Rechtssoziologie

Rechtssoziologie UNI

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Langue Deutsch
Catégorie Droit
Niveau Université
Crée / Actualisé 30.12.2019 / 25.04.2024
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Soziale Norm

2 verschiedene Normbegriffe

Ihre Unterscheidung

  • Generalisierte Verhaltenserwartungen, an denen gegenüber abweichendem Verhalten festgehalten wird.
  • Luhmann: Verhaltenserwartung ist zentral (kann auch kontrafaktisch sein)! Nicht Verhaltensregelmässigkeiten!
  • Möllers: Normen markieren eine von mehreren Handlungsmöglichkeiten als positiv --> vermindern Komplexität. 
    • Markierung erkennt man daran, dass man an einer Erwartung festhalten will, im Wissen, dass es auch anders verlaufen kann (Kontingenz)
  • Unterscheidung der Normbegriffe: Kein grosser Unterschied, da eben durch festhalten an Erwartung die Markierung gesetzt wird. 
    • Luhmann betont Funktion der Stabilisierung, Möller die Möglichkeit der Anpassung

Funktion sozialer Normen: 

  • Geben Richtlinie welche Handlungsalternative zu wählen ist (reduzieren Komplexität, verhindert doppelte Kontingenz)
  • Erzeugen Erwartungssicherheit und machen soziale Handlungen berechenbar.
  • Stabilisieren soziale Beziehungen (Beziehungen ohne verbindliche Normen ist extrem unstabil)
  • Möllers: Normen lassen Übertretung zu und stärken so das Kontingenzbewusstsein
    • Normbruch kann durchaus innovativ sein. Durch ihn entsteht eine Irritation im Rechtssystem, welche zu Anpassung führen kann. Einzelfallgerechtigkeit profitiert.

Impossibility structures / Normen Abgrenzung

  • Möllers: Normen lassen Übertretung zu und stärken so das Kontingenzbewusstsein
    • Normbruch kann durchaus innovativ sein. Durch ihn entsteht eine Irritation im Rechtssystem, welche zu Anpassung führen kann. Einzelfallgerechtigkeit profitiert.
  • Impossibility structures steuern das Verhalten durch Algorithmen oder ähnliches.
    • Statt Normen / Recht --> faktische Verhaltenssteuerung (Auto fährt erst wenn angeschnallt)
    • Lassen keinen Bruch zu
    • Innovation des Normbruchs geht verloren. 

Soziologischer Rechtsbegriff: 3 Theorien.

Recht ist ein Sonderfall sozialer Normen. Was grenzt das Recht ab?

1. Anerkennungstheorie (Eugen Ehrlich):

  • Recht sind diejenigen Normen, die von den Menschen als notwendige Vorschriften (als besonders wichtig) anerkannt werden --> Erkennung durch besondere Reaktion auf Normbruch
  • Zeichnet sich gegenüber anderen sozialen Normen dadurch aus, dass bei Übertretung die Gemeinschaft mit besonderer Empörung reagiert. 
  • Nicht unbedingt staatsbezogen (kann von Ort zu Ort anders sein) --> pluralistischer Rechtsbegriff
  • Problem: Sehr pluralistische Gesellschaft --> was für die einen zu Empörung führt, ist für die anderen normal. Empörung lässt sich schwer messen.

2. Zwangstheorie (Max Weber):

  • Zum Recht gehören die Normen, die mit Hilfe bestimmter Institutionen (des Staates) zwangsweise durchgesetzt werden. 
  • Zeichnet sich gegenüber sozualen Normen dadurch aus, dass sie vom Gericht als Recht anerkannt, ihren Urteilen zugrunde gelegt und gegebenenfalls zwangsweise durchgesetzt werden. 
  • Staatsbezogen (bzw. Institutionsbezogen) --> monistischer, etatistischer Rechtsbegriff

