Neurologie der Angststörungen

Paracelsus - Heilpraktikerausbildung Psychopathologie 19.11.19 - 28.11.19 Neurologische, Belastungs- und somatoforme Störungen (ICD10)

Paracelsus - Heilpraktikerausbildung Psychopathologie 19.11.19 - 28.11.19 Neurologische, Belastungs- und somatoforme Störungen (ICD10)


Kartei Details

Karten 27
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Andere
Erstellt / Aktualisiert 26.11.2019 / 04.10.2024
Weblink
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Klassifikation nach ICD-10

F4 - Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 

F40 - phobische Störungen

F41 - andere Angststörungen

F42 - Zwangsstörungen

F43 - Reaktion auf schwere Belastungs- und Anpassungsstörungen

F44 - dissoziative Störungen (Konversionstörungen)

F45 - somatoforme Störungen 

F48 - andere neurotische Störungen 

Angstmodell

Welches sind die durch Angst betroffenen Reaktionsebenen

körperliche, psychische und kognitive, auf der Verhaltensebene

körperliche Reaktionsebene der Angst

  • Schwindel
  • Muskelanspannung
  • Erröten
  • Mundtrockenheit
  • Kurzatmigkeit
  • Atemnot
  • Erstickungsgefühle
  • Brustschmerzen
  • Herzklopfen
  • Herzbeben
  • Schwitzen,
  • kalte Hände, u.A.

psychische (emotionale) Reaktionsebene der Angst

  • Gefühl der Bedrohung 
  • Derealisationserleben 
  • Entfremdungsgefühle 
  • Ohnmachtsgefühle

kognitive Reaktionsebene der Angst

  • Angst zu sterben
  • Angst vor Kontrollverlust
  • Angst "durchzudrehen", verrückt zu werden

Verhalten-Reaktionsebene der Angst

  • Kampf ("fight")
  • Fluchtreaktion ("flight")
  • Vermeidung ("avoidance")
  • Erstarrung

Pathologische Angst

  • Ausmass und/oder Dauer der Angstreaktion wird als unverhältnismässig stark erlebt
  • Die angstauslösende Situation wird als unbegründet eingestuft oder konstant vermieden
  • Geht mit hohem Leidensdruck und einer ausgeprägten Beeinträchtigung der Lebensqualität einher

Phobophobie

Angst vor der Angst

Angst vor -> Erleben von Hilflosigkeit, Schmerz und Ohnmacht

Angst und die Belastung durch die Angststörung werden immer grösser

Agoraphobie

Angstattacken in öffentlichen Räumen/Situationen (ohne Panikstörungen/mit Panikstörungen (95%))

Angst vor Räumen oder Situationen, in denen eine Flucht beim Auftreten von peinlichen, stark beeinträchtigenden oder auch panikähnlichen Symptomen nur schwer oder gar unmöglich wäre

Charakteristisch ist das Gefühl, sich in einer Situation zu befinden, aus der man nicht fliehen kann

Diagnostik: 2 Symptome

typische Situationen: Kaufhäuser, Verkehrsmittel, Menschenmengen, Angst Schlange zu stehen, Restaurants, u.a.

Agoraphobie ist keine Platzangst!!! Platzangst = Klaustrophobie (=spezifische Phobie)

Angsttypen

Spontane Angst, Panikstörung; anfallsartig

Generalisierte Angststörung; durchgehend

Phobien: Objekt- und situationsbezogene Angst

  • Agoraphobie: z.B. Menschenmengen, Reisen mit weiter Entfernung von zu Hause
  • spezifische Phobie: z.B. Tiere, Höhen, Blut
  • soziale Phobien: Angst vor prüfender Betrachtung und Bewertung  durch andere

Allen diesen Störungsbildern gemeinsam ist eine unbegründet starke Angst vor Situationen und Objekten

Soziale Phobien (F40.1)

Merkmal:

  • übermässige Angst vor negativer Bewertung in Interaktions- oder leistungsbezogenen Situationen.
  • Furcht vor prüfender Betrachtung durch andere Menschen, die zur Vermeidung sozialer Situationen führt

Situationen: Essen in Öffentlichkeit, schreiben in Gegenwart eigener, öffentliches Sprechen, Prüfung ablegen, telefonieren, Mitmenschen ansprechen

in der Regel mit niedrigem Selbstwertgefühl und Furcht vor Kritik verbunden / Angst vor Blossstellung / Selbstunsicherheit

Beschwerden: Erröten, Händezittern, Übelkeit oder Drang zum Wasserlassen äussern

-> die Symptome können sich zur Panikattacke steigern

  • Wissen um Übertriebenheit der Angst / Leidensdruck
  • Vermeidungsverhalten

Therapieansatz: kognitive Verhaltenstherapie: Mut steht mir gut!

