Störungsbilder der Psychiatrie - Heilpraktikerwissen

Alle psychischen Störungen mit Ursachen, Symptomen, Diagnostik, Verlauf, Differenzialdiagnosen und Therapie

Alle psychischen Störungen mit Ursachen, Symptomen, Diagnostik, Verlauf, Differenzialdiagnosen und Therapie


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Langue Deutsch
Catégorie Psychologie
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Crée / Actualisé 15.01.2020 / 02.07.2024
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Auffällige Bindungsmuster - undifferenziertes Bindungsverhalten

Verhalten:

  • unablässige Suche nach Aufmerksamkeit, auch bei fremden Personen
  • fehlende Unterscheidung zwischen fremden und vertrauten Personen
  • Distanzlosigkeit

mögliche Ursachen:

  • Verlassenheitserfahrungen
  • häufiger Wechsel der Pflegeperson

Auffällige Bindungsmuster - übersteigertes Bindungsverhalten

Verhalten:

  • starke Trennungsangst un dintensives Anklammern

mögliche Ursachen:

  • Verlassenheitserfahrungen
  • in manchen Pflegefamilien Zeichen von Bindungsaufbau

Auffällige Bindungsmuster - gehemmtes Bindungsverhalten

Verhalten:

  • stark gehemmtes Verhalten gegenüber Pflegepersonen
  • übermäßige Anpassung

mögliche Ursachen:

  • Erfahrungen von Misshandlungen und Gewalt

Auffällige Bindungsmuster - aggressives Bindungsverhalten

Verhalten:

  • Wünsche nach Nähe und Schutz werden in aggressiver Art und Weise geäußert

mögliche Ursachen:

  • Gewalterfahrungen
  • bedrohliches Verhalten von Pflegepersonen

Auffällige Bindungsmuster - Bindungsverhalten mit Rollenumkehr

Verhalten:

  • Kind übernimmt Verantwortung für Pflegepersonen
  • verhält sich überfürsorglich und kontrollierend

mögliche Ursachen:

  • Suchtfamilien
  • mehrfache Wechsel in der Betreuung

F94.1 reaktive Bindungsstörung des Kindesalters - Symptome

nach ICD-10:

- abnormes Beziehungsmuster zu Betreuungspersonen, Entwicklung im Alter von 5 Jahren mit mangelnder Anpassung, die bei unauffälligen Kindern meist nicht gesehen wird

- dauert an, ändert sich bei ausreichend deutlichem Wechsel im Betreuungsmuster

- jüngere Kinder zeigen stark widersprüchliche oder ambivalente soziale Reaktionen, am besten sichtbar bei Abschied oder Wiedersehen

- Reaktion auf Bezugspersonen kann Mischung aus Annäherung, Vermeidung und Widerstand gegen Zuspruch sein

- sichtbar durch Unglücklichsein, Mangel an emotionaler Ansprechbarkeit, Rückzugsreaktionen, auf Boden kauern oder aggressivem Verhalten gegen sich oder andere

- "gefrorene Wachsamkeit": Furchtsamkeit und Übervorsichtigkeit, amnchma ohne Reaktion auf Zuspruch

- Interesse an Interaktionen mit anderen, aber soziales Spielen durch negative emotionale Reaktionen behindert

- kann von Gehstörung und Wachstumsverzögerung begleitet sein (extra codieren)

- abnorme Unsicherheit mit eindeutig widersprüchlichen sozialen Reaktionen (bei normalen Kindern nicht)

- abnorme Reaktionen nicht auf eine Bezugsperson beschränkt

- Mangel an Reagibilität gegenüber Zuspruch

- oft begleitet von emotionaler Störung wie Apathie, Unglücklichsein, Furchtsamkeit

Hauptunterschiede zu tiefgreifenden Entwicklungsstörungen (t.E):

  1. normale Fähigkeit zu sozialer Gegenseitigkeit und Reagibilität, fehlt Kindern mit t.E.
  2. abnormes soziales Reationsmuster bildet sich zum größten Teil zurück, wenn Kind in normale fördernde Umgebung mit kontinuierlichen, einfühlenden Betreuung gebracht
  3. zeigen trotz beeinträchtigter Sprachentwicklung nicht die für Autismus charakteristischen Merkmale der Kommunikation
  4. nicht von anhaltenden und ausgeprägten kognitiven Defiziten, die auf Millieuveränderungen nicht merklich ansprechen, begleitet
  5. keine eingeschränkten, repetitiven und stereotype Muster von Verhalten, Interessen und Aktivitäten

