M7 3418 FUH

Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik - Grundlagen psychologischer Diagnostik

Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik - Grundlagen psychologischer Diagnostik


Kartei Details

Karten 120
Lernende 10
Sprache Deutsch
Kategorie Psychologie
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 26.10.2018 / 15.02.2022
Weblink
https://card2brain.ch/box/20181026_m7_3418_fuh
Einbinden
<iframe src="https://card2brain.ch/box/20181026_m7_3418_fuh/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>

Kap. 2 (PL)

Vorhersagen

  • beziehen sich z.B. auf Schul-/Berufserfolg oder den Verlauf einer psychischen Störung
  • die Antwort kann immer nur eine Wahrscheinlichkeitsaussage sein: 
  1. die Forschung zeigt, dass z.T. einge Zusammenhänge zwischen Prädiktoren wie Intelligenz & Kriterien wie Berufserfolg bestehen, dass aber die Variation des Kriteriums nie vollständig aufgeklärt werden kann (realistisch: max. 25% Varianzaufklärung)
  2. Erfahrung (und Forschung) zeigt, dass Erfolg in Schule/Studium/Beruf von vielen Faktoren abhängt; einige dieser Faktoren kann man messen & berücksichtigen → die Vorhersage verbessert sich dadurch (vielleicht noch ca. 10% mehr), aber immer noch weit entfernt von perfekter Vorhersage; außerdem sind andere wichtige Faktoren nur unzuverlässig messbar (plötzlicher Tod eines Verwandten ist unvorhersehbar) → erschwert jede Vorhersage

Kap. 2 (PL)

Status- vs. Veränderungsdiagnostik

Statusdiagnostik:

  • feststellen, ob bestimmte Maßnahmen indiziert sind - Erfassung des Ist-Zustands
  • einmalige Erhebung
  • im Idealfall findet eine Evaluation der Maßnahme statt (als Erfolgskontrolle oder begleitende Prozessdiagnostik)
  • Bsp: Eingangsdiagnostik (Prüfen, ob Intervention erforderlich ist)

Veränderungs-/Prozessdiagnostik:

  • die zu verändernden Merkmale werden kontinuierlich erfasst, um durch den Vergleich eine Aussage über die Veränderung oder Stabilität von Merkmalen zu treffen - Veränderungsmessung
  • mehrmalige Erhebung
  • die Intervention kann ggf. an den Verlauf angepasst werden
  • Bsp: Erfolgskontrolle (aber 2 Probleme: Veränderung kann auch auf andere Faktoren als die Intervention zurückgeführt werden; Veränderung kann ein Übungseffekt sein)

Kap. 2 (PL)

Beispiele für den Nutzen Psychologischer Diagnostik 

1) Pädagogische Psychologie

  • Zweck der Diagnostik: Schullaufbahnberatung (geeignete Schule/Schulform/Klasse finden für einen Schüler)
  • Gesellschaftlicher Nutzen: Höhere Lebenszufriedenheit des Schülers, eventuell später bessere Berufschancen, effizienter Einsatz der Ressource Schule

Kap. 2 (PL)

Beispiele für den Nutzen Psychologischer Diagnostik 

2) Klinische Psychologie

  • Zweck: Erkennen und genaue Bestimmung von psychischen Störungen
  • Gesellschaftlicher Nutzen: Patienten werden einer Therapie zu geführt, die ihre Lebenszufriedenheit und evtl. berufliche Leistungsfähigkeit verbessert und evtl. ihre Suizidgefährdung reduziert

Kap. 2 (PL)

Beispiele für den Nutzen Psychologischer Diagnostik 

3) Forensische Psychologie

  • Zweck: Straftäter erkennen, die ein hohes Rückfallrisiko nach ihrer Entlassung aufweisen
  • Gesellschaftlicher Nutzen: Gesellschaft wird vor schweren Straftaten geschützt; Straftäter erfährt evtl. weitere Behandlung, die ihm später ein straffreies Leben ermöglichen 

Kap. 2 (PL)

Beispiele für den Nutzen Psychologischer Diagnostik 

4) Personalpsychologie

  • Zweck: Potentialanalyse
  • Gesellschaftlicher Nutzen: gezielte Förderung der Mitarbeiter durch Einsatz der ihren Fähigkeiten gerecht wird; Personalentwicklungsmaßnahmen zur Behebung von "Schwächen"

Kap. 2 (PL)