 

Spezifische (isolierte) Phobien (F40.2) 

Konstant auftretende Angstreaktionen, die durch eine tatsächliche oder befürchtete Konfrontation mit einem spezifischen Objekt oder einer bestimmten Situation ausgelöst werden und häufig zu Vermeidungsverhalten führen

Situationen:

  • Nähe von bestimmten Tieren
  • Höhen
  • Donner, Dunkelheit, Fliegen
  • geschlossene Räume, öffentliche Toiletten, Genuss bestimmter Speisen, Zahnarztbesuch oder Anblick von Blut

Besonderes und Definitionen:

Bewusstsein der Betroffenen über Übertriebenheit der Angst

  • Akrophobie = Höhenangst
  • Arachnophobie = Angst vor Spinnen
  • Aviophobie = Flugangst
  • Klaustrophobie = Angst vor beengten Räumen

 

 

Sonstige Angststörungen (F41) 

Hauptsymptom -> Manifestation der Angst

Unspezifisch, nicht situations- oder ortgebunden

zusätzlich Möglichkeit depressive und Zwangssymptome sowie phobische Ängste

  • Panikstörungen
  • Generalisierte Angststörung (GAS) 
  • Gemischte Angststörungen

Panikstörungen - Paroxsymale Angst (F41.0)

  • Wiederkehrende, unerwartete und für den Betroffenen nicht erklärbare schwere Angstattacken (Panik) 
  • Nicht umgebungs- oder situationsbezogen und deshalb auch nicht vorhersehbar. 
  • Ohne Anlass (Gegensatz zur Phobie) 
  • Ausgeprägte vegetative Symptomatik  
  • Oft entsteht sekundär auch die Furcht zu sterben, vor Kontrollverlust oder die Angst, wahnsinnig zu werden.-> Vermeidungsverhalten

Panikstörungen - Spontane Panikattacken (F41.0)

  • Klar abgrenzbare Episode panischer Angst (in denen keine objektive Gefahr besteht) 
  • mindestens 4 Symptome 
  • Abrupt auftretend und innerhalb 10 Minuten Höhepunkt erreichen.  
  • Plötzlich, unerwartet, kein eindeutiger Auslöser • Angstfreie Zeiträume zwischen den Attacken 
  • Starke vegetative und motorische Symptomatik

Panikstörungen - körperliche Symptome

  • plötzlich auftretendes Herzklopfen, Bedrohungsgefühl, Erstarren 
  • Schwitzen, Zittern und Beben, weiche Knie, Hitzewallungen, Kälteschauer  
  • Erstickungsgefühle, Schmerzen/ Beklemmungsgefühl in der Brust 
  • Schwindel, Unsicherheit, Benommenheit oder Ohnmacht nahe sein  
  • Übelkeit, Magen-Darm-Beschwerden 
  • Entfremdungsgefühle (Depersonalisation/sich losgelöst fühlen oder Derealisation/Gefühl der Unwirklichkeit).  
  • Parästhesien

Panikstörungen - Psychische Beschwerden

Angst zu sterben/verrückt zu werden/die Kontrolle zu verlieren

Panikstörung kann mit und ohne Agoraphobie auftreten. (Situationsbedingte Panikattacke: Angst vor dem Alleinsein)

Panikstörungen - Problematik & Folgen

  • Erwartungsangst, die zu Funktionseinschränkungen führen kann. 
  • Betroffene beginnen somit auch Orte zu meiden, in denen noch nie ein Angstanfall auftrat, weil sie befürchten, dass sie dort nur schwer fliehen können. 
  • Angstanfälle sind für die Betroffenen nicht nur an sich eine bedrohliche Erfahrung. 
  • Zusätzlich schlimm sind die dabei erlebte Hilflosigkeit, das Gefühl, der Angst ausgeliefert zu sein 
  • Nicht wissen können, wann und wo sie wieder auftreten wird, und ihr nichts entgegen halten zu können.

Die Angst vor möglichen neuen Angstanfällen führt dazu, dass Betroffene all jene Situationen vermeiden, in denen für sie ein Rückzug an einen ‚sicheren’ Ort schwierig erscheint.

Generalisierte Angststörung (GAS) (F41.1) - Allgemein

  • Betroffene machen sich monatelang anhaltende, übertriebene und unkontrollierbare Aegste und Sorgen über alltägliche Situationen oder auch Alltagsprobleme. 
  • Den Aengsten liegen keine Gefahren und Bedrohungen zugrunde. 
  • Nicht auf bestimmte Umgebungsbedingungen beschränkt, vielmehr "frei flottierende" Ängste und Befürchtungen 
  • Häufig Befürchtung geäussert, Patient selbst oder ein naher Angehöriger könnten demnächst erkranken, verunfallen. 
  • Schicksalsschläge werden ängstlich antizipiert.

