Einführung in das Recht und juristische Arbeitsweise
Prüfung HF Rechtsfachleute
Prüfung HF Rechtsfachleute
Kartei Details
Karten | 122 |
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Lernende | 14 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Andere |
Erstellt / Aktualisiert | 09.12.2020 / 02.08.2025 |
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Was ist dispositives Recht?
Das Dispositive Recht gilt nur, wenn die Parteien nicht anderes vereinbart haben. Das heisst also, dass dispositives Recht abänderbar is
Erklären Sie materielles und formelles Recht
Materielles und formelles Recht ergänzen sich gegenseitig und sind beide zu erfüllen damit Rechtswirksamkeit entsteht: Das materielle Recht bestimmt, was Rechtssubjekte tun dürfen und was nicht, es regelt das „Recht haben“. Das formelle Recht regelt hingegen die Herbeiführung des Rechtserfolgs, das „Recht bekommen“.
Ein Rechtsobjekt ist...
Ein Rechtsobjekt ist häufig ein Gegenstand also eine bewegliche oder unbewegliche Sache wie ein Auto oder ein Haus. Unkörperliche Rechtsobjekte sind immaterielle Güter (Dienstleistungen) aber auch geistiges Gut wie ein Kunstwerk.
Ein Rechtssubjekt ist...
Eine natürliche oder juristische Person. Die natürliche Person ist der Mensch oder die Privatperson. Die juristische Person ist eine Körperschaft oder Anstalt wie eine AG, GmbH oder eine Stiftung.
Ergänze:
Die Rechtsfähigkeit bei natürlichen Personen wird mit .... erlangt und löst sich mit ... auf.
mit der Vollendung der Geburt erlangt
mit dem Tod (Gehirntod) oder Verschollenerklärung auf
Eine natürliche Person ist handlungfähig wenn...
Volljährig ist (Vollendung des 18. Lebensjahres)
Urteilsfähig ist (fähig vernunftsgemäss zu handeln)
Ergänze:
Die juristische Person erhält die Rechtsfähigkeit mit ... und sie erlischt mit ..
mit (oder ohne) der Eintragung ins Handelsregister (mit deren rechtsmässigen Gründung)
mit der Löschung aus dem Handelsregister oder der Auflösung
Die juristischen Personen sind handlungsfähig...
sobald die nach Gesetz und Statuten hierfür unentbehrlichen Organe bestellt sind
Wie nennt man die 4 Auslegungsmethoden (Methodenpluralismus)?
Grammatikalische Auslegungsmethode
Systematische Auslegungsmethode
Historische Auslegungsmethode
Teleologische Auslegungsmethode
Die Grammatikalische Auslegungsmethode ist...
Frage nach Wortlaut der Gesetzgebung. Zu berücksichtigen sind alle sprachlichen Ausdrucksmittel wie Text, Titel, Marginalien, Satzzeichen, Absatzbildung, Amtssprachen, etc. Das Wortverständnis richtet sich dabei nach dem allgemeinen Sprachgebrauch (Umgangssprache).
− Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut in allen Amtssprachen (wo steht die Norm im Gesetz bzw. wo befinden wir uns im Gesetz); − Der Wortlaut/Wortsinn, Sprachgebrauch ist nicht immer „klar“ (z.B. „Bank“);
− Man muss alle sprachlichen Ausdrucksmittel berücksichtigen (der Text, unter welchem Titel er steht, Marginalien, Satzzeichen, Absatzbildung, Amtssprachen usw.).
Die Systematische Auslegungsmethode ist...
Frage nach der fraglichen Bestimmung -> Einbettung der Norm innerhalb des Gesetzes. Keine isolierte Betrachtungsweise sondern im Kontext mit anderen Rechtsakten und Rechtsnormen in Verbindung bringen.
− Kontext mit anderen Rechtsakten/-normen prüfen (Verfassung, Gesetz, Verordnung);
− Gesetzgeberische Einheit (wer hat das Gesetz erlassen);
− Verfassungs-/Völkerrechtskonforme Auslegung; − Gleicher Begriff kann je nach Systematik eine andere Bedeutung haben.
Die Historische Auslegungsmethode ist...
