Ausnahme: Dysthymie: 0.52).
  • Güteprüfungen erfolgreich [vgl. Wi]chen, H.-U. (1994). Reliability and validity studies of the WHO-Composite International Diagnos:c Interview (CIDI): A Cri:cal Review. Journal of Psychiatric Research, 28, I, 57-84.]
  • Man muss sich mit Störungsbildern auskennen. Sie zeigt Beispielitem, wo es auf Betonung ankommt.. z.B. Angststörung: die Angstattacke trat GANZ PLÖTZLICH auf (wichtiger Aspekt der Diagnose).

Beispiel: 

  • eigentlich ein Papier-Bleistift Verfahren:
    • bestehend aus dem Interview und einem Listenheft
    • Training aufwändig (1 Woche): Man muss den Leitfaden gut kennen, da man je nach Antwort auf verschiedene Seiten springen muss. Deshalb ist die Computervariante einfacher. 
    • Fehleranfällig auf Seiten des Interviewers
  • CIDI:
    • einfacher zu lernen ist die computer assisted personal Interview Version (CAPI)
    • mit Listenheft
    • Training 2 Tage
    • Fehler technischer Art möglich
    • Learning by doing

Fragebogen und Testverfahren: Nenne Beispiele für 5 Störungskategorien.

(Für Prüfung sollten wir eine Idee bekommen, wie standardisierte und strukturierte Verfahren zusammengehen, damit man umfassende Diagnostik erhalten kann.)

  1. Ängste und Phobien
    1. AKV: Fragebogen zu körperbezogenen Ängsten, Kognitionen und Vermeidungen
    2. BAI: Beck-Angst-Inventar
    3. SPAI: Soziale-Phobie und Angst-Inventar
  2. Depressivität
    1. ADS: Allgemeine-Depressions-Skala
    2. BDI: Beck Depressions Inventar
  3. Essstörungen
    1. FEV: Fragebogen zum Essverhalten
    2. IEG: Inventar zu Essverhalten und Gewichtsproblemen
  4. Somatoforme Störungen/Schmerz
    1. SOMS: Screening für somatoforme Störungen
    2. KSI: Kieler Schmerz Inventar
  5. Zwangsstörungen
    1. HZI-K: Hamburger ZWangsinventar, Kurzform

Nenne allgemeine 8 Regeln für die Darstellung von Gesprächsergebnissen.

  1. Information Schritt für Schritt danach auswerten, ob sie in Beziehung zu Fragestellung steht + zu welcher Untersuchungsfrage sie etwas aussagt (Sind sie relevant?)
  2. jede Information zutreffend bei jeder Frage darstellen, zu deren Beantwortung sie beiträgt
  3. bei jeder Information ist deutlich, woher sie stammt + Kontext wird angemessen berücksichtigt
  4. adverbialen Modus, Verbalstil, ZeiIormen der Vergangenheit verwenden
  5. nur gebräuchliche Wörter und Aktivform verwenden
  6. indirekte Rede
  7. alle möglichen Leser berücksich(gen
  8. möglichst sachlich (wenig wertend) formulieren: Sympathie-Empfinden des Gutachters darf nicht erkennbar sein. Sachliche, professionelle Ebene.

Wichtig bei der Darstellung von Gesprächsergebnissen ist die Nutzung der indirekten Rede: Wie wird es umgesetzt?

  1. Unterscheidet Aussage von Fakt. Sie sagt, er schlage das Kind. vs. Er schlägt das Kind.

  2. Werden Auffassungen eines anderen wiedergegeben, dann muss Konjunktiv verwendet werden, um deutlich zu machen, dass es sich um Aussagen der Person und nicht um Schlussfolgerungen/Interpretationen des Gutachters/der Gutachterin handelt. Vorgeschrieben ist Konjunktiv I.

  3. wenn Konjunktiv- und Indikativ-Form des Präsens sich nicht unterscheiden, ist der Konjunktiv II zu wählen.

  4. In undeutlichen Fällen, in denen Konjunktiv II-Formen nicht vom Indikativ zu unterscheiden sind, weicht man aus in den Konditional.

  5. Stehen in der direkten Rede Formen des Konjunktivs II, so bleiben sie erhalten.

Integration von Ergebnissen - Befund: Beschreibe den Inhalt und die Struktur.

