Methodenlehre Psychologie
Einführung in die Methoden der Psychologie
Einführung in die Methoden der Psychologie
Kartei Details
Karten | 453 |
---|---|
Lernende | 55 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 12.01.2019 / 04.02.2025 |
Weblink |
https://card2brain.ch/box/20190112_methodenlehre_psychologie
|
Einbinden |
<iframe src="https://card2brain.ch/box/20190112_methodenlehre_psychologie/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>
|
Was sind Explanandum und Explanans? Geben Sie ein psychologisches Beispiel.
- Explanandum: das Zu-Erklärende wie z.B. Trennungsbewältigung ist für Frauen leidvoll
- Explanans: die Erklärung wie z.B. Zwei-Phasen-Modell der Trennung
Erläutern Sie das H-O- Schema für Erklärungen an einem Beispiel. Warum ist dies ein "deduktiv-nomologisches" Erklärungsschema? (Nach Hempel& Oppenheim)
1. Wenn A dann B (Gesetz): wenn Trennung, dann Zwei-Phasen-Traurigkeit
2. A gegeben (Antecendensbedingung): Trennung
3. Dann folgt (logisch notwendig) B (Deduktion): Zwei Phasen Traurigkeit
--> 1 und 2 gelten gemeinsam als Erklärung (Explanans)
--> das Dritte ist das zu Erklärende (Explanandum)
--> Schritt 3 ist die Deduktion
--> Schritt 1 stellt ein Gesetz dar
--> deshalb ein deduktiv-nomologisches Erklärungsschema
Was ist eine Subsumptionserklärung?
- ein beobachtetes Phänomen wird unter ein allgemeines Gesetz subsummiert
Was sind Grenzen des H-O-Schemas?
- oft sind Erklärungen Veraallgemeinerungen oder genauere / erweiterte Beschreibungen
- "Warum gilt das Gesetz" ist eine Meta-Frage und kann mittels H-O-Schema nicht gut beantwortet werden
- Gesetze gelten immer nur unter CP-Vorbehalt (ceteris paribus: gleiche Randbedingungen) , diese sind aber oft unbekannt bzw. potentiell unendlich
Erläutern Sie den Unterschied zwischen Beschreibung und Erklärung. Erläutern Sie an einem Beispiel auch, warum diese Unterscheidung oft nicht klar zu treffen ist.
- Beschreibung: Antwort auf Was-Fragen
- Erklärung: Antwort auf Warum- Fragen
- Beispiel: "Warum fallen Dinge herunter: wegen der Schwerkraft"; Schwerkraft ist aber selbst nur eine Beschreibung des Phänomens, dass bisher alle möglichen Dinge heruntergefallen sin
- also Beschreibung oder Erklärung? --> oft sind Erklärungen Verallgemeinerungen oder genauere / erweiterte Beschreibungen
Was sind Probleme der Vermögens- und Triebpsychologie vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erklärungsmodelle?
- leere Erklärungen: es werden theoretische (nicht beobachtbare) Begriffe als Ursache angegeben, die nicht unabhängig von ihrer Wirkung definiert sind
- sie funktionieren also wie leerdrehende Räder, die nichts erklären
Was sind dispositionelle Erklärungen?
- Disposition: zeitlich überdauernde Eigenschaften von Personen
- auch zuschreibbar, wenn gerade nicht beobachtbar
- z.B: Prüfungsangst als Grund für durchgefallene Prüfung
Welche Ursachen unterscheidet Aristoteles? Geben Sie je ein Beispiel.
- Causa materialis: Gehirn--> Erklärungen mentaler Prozesse
- Causa formalis: Man isst, wegen des Hungertriebs, der wiederrum zum Begriff des Menschen gehört
- Causa efficiens: Nennung einer zeitlichen vorgelagerten UV, die die Wirkung in der AV erzeugt
- Causa finalis: introspektive Gründe für Handeln (ich habe das getan, damit...)
Was ist der Unterschied zwischen Gründen und Ursachen (für) eine(r) Handlung?
- Grund: psychisch
- Ursache: physikalisch
Was sind teleologische Ursachen?
- Intentionale Ursache oder Grund: in die Zukunft gerichtet
- wir tun etwas, weil wir ein Ziel erreichen wollen und glauben, es mit bestimmten Mitteln erreichen zu können
Was sind funktionale Erklärungen und welches wissenschaftstheoretische Problem besteht dabei?