Frage nach der Entstehungsgeschichte der fraglichen Bestimmung. Diese Auslegungsmethode ist vor allem bei jüngeren Gesetzen relevant (da noch keine grosse Rechtsprechung vorhanden ist). Zu berücksichtigen sind die tatsächlichen Verhältnisse zum Entstehungszeitpunkt der Rechtsnorm, allerdings können sich diese Verhältnisse auch ändern.
− Entstehungsgeschichte der Norm analysieren (bei jüngeren Gesetzen ist dies relevant, da es in Verbindung damit nicht gross Praxiserfahrung (Lehre) und Rechtsprechung hat
– bei älteren Gesetzen schaut man eben mehr darauf);
− Gesetzesmaterialien hinzuziehen (Botschaften, Vernehmlassungen, Bulletins usw.); − Berücksichtigung von tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Entstehung der Norm (die Verhältnisse können sich jedoch ändern aufgrund stetigem Zeitwandel/Sozialwandel);
− Subjektiv-historisch: Was war der Wille des historischen Gesetzgebers;
− Objektiv-historisch: Was war die allgemeine Bedeutung der Norm zur Zeit der Entstehung.
Die Teleologische Auslegungsmethode ist...
Frage nach dem Sinn und Zweck der fraglichen Bestimmung (ratio legis). Dies beinhaltet nicht nur die formale sondern auch die inhaltliche Auslegung einer Bestimmung. Dabei gilt es den historischen Zweck (historisch-teleologisch) und den zeitgemässen Zweck (zeitgemäss-teleologisch) zu ermitteln.
− Was ist der Sinn und Zweck der Norm (ratio legis)
– manchmal steht dieser im Artikel selbst;
− Historisch-teleologisch (was war der historische Zweck) und zeitgemäss-teleologisch (was ist der zeitgemässe Zweck);
− Inhaltliche Auslegung (substance over form): Normzweck/-sinn ggf. „enger“, „weiter“ (Analogie / Erweiterung) oder „entgegen“ Wortlaut;
− Kann Rechtssicherheit beeinträchtigen.
Was ist eine Lücke?
Eine Lücke ist eine Unvollständigkeit des Gesetzes.
Welche Art von Lücken gibt es?
Echte Lücke
Unechte Lücke
Qualifiziertes Schweigen
Was ist eine Rechtsquelle?
Eine Rechtsquelle ist der Fundort des geltenden Rechts. Eine Rechtsquelle kann das Gesetz selbst sein, aber auch Gewohnheits- oder Richterrecht.
Wodurch wird die "echte Lücke" im Gesetz kompensiert?
- Gewohnheitsrecht
- Richterliche Lückenfüllung (Regel, die der Richter als Gesetzgeber aufstellen würde)
-Analogieschluss
-Teleologische Reduktion / Erweiterung
-"Erst recht" (a fortiori), "vom Grösseren zum Kleineren" (a majore minus)
-Umkehrschluss (argumentum e contrario)
-Treu und Glauben
Die Hierarchie der Rechtsquelle lautet wie folgt:
1. Stufe Bundesverfassung, Staatsvertrag
2. Stufe Gesetz
3. Stufe Verordnung
Welche Lücken dürfen "gefüllt" werden?
Nur eine echte Lücke darf "gefüllt" werden. Die Lückenfüllung bei unechten Lücken und qualifiziertem Schweigen ist verboten.
Wodurch wird die "unechte Lücke" im Gesetz kompensiert?
Auslegung
(Unechte Lücke = Gesetz enthält Regelung, die aber unbefriedigend ist, Lückenfüllung (grundsätzlich) verboten)
Wodurch wird "Qualifiziertes Schweigen" im Gesetz kompensiert?
Lückenfüllung ist nicht zulässig
Kann nur durch den Gesetzgeber durch Legiferierung (gesetzlich verankern) gelöst werden
- Abgrenzung der verschiedenen Arten von Lücken praktisch schwierig - Uneinheitliche Rechtssprechung
("Qualifiziertes Schweigen", rechtspolitische Lücke, "intra legem" = Gesetzgeber hat ein Problem bewusst nicht behandelt/geregelt, keine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes)
Gibt es eine Hierarchie der Auslegungsmethoden?
Nein, grundsätzlich werden alle Auslegungsmethoden gleich gewichtet. In der Praxis haben allerding der Wortlaut und die Teleologie stärkeres Gewicht.
