BA104 Blüemli
FHNW soziale Arbeit BA104 Grundlagen Wissenschaft und Wissenschaftstheorie
FHNW soziale Arbeit BA104 Grundlagen Wissenschaft und Wissenschaftstheorie
Kartei Details
Karten | 93 |
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Lernende | 48 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Soziales |
Stufe | Andere |
Erstellt / Aktualisiert | 21.10.2018 / 11.10.2022 |
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Was ist das Problem des Positivismus?
Der Positivismus versucht die Verifikation von allgemeinen Aussagen. Aus gültigen Prämissen können aber falsche Sätze gefolgert werden, ohne dass dies im Rahmen des Dreisatzsystems der Induktion sichtbar werden müsste.
Was wird also als Induktionsproblem bezeichnet?
Die aus Induktion gewonnenen Erkenntnisse sind insofern provisorisch als sie bei jeder nächsten Beobachtung widerlegt werden können. Aus der Tatsache, dass bis anhin alle Beobachtungen dasselbe zeigten, lässt sich keine Sicherheit gewinnen, dass die nächste Beobachtung nicht zu einem anderen Ergebnis kommt. Der aus der Induktion hervorgehende allgemeine Satz bietet keine Sicherheit für Gültigkeit.
Was kann als die Lösung des Induktionsproblems gesehen werden?
Der Anspruch des Kritischen Rationalismus.
Was wird als Deduktion bezeichnet?
Prämisse (Allgemeiner Satz und Zuordnender Satz) führen zu einer Konklusion (beschreibender Satz). Bei einer Deduktion wird von allgemeinen Sätzen auf den einzelnen Fall geschlossen; der beschreibende Satz zum Einzelfall wird aus dem allgemeinen Satz abgeleitet. Deduktion ist das Fundament des Kritischen Rationalismus.
Worin unterscheiden sich unterschiedliche wissenschaftstheoretische Positionen?
Aufgrund des Verfahrens der logischen Schlussfolgerung, die sie für die Wissenschaft als zentral erachten und aufgrund der methodischen Annahmen, die sie treffen.
Karl R. Popper legt die Grundlagen für den Kritischen Rationalismus. Er versteht diese Position als Lösung des Induktionsproblems. Was bleibt?
Auch der Kritische Rationalismus versteht sich als Fundierung einer empirischen Wissenschaft (Natur- wie auch Sozialwissenschaften). Die Beobachtung bleibt dabei zentral. Der Kritische Rationalismus weist der Beobachtung aber einen anderen Platz zu als der Positivismus. Beobachtungen sind nicht der Ausgangspunkt von Forschung. Beobachtungen sind vielmehr das Material, mit dem Hypothesen geprüft werden.
Ausgangspunkt für Forschung sind Hypothesen (behauptete allgemeine Sätze bzw. Regularitäten). Was bedeutet das für die Forschung?
Wahrnehmungen/Beobachtungen sind immer schon theoretisch gelenkt, deshalb ist es kohärent, von diesen theoretischen Annahmen auszugehen. Diese werden anhand der Beobachtung des Gegebenen auf ihre Gültigkeit hin geprüft.
Damit nimmt der Kritische Rationalismus in einem zentralen Punkt eine radikale Umkehr der Forschungslogik vor. Das bedeutet…
Es geht nicht um die Hervorbringung & Verifikation von Aussagen. Es geht vielmehr darum, behauptete Aussagen zu prüfen. Erweisen sich Hypothesen als falsch, so kann dies (im Gegensatz zur Behauptung der Gültigkeit von Sätzen) als sichere Erkenntnis gelten.
Was bedeutet Falsifikation?
Ziel kritisch rationaler Wissenschaft ist der Ausschluss der Hypothesen, die falsch sind: Falsifikation. Dementsprechend ist empirische Forschung hypothesenprüfend angelegt.
Logik der Deduktion?
