HF 18 Block 09 Neurodegenerative Erkrankungen
Lernkartei zu Neurodegenerative Erkrankungen
Lernkartei zu Neurodegenerative Erkrankungen
Fichier Détails
Cartes-fiches | 34 |
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Langue | Deutsch |
Catégorie | Soins |
Niveau | Collège |
Crée / Actualisé | 16.06.2020 / 25.03.2025 |
Lien de web |
https://card2brain.ch/box/20200616_hf_18_block_09_neurodegenerative_erkrankungen
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Was ist die Definition von neurodegenerativen Erkrankungen?
Gruppe von Erkrankungen des Zentral-Nervensystems, welche mit einem progressiven Verlust von bestimmten Nervenzellpopulationen einhergehen und so zu einer zunehmenden Einschränkung resp. zunehmendem Verlust bestimmter zentralnervöser Funktionen führen.
Welche Merkmale haben neurodegenerative Erkrankungen?
- in der Regel langsames Fortschreiten (über Jahre)
- sporadisches Auftreten – familiäre Häufung (genetische Prädisposition)
- umschriebener Zelluntergang (Areal) – diffus verteilte ZNS-Schäden
- am häufigsten betroffen: Motorik – Kognition (auch Kombination)
- Ätiologie noch weitgehend unbekannt: pathologische Ablagerungen – autoimmune Prozesse – vaskuläre Schäden
- Erkrankungen führen zu Nervenzelluntergängen und somit zur Atrophie der betroffenen Areale
- nicht heilbar
Der von der Zelle produzierte Aminosäurenstrang muss zuerst mehrfach gefaltet werden, bevor er seine Funktion aufnehmen kann.
Was passiert, wenn die Proteine falsch gefaltet werden?
- Fehlfunktionen, Funktionsverlust
- Abbau nicht möglich => Ansammlung, Ablagerung (intra- oder extrazellulär)
- Zell- / Organschaden und Funktionsstörung => Symptome (Krankheit)
Demenzen gehören nicht zu den neurodegenerativen Erkrankungen.
Was ist die Definition von Multipler Sklerose (MS)?
Meist schubförmig, z.T. chronisch-progredient verlaufende, automimmunentzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems (Gehirn / Rückenmark), welche mit einer Zerstörung der axonalen Myelinscheiden (Demyelinisierung) der Nervenzellen und im Verlauf einer Zerstörung der Axone selbst einhergeh
Wie häufig ist Multiple Sklerose ist die häufigste neurologische Erkrankung, welche zu einer anhaltenden Behinderung im jungen Erwachsenenalter führt.
In welchem Lebensalter tritt MS auf?
- 20 – 40 Jahre (> 80%)
- > 45 Jahre (10 – 15%)
- Kindesalter (5 – 10%)
Was ist die Prävalenz von MS in der Schweiz?
ca. 10‘000 – 12‘000 Betroffene (150 / 100‘000) ca. 1 / 700 in der Schweiz betroffen.
Sind Frauen oder Männer mehr von MS betroffen?
Vererbung scheint eine Rolle zu spielen, aber MS ist keine klassische Erbkrankheit.
Was ist die Ursache für MS?
- Ursache weitgehen unbekannt
- genetische Veranlagung und Auslöser im Kindesalter spielen eine Rolle.
Was sind Faktoren, die MS begünstigen? (Risikofaktoren)
- mangelnde Sonnenexposition (Vitamin D)
- Vitamin – D- Mangel (Sonne, Aufnahme)
- Rauchen (Entstehung und v.a. Progression)
- physischer und psychischer Stress
- Schlafmangel / chronische Übermüdung
- häufige Infektionserkrankungen (v.a. EBV und Magen-Darminfektionen)
- Übergewicht (im Kindesalter)
- Allergien (?) => häufiger Schübe (!)
Was sind die Symptome der MS?
Die Symptome sind individuell und auch zeitlich sehr unterschiedlich. Oftmals treten sie in verschiedenen Kombinationen auf.