Beispiele für den Nutzen Psychologischer Diagnostik 

5) Verkehrspsychologie

  • Zweck: Verkehrseignung von Personen überprüfen, die wegen Trunkenheit am Steuer etc. ihren Führerschein verloren haben
  • Gesellschaftlicher Nutzen: Gesellschaft wird vor gefährlichen Verkehrsteilnehmern geschützt; Betroffenen wird ein Weg aufgezeigt, wie sie an sich arbeiten können um wieder eine Fahrerlaubnis zu erhalten 

Kap. 2 (PL)

Gesetzliche Richtlinien

Ranghohe und rangniedrige Gesetze

  • ein ranghohes Gesetz ist allgemeiner formuliert (z.B. Grundgesetz vs. konkrete Regelungen im Strafgesetzbuch etc.)
  • an oberster Stelle steht das Recht der Europäischen Gemeinschaft, gefolgt vom deutschen Grundgesetz
  • eine Ebene tiefer: einfache Gesetze (z.B. Strafgesetzbuch, Bürgerliches Gesetzbuch)
  • darunter: Rechtsverordnungen
  • ganz unten: weitere Rechtsnormen (z.B. Satzungen von Organisationen & Richtlinien)

Kap. 2 (PL)

Für die Psychologische Diagnostik relevante Gesetze

  • Artikel 8 (1) der Europäischen Menschenrechtskonvention: "Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz" 
  • Artikel 1 im GG: "Die Würde des Menschen ist unantastbar(...)" → gebietet u.a. keine herabsetzenden Formulierungen
  • Artikel 2 im GG: "(1)Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, soweit ernicht die Rechte anderer (...) (2)Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden." → 2 (1): informationelle Selbstbestimmung, 2(2): Weitergabe persönl. Infos kann problematisch sein; diagnostische Verfahren können als Resultat die garantierte Freiheit einschränken (Sicherheitsverwahrung, Zwangseinweisung) ist aber zulässig!
  • § 203 Strafgesetzbuch: Paragraf zum Geheimnisverrat und zur Offenbarungspflicht → Schweigepflichtsverletzung gibt bis zu 1 Jahr Gefängnis oder Geldstrafe

Kap. 2 (PL)

Geheimnisse & Schweigepflicht

  • nicht geschützt, wenn im privaten Bereich anvertraut (Schweigepflicht ist bezogen auf Berufsausübung)
  • Datenweitergabe in anonymisierter Form ist okay 
  • Schweigepflicht gilt auch ggü. anderen Personen mit Schweigepflicht (Kollegen, Ärzte, Anwälte...)
  • Informationsweitergabe ist zulässig, wenn der Betroffene zustimmt (mündlich oder stillschweigend; schriftliche Erklärung ist aber sinnvoll)
  • auch Kinder werden durch Schweigepflicht geschützt, aber die Eltern haben auch ein Informationsrecht → ist abzuwägen
  • in zivilrechtlichen Prozessen besteht ein Zeugnisverweigerungsrecht für Berufspsychologen
  • in Strafprozessen gibt es dieses Schweigerecht nur für psychologische Psychotherapeuten und Kinder-&Jugendtherapeuten und auch da nur für Infos, die sie im Rahmen einer Untersuchung oder Heilbehandlung erfahren haben

Kap. 2 (PL)

Offenbarungspflicht

besteht unter bestimmten Bedingungen

  • Strafgesetzbuch §138 (Nichtanzeigen geplanter Straftaten): bei bestimmten Straftaten, Verschweigen gibt bis zu 5 Jahre Haft oder Geldstrafe; betrifft alle Menschen; entscheidend ist, dass die Straftat noch abgewendet werden kann
  • Betriebsverfassungsgesetz § 94: Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsatz (eigene KK)
  • Betriebsverfassungesetz § 95: Auswahlrichtlinien (üblicherweise abstrakt formulierte Regeln; Bsp: Auswahlrichtlinie legt fest, dass nur Bewerber mit einem IQ von mind. 100 eingestellt werden → das wäre mitbestimmungspflichtig, aber nicht wie die Intelligenz gemessen wird)

Kap. 2 (PL)

Betriebsverfassungsgesetz § 94 (Personalfragebogen, Beurteilungsgrundsätze)