Was bedeutet juristische Rhetorik?
Rhetorik lehrt, wie ein Mensch das Einverständnis anderer gewinnt. Juristische Rhetorik handelt von den Mitteln, mit deren Hilfe ein Jurist in der fachlichen Auseinandersetzung nach kollegialem Einverständnis strebt.
Was ist das Ziel der Rechtsauslegung?
Das Verschaffen von Klarheit/Verständnis der Tragweite einer Norm und der Ermittlung von Sinn und Zeck in der jeweiligen Anwendung
Was sind die wichtigsten Funktionen des Rechts?
Konfliktlösung und Konfliktbegrenzung
Verhaltenssteuerung
Legitimierung und Organisation sozialer Herrschaft
Gestaltung der Lebensbedingungen
Was ist die Subsumtion?
Subsumtion ist der Vorgang, bei dem man einen Begriff unter einen anderen ordnet. Die Anwendung einer Rechtsnorm auf einen Lebenssachverhalt („Fall“), das heisst als Unterordnung des Sachverhaltes unter die Voraussetzungen der Norm, verstanden.
Was ist ein Indiz für präzises Denken und kompetente juristische Arbeitsweise?
Präzise, verständliche und unzweideutige Ausdrucksweise
Die juristische Rhetorik dient dazu, ein Einverständnis zu erzielen
Was ist bei der juristischen Schreibweise wichtig?
Juristenjargon/Amtsstil vermeiden!
− Verben nicht substantivieren („kennen“ statt „Kenntnis erlangen“ usw.);
− Einfache Verben benutzen („kaufen“ statt „käuflich erwerben“ usw.);
− Aktiv- statt Passiv-Sätze verwenden: Passivsätze wirken unpersönlich und distanziert (man möchte damit nur den Ausdruck bestärken, was bei der Benutzung von eindeutigen Wörtern hinfällig wird);
− Schreibe präzis, einfach, klar und eindeutig (nicht ausholen); − Schreibe so, wie du denkst, aber besser und ggf. ergänzt durch Fachbegriffe.
Zudem:
Einzelfallgerechtigkeit, dem Ermessensspielraum in der Rechtsanwendung gerecht werdend
Welches sind die wichtigsten Merkmale/ Funktionen des Rechts?
Recht als umfassendes gesellschaftliches, soziales, staatliches Ordnungssystem zwischenmenschlicher Beziehungen, es erzeugt Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit
Es regelt primär äusseres Verhalten (innere ethische Haltung untergeordnet), welhalb die rechtlichen Regeln eingehalten werden (Überzeugung, Furcht vor Sanktionen, Gleichgültigkeit etc.), ist zweitrangig
Verbindlichkeit des Rechts = Erzwingbarkeit, Durchsetzbarkeit
Realexekution (staatlicher Zwang), Schuldbetreibung und Konkurs (Geldforderungen)
Rechtsordnung verpflichtet zu einem Tun, Unterlassen oder Dulden
i.d.R. vom Allgemeinen zum Besonderen
Rechtsordnung ist vorschreibend
Welche anderen rechtlichen Wertesysteme gibt es nebst dem staatlich-juristischen in der Gesellschaft?
Religion, Sittlichkeit, Moral, Sitte/Brauchtum
Verhältnismässigkeit wird definiert durch:
- Zweckmässigkeit
- Erforderlichkeit
- Zumutbarkeit
(Verhältnismässigkeit = Zweck/Mittel-Relation)
Beschreibe weitere Wesensmerkmale und Funktionen der Rechtsordnung:
- Legalitätsprinzip (Gesetzmässigkeit staatlichen Handelns, insbesondere Nulla poena sine lege)
- Grundrechte/ Freiheitsrechte (BV, EMRK)
- Gewaltenteilung
- Demokratische Mitwirkung (Initiative, Referendum)
- Föderalismus (inkl. Gemeindeautonomie)
- Verhältnismässigkeit
- Treu und Glauben
- Verfahrensrechte
- Funktion der Konfliktbereinigung und Friedenssicherung ("ordentliches Zusammenleben")
- Rechtsfriede/Rechtssicherheit (Endültige (Streit-)Entscheidung (-Beilegung), Klarheit über Verhältnisse, Ansprüche, etc.)