INHALT

  • geschieht innerhalb eines psychologischen Gutachtens im sog. Befund

Dort:

  • Systematische Zuordnung der gewonnenen Informationen zu den einzelnen Anforderungen bzw. Untersuchungsfragen
  • Darstellung der relevanten Informationen der unterschiedlichen Informationsquellen für die jeweilige Untersuchungsfrage
  • Integration der Informationen, Beantwortung der Hypothesen sowie Bezug zur Gesamtfragestellung

STRUKTUR = zweigeteilt

  • Teil 1: Darstellung der wesentlichen Ergebnisse
    • Ergebnisse aller Quellen aus Ergebnisteil zur jeweiligen psychologischen Frage sortieren à pro Ergebnis nur eine Zuordnung, Quelle kann jedoch mehreren Fragen zugeordnet werden
    • Schlicht: Infos hintereinander packen
  • Teil 2: Integration
    • (a) Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse, wenn vorhanden - Diskussion möglicher Widersprüche - Gewichten der Ergebnisse und Interpretation/Bewertung
      • Zu Aussagen verdichten (über verschiedene Quellen hinweg). Schauen, ob es in eine Richtung geht. Wenn nicht: diskutieren.
    • (b) Beantworten der psychologischen Frage - Gesetzmäßigkeit der psychologischen Frage aufgreifen - qualitative oder quantitative Ausprägung des Kriteriums angeben - Kompensierbarkeit beurteilen
    • (c) ausgehend von (b) Bezug zur Gesamtfragestellung herstellen - keine Verknüpfung mit anderen psychologischen

Integration von Ergebnissen - Befund: Welche 13 Leitfragen müssen beantwortet werden?

  1. Wird die Fragestellung beantwortet?
  2. Werden die aus der Fragestellung abgeleiteten Psychologischen Fragen beantwortet?
  3. Wird nichts ausgesagt, was über Beantwortung der Fragestellung hinausgeht?
  4. Werden keine unnötig verallgemeinernden Aussagen gemacht?
  5. Ist der Befundteil des Gutachtens nach den Psychologischen Fragen gegliedert?
  6. Ist bei jeder Information für jeden Leser klar, woher sie stammt?
  7. Sind Widersprüche zwischen Informationen geklärt und diskutiert?
  8. Sind die Informationen nach ihrer Aussagekraft für die Fragestellung gewichtet?
  9. Ist die Gewichtung so dargestellt, dass sie jeder Leser nachvollziehen kann?
  10. Ist bei jeder Variablen Stabilität, Änderbarkeit und Kompensierbarkeit berücksichtigt?
  11. Werden die Aussagen zu den Variablen schrittweise und für jeden Leser des Gutachtens nachvollziehbar zu Beantwortung der Fragestellung kombiniert?
  12. Werden notwendige Erläuterungen zum Stand der Wissenschaft allgemeinverständlich gegeben?
  13. Sind Bezüge zur Fachliteratur nachprüfbar dargestellt (Autor, Jahr)?

Integration von Ergebnissen - Befund: Welche 5 Punkte helfen dem Leser?

Es hilft dem Leser, wenn...

  1. sprachlich gut zu verstehen ist
  2. in der richtigen Zeitform steht (Ergebnisse auf Testzeitpunkt relativiert)
  3. in den angemessenen Aussageformen (Modi) ausgedrückt ist
  4. möglichst wertneutral formuliert ist, was persönliche Urteile angeht
  5. Formulierungen wie „es scheint“, „es könnte“, „zu vermuten ist“ etc. vermieden werden
    • Man sollte sich trauen Aussagen zu treffen (bezogen auf die Daten). Man entscheidet nicht selber, sondern leitet Entscheidungen ein. Sollte also nicht zu vage sein.

Welche 6 Regeln gelten für die Stellungnahme?

Was wird bei Empfehlungen beschrieben?

Wo können die Empfehlungen stehen?

  1. Urteile aus Befund aufgreifen - nicht an Ergebnissen „vorbei“ diskutieren
  2. Verdichtung von Informationen – Mehrwert über einzelne Integrationen hinaus!
  3. keine persönliche Wertung der Ergebnisse einbringen
  4. an Feedbackregeln halten
    • erst Stärken, positive Aspekte darstellen
    • danach Schwächen/Potenziale und wie diese ggf. ausgeglichen werden
  5. im Indikativ formulieren
  6. Unterschrift des Verfassers unter der Stellungnahme (Damit übernimmt die Verantwortung und steht für Aussagen ein.)

Bei Empfehlungen und Vorschlägen werden beschrieben:

  • die sich anbietenden Verhaltensmöglichkeiten
  • die Bedingungen für ihre Verwirklichung
  • die damit zu erreichenden Ziele
  • die möglichen Folgen jeder beschriebenen Verhaltensmöglichkeiten

Empfehlungen und Vorschläge können im Gutachten

  • zur Fragestellung gehören
  • notwendig sein
  • unangemessen sein
  • im Befund stehen oder ein eigener Gliederungspunkt sein

Wo würde man Befunderstellung im diagnostischen Prozess einzuordnen?

Gar nicht so eindeutig. Wir sind nicht im Bereich klinischer Datendeutung. Aber klinischer Anteil bleibt, denn klinische Anteile bleiben. Man bewegt sich auf Kontinuum zwischen statistischer und klinischer Datenerhebung (Tendenz statistisch).