Einführung in die Soziologie - UNIBE

Einführungsvorlesung Soziologie bei Christian Joppke an der Universität Bern - HS18

Einführungsvorlesung Soziologie bei Christian Joppke an der Universität Bern - HS18


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Langue Deutsch
Catégorie Affaires sociales
Niveau Université
Crée / Actualisé 20.01.2019 / 18.09.2024
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Schelsky: Nivellierte Mittelstandgesellschaft

Es gibt eine Nivellierung in einer verhältnismässig einheitlichen Gesellschaftsschicht, die ebenso wenig proletarisch wie bürgerlich ist, das heisst durch den Verlust der Klassenspalung und Hierarchie gekennzeichnet ist

Bell: Postindustrial Society

  • Es bildet sich eine New Class aus Wissenschaftlern, Technikern, Verwaltungsexperten und Kulturschaffenden
  • Es herrscht aber kein Klassenbewusstsein, es gibt keine geminsamen Interessen weil die Menschen über den privaten und öffentlichen Sektor verstreut sind
  • Die neue Klasse ist politisch dominant, sie hat eine vergleichsweise liberale politische und soziale Einstellung und Forderung nach sozialem Wandel

Marshall's Citizenship

Die gleichen Bürgerrechte neutralisieren die Klassenungleichheiten (England 18-20 Jh. civil, politival and social rights; secondary system of industrial citizenship)

Habermas: Ausgangspunkt der neuen sozialen Bewegung

Disparität zwischen System und Lebenswelt. Laut der Theorie des kommunikativen Handlens ensteht eine Konfliktlinie zwischen dem Zentrum der am Produktionsprozess unmittelbar beteiligten Schicht, die ein Interesse daran haben das kapitalistische Wachstum als Grundlage des sozialstaatlichen Kompromisses zu verteidigen, und einer bunt zusamengewürfelten Peripherie auf der anderen Seite.

Beck: Motoren der Individualisierung

  • Arbeitsmarkt
  • Steigender Wohlstand
  • Freizeit- und Konsumkultur

Konsequenzen der Individualisierung:

  • Wegschmelzen subkulturellen Klassenidentitäten
  • Enttraditionalisierung ständisch eingefärbter Klassenlagen
  • Diversifizierung und Individualisierung von Lebenslagen und Lebenswegen
  • -> Fahrstuhleffekt: objektive soziale Ungleichheiten, bezüglich Geld, Bildung etc; bleibt konstant, kann aber, vor allem aufgrund gestiegenen Wohlstnads, nicht länger als Gruppenspezifisches Schicksal verstanden werden

Zwei Klassenkämpfe nach Bourdieu

Reproduktiver Klassenkampf

  • Wird im Erziehungssystem ausgetragen (Kampf um Titel)
  • Die Klassen sind in Familien und Individuen dissoziiert
  • Klassenreproduktion geschieht nicht wie Besitzübergabe sondern wie Erlangen von Titeln

Wahrere Klassenkampf:

  • Klassenkampf um kulturell-ästhetische Distinktion
  • Wird innerhalb der herrschenden Klassen ausgetragen

3 Klassen nach Bourdieu

Bourgeoisie (herrschende Klasse)

  • Hat, ohne erworben zu haben / sieht den Prozess des Erwerbens nicht
  • Unterscheidung in: Ökonomische, Kultruelle, Bürgerliche und Intelektuelle Bourgeoisie

Mittelklasse

  • Hat, weil sie erworben hat
  • Charakterisiert durch Bildungsbeflissenheit und Zukunftsorientiert

Arbeiterklasse (populäre Klasse)

  • Ist vom Kampf um Distionktion ausgeschlossen
  • Es herrscht Notwendigkeitsgeschmack z.B. viel Essen > gutes Essen
  • Virilität und Muskelkraft ist wichtig
  • Sie bilden keine oppositionelle Gegenkultur sondern resignativ. Es kommt zu einer Ausschliessung durch sich selbst.