3. Systemtheoretischer (positiver) Rechtsbegriff (Luhmann):

  • Recht ist was das Recht als Recht bestimmt --> nur Recht kann bestimmen was Recht ist --> Rechtssystem als geschlossenes System
  • In der rechtlichen Kommunikation wird entschieden ob einer Verhaltenserwartung Rechtsqualität zukommen soll. 
  • Es braucht keine Anerkennung durch die Normunterworfenen! 
  • Rechtsform ist nicht notwendig an politische Form gebunden --> pluralistischer Rechtsbegriff

 

Erhalten gesellschaftliche Bräuche, Konventionen und Sitten über sog. Generalklauseln (wie Treu und Glauben, Rechtsmissbrauch etc.) unmittelbar rechtliche Bedeutung? Ist somit eine strikte Trennung zwischen Recht und Konventionen nicht aufrechtzuerhalten? 

Nein, denn

  1. diese Generalklausekn ändern nichts daran, dass es für die Transformation einer sozialen Norm in Recht, entscheidend auf eine Operation des Rechts / der Rechtsprechung ankommt. 
  2. Es handelt sich bei den Generalklauseln um eine Eigenkonstruktion des Rechtssystems und nicht um einen Verweis (oder eine Rezeption) auf das Anstandsgefühl in der Gesellschaft (dies wäre wegen Pluralismus auch kaum möglich). 
  3. Die Anwendung solcher Generalklauseln führt dazu, dass sie von der Gerichtspraxis ausgelegt und konkretisiert werden müssen. Dies geschieht i.d.R mit Rücksicht auf die Werte welche im positiven Recht zur Geltung kommen.
    1. Zur Auslegung und Konkretisierung im Einzelfall knüpfen die Gerichte dann i.d.R. an die Vorentscheidungen an und so entsteht eine autonome Begriffsbildung.
    2. Diese ist empirisch zu beobachten.
    3. Kann unter umständen den wertungen der bevölkerung widersprechen.

     

Funktion des Rechts

Sachdimension und Sozialdimension

  • Erzeugung von Erwartungssicherheit durch die kongruente Generalisierung von Erwartungen (alle sollen übereinstimmende Erwartung haben). 
  • Soziale Integration d.h. Zusammenhalt der Gesellschaft durch Interessenausgleich
  • Steuerung der gesellschaftlichen Entwicklung
  • Sozialkontrolle, Sozialdisziplinierung
  • Legitimation sozialer Herrschaft
  • Freiheitssicherung
  • Konfliktbearbeitung durch bindende und abschliessende Entscheidung (muss nicht die moralisch richtige Entscheidung sein! Es muss einfach ein Entscheid vorliegen)
    • Komplexe Konflikte mir enstprechend differenzierten Rechtsnormen bearbeiten (Sachdimension)
    • Durch professionellen, unabhängigen Rechtsstab (Sozialdimension)

Soziologischer Geltungsbegriff des Rechts

Eine Norm gilt nach dem soziologischen Geltungsbegriff, wenn sich die Normadressaten freiwillig nach ihr richten und Sanktionsinstanzen Normverstösse verfolgen und abweichendes Verhalten sanktionieren. 

--> Normgeltung ist quantitative, statistische Grösse

Verhältnis Empirische - theoretische Rechtssoziologie

Empirische Auswertung von Daten braucht zur Interpretation die Theorien und Theorie sollte nicht ausser Acht lassen, was die Empirie beobachtet. 

Methoden der empirischen Sozialforschung, Basisunterscheidungen

Mikroebene: Interaktionsbeziehungen unter wenigen anwesenden

Mesoebene: Mittlerer Bereich

Makroebene: Schaut auf grosse gesellschaftliche Strukturen und Entwicklungen.

Quantitative: Zielt darauf representativen Satz von Daten zu ermitteln, den man dann mit statistischen Methoden auswerten kann. Geeignete, umfassende Befragung, so dass man representatives Resultat erhält.