GAS - Symptome (F41.1)

„Sich Sorgen“ geht mit einem charakteristischen Cluster von muskulären. autonomen und kognitiven Symptomen einher

Vegetative Symptome  

  • Muskelanspannung, Übelkeit, Durchfall, Schwitzen, Harndrang, Herzbeben 
  • Atembeschwerden, Nervosität, Unruhe, Reizbarkeit, ständiges “auf dem Sprung sein”  
  • Ein-Durchschlafstörungen

Psychische Symptome 

  • Ängstlichkeit / Besorgtheit, Grübelneigung 
  • Konzentrationsstörungen, Insomnie, Müdigkeit 
  • Entfremdungserleben

GAS - Diagnostik & Behandlung (F41.1)

Diagnostik: Beschwerden seit 6 Mt. Anhaltend 

Behandlung

♣ Aufklärung − Zusammenhänge /

♣Psychotherapie − kVT

♣ Pharmakotherapie − Erste Wahl: SSRI − Akuttherapie: Benzodiazepine

♣ Andere z.B. Bewegung/körperliche Aktivität, Atemtherapie

Gemischte Angststörung - allgemein - Siehe GAS 

  • Inhalte der Sorgen betreffen: Familie/Partnerschaft, zwischenmenschliche Kontakte, Arbeit/Leistung, Finanzen und Gesundheit.
  • Menschen mit GAS versuchen sich durch sogenanntes "Sicherheitsverhalten" zu beruhigen.
  • Sie suchen z.B. bei anderen Personen nach Rückversicherungen oder versuchen sich durch Kontrollhandlungen zu vergewissern, dass sie sich keine Sorgen machen brauchen.

Zwangsstörungen (F42) - allgemein

  • Charakteristisch sind wiederkehrende Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen, die extrem zeitaufwendig sind (mehr als 1 h /Tag)
  • Oder aber eine ausgeprägte Belastung oder deutliche Beeinträchtigung verursachen.
  • Die betroffene Person ist sich bewusst, dass die Zwangsgedanken oder Zwangshandlungen übertrieben oder unbegründet sind.

Zwangsgedanken (F42.0) 

  • Anhaltende oder wiederkehrende Ideen, Impulse, Gedanken oder Vorstellungen, 
  • die als aufdringlich, unsinnig oder als unangemessen wahrgenommen werden. 
  • Können nicht unterdrückt werden und verursachen Leiden und Angst. 
  • Je unannehmbarer/angsterzeugender ein solcher aufdringlicher Gedanke für die betroffene Person ist, umso unbehaglicher und ängstlicher wird sie sich fühlen, wenn der Gedanke auftritt. 
  • Zwangsgedanken putschen Betroffene gefühlsmässig auf und sind begleitet vom starken Drang, dagegen anzukämpfen bzw. etwas zu tun, um befürchtete Konsequenzen zu verhindern. 

Zwangshandlungen (F42.1)

  • sind stereotype und ritualhafte Verhaltensweisen (Händewaschen, ordnen, kontrollieren, sammeln) oder auch geistige Handlunge (beten, zählen, Wörter leise wiederholen, das richtige denken)  
  • Zwangsrituale dienen zur Beruhigung der Betroffenen. 
  • Zwangshandlungen müssen wiederholt ausgeführt werden um die innere Anspannung abzubauen. 
  • Sie tragen zu einer vorübergehenden Erleichterung der Person bei. 
  • Sind mit der Vorstellung verbunden, dass das Unbehagen noch weiter ansteigt, wenn diese Verhaltensweisen nicht ausgeführt würden. 
  • Oft werden Familienangehörige in Zwangsrituale miteinbezogen. 
  • In der Regel wird am Anfang versucht den Zwangshandlungen Widerstand zu leisten, was jedoch in der Folge aufgegeben wird, da dies die wachsende Angst und Anspannung beendet. 
  • Verheimlichung der Symptomatik (Scham)
  • Vermeidungsverhalten bis hin zur sozialen Isolation.

Am häufigsten ist der Wasch- und Kontrollzwang.

Zwangsstörungen - Typische Erscheinungsformen

  • Zwangsgedanken treten als Befürchtungen, gedankliche Impulse (z.B. „Kind an die Wand knallen“) oder bildhafte Vorstellungen (z.B. Bilder von Enthauptungen) auf. 
  • Bei den Zwangsritualen unterscheidet man zwischen offenen (beobachtbaren) und verdeckten (mentalen) Ritualen. 
  • Offene Zwangsrituale: Kontrollzwänge, Waschzwänge Ordnungszwänge (z.B. Dinge werden zurechtgerückt, bis sie „am richtigen Platz“ stehen, Zwanghafte Langsamkeit (z.B. stundenlange anstrengende Morgentoilette).
  • Verdeckte Zwangsrituale Zwanghaftes Grübeln, Zählen (z.B. die Anzahl Wörter von gesprochenen Sätzen), das „Richtige denken“ (z.B. zur Verhinderung eines Unglücks bei Familienangehörigen).