- Handlung wird durch biologisches (nicht notwendigerweise bewusstes) Ziel erklärt
Problem: Post-hoc-Rationalisierungen und fehlende Falsifizierbarkeit
Inwiefern besteht eine subjektive Komponente in der Bestimmung was die entscheidende Ursache für ein Ereignis ist?
- die Menge der notwendigen und hinreichenden Bedingungen scheint gegen unendlich zu streben
- Was ist das Kriterium, das uns annehmen lässt, dass etwas die wahre / wichtige Ursache ist?
- Hier besteht eine starke subjektive Komponente in der Bestimmung, was die entscheidende Ursache ist
Was ist der Unterschied zwischen notwendigen und hinreichenden Bedingungen und was haben diese mit Ursachen zu tun?
- Aussagenlogisch betrachtet ist eine notwendige Bedingung B für eine Aussage K eine Aussage, die zwingend wahr (erfüllt) sein muss, wenn K wahr ist --> kommt also nicht vor, dass K erfüllt ist ohne das B erfüllt ist
- eine hinreichende Bedingung sorgt zwangsläufig (oder zumindest ceteris paribus) für das Eintreten des bedingten Ereignisses
- wenn die Bedingung nicht zugleich notwendig ist, dann gibt es andere mögliche Bedingungen, die ebenfalls zum Eintreten des Ereignisses hätten führen können --> die hinreichende, nicht notwendige Bedingung ist also ersetzbar bzw. umgehbar (multiple Erfüllbarkeit)
Erläutern Sie Mackies Konzeption von Ursachen anhand eines Beispiels.
- Ursache als INUS (--> insufficient, but necessary part of an unnecessary, but sufficient condition)
- Beispiel:
- Der Hausbrand ist bspw. durch einen elektrischen Kurzschluss verursacht, durch Zusammenspiel von Kurzschluss und brennbarem Material bedingt
- Kurzschluss ist alleine also nicht ausreichend, aber notwendig
- "Kurzschluss + brennbares Material" ist keine notwendige, aber hinreichende Bedingung zur Bestimmung von INUS-conditions
Erläutern Sie Mills Canon of Induction und seine verschiedenen Methoden anhand eines Beispiels.
- Methode zur Isolation von Ursachen auf Basis von Induktion (keine experimentelle Methode)
- Method of Agreement: alle Fälle, in denen ein Effekt auftritt (Übelkeit), haben nur einen gemeinsamen Umstand (Austern gegessen)
- Method of Difference: Situation, die krank von gesund unterscheidet, hat nur eine einzige entsprechende Differenz (Austern: ja / nein)
- Joined Method (Agreement + Difference): bei Gesunden ist die Abwesenheit von Austern gemeinsam, bei Kranken die Anwesenheit von Austern; der Unterschied zwischen gesund und krank geht einher mit An- / Abwesenheit von Austern
- Method of Concomitant Variation: monotoner Zusammenhang, umso mehr Austern, umso schlechter ist demjenigen
- Method of Residues: Austern und Wein führen zu Kopf- und Bauchweh; ich weiß, dass Austern Bauchweg machen--> also macht der Wein Kopfweh
- Menge der potentiell relevanten Bedingungen muss begrenzt und bekannt sein (dem ist in der Realität aber selten so)
- es wird keine Interaktion berücksichtigt (Uni- Kausalität)
- dennoch einige Prinzipien in moderner experimenteller Methodologie wiederzufinden (z.B. isolierte Bedingungsvariation)
Worin beseht für Dilthey der Unterschied zwischen Erklären und Verstehen? Was bedeutet diese Unterscheidung für die Psychologie?
- Naturwissenschaften erklären; Geisteswissenschaften verstehen
- Natur erklären wir; Seelenleben verstehen wir
--> Psychologie wäre also eine Mischform
Was ist der hermeneutische Zirkel?
- danach liegt der Anfang des hermeneutischen Zirkels in einer ursprünglichen Grundevidenz der Wahrheit
- nur weil der Mensch "immer schon" in der Wahrheit seines Seins stehe, könne er die Wahrheitsfrage über den Sinn seines Menschseins stellen und diese weiter ausbauen
- demzufolge ist jede Aussage, die von einem Individuum getroffen wird, für dasselbige ein hermeneutischer Zirkel. da dieses sowohl die Wahrheit als auch die "Erkenntnis" der Wahrheit schon inne hat, oder anders formuliert, sich die Frage nach der Wahrheit nicht stellen kann, da es diese ja schon ist
- Einzeldaten sind nur vor dem Hintergrund des ganzen Kontextes zu verstehen, aber wie kommt man zum Kontext ohne Einzeldaten?