- Fatigue (Müdigkeit, Erschöpfung, Antriebslosigkeit)
- Muskelschwäche / Lähmungen
- Spastik (zentrale Schaden = 1. Motoneuron)
- Sehstörungen (Sehschwäche, Doppelbilder)
- Sprechstörungen - Schluckstörungen
- Schwindel
- Parästhesien, Dysästhesien (Kribbeln, brennende Schmerzen)
- kognitive Störungen (Konzentrations-, Gedächtnisstörungen)
- Blasen- und Darmstörungen (Harndrang, Harnverhalt, Inkontinenz)
- sexuelle Funktionsstörungen (z.B. Erektionsstörungen)
- Stimmungsveränderungen, Depressionen
Wie verläuft MS?
Der individuelle Verlauf sehr variable und schwer vorhersehbar.
Was ist ein MS Schub?
- Symptome treten neu auf oder verschlechtern sich deutlich
- Symptome bestehen während mindesten 24 Stunden
- Symptome treten frühestens 30 Tage nach einem vorangegangenen Schub (Symptome) auf
- Ein Schub entwickelt sich meist über Stunden bis wenige Tage
- Ein Schub dauert meist einige Tage bis wenige Wochen.
- Nach einem Schub: komplette – inkomplette Remission (bleibende Beeinträchtigung).
Was ist das Uhthoff-Phänomen / „Pseudoschub“?
Passagere (vorübergehende) Verschlechterung von bestehenden Symptomen im Rahmen einer Körpertemperaturerhöhung; < 24 Stunden
- Fieber
- körperliche Anstrengung (Sport)
- heisse Umgebungstemperaturen (Sauna, heisses Bad, Wetter)
Was passiert bei der MS mit der Myelinhülle der Nervenzellen? Was hat das für Auswirkungen?
körpereigene Abwehrzellen greifen die Nervenzellen im ZNS an (Signalübertragung wird langsamer) und zerstören die Myelinscheide und schliesslich das Axon (Signalübertragung wird gestört/gehindert).
Wie wird MS diagnostiziert?
V.a. zu Beginn äusserts schwierig und oft verkannt!
Anamnese:
- Symptome (Art, Beginn, Dauer)
- häufige Erstsymptome: Sehstörungen, Missempfindungen, Kraftlosigkeit, abnorme Müdigkeit, Gang- / Standunsicherheit
- mögliche frühere (nicht beachtete) Symptome
- Familienanamnese (MS bei Verwandten?)
klinisch-neurologische Untersuchung:
- Sensibilitätsstörungen
- Muskelkraft
- Reflexe (Muskulatur, Bauchhaut)
- Gleichgewichtssinn
- Koordination
- Lhermitte-Zeichen (elektrisierende Empfindung bei Kopfvorbeugen)
Bei klinischem Verdacht – weiterführende apparative Diagnostik
- Magnet-Resonanz-Tomografie (MRI)
Liquoruntersuchung
Evozierte Potenziale => Leitungsgeschwindigkeit von Nervenbahnen
Welche Krankheiten müssen bei der Diagnose von MS ausgeschlossen werden?
- andere demyelinisierende Erkrankungen (z.B. Morbus Guillain – Barré)
- zentral-nervöse Vaskulitis
- Transitorisch ischämische Attacken (TIA)
- Schlaganfall
- Stoffwechselerkrankungen (Vitamin B12-Mangel)
- infektiös-bedingte ZNS-Affektionen (Neuritis, Enzephalitis) z.B. HIV, Lues, Borreliose ....
- nicht-infektös bedingte, entzündliche ZNS-Affektionen (z.B. rheumatisch: Lupus erythematodes)
- psychogene Störungen („psychosomatische Affektionen“)
Was sind die Therapieziele bei MS?
- Reduktion der Frequenz und Dauer von Schüben
- Beschleunigung der Remission bei einem Schub
- möglichst vollständige Remission
- Verhinderung bleibender Schäden / Behinderungen
Welche Berufsgruppen sind bei der Therapie von MS beteiligt?
- Ärzte (Neurologen, Hausarzt, ggf. Psychiater)
- Physiotherapeuten
- Ergotherapeuten
- Psychotherapeuten
- Pflegepersonal
- Sozialarbeiter
- Selbsthilfegruppen
Welche beiden Therapieformen werden bei MS unterschieden?