Kritisch-rationale Forschung stellt auf dem Verfahren der Deduktion ab: Im Schlussverfahren der Deduktion sind allgemeine Sätze Teil der Prämissen. Aus den allgemeinen Sätzen und zuordnenden Sätzen werden beschreibende Sätze gefolgert. Im Rahmen empirischer, hypothesenprüfender Forschung werden hypothetische allgemeine Sätze/Regularitäten und zuordnende Sätze in die Prämissen gesetzt. Aus dieser Prämisse werden beschreibende Sätze gefolgert (Konklusion). Diese (erwartete Beschreibung) wird mit der Beobachtung konfrontiert. Stimmt die Beobachtung nicht mit der erwarteten Beschreibung überein, wird in diesem Verfahren deutlich, dass eine der Prämissen falsch sein muss.
Wie sehen methodische Zusatzannahmen des Kritischen Rationalismus aus?
Hypothesen haben präzise, weitreichend und kühn zu sein. Hypothesen müssen empirischen Gehalt haben und falsifizierbar sein. Einmal widerlegte Hypothesen sind auszuscheiden.
Was sind weitere Annahmen des Kritischen Rationalismus?
Wissenschaftlicher Fortschritt ergibt sich aus konsequenter Falsifikation von Hypothesen und dem endgültigen Verwerfen von widerlegten Hypothesen. Wissenschaft muss wertneutral sein. Entstehungszusammenhang und Nutzungszusammenhang von Forschung sind nicht Teil von Wissenschaft.
Was sind also zusammengefasst die Grundzüge des Kritischen Rationalismus?
Ziel kritischer rationaler Wissenschaft ist der Ausschluss von Hypothesen, die nicht gültig sind: Falsifikation. Empirische Forschung ist deshalb hypothesenprüfend angelegt. Hypothesen sollen kühn, präzise und falsifizierbar sein. Fortschritt von Wissenschaft ergibt sich aus der Falsifikation von These und deren Ausschluss.
Was sind die Probleme und Kritik an der kritisch-rationalen Position?
Was nicht beobachtet und gemessen werden kann, ist für Wissenschaft nicht zugänglich. Die Enthaltung von Wertungen macht zwar Aussagen an sich sachlich neutral und weniger subjektiv. Wissenschaft kann so aber für unterschiedliche Zwecke in Anspruch genommen und genutzt werden, auch für solche, die wir nicht gut finden können. Wertneutrale Wissenschaft kann sich deshalb als nicht wirklich neutral, sondern als leicht zu benutzendes Instrument in den Händen der Herrschenden erweisen. Die Wissenschaftsgeschichte zeigt, dass wissenschaftlicher Fortschritt anderen Muster folgt, als einem strikten Falsifikationismus.
Was bezeichnet der Begriff „Raffinierter Falsifikationismus“?
Anderes Modell als der ursprüngliche Kritische Rationalismus, die Falsifikation von Hypothesen ist auch zentral. Zugleich misst er auch der Bewährung von Hypothesen eine Bedeutung für den Fortschritt von wissenschaftlicher Erkenntnis bei. Nicht nur aus der Tatsache, dass eine Hypothese widerlegt ist, kann man eine sichere Erkenntnis gewinnen. Auch die Tatsache, dass eine Hypothese sich einstweilen bewährt hat, vermittelt uns Erkenntnisse über Sachverhalte, Zusammenhänge und Kausalitäten.
Was wird als „Modifikation“ bezeichnet?
Wird eine falsifizierte Hypothese modifiziert (und nicht einfach fallen gelassen) und in einer neuen Überprüfung (Falsifizierungsversuch) nicht falsifiziert, hat sie sich einstweilen bewährt. Hieraus kann etwas Neues gelernt werden.
Worin sieht der raffinierte Falsifikationismus Fortschritte?
Durch die Falsifikation von behutsamen Hypothesen (Widerlegung von etwas, was für selbstverständlich betrachtet wurde) oder durch die Bewährung von kühnen Hypothesen (Bewährung von Unerwartetem).
Was bedeutet „kühn“?
Was als kühn oder behutsam zu betrachten ist, ist relativ. Kühn oder behutsam ist eine These immer im Lichte des bestehenden Hintergrundwissens. Kühn ist, was mit dem bestehenden Wissen kontrastiert oder von diesem ausgeschlossen wird.
Was ist Hermeneutik?