  • "Personalfragebögen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. ..." gilt auch für allgemeine Beurteilungsgrundsätze
  • Personalfragebogen: Fragen zu Familienstand, bisheriges Einkommen, Krankheiten etc. 
  • es ist im Einzelnen geklärt, welche Fragen überhaupt zulässig sind und dass Bewerber unzulässige Fragen nicht wahrheitsgemäß beantworten müssen
  • Persönlichkeitsfragebogen: zulässige Verfahren zur Eignungsfeststellung eines Bewerbers, aber nicht um ihn auszuforschen; AG darf nicht erfahren, wie die einzelnen Fragen beantwortet wurden (nur das vom Psychologen ausgewertete Ergebnis)
  • Beurteilungsgrundsätze sind allgemeine Grundsätze, nach denen alle Bewerber/bereits eingestellte AN in fachlicher oder persönlicher Hinsicht beurteilt werden

Kap. 2 (PL)

Ethische Richtlinien der deutschen Psychologenverbände

 

  • herausgegeben von der DGPs (Deutsche Gesellschaft für Psychologie) und dem BDP (Berufsverband deutscher Psychologen)
  • dienen für den BDP auch als Berufsordnung
  • geben verbindliche Regeln für das professionelle Verhalten von Psychologen vor

Kap. 2 (PL)

Ethische Richtlinien, bei der Erstellung von Gutachten und Untersuchungsberichten ist zu beachten

  • Sorgfaltspflicht: wissenschaftliche und sachliche Fundiertheit, Sorgfalt & Gewissenhaftigkeit
  • Transparenz für Adressaten
  • Einsichtnahme gewähren: für den Klienten vorab; wenn nicht möglich: Klienten vorher informieren
  • keine Gefälligkeitsgutachten, ebenso keine Gutachten die ohne eigene Mitwirkung entstanden sind
  • Stellungnahme zu Gutachten von Kollegen ist zulässig: aber kollegiales Verhalten zeigen (keine unsachliche Kritik)
  • Verantwortung ggü. Klienten: Vertrauensverhältnis (wenn es gestört ist, kann der Auftrag abgelehnt werden); Aufklärung und Einwilligung

Kap. 2 (PL)

Verstöße gegen die Ethischen Richtlinien

  • dabei kann das Ehrengericht von einem der beiden Berufsverbände eingeschaltet werden
  • kann im Extremfall den Ausschluss aus dem Berufsverband beschließen (da die Mitgliedschaft freiwillig ist, bedeutet ein Ausschluss nicht gleichzeitig ein Berufsverbot)

Kap. 2 (PL)

American Psychological Association

International Test Commission

  • APA: amerikanischer Berufsverband, deutsche Richtlinien sind daran angelehnt; detailliertere Richtlinien mit weitergehenden Forderungen wie etwa nach Beachtung der eigenen Kompetenz beim Anbieten von Dienstleistungen, Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung dieser Kompetenzen oder Minimierung des Eindringens in die Privatsphäre
  • "Internationale Richtlinien für die Testanwendung": für die Psychologische Diagnostik hoch relevant; darin finden sich u.a. Forderungen nach Sicherstellen der eigenen Fachkompetenz oder nach Verantwortung für die Testanwendung

Kap. 2 (PL)

Eigenschaften als hypothetische Konstrukte

  • Schluss von Verhalten auf Eigenschaften: versch. Verhaltensweisen, die eigentlich nur wenig miteinander zu tun haben (bezogen auf Ablauf, beteiligte Körperteile), werden nach bestimmten Gesichtspunkten zu Kategorien/Klassen geordnet, diese Kategorien werden bezeichnet mit "Ängstlichkeit", "Geselligkeit" etc.
  • innerhalb der Kategorien: mehr oder weniger explizite Skalierungen ("sehr gesellig", "ein wenig gesellig", "überhaupt nicht gesellig") → wer viele der Verhaltensweisen in größerer Intensität zeigt, hat eine stärkere Ausprägung
  • Zweck der Kategorisierung: vereinfachte, verkürzte Charakterisierung eines Menschen
  • Verhaltensweisen haben die Funktion von Indikatoren für die Eigenschaften

Kap. 3 

China

 

  • Erstes Testprogramm & Leistungskontrollen seit 300 v.Chr. (Vorläufer vor 3000 bis 4000 Jahren), blieb bestehen bis 1905
  • Zur Auswahl von Bewerbern für gehobene Posten
  • 2 Teile:
  • 1. schriftlich (Recht, militärische Angelegenheiten, Landwirtschaft, Finanzen, Geografie, Literatur, Rechnen)
  • 2. handlungsbezogen (Reiten, Musizieren, Bogenschießen)
  • Ab dem 7. Jhd. wurde ein objektives, mehrstufiges, landesweit durchgeführtes Selektionsprogramm entwickelt
  • Objektivität: schriftlicher Teil wurde kopiert & von 2 Beurteilern bewertet
  • System wurde von den Engländern übernommen, mit in die Heimat gebracht, 1855 Einführung eines kompetitiven Prüfungssystems für den öffentl. Dienst in GB, Vorbild für Deutsche, Franzosen und Amerikaner