Soziale Bewegungen

sind mobilisierte Netzwerke von Gruppen und Organisationen, die auf der Grundlage einer kollektiven Identität mit Mitteln des Protests sozialen Wandel herbeiführen oder verhindern wollen

Ursachen von SB

  • Eher äussere Bedingungen wie Deprivation oder erst bei Ressourcenzufuhr
  • Psychologisch oder strukturell

Free rider Dilemma

warum überhaupt gibt’s es soziale Bewegungen wenn’s billiger ist nichts zu tun und andere Kollektive Güter bereit stellen zu lassen (doch handelt Mensch rational?)

Collective Behaviour (Smelser)

  • bei CB handelt es sich um Reaktion auf Spannung und Notlage
  • CB allgemein definiert durch generalized beliefs (vereinfachte Antwort auf komplexe Notlage)
  • CB als irrationaler Kurzschluss

Ansatz von Gofman: frame analysis 

  • diagnostic frame: wie wird ein Problem als Problem erkannt
  • identity frame: Wer ist davon betroffen
  • agency frame: was ist zu tun -> kulturelle Prozesse der Problemerkennung, Identifizeirung von Akteuren, Handlungsmöglichkeiten
  • -> interpretative Prozesse der Problemfindung

Etappen der Arbeiterbewegung

  • 18.Jhdt: Maschinenstürmer (Luddismus)
  • 19.Jhdt: utopischer Sozialismus; kommunistische Bewegung; sozialistische Parteien
  • 20.Jhdt:
    • 1914: «Nation» triumphiert über «Klasse»
    • 1917: russ. Revolution (Spaltung in «kommunist.» und «sozialist.» Parteien
    • Nach 1945: Volksparteien und Wohlfahrtsstaaten
    • 1989: Polen beseitigt Arbeiterstaat

3 Merkmale des Lenninistischen Regimes

  1. Traditional: Einparteiensystem
  2. Modern: Mobilisierung der Gesellschaft für rationales Ziel
  3. Charismatic: heroischer Kampf gegen Klassenfeind legitimiert Herrschaft

3 Typen von Opposition

  1. Revisionismus: Intellektuele mobilisieren Ideale des Kommunismus gegen ihren Verrat
  2. Dissidenz: Ablassen von demoktratischem Sozialismus (Sache der Intelektuellen, Forderung nach Rechten, Differenzierung und Pluralismus)
  3. Nationalismus: benennt Kollektiv, in der Rechte, Differenzierungen und Pluralismus gelten sollen

Definition Kultur nach Rehbern

Kultur...

  • is erlent und nicht angeboren
  • wird dsprachlich konstituiert und reprouduziert
  • besteht aus normativen und kognitiven Elementen
  • ist eine kollektive, gemeinsame Lebensweise
  • erfordert Interkation/Kommunikation, welche zwischen Menschen ausgeführt wird

Sell: Zwei Kulturbegriffe

  1. Kultur als Kategorie des sozialen Lebens (Kultur im Singular: semiotischer, auf Bedeutung abzielender Aspekt des menschlichen Lebens
  2. Kultren als Lebensweisen (Kultur im Plural): identisch mit Gruppe oder Gesellschaft, bspw. Getto-Kultur

Simmel: Objektive und Subjektive Kultur

Objektive Kultur: 

  • Bezeichnet Kultur, welche Gesmatheit an Dingen oder Artefakten hervorbringt, die vom Menschen geschafft werden und denen sie Beduetung beimessen
  • Dies beinhaltet Dinge, die unser Leben sachlich erfüllen, bspw. Geräte, Verkehrsmittel oder Technik

Subjektive Kultur:

  • Fähigkeit der personalen Aneignung
  • Sich durch Aneignung kultureller Produkte verfeinern, z.B. Bücher lesen, Filme schauen
  • Es findet ein Niedergang der subjektiven Kultur statt, ein Mensch kann nicht mehr alles Wissen

Werte

Unter einem Wert bersteht man die allh. Vorstellung darüber, was gut und schlecht, bzw. erwünscht und unerwünscht ist

  • Bspw. Freiheit, Gleichheit, individualität
  • Werte können sich gegenseitig verstärken (Materieller Komfort und beruflicher Ehrgeiz)
  • Werte können auch kollidieren (Gerechtigkeit und Egoismus)

Normen

Eine Norm ist eine spezielle Richtlinie / Regel, die Auskunft über das Verhalten in einer best. Situation gibt.