Sowohl ein allgemeines wissenschaftstheoretisches Paradigma als auch eine Methodologie (Lehre des methodischen Vorgehens). Gegenstand der Hermeneutik sind protokollierte Lebensäusserungen (Texte, Bilder, Filme, etc.). Hermeneutik führt zum Verstehen von (subjektiven oder intersubjektiv geteilten) Sinnkonstruktionen (Sichtweisen, Verständnissen und Erleben). Hermeneutische Forschung kann damit insbesondere noch wenig bekannte Phänomene ausleuchten und beschreiben, (neue) Kategorien/Begriffe schaffen, Existenzaussagen machen, Zusammenhänge & Muster aufzeigen, Typen konstruieren. Sie kann aber keine Aussagen zu deren Auftretenshäufigkeit machen.
Woher kommt der Begriff Hermeneutik?
Stammt von einem griechischen Verb, welches deuten, auslegen und verstehen bedeutet. Hermeneutik ist in diesem Sinne die Lehre der Auslegung von Zeichen, d.h Texten oder anderen dokumentierten Lebensäusserungen.
Tradition der Hermeneutik?
Wurzeln in der Antike, besondere Bedeutung im christlichen Mittelalter, Begründung der Geisteswissenschaft im 19. Jh., Weiterentwicklung im 20. Jh.
Wer ist Wilhelm Dilthey?
Die Erklären-Verstehen-Kontroverse wurde auf Dilthey zurückgeführt (Dualismus von Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften). Ditlhey strebte allgemeine Erkenntnistheorie an.
Wie sieht Diltheys Erkenntnistheorie aus?
Die Natur wird in äusseren Erfahrungen sinnlich wahrgenommen. Die geistigen Tatsachen werden in inneren Erfahrungen erlebt. Wahrgenommenes und Erlebtes wird gleichermassen mittels logischer Operationen bearbeitet.
Was wird als Abduktion bezeichnet?
Etwas (beschreibende Sätze) wird unter Verwendung von allgemeinen Sätzen (z.B. sprachliche, logische, pragmatsche Regeln) als etwas Bestimmtes (zuordnender Satz) erkannt.
Was bedeutet Auslegung?
Auslegung bedeutet die Aneignung des Fremden, das durch die Auslegung weniger fremd wird und verstanden wird (bevor es erneut befremdet werden kann…). Jede Auslegung knüpft an ein Vorverständnis an.
Was wird als hermeneutisches Trias bezeichnet?
Hermeneutik geht von einem Zusammenhang von Leben – Ausdruck – Verstehen aus. „Verstehen“ meint den Prozess der Rekonstruktion der ursprünglichen Erfahrungen.
Was setzt methodisches Verstehen voraus?
Methodisches Verstehen setzt protokollierte Ausdrucksgestalten (aufgezeichnete Daten) voraus. Verstehen baut auf einem Vorverständnis zum jeweiligen Gegenstand auf; das Vorverständnis wird durch die Untersuchung verändert, erweitert, präzisiert, kontrastiert etc.
Was wird als innerer und äusserer Kontext bezeichnet?
Die Erweiterung des Verständnisses kann durch die aufschliessende Analyse eines gegebenen Texts erfolgen (innerer Kontext). Die Erweiterung des Verständnisses kann auch durch zusätzliche Informationen erfolgen, z.B Angaben zu historischen Entstehung eines Texts (äusserer Kontext).
Was gehört zur Hypothesenprüfenden Forschung?
Forschung kann Annahmen zu Sachverhalten, Zusammenhängen und Kausalitäten prüfen. Diese Richtung haben wir in der Form hypothesenprüfender, falsifikatorischer Forschung kennengelernt (Kritischer Rationalismus und raffinierter Falsifikationismus). Vorausgesetzt sind Daten in Form von numerischen Werten (Studien, Statistiken, etc.) Sie konzentriert sich auf die Überprüfung von Annahmen, mit dem Ziel, unhaltbare/ungültige Aussagen zu falsifizieren. Neue, in der Hypothese nicht berücksichtigte Zusammenhänge, können nicht erkannt werden.
Was gehört zur Hypothesengenerierenden Forschung?