F94.2 Bindungsstörung des Kindesalters mit Enthemmung - Symptome

. nach ICD-10:

  • Kind zeigt unübliche Diffusität im selektiven Bindungsverhalten während der ersten 5 Lebensjahre
  • verbunden mit Anklammerungsverhalten im Kleinkindalter oder wahllos freundlichem, aufmerksamkeitssuchendem Verhalten in der frühen und mittleren Kindheit
  • meist Schwierigkeiten beim Aufbau enger, vertrauensvoller Beziehungen zu Gleichaltrigen
  • kann von emotionalen oder Verhaltensstörungen begleitet sein
  • meist in Vorgeschichte in ersten 5 Jahren deutlicher Mangel an Kontinuität der Betreuungspersonen oder Familienwechsel

Bindungsstörungen - Verlauf

- hängt entscheidend vom umgebenden Milieu des Kindes ab

-  wichtig: förderliche und konstante Beziehnungen zu Eltern bzw. Pflegepersonen

Bindungsstörungen - Diagnostik

- Störung muss vor dem 5. Lebensjahr beginnen

- Abklärung der Symptomatik

- Exploration der Vorgeschichte

Bindungsstörungen - Differenzialdiagnosen

  • tiefgreifende Entwicklungsstörungen
  • ADHS

Bindungsstörungen - Therapie

- Schaffen einer verlässlichen sozialen Umgebung

- intensive Beratung der Pflegefamilien

- Supervision der Bezugspersonen des Kindes

F95 Ticstörungen

F95.0 vorübergehende Ticstörung

F95.1 chronische motorische oder vokale Ticstörung

F95.2 kombinierte vokale und multiple motorische Tics (Tourette-Syndrom)

F95.8 sonstige Ticstörungen

F95.9 Ticstörung, nicht näher bezeichnet

Ticstörungen - Allgemeines

- unwillkürliche, rasche, wiederholte und nicht kontrollierbare Bewegungen eines Körperteils oder unfreiwillig erzeugte Geräusche

- können unterschiedliche Intensität haben

- viele Betroffene haben kaum wahrnehmbare Tics, andere massive, die zu starker Beeinträchtigung im Alltag und sozialer Isolation führen

- bei Anspannung verstärkt

- können kurzzeitig unterdrückt werden, müssen sich aber irgendwann entladen

- über längere Zeit nicht willentlich steuerbar

- KEIN Ausdruck geistiger Behinderung

- beginnen meist im 7. Lebensjahr

- für Diagnose müssen sie vor 18. Lj begonnen haben

- etwa 10% der Jugendlichen entwickeln vorübergehend eine Ticstörung

-

Ticstörungen - Ursachen

- Stress ist kein Auslöser, kann aber auftretenswahrscheinlichkeit erhöhen

- treten familiär gehäuft auf, Hinweis auf Veranlagung

- Wirksamkeit mancher Medikamente, die ins Neurotransmittersystem eingreifen, deutet auf Hirnstoffwechselstörungen

Ticstörungen - Symptome

- nach ICD-10:

  • plötzliche, rasche, vorübergehende und umschriebene Art von Bewegungen
  • Fehlen von Hinweisen auf zugrunde liegende neurologische Störung
  • Wiederholungstendenz
  • üblicherweise nicht während Schlaf
  • Leichtigkeit, mit der sie willkürlich unterdrückt oder produziert werden könen
  • kein Rhythmus zugrunde (Unterschied zu Autismus und Intelligenzminderung)
  • können mit emotionalen Störungen auftreten, Diagnose deshalb nach dem was vorherrschend ist

 

Formen von Ticstörungen - motorische Tics

- können jeden Körperteil betreffen

  • einfach: Grimassieren, Blinzeln, Kopfwerfen, Kopfschütteln, Schulterzucken
  • komplex: Springen, Hüpfen, Sich-selbst-schlagen, wiederholtes Berühren von Gegenständen, Liegestütze machen, sich flach auf den Boden legen, tiefe Kniebeugen

 

Formen von Ticstörungen - vokale Tics

- unfreiwillig erzeugte Geräusche

  • einfach: Räuspern, Bellen, Schnüffeln, Zischen
  • komplex: Imitation von Lauten, Wiederholung sinnloser Begriffe, Ausstoßen von Obszönitäten und Schimpfwörtern (Koprolalie), Wiederholung eigener Laute oder Wörter (Palilalie), Nachsprechen von Wörtern (Echolalie)

