Seminar Beratung II


Kartei Details

Karten 12
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 13.02.2021 / 16.02.2021
Weblink
https://card2brain.ch/box/20210213_mitarbeit_der_klienten_sichern_hausaufgaben_und_abschluss_einer_beratung
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Sinn und Zweck von Hausaufgaben 

  • Allgemein: Hausaufgaben sollen zur Lösung von Klientenproblemen beitragen 
  • verschiedene Arten von Hausaufgaben können unterschiedliche untergeordnete Ziele verfolgen
  • außerdem: sinnvolles Überbrücken der Wartezeit bis zur ersten Sitzung
  • Ermöglichung einer selbstständigen und aktiven Auseinandersetzung mit Schwierigkeiten
  • Wiederholung des Gelernten im Alltag und Festigen neuer Verhaltens- oder Denkmuster
  • Aktivierung von Klienten
  • Berater können so ein gutes Bild von der Motivation des Klienten und seiner Fortschritte außerhalb der Beratung erhalten

Wirksamkeit von Hausaufgaben 

  • metaanalytische Ergebnisse: Signifikant positiver und klinisch bedeutsamer Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Hausaufgaben und den Therapieergebnissen (Kazantzis et al., 2010)
  • Therapieerfolg ohne Hausaufgaben: d=0.63 (CI=0.39-0.87), p<.0001
  • Therapieerfolg mit Hausaufgaben: d=1.08 (CI=0.89-1.27), p<.0001

Effekte von Homework-Compliance auf den Therapieerfolg 

  • Quantitativ: Menge an erledigter Aufgaben; für Hausaufgaben aufgewendete Zeit (Post: g=0.79 (CI=0.57-1.02)
    Follow Up: g=0.51 (CI=0.28-0.74))
  • Qualitativ: Wie intensiv und gewissenhaft Hausaufgaben erledigt werden (Post: g=0.78 (CI=0.02-0.74) Follow Up: g=1.07 (CI=0.06-2.08)) (Kazantzis et al., 2016) 
  • Überlegenheit der Qualität von Hausaufgabenerledigung beim follow-up

Leitprinzipien bei der Vergabe von Hausaufgaben

  • Hausaufgaben begründen 
    • Warum diese Hausaufgabe? Inwiefern kann sie den Klienten beim Erreichen seiner Ziele unterstützen
    • Motivation sichern
  • Klienten in die Gestaltung der Hausaufgabe miteinbeziehen 
    • Sobald ein Klient eine klare Vorstellung von der gewünschten Veränderung (Ziel) und einen möglichen Lösungsweg entwickelt hat, kann er oft selbst die Hausaufgaben planen
    • Darauf achten, dass die Hausaufgabe möglichst konkret formuliert wird
  • Machbarkeit von Hausaufgaben 
    • Klient soll weder unter- noch überfordert sein
    • Klient soll bei der Durchführung der Hausaufgaben möglichst Erfolge erleben, um darin bestärkt zu werden
    • Hausaufgabe in Vorstellung mit Klient durchgehen und mögliche Hindernisse und Schwierigkeiten besprechen
  • In Folgesitzung auf Hausaufgabe zurückkommen:
    • Sich als Berater Hausaufgaben genau merken (notieren)
    • Fragen, wie es mit der Aufgabe ging
    • Erfolge und Bemühungen der Klienten verstärken

Hausaufgabentypen

  • Beobachten 
    • Klienten können sich selbst oder andere beobachten
    • Notizen machen über die Art, Häufigkeit, Dauer, Intensität eines Verhaltens oder Gefühls sowie über die Bedingungen und Folgen von diesen  Situationen
    • vor allem zu Beginn einer Beratung nützlich, um Problem besser zu umreißen 
  • Lernen
    • Bei Wissensdefiziten zum Problem bzw. Ziel des Klienten
    • Wichtig: Angemessene Literatur wählen
  • Schreiben
    • Über Erlebnisse, Gedanken und Gefühle der Klienten
    • Je nach Behandlungsphase: Zielanalyse, Problemanalyse, Ressourcenanalyse
  • Experimentieren
    • Eine Vorhersage/Überzeugung des Klienten mehrere Male testen und mit Realität abgleichen
    • Wichtig: Klient muss Realität richtig einordnen können
  • Reflektieren
    • Z.B. über Verhalten oder Denkmuster der Klienten
    • Ggf. über spezifische Fragen, diese ergeben sich oft auch im Laufe einer Sitzung

Der richtige Zeitpunkt eine Beratung zu beenden

  • Die Beratungsbeziehung ist zweckgereichtet und muss aktiv beendet werden
  • Nicht: keine Probleme mehr
  • Sondern: wenn Klient*in alleine mit Problemen zurechtkommt
  • Genügend Ressourcen und Kompetenzen vermittelt
  • Wichtig: Vorbereitung auf Abschluss

Wie kann man auf den Abschluss einer Beratung vorbereiten? 