Kap. 3 

Altes Testament

  • Buch der Richter: sequentielle Strategie zur Auswahl geeigneter Krieger
  • zuerst Selbsteinschätzung hinsichtlich Intelligenz und Tapferkeit
  • danach Verhaltensbeobachtung hinsichtlich bestimmter Verhaltensmerkmale (sollen Aufschluss über Selbstbeherrschung, Aufmerksamkeit etc. liefern)
  • bemerkenswert: diagnosische Situation ≠ spätere Bewährungssituation

Kap. 3 

Antikes Griechenland

  • Plato hatte Vorstellungen über interindividuelle Unterschiede, weshalb Person & Beruf zueinander passen müssen
  • schlug ein Testprogramm für eine selektive Zuweisung von Menschen zu verschiedenen Funktionen vor
  • diagnostisches Verfahren: Verhaltensbeobachtung in kritischen Situationen

Kap. 3 

Christliches Mittelalter

  • Wissen der Antike ging verschüttet
  • teleologische Sichtweise: Unterschiede nur zwischen Arten wurden erklärt mit einem Schöpfergott, der die Lebewesen spezifisch ausgestattet hat
  • wenn überhaupt eine einzelne Person betrachtet wurde, dann nicht als Individuum sondern nur in Begriffen der Gruppe, der sie angehörte

Kap. 3 

Renaissance

  • Juan Huarte (Arzt): Ratschläge für Eltern zur Studien-/Berufswahl ihrer Söhne
  • orientierte sich an Hippokrates´ Temperamentenlehre
  • starke Blüte persönlichkeitspsychologischer & diagnostischer Betrachtungen im 18. Jhd. (Lavater, Gall, Tetens, Knigge), allerdings stark spekulativ und wissenschaftlich unbegründet!

Kap. 3 

Grundlagen für die heutige Idee interindividueller Differenzen

  • Physik, Mathematik, Physiologie: erste Messmodelle
  • Biologie: Darwins Evolutionstheorie (individuelle Differenzen sind Voraussetzung für Selektion)

Kap. 3 

Anfang der Entwicklung moderner Diagnostik

  • zunächst generelle Messung psychischer Merkmale (allgemeine Gesetzmäßigkeiten)
  • wichtig: Fechners "Elemente der Psychophysik": zeigt, wie man seelische Größen messen kann und wie sich psychische Größen zu physikalischen verhalten
  • Fundamentalformel (Fechner): S = k • log(S=Sinnesempfindung, R=Reizstärke); nimmt die Reizstärke linear zu, so steigt die Empfindung nur analog zum Logarithmus der Reizstärke
  • herausragend, weil bis dahin Kants Ansicht stand, dass Psychologie niemals Wissenschaft werden könne, weil psychische Vorgänge nicht quantifizierbar seien
  • aber schon Galilei forderte 250 Jahre vorher: Miss das Messbare und versuche, das Nicht-Messbare messbar zu machen
  • zu Beginn sehr einfache Untersuchungsparadigmen, v.a. Reaktionszeitmessung

Kap. 3 

1. Periode der Diagnostik, Galton

  • Francis Galton, 1822-1911, verwandt mit Darwin und von dessen Theorie beeinflusst
  • interessierte sich v.a. für die Erfassung der Fähigkeiten der Menschen
  • 1869 Veröffentlichung des Buchs "Hereditary genius" = Beginn der systematischen Erforschung interindividueller Unterschiede
  • ging davon aus, dass Intelligenz zu großem Anteil vererbt ist und dass Intelligenz eine allgemeine kognitive Fähigkeit ist, die den Erfolg bei jeder anderen kognitiven Aufgabe betimmt
  • suchte nach Gesetzmäßigkeiten der Vererbung von Intelligenz → Unterschiede müssen psychometrisch erfasst werden (aber Psychometrie ist nur ein Spezialfall der Anthropometrie)