Formen von Ticstörungen - Mutilationen

- ticförmige Selbstverletzungen

- ernstzunehmende schwere Form

- nur schwer von Zwangshandlungen zu unterscheiden

- können zu schweren Körperschäden führen, im Extremfall zu Taubheit und Erblindung

F95.0 vorübergehende Ticstörung - Zusatzsymptome

- nach ICD-10:

  • halten nicht länger als 12 Monate an
  • am häufigsten im Alter zwischen 4 oder 5 Jahren
  • meist in Form von Grimassieren, Blinzeln, Kopfschütteln
  • in einigen Fällen nur einmalige Episode
  • in andere Fällen Verlauf von Besserungen und Rückfällen über Monate

F95.1 chronische motorische oder vokale Ticstörung -  Zusatzsymptome

- nach ICD-10:

  • entweder motorische oder vokale Tics, aber nie beides
  • können einzeln oder multipel (häufiger) auftreten
  • Dauer länger als 1 Jahr

F95.2 kombinierte vokale und multiple motorische Tics (Tourette- Syndrom) -  Zusatzsymptome

nach ICD-10:

  • gegenwärtig oder in der Vergangenheit multiple motorische Tics und einen oder mehrere vokale Tics nicht norwendigerweise gleichzeitig
  • Beginn fast ausschließlich in Kindheit oder Adoleszenz
  • gewöhnlich zuerst motorische Tics, bevor sich vokale entwickeln
  • in Adoleszenz häufig Verschlechterung
  • bleibt üblicherweise bis ins Erwachsenenalter
  • vokale Tics oft multipel mit explosiven repetitativen Vokalisationen, Räuspern, Grunzen und Gebrauch obszöner Worte oder Phrasen
  • manchmal begleitet von gestischer Echopraxie, oft ebenfalls obszöner Natur

Ticstörungen - Verlauf

- beginnen in Kindheit und entwickeln sich meist von allein zurück

- bei Tourette steigert sich Symptomatik und erreicht nach 5-7 Jahren Höhepunkt

- ab 20. Lj. entwickelt sie sich bei 1/3 der Betroffenen vollständig zurück

- bei 1/3 Verbesserung der Symptomatik

- bei 1/3 keine Verbesserung

Ticstörungen - Diagnostik

- schwach ausgeprägte nur schwer diagnostizierbar, weil oft wie Zwangssypmtome beschrieben

Ticstörungen - Differenzialdiagnosen

  • Zwangsstörungen (Komorbidität bei 50%)
  • Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung: 2/3 der Ticpatienten auch ADHS, es müssen beide Diagnosen gestellt werden, Ritalin kann Tics hervorrufen
  • Spätdyskinäsien nach Neuroleptika-Behandlung
  • Hyperkinesen
  • Folge bestimmter Infektionskrankheiten

Ticstörungen - Therapie

  • Pharmakotherapie: Neuroleptika (Tiaprid, Risperidon, Pimozid, Haloperidol), leichte und vorübergehende nicht mit Medikamenten behandelt
  • Entspannungstraining
  • Verhaltenstherapie: Reaktionsumkehr-Training, Stressbewältigungs-Training, Selbstmanagement
  • Aufklärung von Lehrernbzw. Arbeitgebern
  • Selbsthilfegruppen

F98 andere Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

F98.0 nichtorganische Enuresis

F98.1 nichtorganische Enkopresis

F98.2 Fütterungsstörung im frühen Kindesalter

F98.3 Pica im Kindesalter

F98.4 stereotype Bewegungsstörungen

F98.5 Stottern (Stammeln)

F98.6 Poltern

F98.8 sonstige, nicht näher bezeichnete Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

F98.9 nicht näher bezeichnete Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

F98.0 nichtorganische Enuresis - Allgemeines

- unkontrollierte, vollständige Blasenentleerung ohne organische Ursache am falschen Platz und zur falschen Zeit

- andere Bezeichnung: Bettnässen

- muss von Harninkontinenz abgegrenzt werden (bei Erwachsenen und organisch)

- bei 1% der Erwachsenen möglich

- Häufigkeit:

  • bei 5-jährigen: 15%
  • bei 10-jährigen: 8%
  • bei 15-jährigen: 2,5%
  • bei Erwachsenen: 1%

nichtorganische Enuresis - Ursachen

  • Primäre Enuresis: Reifungsverzögerung oder neurologische Störung
  • Sekundäre Enuresis: seelische Stressoren, rigide und sehr frühe Reinlichkeitserziehung, familiäre Probleme
  • Erkrankungen und Fehlbildungen der Harnwege: nicht nach F98.0 diagnostizieren