  • Norm ist eine verpflichtende Verhaltenserwartung
  • Normen sind zumeist habitualisiert und situationsbezogen

Normen unterteilt man in

  • Bräuche und Sitten: Bräuche sind eingwöhnte Alltagsregeln, denen man ohne viel Nachdenken gehorcht (Hand vor Mund beim gähnen). Sitten sind Bräuche, die auf langer Eingelebtheit beruhen (an Weihnachten wird gut gegessen)
  • Gebote (moralisch begründet)
  • Gesezte (formal und staatlich sanktioniert)

Unterschiede Werte/Normen

  • Werte sind allgemein, das heisst situationsabhängig udn rechtfertigen Normen
  • Normen schreiben vor, wie zu handeln ist
  • Werte geben an, warum sie zu handeln ist

Symbole

Symbole sind komplexe Verweisungszusammenhänge, welche Präsenz von etwas Abwesendem durch Verkörperung ermöglichen, also Gegenstände, Gesten, Töne oder Bilder die auf etwas anderes als nur auf sich selbst verweisen

  • Zentral ist, dass alle Symbole auf Vereinbarung beruhen
  • Kulturen haben häufig Schlüssel-Symbole

Kulturen sind gemäss W.Sewell

  • Widersprüchlich
  • Schwach integriert
  • Konfliktreich
  • Stets im Wandel
  • Schwach abgegrenzt

Kulturelle Globalität

bedeutet, dass sich stark voneinander unterscheidende, lokale Kulturen zunehemnd ersetzt bzw. überformt werden druch eine einzige globale Kultur, an der jedermann teilnehmen kann

  • Es resultiert eine Internationalisierung der Kultur, die auch durch Migrations- und Flüchtlingsströme zustande kommt
  • Eine Verienhietlcihung und Ausdifferenzierung der Geschmäcker entsteht

Politische Soziologie

untersucht die Wechselbeziehungen zwischen Staat und Gesellschaft, soziale Bedingungen und Auswirkungen staatlicher Herrschaft auf Bevölkerung

Normale Politik

ist regelgebundenes, institutionalisiertes Konflikthandeln, mit dem Ziel der Kontrolle öffentlich relevanter Entscheidungsprozesse, bei dem Beteiligte sich an die Regeln der Konfliktaustragung halten und sich darauf verlassen können, dass die anderen dies auch tun.
Für politics gilt, dass andere Menschen Mitbürger und allenfalls Gegner sind. Es herrscht ein Verbot nicht-staatlicher Gewalt. Dies setzt voraus, dass die Regeln für alle fair und unparteiisch sind und dass die politische Gemeinschaft integriert ist.

2 Methoden der politischen Einheitsbildung

  1. Man stellt Konflikte durch innere und äussere Feindbildung still, es kommt zu einer Ausmerzung des Feindes
  2. Man lässt Konflikte freien Lauf und neutralisiert sie durch Pluralisierung

Macht ist

  • sozial amorph (nicht klar zu fassen)
  • instabil (es gibt auch Gegengewalt)
  • nicht immer politisch

Positive und negative Macht

  • positiv: Macht, etwas zu tun (bspw. staatliche oder erzieherische Macht)
  • negativ: Macht über etwas

4 Machttheorien der politischen Soziologie

  1. Marxismus: Klssentheorie, wirschftliche ist politische Macht
  2. Elitentheorie: Die politische Klasse herrscht, nicht das Vold
  3. Pluralismus: Verschiedene Gruppen dominieren in verschiedenen Politikbereichen
  4. Kritische Machttheorie: Macht ist dann am stärksten, wenn die Objekte nicht wissen, dass Macht über sie ausgeübt wird

Staat

ist diejenige menschliche Gemeinschaft, welche innerhalb eines bestimmten Gebietes das Monopol legetimer physischer Gewaltsamkeit für sich beanspruchz.