- Sozial gestaltend, steuernd (Sozialziele, Sozialversicherungsrecht, Lenkungsabgaben, Umweltschutz)
Nenne die drei Teile der Gewaltentrennung:
- Rechtssetzungsbehörde (Parlament, Gesetzgebung)
- Rechtsanwendungsbehörde (Durchsetzung: Behörden, Verwaltung)
- Kontroll-/ Überprüfungsbehörde (Gerichte)
Wesensmerkmale von Sitte:
Sitten sind Usanzen/ Gewohnheiten/ Normen für soziales Verhalten, die sich aus der Gewohnheit gebildet haben. Sie haben keine rechtliche Verbindlichkeit.
- Brauch, Gewohnheit, Konvention
- Normen für soziales Verhalten, die sich aus der Gewohnheit gebildet haben
- Keine rechtliche Verbindlichkeit
- Ethisch neutral (auch schlechte Sitten)
- Ausnahmesweise Teil der Rechtsordnung durch Verweis (Usanzen, kaufmännische Übung, Ortsgebrauch, Verweis auf gute Sitten)
Unter welchen Voraussetzungen kann man Grundrechte einschränken?
- Gesetzliche Grundlage
- öffentliches Interesse
- Verhältnismässigkeit
Realfaktor Gesellschaftliches Umfeld
− Das Recht in der Realität („law in action“);
− Abhängig von der gesellschaftlichen Entwicklung;
− Sozialer Wandel und technischer/wirtschaftlicher Fortschritt erfordern Anpassung des Rechts (Datenschutz, Umweltschutz, Gleichberechtigung von Mann und Frau, usw.).
Realfaktor Wirtschaftliches Umfeld
- Jede neue Rechtsnorm, die erlassen wird, hat Einfluss (Folgen in wirtschaftlicher Hinsicht usw. / Co2 -Abgaben usw.);
− Ökonomische Faktoren (Law and Economics):
− Kosten-/Nutzenverhältnis (z.B. Wirksamkeit von Arzneimitteln, welche durch die Krankenversicherung getragen werden, usw.);
− Homo oeconomicus (individuelle Nutzenmaximierung/volkswirtschaftlicher Nutzen).
Wechselwirkung: Recht hat Auswirkungen auf Wirtschaft (Konsequenzen für Wirtschaft)
Realfaktor Historisches Umfeld
- Historische Entwicklung des Rechts bzw. Rechtsgeschichte; Recht als dynamische Entwicklung
− Historische Auslegung (als Auslegungselement);
− Trends, wie z.B. Globalisierung, Internationalisierung, autonomer Nachvollzug vom (EU-)Recht, usw..
Idealfaktor Gerechtigkeit
− Gleiches gleich, Ungleiches ungleich;
− Gerechtigkeit ist wandelbar;
− Formelle Gerechtigkeit: Rechtsnorm muss unabhängig vom Inhalt in einem formellen Verfahren erlassen und angewendet werden (demokratisch legitimiert);
− Materielle Gerechtigkeit: Recht soll ethischen Minimalgehalt aufweisen;
− Minimaler verfassungsrechtlich garantierter Konsens: Es gibt nur wenige rechtliche Bestimmungen in diesem Rahmen, wie z.B. Rechtsgleichheit, Treu und Glauben usw..
Idealfaktor Billigkeit
− Generell-Abstraktheit von Rechtsnormen: (regelt den „typischen Fall“);
− Berücksichtigung von besonderen Umständen (Einzelfall), z.B. bei der Haftung von urteilsunfähigen Personen (z.B., wenn die urteilsunfähige Person besonders vermögend ist, haftet sie usw.);
− Auf Anweisung des Gesetzgebers (Art. 4 ZGB);
− Interessen/Güterabwägung im Einzelfall (Ausnahmsweise Einzelfallgerechtigkeit); − Ermessen (Auswahl, Entschliessung und Rechtsanwendung), Würdigung der Umstände, wichtige Gründe, Kann-Vorschriften und „in der Regel“ sind ähnliche Formulierungen ≠ Billigkeit;
− Problematik bei Billigkeit: Rechtsgleichheit nicht gegeben, Rechtssicherheit (Legalitätsprinzip, Gewaltenteilung usw.).