Auswirkungen von Covid-19 auf Familien und Online-Beratung
Seminar Beratung II
Seminar Beratung II
Fichier Détails
Cartes-fiches | 23 |
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Langue | Deutsch |
Catégorie | Psychologie |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 13.02.2021 / 18.03.2022 |
Lien de web |
https://card2brain.ch/box/20210213_auswirkungen_von_covid19_auf_familien_und_onlineberatung
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Intégrer |
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Definition Telepsychologie
“the provision of psychological services using telecommunication technologies” - APA Definition
Formen von Onlineberatung und -therapie
- Telefon
- Computer-mediated counseling (CMC)
- (a-)synchroner Chat
- Video
- = alle Formen an Kommunikation, die über das Medium Computer arbeiten
Einsatz von Telefon
- Empfehlungen/ Überweisungen
- Notfall-/Krisentelefon
- Beratung und Edukation
- Therapie
- Supervision
- Auch sinnvoll als Ergänzung zu Face-to-face als Nachsorge oder Kontrolle
Einsatz von (a-)synchronem Chat und E-Mail
- Asynchron: Chatplattformen, wie beispielsweise Foren und Support-Groups; E-Mail
- Synchron: Hilfewebseiten und Plattformen mit sofortiger Antwort
- Einsatz:
- Notfall/ Krise
- Therapie
- Information/Edukation
- Austausch für Patienten
Beispielhafte Hilfsangebote
- Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen
- Deutsche Depressionshilfe
- Rosa Hilfe
- Instahelp
Worauf sollte man bei den zahlreichen Hilfsangeboten achten?
- Wichtig, dass auch wirklich zertifizierte PsychologInnen dahinter sitzen!
- Auch bei Foren oder Support-Groups sollten PsychologInnen moderieren!
- Verbreitung von Fehlinformationen verhindern
- Konflikte unter den Teilnehmern schlichten
- gute Beratung und Unterstützung garantieren
Vorteile von Online-Beratung
- erleichterter Zugriff
- breiterer Zugang: Minoritäten, Menschen mit Behinderung, Gefängnisinsassen, ländliche Regionen, paranoide/ängstliche Menschen
- Informationsbereitstellung
- Ökonomie: zeitlich und finanziell
- Angebotsfülle
Vorteil von E-mail oder Chattherapie
- therapeutischer Effekt von Schreiben: Allein das Aufschreiben von Problemen kann entlastend wirken
Nachteile von Online-Beratung
- fehlende verbale und non-verbale Cues: Fehlinterpretationen, Zurückgreifen auf Stereotype, kulturelle Differenzen u.U. nicht entdeckt
- Technik: Knowhow muss da sein, schlechte Verbindung führt zu fehlenden Cues
- Anonymität: kann Vor- und Nachteil sein; Hemmschwelle vs. fehlende Verbundenheit
- Therapeutische Allianz ist durch die Nachteile gefährdet --> gilt als wichtige Voraussetzung für das Gelingen einer Telepsychotherapie
Wirksamkeit von Onlineberatung
- Wirksamkeit der Telepsychologie belegt v.a. für Panikstörung, Depression, Angststörung, PTBS
- zum Großteil sogar ähnlich gut wie face-to-face Therapie
- höchste Wirksamkeit für (absteigende Priorität): Video, Telefon, Chat, Mail, Foren
- am meisten profitiert haben: 19-39 Jährige --> ältere Menschen sind weniger technikbewandt --> ändert sich vermutlich mit der Zeit
- andere Studie: Patienten profitieren nach einem Klinikaufenthalt von einem Therapeuten geführten Gruppenchat --> weniger Rückfälle
Anforderungen der Onlineberatung an Berater*innen
- Überwinden persönlicher Skepsis und Unsicherheiten
- Kontroll- und Reaktionsmöglichkeiten begrenzt: Immenser Stress bspw. im Umgang mit suizidalen Patienten
- Einsatz von Interaktionen (z.B. Arbeitsblätter, Nachstellungen) erschwert
- Erschwerte Arbeit mit bestimmten Patientengruppen
- Bewältigung vielfältiger technischer Schwierigkeiten
Skills, die Berater*innen bei der Onlineberatung helfen
- Wissen über Formen der Onlineberatung
- Auswahl der für Klienten passendsten Methode
- Zusammenführen der Interventionen aus Präsenz- und online Beratung (Wie kann man die Tools, die man als Therapeut hat online anwenden --> z.B. wie baue ich eine therapeutische Allianz auf? oder Wie führe ich Testungen online durch?)