Welche Kritik kann man an Diltheys Unterscheidung zwischen Erklären und Verstehen üben?
- Trennung zwischen Erklären und Verstehen ist letztlich unklar und ggf. auch unnötig
Was unterscheidet die nomothetische von der idiographischen Forschung?
- Nomothetische Wissenschaft: Ziel ist das Finden allgemeiner Gesetze in der Naturwissenschaft
- Idiographische Wissenschaft: Ziel ist die Analyse konkreter, raumzeitlich einzigartiger Gegenstände in der Geisteswissenschaft
Inwiefern gibt es in der Psychologie zwei Erklärungsebenen?
- erste Ebene: Warum ist ein Ereignis B eingetreten? (Gesetz)
- zweite Ebene: Warum gilt das Gesetz "immer wenn A, dann B?" (Theorie / Metapher)
Welche Aspekte kennzeichnen gut Erklärungen?
- Kohärenz
- Vollständigkeit
- Eindeutigkeit
- Qualität der Gründe
- Abwesenheit eines Korrelation- Kausalitäts- Fehlschlusses
- Vollständigkeit der Argumente
- Abwesenheit von Alternativerklärungen
- Sparsamkeit
Was ist Ockhams razor?
Ockhams Rasiermesser: von zwei möglichen Erklärungen / Theorien ist die sparsamere / einfachere (also die mit weniger zugrundeliegender Annahmen) vorzuziehen
Was genau soll in der Psychologie erklärt werden? (2 verschiedene Aspekte)
- 1. Events (Ereignisse, Phänomene, meist verallgemeinert als "Effekte")
- 2. Capacities / Dispositions / Faculties (Fähigkeiten / Vermögen / Dispositionen)
- Beispiel:
- Warum reagiert jemand langsam in einer Multitasking-Situation (psychologisches Gesetz, z.B. PRP- Effekt)?
- Wie funktioniert die Fähigkeit Multitasking (bzw. Denken, Problemlösen, Entscheiden... und alle weiteren mentalen Prozesse)?
--> eng verwandte Fragestellungen, aber Effekte werden typischerweise "entdeckt" und daraufhin werden dazugehörige Fähigkeiten erklärt
Was versteht man unter funktionaler Analyse? Was meint der Begriff "how possibly" in Bezug auf Erklärungen?
- Funktionale Analyse (Cummins, 1983)
- Zergliederung der Disposition in Unterfunktionen bzw. Komponenten mit einfacherer Struktur ; Teile distinkt und weniger komplex; meist auf der Basis logischer Analyse (rein analytisch)
- Häufige Vorgehensweise (Forschungsprozess):
- emprischer Effekt wird gefunden
- plausible Erklärung (how possibly) wird postuliert
- Erklärung wird "Theorie" genannt und daraus wieder Effekte (Hypothesen) abgeleitet, um die Theorien zu testen (z.B. gegen alternative how possibly- Erklärungen)
Welche 4 Erklärungstypen kann man in der Psychologie unterscheiden?