Kap. 3

Galtons Methoden

  • viel Reaktionszeitmessung
  • Tests zur Prüfung des Farbsehens, zur Feststellung der Diskriminationsfähigkeit im visuellen, akustischen & kinästhetischen Bereich, Gedächtnistests, Fragebogen zur Messung individueller Ausprägungen von Vorstellungsbildern
  • entwickelte einen "Index of Correlation" zur Weiterverarbeitung der Messungen (wurde später von Pearson zum Korrelationskoeffiziernten und zur Regressionsrechnung erweitert)
  • wichtigeste Erträge der frühen Phase: Korrelation & Regression

Kap. 3

Galtons Ergebnisse

  • nahm Normalverteilung für kognitive Fähigkeiten an
  • konnte zeigen, dass in bestimmten Familien überzufällig viele intellektuelle Hochleistungen und Spezialbegabungen waren → Beleg der Vererbbarkeit der Intelligenz

Kap. 3 

McKeen Cattell

  • Schüler von Wundt
  • befasste sich mit individuellen Differenzen (erst als Störfaktor, später dann systematisch)
  • führte das Wort "mental test" ein
  • schuf (ähnlich wie Galton) Testbatterien: 10 Einzeltests (physical/mental tests)
  • forderte als erster Vergleichbarkeit der Testergebnisse & versuchte deswegen standardisierte Untersuchungssituationen zu schaffen
  • mit ihm endet die sog. erste Periode der Testentwicklung

Kap. 3

Ende der 1. Periode

  • bereits in den 1890ern Zweifel an der Brauchbarkeit der mental tests zur Intelligenzerfassung
  • umfassende Korrelationsstudie von Wissler (1901) beendet die Periode

Ergebnisse: 

  • Mental tests wiesen nur geringe Interkorrelation auf
  • Physical tests wiesen zwar gute Interkorrelation auf, korrelierten aber nicht mit den mental tests
  • Mental tests korrelierten nicht mit Außenkriterien (Zeugnisnoten, Lehrerbeurteilungen)

 

Kap. 3 

Kritik an Wisslers Studie (Eysenck & Eysenck)

  • er berücksichtigte die geringe Zuverlässigkeit der mental tests nicht: hätte man diese verbessert, wären die Korrelationskoeffizienten für die mental tests wahrscheinlich höher ausgefallen
  • individuelles Reaktionszeitmaß basierte nur auf 3 bis 5 Messungen (anstatt 100) → instabil
  • Mental tests wurden nicht mit anderen Intelligenztests korreliert (nur mit Lehrerbeurteilungen & Zeugnissen → schwache Indikatoren)
  • Probanden: nur Studenten einer renommierten Privatuni (eingeschränkte Varianz)
  • Begründung, warum die Forschungsrichtung nur wegen einer (fehlerhaften) Studie abgelehnt wurde: amerikanischer Zeitgeist, der keine biologische Interpretation bei Intelligenzunterschieden wollte

Kap. 3 

2. Periode der Diagnostik (Anfänge: Esquirol)

  • 2. Periode entstand eher aus praktischen Problemstellungen 
  • Esquirol & Séguin unterschieden verschiedene Grade der intellektuellen Minderleistung
  • differenzierten zwischen angeborener Idiotie & erworbener Demenz
  • Unterschiede in Minderleistungen sollen sich durch unterschiedliche Beherrschung der Sprache zeigen (Beginn der immernoch aktuellen Wortschatztests) 1938
  • Ziehen (1897): Reduzierung der Untersuchungsprogramme auf die Erfassung des Gedächtnisses, der Abstraktion sowie kombinatorischer Fähigkeiten; erste Überlegungen zum Konzept der Trennschärfe

Kap. 3 

2. Periode; Ebbinghaus

  • Experimentalpsychologe
  • entwickelte einen bekannten Intelligenztests (Lückentest) nach praktischem Auftrag (führt Vor- oder Nachmittagsunterricht zu größerer Ermüdung bei Schülern?)
  • registrierte eine deutliche Steigerung der Leistungen mit dem Alter und eine positive Beziehung zw. Test- & Schulleistung
  • die ersten praktisch verwendbaren Tests zur Quantifizierung der Intelligenz
  • hatte direkten Einfluss auf Binet

Kap. 3 

Alfred Binet 1 (frühe Forschung)

  • Mediziner und Pädagoge (kein Psychologe!)
  • entscheidende geistige Prozesse spielen sich auf einem höheren Komplexitätsniveau ab als bisher angenommen → aktuelle Intelligenztests (Galton) sind zu eintönig/einfach
  • untersuchte als hoch bzw. niedrig intelligent eingeschätzte Kinder (wo manifestieren sich die Unterschiede?) → einfache Funktionstests trennen nicht gut zwischen den Gruppen, komplexere (lebensechtere) Aufgaben waren besser