- Vertrautheit mit Internet Tools, Plattformen und Programmen
- Computerskills
- Multikulturelle Kompetenz
- Kenntnis über effektive Kommunikation online
- Wissen über ethische und rechtliche Angelegenheiten
Welche Strategien helfen Berater*innen bei der Onlineberatung?
- Sich als Berater Vorteile der Onlineberatung bewusst machen
- Sprache an Online Gesprächssituation anpassen
- Informed consent
- Vorausplanen
- Kreativität
- Risikoeinschätzung des Klienten und Entwicklung eines Notfallplans
- Sitzungsprotokoll
- Kollaborative Arbeit: Rat und Hilfe von Kollegen
- Supervision
Wichtige Elemente im Training für Online-Berater:innen
- Theorie
- Formen der Online Beratung
- Wichtige Plattformen
- Ethik/Gesetz
- Wissen über Ethik und juristische Fragen
- Möglichkeiten sich konstant zu informieren
- Kompetenzen
- Welche Kompetenzen braucht Berater*in?
- Möglichkeiten diese zu trainieren
- Umgang mit Technik
- Plattformen Kennenlernen
- Umgang mit technischen Problemen lösen
- Praktische Übungen
- Rollenspiele
- zu forgeschrittenem Zeitpunkt Übungsklienten
- Supervision
- Austausch und Evaluation mit professionellen Berater:innen oder fortgeschrittenen Student:innen
Training für Online-Berater:innen: Beispiel
iCBT für chronische Schmerzen (Terpstra et al., 2018)
- internetbasiertes KVT Training für Berater chronischer Schmerzen
- 2-tägiger Workshop
- Zielgruppe: bereits erfahrene Therapeuten für chronische Schmerzen
- Trainer: zwei Doktoren der Psychologie mit Erfahrung in oline Beratung
Distance credentialed counselor Training program (Anthony & Nagel, 2010)
- Eigentlich für Karriereberater gedacht, dann auch für Psychologen bereitgesellt
- 2 tägiger live Workshop (wird evtl. auch online gemacht werden)
- Vermittlung von 20 Kompetenzen
- Teilnehmer erhalten hyperverlinktes Dokument mit allen im Training verwendeten Websites
Virtual Teaching and Cyberpsychology Laboratory Program (Càrdenas et al., 2008)
- Für Studenten in den letzten 3 Semestern des Psychologiestudiums
Training der Online-Berater ist sehr wichtig, allerdings gibt es noch kein zentrales, wissenschaftlich fundiertes Trainingsprogramm --> stattdessen: Selbststudium mit Guidelines (Anders wie Leitlinien nicht verpflichtend --> als Hilfe für Psychologen, sich zu informieren und Therapie an momentane Standards und Entwicklungen anzupassen), online Web-Kurse, Workshops, Austausch mit Kollegen
Mögliche Auswirkungen von COVID-19
- Sorgen
- Ängste
- Zunahme psychischer Störungen
- drohender Arbeitsplatzverlust
- finanzielle Schwierigkeiten
- Doppelbelastung (Kinderbetreuung und Homeoffice)
- Zusätzliche Herausforderung für Patchworkfamilien/Alleinerziehende
- Isolation/Einsamkeit
- Negative Copingstrategien (vermehrter Alkoholkonsum)
- Stress
- Überforderung
- Zunahme von Konflikten und Gewalt
- Steigende Scheidungsraten
Auswirkungen von COVID 19: Allgemein
Studie aus Schweiz (Juni 2020), 30 000 Personen
- große Spannbreite an Auswirkungen
- von Belastungen durch Kinderbetreuung und Homeschooling zu mehr Spannungen und Konflikte, Einsamkeit
- auch poitive Aspekte: mehr Ruhe und Entspannung, Stärkung der Nachbarschaft, Familie und Partnerschaft wird von vielen als gestärkt wahrgenommen (Frauen: 47%, Männer: 33%)
Auswirkungen auf den wahrgenommenen Familienzusammenhalt (Umfrage in Deutschland, Mai 2020)
- 17%: näher zusammengebracht
- 18%: weiter voneinander entfernt
- 53%: haben keine Auswirkungen
- 12%: weiß nicht, keine Angabe