Forschung kann bisher unbekannte Sachverhalte, Zusammenhänge und Kausalitäten explorieren und Hypothesen dazu generieren. Diese Richtung nutzt oft einen hermeneutischen Zugang, der Unbekanntes verstehend zu begreifen erlaubt. Vorausgesetzt sind Daten in Form von Texten, Bilder, Filmen, „Lebensäusserungen“.
Was meint der Begriff „Technik“?
Technik bezeichnet generell eine kunstfertige, gezielte Beeinflussung von etwas. Technik setzt Erfahrungen, Knowhow, aber kein wissenschaftliches Wissen voraus.
Was meint der Begriff „Technologie“?
Technologien sind komplexe Anwendungen (Produkte, Prozesse oder Programme), die einen Entwicklungsprozess mit typischen Schritten wie Design, Test und Evaluation voraussetzen. Für den Entwicklungsprozess werden wissenschaftliche Erkenntnisse herangezogen.
Wie steht es mit Technologie in der Sozialen Arbeit?
Psychosoziale Interventionen sind keine natürlich ablaufende Prozesse, sondern geplante Eingriffe, die wissenschaftlich fundiert sind. Insofern stellt sich die Frage nach der technologischen Dimension.
Was bedeutet der Begriff „technologische Aussagen“?
Unter technologische Aussagen, verstehen wir hier Aussagen, die sich auf Methoden, Verfahren, Angebote bzw. Interventionen beziehen und darüber informieren, inwiefern diese dazu geeignet sind, bestimmte Ziele zu erreichen.
Hat die soziale Arbeit nun eine technologische Dimension?
SA als Wissenschaft untersucht soz. Problemlagen und deren Bearbeitung durch die SA. Sie untersucht und formuliert also Aussagen dazu, welche Methoden, Verfahren, Angebote bzw. Interventionen zum Einsatz kommen und welche am besten dazu beitragen, das Ziel der Klienten zu erreichen. Somit hat die SA eine technologische Dimension, da Handlungspläne (Methoden, Verfahren, Angebote) entwickelt werden.
Und die soziale Arbeit als Profession?
SA als Profession will etwas bewirken, also absichtsvoll und gezielt dazu beitragen, die mit dem Klienten vereinbarten Ziele zu erreichen. Praxis SA will eine Wirkung erzeugen. Wirkungsannahmen der SA lassen sich als technologische Aussagen verstehen.
Wie steht es um den Informationsgehalt von technologischen Aussagen?
Technologische Aussagen informieren über menschliche Handlungsmöglichkeiten. Sie legen aber weder die Realisierung bestimmter Ziele, noch die Verwendung bestimmter Mittel nahe. Sie orientieren nur darüber, wie man bestimmte Wirkungen erzielen kann.
Wie sieht ein Muster der technologischen Aussagen aus?
Wenn die Bedingung B realisiert ist, dann kann mit den Mitteln M verfahren werden, um ein gesetztes Ziel Z zu erreichen.
Wenn Z erreicht werden soll, dann sind diese oder jene B zu realisieren und diese oder jene M zu verwenden.
Was ist Interventionsforschung?
Forschung, die den Zweck verfolgt, gültige Aussagen über den Erfolg von Interventionen (der SA) zu machen. Sie nutzt unterschiedliche Forschungsmethoden und Studiendesigns, um Aussagen dazu formulieren zu können, ob eine Intervention zielführend ist. Die Frage nach der Wirksamkeit einer (neuen) Intervention lässt sich nicht in einer Studie klären. Es sind in der Regel aufeinander aufbauende Studien notwendig.
Was umfasst Interventionsforschung unter anderem?
Ob Interventionen gemäss Konzept durchgeführt werden können, die Nutzer damit erreicht werden können, in einzelnen Fälle die gesetzten Ziele damit erreicht werden können, wie die Nutzer die Interventionen beurteilen, ob die Effekte auch in Kollektiven erreicht werden können und wie gross sie sind, ob mit einer bestimmten Intervention dieselben oder grössere Effekte erzielt werden können als mit einer anderen, ob die Intervention auch nicht intendierte Effekte erzeugt.