1. Belief-Desire- Intention- (BDI-) Erklärungen
2. Quasi-mechanistische Verarbeitungssysteme mentaler Repräsentationen (konzeptionell / komputational)
- mechanistische Modelle
- konnektionistische Modelle
- mathematische Modelle
3. Neurowissenschaftliche Erklärungen
4. Evolutionäre Erklärungen
Was leisten die verschiedenen Typen von Erklärungen und was sind jeweils die Grenzen? (BDI & Repräsentationen)
1. BDI
- impliziert Interaktionen zwischen Beliefs, Desires & Intentions; meist an Bewusstsein gekoppelt
- Anwendung: "common-sense"-Psychologie, Sozialpsychologie, Psychoanalyse, "höhere" Kognitionspsychologie
- Grenzen: Mapping auf Hardware (Gehirn): nichts im Gehirn scheint diesen "Dingen" zu entsprechen--> unüberwindbare (erkenntnistheoretische) Brücke zwischen mentalen Repräsentationen und Gehirn (sog. "Leibniz gap")
2. Repräsentationen
- basiert auf sprachlicher Analyse; Bewusstsein spielt keine wesentliche Rolle; zentale Rolle von Repräsentationen
- Anwendung: basale kognitive Prozesse
- Grenzen: Schwierigkeit Explanans und Explanandum unabhängig voneinander zu spezifizieren; Entsprechung in Hardware nicht gegeben
2.1 Mechanismus-artige Erklärungen bzw. Modelle
- Idee: Mechanismus unterliegt einem Phänomen / Effekt ("mechanisms are entities and activities organized such that they are productive of regular changes from start or set-up to finish or termination conditions"--> z.B. Uhrwerk)
- Grenzen: in Psychologie Mechanismen eher Skizzen / Modelle, Wahrheitsgehalt ist entweder nicht angestrebt, unrealistisch oder niemals überprüfbar, unendlich viele Modelle denkbar
Was leisten die verschiedenen Typen von Erklärungen und was sind jeweils die Grenzen? (Konnektionismus, mathematische Modelle, Neurowissenschaften, evolutionäre Erklärungen)
2.2 Konnektionismus
- Grundidee: "The best model for the brain is the brain itself"; Bewusstsein spielt keine Rolle
- Anwendung: basale kognitive Prozesse, v.a. Lernen
- Grenzen: Kluft zwischen Modell und Realität (Leibniz gap) nur scheinbar verkleinert
2.3 mathematische Modelle
- modelliert Reaktionszeit- und Fehlerverteilungen mit wenigen Parametern (Evidenzakkumulation & Antwortschwelle)
- Anwendung: 2 AFC (two alternative forced choice) / Diskrimination
- Problem: z.T. unklar was angestrebt wird; erklärt das Modell die Daten?
3. Neurowissenschaften
- Ordnungsprinzipien (z.B. Lokalisation und Vernetzungsstruktur); Bewusstsein spielt keine Rolle
- Anwendung: neuronale Prozesse, die Kognition unterliegen
- Grenzen: jede sinnvolle Interpreation von Gehirndaten setzt psychologisches Wissen zur Interpretation hinsichtlich mentaler Prozesse notwendig voraus
4. Evolutionäre Erklärung
- relevante Konzepte im Explanans: Vererbung, Variation (Mutation), (natürliche, sexuelle) Selektion / Fitness; Bewusstsein spielt keine Rolle; jede Disposition als Adaptationsresultat angesehen
- Anwendung: soziale Prozesse, Geschlechterforschung, kognitivie Fertigkeiten, Wahrnehmung, Biases
- Testbarkeit?; beantwortet andere Fragen als die übrigen Ansätze
--> Quasi-mechanistische Repräsentationsverarbeitungssysteme vermutlich das Beste was die Psychologie im Moment zu bieten hat
Was nennen wir in der Wissenschaft "Zufall"?
- wenn ein Ereignis (typischerweise aufgrund der Komplexität der Einflussfaktoren) nicht erwartbar / berechenbar ist
- ein zufälliges Ereignis zeichnet sich (auch im natürlichen Sprachgebrauch) dadurch aus, dass es unerwartet und für uns bedeutsam (oder im Aufmerksamkeitsfokus) ist
- also zwei subjektive Momente: Unwissenheit & Interesse
Ist es sinnvoll in eine wissenschaftliche Erklärung eine Zufallskomponente einzubauen (z.B. normalverteilte Varainz in den Daten)?
- Ja, man kann nie alles wissen und alles kontrollieren
Welche subjektiven Momente kennzeichnen den Zufall im natürlichen Sprachgebrauch? Erläutern Sie dies anhand von Beispielen.
- Unwissenheit (unerwartet) & Interesse (bedeutsam)
- Interesse: Welche Zahl beim Würfelspiel oben liegt vs. welche Seite eines zu Boden gefallenen Brühwürfels oben liegt
- Unwissenheit: Es ist kein Zufall, dass ein Raucher Lungenkrebs bekommt (bei Unwissenheit der Risiken könnte man es aber als einen Zufall sehen?)
Geben Sie ein Beispiel für positive und negative Zufälle, die vor dem Hintergrund persönlicher Pläne unerwartet sind?
- Positiver Zufall: Sechser im Lotto
- Negativer Zufall: von Asteroid erschlagen
Wie reduzieren wir mit experimentellen Methoden den Zufall als Wissenschaftler? Inwieweit gibt es auch hier ein subjektives Moment?