Qualitative: Befragung von Akteuren in einem Feld zur Ermittlung von Motiven von Verhaltensweisen / Gründe für Probleme. Oft Basis für quantitative. Vorsicht: Man muss sich immer klar sein, dass ein Interview auch immer eine Form der Selbstdarstellung ist. Es kann sein, dass man etwas in einem Interview anders darstellt, wie es in Wirklichkeit ist.

Rechtstatsachenforschung

Weiter und enger Begriff

Weit: Rechtstatsachenforschung = empirische Rechtssoziologie

Eng: Rechtstatsachenforschung = Teil der empirischen RS, der die tatsächlichen Grundlagen, Wirkungen und Fehlwirkungen von bestehenden und geplanten rechtlichen Regelungen sowie deren Ursachen aufzeigen. 

 

Forschungsperspektive Rechtstatsachenforschung vs. Forschungsperspektive empirsche Rechtssoziologie. 

Rechtstatsachenforschung

  • Trennung von Recht und einer dem Recht vorausliegenden sozialen Wirklichkeit (Tatsachen)
  • Rechtsnormen und Normenwandel selbst sind nicht Gegenstand der empirischen Beobachtung (blinder Fleck)
  • Es wird untersucht wie sich die Rechtsnormen auf die gesellschaftliche Wirklichkeit auswirken oder welche Probleme bestehen. 
  • Rechtstatsachenforschung als Hilfsdisziplin der Justiz und des Gesetzgebers

Empirische Rechtssoz:

  • Auch das Recht ist Teil der gesellschaftlichen Wirklichkeit und steht in einer Art Wechselwirkung mit den nichtrechtlichen gesellschaftlichen Tatsachen.
  • Es wird nicht nur auf Entwicklung der ausserechtlichen Bereiche geschaut, sondern auch die Rechtsnormen und der Normenwandel sowie Rechtsdiskurs wird beobachtet.
  • Emirische Rechtssoziologie = Autonome Wissenschaft

Die Evaluations-, Wirkungs- oder Effektivitätsforschung?

Implementationsforschung?

Fragt nach den beabsichtigten und nicht beabsichtigten Wirkungen von Normprogrammen. 

Wird Gesetz befogt bzw. von ihm Gebrauch gemacht

Effektivität: Was war Zielsetzung des Gesetzgebers, Was sind tatsächliche soziale Auswirkungen?

Implementationsforschung: Sucht nach Defiziten und Störungen im Vollzug von Gesetzen

Mögliche Ursachen von Problemen der Gesetzeswirksamkeit und -umsetzung 

  • Mangelnde oder unzutreffende Aufklärung der Tatbestände oder sozialen Strukturen, auf die eingewirkt werden soll. Zu wenig Rechtstatsachenforschung im Vorfeld --> man hat nich erkannt wo die Ursachen für ein Problem liegen.
  • Fehler im Gesetzesdesign: Ineffiziente Anreize oder Sanktionen
  • Fehlende, inkonsistente oder widersprüchliche Zielvorgaben
  • Handwerkliche Fehler in der Formulierung der Norm
  • Fehlende Ressourcen zur Umsetzung der Norm (etwa Finanzmittel oder Verwaltungspersonal)
  • Föderalistische Politik- und Verwaltungsverflechtung (z.B. Auseinanderfallen von Bundesgesetzgebung und Kantonsverwaltung)
  • Vollzugs- und Umsetzungsdefizite durch den Widerstand der Verwaltung 

  • Mangelnde Kontrolle und Sanktionswahrscheinlichkeit 

  • Fehlende Normkenntnis der Adressaten (siehe sogleich) 
  • Fehlende Normakzeptanz der Adressaten (siehe sogleich) 
  • Unverständlichkeit oder Unklarheit der Norm (siehe sogleich)
  • Adressaten müssen eine Norm immer kennen, verstehen und akzeptieren.