Kap. 3

Binets Auftrag der Schulbehörde

  • 1904
  • Ministerium wollte Sonderschulen für langsam/nicht lernende Schüler einrichten, Binet sollte diese Schüler "herausfiltern" → er sollte eine präzise Klassifikation der Intelligenz (im unteren Bereich) erreichen
  • 1905 Veröffentlichung eines brauchbaren Intelligenztests (Meilenstein in der Entwicklung der Psychologischen Diagnostik!)
  • deutsche Version 1911, Erweiterung auf normal- & überdurchschnittlich intelligente Kinder und Erwachsene 1916 (Stanford-Binet-Test; für ein halbes Jhd. die Grundlage der Intelligenzdiagnostik)

Kap. 3 

Binets Annahmen zu Intelligenz

  • keine bestimmte Theorie der Intelligenz, sondern ging von Beobachtungen alltäglichen Problemlösens bei Kindern
  • Binet schloss aus Ebbinghaus´ Ergebnissen, dass die Intelligenzleistung mit dem Alter steigt → ein Kind ist umso intelligenter, je früher es derartige Aufgaben richtig beantworten kann ⇒ die aktuelle kognitive Leistung wird durch die zwei Größen individuelle Intelligenz und Lebensalter bestimmt 

Kap. 3 

Binets "metrische Intelligenzleiter"

  • bahnbrechende Überlegung: Intelligenz messbar machen durch verschieden schwierige Aufgaben mit steigender Schwierigkeit (metrische Intelligenzleiter)
  • es wird bestimmt, welcher Schwierigkeitsgrad von jeder Altersgruppe im Durchschnitt gemeistern wird
  • dann kann für ein einzelnes Kind festgestellt werden, ob es über-/unter-/durchschnittlich intelligent ist

Kap. 3 

  • Erste Modifikation von Binets Testformat
  • Intelligenzalter 

  • Modifikation 1908 (Binet & Simon): Erhöhung der Aufgabenanzahl (auf 49), Erweiterung des erfassten Altersbereichs (auf 3-13), für jede Altersstufe wurden systematisch mehrere Aufgaben konstruiert
  • damit wurde das Intelligenzalter als Maß der Intelligenz formal eingeführt: die Altersstufe, bis zu der alle Aufgaben gelöst wurden, bestimmt das Grundalter; für jew. 5 zusätzlich gelöste Aufgaben wurde ein weiteres Jahr hinzugefügt
  • wurde noch verfeinert: pro Altersstufe 5 Aufgaben (außer für 4jährige)

Kap. 3 

Altersangemessenheit einer Aufgabe (Binet)

  • Binet blieb vage
  • Vorschlag von Bobertag wurde angenommen: Aufgabe ist als altersgemäß definiert, wenn sie von 75% der betreffenden Altersgruppe gelöst wurde
  • empirische Bestimmung: über größere Zufallsstichprobe müssen die Werte von Intelligenz- & Lebensalter gleich sein, ansonsten sind die Aufgaben zu leicht oder zu schwer

Kap. 3 

Problem beim Konzept des Intelligenzalters & Sterns Lösung

  • gleiche Abstände zum Lebensalter bedeuten auf unterschiedlichen Altersstufen nicht dasselbe (ein 12jähriger mit dem Intelligenzalter von 10 ist weniger "zurückgeblieben" als ein 6jähriger mit dem Intelligenzalter 4)
  • zum Vergleich ist also ein altersunabhängiges Intelligenzmaß notwendig
  • Sterns Vorschlag: (Intelligenzalter / Lebensalter) • 100 = IQ

Kap. 

Problem bei der IQ-Berechnung Sterns

  • Konzept impliziert, dass der IQ über die Lebensspanne stabil bleibt, also muss ein linearer Zusammenhang zischen Alters- und Leistungszunahme bestehen
  • Realität: negativ beschleunigte Funktion → zunächst starke Zunahme der Leistungsfähigkeit, aber ab ca. 16 ist ein Plateau erreicht (kein weiteres Wachstum)⇒ 16jährige können im Prinzip alle Aufgaben lösen, die auch ältere Personen lösen können
  • "Lösung" von Terman: Lebensalter für ältere Personen wird immer auf 16 festgelegt