  • Innenverhältnis eines Staates mit Exekutive, Parlament und Justiz vs. der Zivilgesellschaft ist verrechtlich
  • Aussenverhältnis hingegen ist anarchisch

Verfassung regelt:

  • Individuelle Grundrechte
  • Beziehungen zwischen Gesellschaft und Staat
  • Staatsaufbau
  • Staats- und Politikziele
  • Metaregeln

4 wichtigste gesellschaftliche Kollektivakteure

  1. Parteien: territoriale Repräsentation, greifen sämtliche Themen flächendeckend auf, katalysieren den Volkswillen
  2. Verbände: funktionale Repräsentation, sachlich begrenzte Domänen und Interessen, Mittel der Staatsentlastung
  3. Soziale Bewegungen
  4. Öffentlichkeit (Medien)

3 Interventionsformen der wohlfahrtsstaatlichen Politik

  1. Regulative Politik: z.B Mindestlohn
  2. (Re)distribution: Sozialhilfe aus Steuermitteln oder Versicherungsprinzip
  3. Steuerung: Nachfragesteuern, Arbeitsmarktpolitik, Infrastrukturpolitik

Liberale Demokratie

ist die Regierungsform, bei der die Ergebnisse der Herrschaftsausübung ungewiss sind, die Prozeduren dagegen feststehen. Wenn Wahlen fair sind, kann man erst nach der Auszählung der Stimmen mit Sicherheit wissen, wer gewonnen hat.

Ethnizität

Anders als in der volkstümlichen Vorstellung ist es nicht eine gemeinsame Kultur, die die Menschen zu einer ethnischen Gruppe zusammenfasst, sondern sie soziale Handlung der Selbstabgrenzung. Sie glauben von sich, dass sie gemeinsame Merkmale besitzen und werden von anderen auch so gesehen

Ethnizität in Allgemeinen

Ea (gemäss M.Weber): «subjektive(r) Glaube an eine Abstammungsgemeinsamkeit…, ganz einerlei, ob eine Blutsgemeinsamkeit objektiv vorliegt oder nicht»
Also: zwei Merkmale zentral für Ea:

  • 1.Bezug auf kollektiven Ursprung (askriptiv)
  • 2.subjektiv, nicht objektiv (dies unterscheidet Ethnizität von Verwandtschaft, die stets objektiv feststellbar ist; aber:  Bezug auf Verwandtschaft ist kontrovers)

Modernistische Ansätze (Nation und Nationalismus)

  1. Logik der Industrialisierung (E.Gellner): Industrialismus erfordert kulturelle Homogenität, kontextfreie Kommunikation, und Exo-Sozialisierung → Nationalismus als Trick, dies zu generieren

  2. Staatszentrierte Theorie (M.Mann): Geopolitische Rivalität verstärkt sowohl «infrastrukturelle Macht» des Staates als auch Kompetenz u. Ansprüche der Gesellschaft →die mobilisierte Gesellschaft konstituiert sich als   «Nation» 

  3. «imagined communities» (B.Anderson): «the nation…is an imagined political community-and imagined as both inherently limited and sovereign»

Primordialer Ansatz (Nation und Nationalismus)

  • vormoderne Ursprünge der Nation («Ethnien»)
  • verweist auf Unterschiede zwischen Nationen
  • «ethnic cores» (Eigenname, Ursprungsmythos, gemeinsame Geschichte, homeland)
  • «lateral-aristokratische Ethnien»: dynastisch, von politischen Eliten geprägt (England, Frankreich, Kastilien)
  • «vertikal-demotische Ethnien»: völkisch, über Klassengrenzen hinweg, von Intellektuellen geprägt (Diasporas, Grenzethnien)