 

nichtorganische Enuresis - Formen

  • Primäre Enuresis: Kind war noch nie länger als 6 Monate trocken, häufigste Form (80%)
  • Sekundäre Enuresis: Phase von mindestens 6 Monaten Trockenheit, fängt wieder an, einzunässen, meist durch psychosoziale Belastungen
  • Enuresis nocturna: nächtlich
  • Enuresis diurna: am Tag

nichtorganische Enuresis - Symptome

  • darf nicht bei Kindern unter 5 Jahren gestellt werden
  • Bettnässen besteht seit mindestens 3 Monaten und tritt mindestens 2x im Monat (ab 7 Jahre mindestens 1x im Monat) auf
  • bei Primärer Enuresis: tiefer Schlaf, schwere Aufweckbarkeit
  • wenn in Verbindung mit emotionalen oder Verhaltenssörung, dann nur als Hauptdiagnose, wenn wenigstens mehrmals wöchentlich und andere Symptome gewisse zeitliche Kovarianz haben

nichtorganische Enuresis - Verlauf

- gute Prognose, entwickelt sich häufig von allein zurück

- wichtige Faktoren sind familiäres Umfeld, Reduktion psychosozialer Belastungen und konsequente Umsetzung der Therapie

nichtorganische Enuresis - Diagnostik

- ausführliche Anamnese mit Einbeziehung der Familie

- sorgfältige körperliche Untersuchung

 

nichtorganische Enuresis - Differenzialdiagnosen

  • organische Erkrankungen
  • neurologische Erkrankungen
  • weitere psychiatrische Störungen

nichtorganische Enuresis - Therapie

  • Sonne- und Wolkekalender  mit Belohnungssystem
  • Apparative Verhaltenstherapie: Klingelmatratze, Klingelhose (in 70% erfolgreich) über mehrere Wochen
  • Medikamentöse Therapie: in schweren Fällen Desmopressin (in überschaubarer Zeit), Erfolg zu Beginn hoch, aber Rückkfalltendenz, wenn abgesetzt, selten auch Andidepressiva

F98.1 nichtorganische Enkopresis - Allgemeines

- regelmäßige, willkürliche oder unwillkürliche Entleerung von Stuhl in die Unterwäsche oder an dafür nicht vorgesehene Stellen

- auch Einkoten genannt

- in 1/4 % der Fälle gemeinsam mit Enuresis

- seltener als Enuresis

- bei 8-jährigen etwa 1%

- Anteil der Jungen größer (1:4)

nichtorganische Enkopresis - Ursachen

-  bedrängendes oder bestrafendes Toilettentraining

- schwierige familiäre und soziale Bedingungen

nichtorganische Enkopresis - Formen

  • Primäre Enkopresis: Kind war noch nie sauber
  • Sekundäre Enkopresis: nachdem Kind bereits mindestens 1 Jahr sauber war
  • Retentive Enkopresis: Stuhl wird zurückgehalten, Verstopfung mit Erweiterung des Darms, Folge: kleine, dünne Stähle (Überlauf-Enkopresis)
  • nicht retentive Enkopresis: infolge unzureichendem Toilettentrainings oder unzureichendem Ansprechens auf Toilettentrainings

nichtorganische Enkopresis - Symptome

- nach ICD-10:

- unangemessene Platzierung von Faeces, entweder durch:

  • unzureichendem Toilettentrainings oder unzureichendem Ansprechens darauf mit Vorgeschichte eines fortgesetzten Versagens bei Erlernen der Darmkontrolle
  • psychologisch begründete Störung, durch Ablehnung, Widerstand oder Unvermögen, den sozialen Normen zum Absetzen von Stuhl Folge zu leisten
  • psysiologische Retention

- mindestens 1x im Monat seit mindestens 3 Monaten

- meist tagsüber

- manchmal mit Verschmieren von Kot über Körper oder Umgebung, Verstecken schmutziger Wäsche

- selten mit analer maipulation oder Masturbation gekoppelt

- starke Schamgefühle

nichtorganische Enkopresis - Verlauf

- Störung sehr belastend und führt zu gestörten sozialen Beziehungen

- bildet sich meist ohne Therapie zurück

nichtorganische Enkopresis - Diagnostik

- Kind muss mindestens 4 Jahre alt sein

- zuerst ausführlicher Beziehungsaufbau, dann anamnestisches Gespräch (wegen Verheimlichungstendenz)

- organische Ursachen ausschließen