Aktuelle Umfrage aus Deutschland (30.11.20-01.12.20):
- 10%: sehr große Sorge um Ansteckung mit dem Corona-Virus
- 32%: große Sorge um Ansteckung mit dem Corona-Virus
- 36%: weniger große Sorge um Ansteckung mit dem Corona-Virus
- 21%: kleine Sorge um Ansteckung mit dem Corona-Virus
Positiv wahrgenommene Auswirkungen
- mehr Zeit für
- 27%: für sich selbst
- 27%: Zuhause zu bleiben
- 23%: für die Familie
- 28%: es gibt keine Dinge, für die ich mehr Zeit hatte und die nach der Corona-Krise weiterhin Bestand haben sollten
Auswirkungen von COVID-19 auf das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Eltern
- 52% der Mütter, die von Kita-Schließungen betroffen sind, nehmen die Corona-Maßnahmen als sehr einschränkend wahr
- Eltern von Kindern unter sechs Jahren verzeichnen in der Corona-Zeit im Vergleich zu anderen Eltern die relativ stärksten Rückgänge bei der allgemeinen Lebenszufriedenheit
- Home-Office belastet vor allem, wenn Kinder mit im Haushalt leben 45% vs. 25% zwischen Kinder im Haushalt und keine Kinder im Haushalt auf die Aussage "Meinen Beruf mit meinen sonstigen Aufgaben zu vereinbaren, stresst mich jetzt mehr als vor der Corona-Krise"
Studie von Spinelli et al., 2020: Ziele und Methodik
- Ziel der Studie: Identifikation von Risikofaktoren des COVID-19 Ausbruchs auf das Wohlbefinden von Eltern und Kindern
- Stichprobe: 854 Eltern von Kindern zwischen 2 und 14 Jahren (M = 7,14) in Italien
- Messinstrument: Onlinebefragung im April 2020
- Schwierigkeiten ausgelöst durch die Quarantäne (Quarantine Parent (QP) Risk Index)
- empfundenem Stress in der Eltern-Kind-Beziehung (Parenting-Stress Index, PSI)
- individuell empfundenem Stress der Eltern (Depression-Anxiety Stress Scale, DASS)
- Verhalten der Kinder (Fokus auf emotionale Auffälligkeiten, Hyperaktivität, Verhaltensauffälligkeiten)
Studie von Spinelli et al., 2020: Ergebnisse
- erlebte Schwierigkeit der Quarantäne ausschlaggebend
- je höher die wahrgenommene Schwierigkeit der Quarantäne, desto höher der Stress der Eltern
- Stress der Eltern mediiert den Einfluss der Quarantäne auf die verhaltensbezogenen und emotionalen Probleme der Kinder (sowohl PSI stress, als auch DASS stress)
- Implikationen: Interventionen/Unterstützungsangebote der Politik notwendig
Auswirkungen von COVID-19 auf das Wohlbefinden von Kindern (Orgliés et al., 2020)
- 76,6%: Konzentrationsprobleme
- 52%: Langeweile
- 39%: Gereiztheit
- 38,8%: Ruhelosigkeit
- 38%: Nervosität
- 31,3%: Einsamkeit
- 30,4%: Unbehagen
- 30,1%: Besorgtheit
Auswirkungen von COVID-19 auf häusliche Gewalt
- Weltweiter Anstieg häuslicher Gewalt seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen zu verzeichnen
- Italien und Frankreich stellen Hotels als Notunterkünfte für geflüchtete Opfer häuslicher Gewalt
- Zunahme der Anrufe wegen häuslicher Gewalt
- in Deutschland hat vor allem auch die häusliche Gewalt gegen Kinder zugenommen (6,5% aller Kinder erleben während der Corona-Pandemie zuhause körperliche Gewalt)
Risikofaktoren für häusliche Gewalt
- Wirtschaftliche Unsicherheit
- Erhöhte psychosoziale Belastung (v. A. steigendes Stresslevel)
- Gefahr der Ausbildung negativer Copingmechanismen (Anstieg des Alkoholkonsums)
- Isolation verhindert informelle Unterstützung durch Freunde oder Familie
- Isolation fördert Sichtbarwerden von häuslicher Gewalt
- Eingeschränkte Unterstützungsmöglichkeiten und erschwerter Zugang zu Servicestellen