- durch isolierte Bedingungsvariation und Störvariablenkontrolle
- das subjektive Moment ist hierbei, welche Variablen ich isoliere und was Randbedingungen sind
Wie wurde in der antiken Philosophie typischerweise mit dem Zufall umgegangen?
- persönliches Interesse an nicht beeinflussbaren Variablen reduzieren
Was haben gebiaste Erwartungen mit dem Zufall zu tun?
- retrospektiver Bias: im Nachhinein erscheint alles geplant
- Post-hoc-Rationalisierungen
- fundamentaler Attributionsfehler
--> Tendenz der Unterschätzung des Zufalls
Was ist der fundamentale Attributionsfehler und was hat er mit dem Zufall zu tun?
- bezeichnet die Neigung, den Einfluss dispositionaler Faktoren, wie Persönlichkeitseigenschaften, Einstellungen und Meinungen, auf das Verhalten anderer systematisch zu überschätzen und äußere Faktoren (situative Einflüsse) zu unterschätzen
- Beispiel: kriegt also der Kettenraucher einen Husten, ist das kein Zufall, denn er ist selbst schuld; bekommt aber jemand Husten, weil er angehustet wurde, ist das ein Zufall, da er ja machtlos war
Inwiefern unterschätzt ein Bias Zufallskomponenten in unserer persönlichen Biographie?
- durch den retrospektiven Bias erscheint im Nachhinein alles als geplant "das musste ja so kommen", da man ja immer das Ende mit im Blick hat
Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Wahrnehmung eines Ereignisses als Zufall und dem Problem der Willensfreiheit?
- kriegt der Kettenraucher einen Husten, ist das kein Zufall, denn er ist selbst schuld; bekommt aber jemand Husten, weil er angehustet wurde, ist das ein Zufall, da er ja machtlos war
- unter Annahme der Willensfreiheit, ist im ersten Fall kein Zufall zu sehen
- Zweifler der Willensfreiheit müssten auch in Fall 1 Zufall sehen?!
Inwieweit kann ein Bias, der zur Unterschätzung des Zufalls führt auch psychische Probleme auslösen?
- Heraushebung einer dem eigenen Willen unterliegenden Vorbedingungen für ein Ereignis kann für Schuldgefühle sorgen
- Beispiel: "wenn ich meinen Freund nicht beschimpft hätte, wäre er eher gegangen und nicht vom Dachziegel erschlagen worden"
Nennen und skizzieren Sie mindestens sechs Wahrheitstheorien.
- Kohärenztheorie (Neurath, Quine): Aussage lässt sich widerspruchsfrei in ein Satzsystem einfügen; jeder Satz verweist auf das gesamte Sprachgefüge (Theorie), in dem er auftritt (Holismus)
- Pragmatismus: Wahrheit im Zusammenhang mit praktischer Nützlichkeit (dass wir zum Mond fliegen können, belegt die Wahrheit der Sätze der Mechanik / Maschinenbau)
- Konsenstheorie (Habermas): Wahr ist ein Satz, wenn Geltungsansprüche diskursiv eingelöst werden können
- Gebrauchstheorie (später Wittgenstein): die Bedeutung des Begriffs "wahr" erschließt sich aus dem Gebrauch des Wortes in verschiedenen Kontexten
- Satzwahrheit vs. Sachwahrheit (Hegel, Heidegger): "ein wahrer Freund"
- Korrespondenztheorie (Aristoteles, Thomas von Aquin): Übereinstimmung von Denken und Sache (Realität)
- Abbildtheorie (früher Wittgenstein): Sprache bildet Sachverhalte in der Welt ab
- Redundanztheorie (Frege, Ramsey): Wahr sind Sätze, bei denen es redundant ist zu behaupten, dass sie wahr sind: "Es ist wahr, dass 5 eine Primzahl ist" = "5 ist eine Primzahl"
- Performative Theorie (Strawson): Wahrheit einer Aussage behaupten heißt, eine Möglichkeit (Gedanken, Propositionen) in eine Wirklichkeit (Behauptung) zu überführen
- Semantische Theorie (Tarski): Der Satz "Schnee ist weiß" ist wahr genau dann, wenn Schnee weiß ist (Unterscheidung von Objekt- und Metasprache)