  • Ziel: Erfolge sichern & Klient*in stabilisieren
  • Selbstständigkeit des/der Klient*in wird gefördert durch
    • Hausaufgaben zwischen Sitzungen
    • Größer werdende Abstände zwischen den Sitzungen
    • Selbstwirksamkeitsgefühl fördern
    • Vermittlung allgemeiner Analyse- und Problemlösestrategien
    • Stärker fragend-entwickelndes Vorgehen
    • Gezielter Transfer
    • Verankerung der Lösungen im sozialen System

Wie schafft man es das Erreichte zu sichern? 

  • Zum Abschluss einer Beratung sollte man dem/der Klient*in seine Fortschritte bewusst machen und gemeinsam Gelerntes (neue Verhaltensmuster, Denkweisen, Strategien und Kompetenzen) zusammentragen, sodass es zukünftig in kompakter Form zur Verfügung steht
  • Rückblick 
    • Was haben Sie alles erreicht?
    • Welche Strategien haben besonders gut funktioniert?
    • Welche Kompetenzen haben Sie erworben?
    • Welche Ressourcen haben Ihnen bei der Problemlösung geholfen?
    • Wie sind Sie mit schwierigen Situationen umgegangen?
  • Ausblick
    • Wie können Sie das Erreichte beibehalten oder sogar noch ausbauen?
    • Welche Schwierigkeiten könnten auf Sie zukommen, und wie würden
    • Sie damit umgehen?
    • Was wären erste Anzeichen eines sich anbahnenden Rückfalls, und wie könnten Sie ihn rechtzeitig erkennen und verhindern?
    • Wie würden Sie im Falle eines Rückfalls in alte Gewohnheiten vorgehen?
    • Welches sind die nächsten Schritte?

Studie: frühzeitiger Abbruch - Allgemein

  • bis zu 50% von Klient*innen brechen psychologische Dienste frühzeitig ab 
  • Frühzeitiger Abbruch psychologischer Dienste verringert ihre Kosteneffektivität und untergräbt potentielle Effekte
  • Studie untersucht drei Faktoren:
    • Gründe für frühzeitigen Abbruch
    • Frühe therapeutische Beziehung 
    • Mögliche Hindernisse für Klient*innen-Beteiligung
  • Definition frühzeitiger Abbruch: Einseitige Entscheidung auf Seiten des/der Klient*in
  • Zwei Gruppen
    • Beide Parteien sind sich einig, dass es einseitige Entscheidung war
    • Beide Parteien sind sich einig, dass es beidseitige Entscheidung war

Studie: frühzeitiger Abbruch - Hypothesen

  • Bei B (beidseitig) im Vergleich zu A (einseitig) werden beide Parteien 
    • das Erreichen von Therapiezielen als wichtiger für die Entscheidung des Beratungsende und Umstände oder therapie-spezifische Gründe als weniger wichtiger bewerten
    • die therapeutische Beziehung als stärker bewerten
    • weniger Hindernisse angeben
  • Bei B im Vergleich zu A werden die Faktoren (a), (b) und (c) übereinstimmender eingeschätzt
    • a.Gründe für Abbruch
    • b.Frühe therapeutische Beziehungsqualität
    • c.Hindernisse für Beteiligung 

Studie: frühzeitiger Abbruch - Methoden

  • Klinische Psychologie Trainings-Klinik
  • 31 einseitiges, 52 beidseitiges Beenden, 24 uneinig (für Studie ignoriert)
  • Über 35 Monate (3 Zeitpunkte: Vor Beginn, nach 3 Sessions und nach Ende)
  • Auswertung von 83 Klient*innen und 31 Psycholog*innen
  • Fragebögen: 
    • SCL-10 (Symptome, K)
    • GAF (Psychologisches Leid, P)
    • WAI-S (Therapeutische Beziehung, K & P)
    • BTPS (Hindernisse für Beteiligung, K & P) 
    • Gründe für Abbruch (K & P)

Studie: frühzeitiger Abbruch - Ergebnisse 

  • Bei B (beidseitig) im Vergleich zu A (einseitig) werden beide Parteien 
    • das Erreichen von Therapiezielen als wichtiger für die Entscheidung des Beratungsende und Umstände oder therapie-spezifische Gründe als weniger wichtiger bewerten
    • die therapeutische Beziehung als stärker bewerten
    • weniger Hindernisse angeben
  • Bei B im Vergleich zu A werden die Faktoren (a), (b) und (c) übereinstimmender eingeschätzt
    • a.Gründe für Abbruch
    • b.Frühe therapeutische Beziehungsqualität --> anders als erwartet: Alle Klient*innen, die die Therapie einseitig abbrachen bewerteten die Beziehung besser, als die Therapeut*innen
    • c.Hindernisse für Beteiligung