- kausalitätsbezogene Therapie
- symptomatische Therapie
Wann wird die kausalitätsbezogene Therapie angewandt? Was ist das Ziel dieser Therapie?
- Therapie bei akutem Schub => starke Immunsuppression. Ziel: rasche Beendigung des Schubes (Schadensbegrenzung)
- Therapie im Intervall => Immunmodulation (+ (milde) Immunsuppression) Ziel: Verhinderung eines erneuten Schubes.
Mit welchem Medikament wird die kausalitätsbezogene Therapie durchgeführt?
Methylprednison (Kortison)
Wie verläuft die kausalitätsbezogene Therapie bei einem akuten MS Schub?
1. Pulstherapie: 3 – 5 Tage 1000 mg Methylprednison (Kortison) iv bei Bedarf bis 7 Tage (maximal)
2. Pulstherapie: wenn die 1. Pulstherapie nicht reicht nach 2 Wochen 2000 mg Methylprednison iv für bis zu 5 Tagen
3. Therapiephase: wenn die 2. Pulstherapie nicht reicht Plasmapherese (Dialyse, „Blutwäsche“) => Entfernung autoaggressiver Antikörper + Komplemente
Wie verläuft die kausalitätsbezogene Therapie bei einem intervall?
1. Immunmodulation:
- β-Interferone allg. dämpfende Wirkung auf das Immunsystem, vermindern die Produktion von Interleukinen, Hemmen die Passage von T-Lymphozyten über die Blut-Hirnschranke und wirken antiviral
- Glatiramiracetat ähnliche Wirksamkeit wie β-Interferone, genauer Wirk- mechanismus unbekannt, molekulare Homologie zu Myelinproteinen => Interaktion mit myelinreaktiven Lymphozyten
2. Immunsuppression:
- Mitoxantron, Azathioprin, Cyclophosphamid, Methotrexat, Fingolimod unspezifische Immunsuppressoren (Leukozyten ↓) 2. Wahl bei schweren Verläufen der schubförmigen MS resp. der primär progredienten MS (Eskalationstherapie)
3. „Immuntherapie“:
- Natalizumab Monoklonaler Anti-Bodies (Ak) gegen Adhäsionsmoleküle von T-Zellen Verhindert das Einwandern von T-Zellen ins ZNS Intravenöse Verabreichung. Sehr teuer!
- Fingolimod Verhindert das Auswandern von (aktivierten) Lymphozyten aus den Lymphknoten und (somit) das Einwandern derselben ins ZNS (bindet ebenfalls an Rezeptoren der Lymphozyten).
Welche Folgen kann die MS haben?
- Sensibilitätsstörungen
- Paresen (spastisch)
- Schmerzen
- Dekubitus
- Blasen-, Darmentleerungsstörungen
- Dysarthrie
- Sehstörungen
- Koordinationsstörungen, Ataxie
- sexuelle Funktionsstörungen
- Niedergeschlagenheit, Depression
- Konzentrationsstörungen (selten Demenz)
- Harnwegsinfekte, Pneumonie ...
Welche drei Gebiete umfasst die symptomatische Therapie bei MS?
- Medikamente
- Physiotherapie
- Psychotherapie
Welches Instrument wird zur Bestimmung des Schweregrades von MS eingesetzt?
EDSS (extended disability status scale)
MS verläuft tödlich.
MS-Patienten haben eine etwas kürzere Lebenserwartung als die Durchschnittsbevölkerung (6 – 7 Jahre)
Was sind direkte MS-assoziierte Todesursachen?
- Pulmonale Infektionen (Immobilität)
- Sepsis (Harnwegsinfekte / Dekubitus)
- Lungenembolien (Immobilität)
- Stürze / Unfälle (Gangstörungen)
- Suizide (Depression, soziale Isolation
Für welche Erkrankungen haben MS Patienten ein erhöhtes Risiko?
- kardiovaskuläre Erkrankungen (Infektionen)
- Diabetes mellitus (Typ 1) (Autoimmunerkrankung)
- Malignome (Immunsuppression / -modulation)