Af-C Politische Psychologie
Af-Community Psychologie Fernuniversität Hagen
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Kartei Details
Karten | 53 |
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Lernende | 17 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 13.06.2018 / 28.11.2023 |
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Politische Psychologie Definition
Politische Psychologie erforscht als interdisziplinäres Forschungsfeld die politischen Einstellungen und das politische Verhalten der Eliten und der Massen und berücksichtigt dabei die Interaktion zwischen dem Individuum und seiner sozio-politischen Umwelt, sowie auch das Individuum selbst.
- Keine einheitliche, allgemein anerkannte Definition
Kernanliegen der Politischen Psychologie
- Ihr Kernanliegen ist es, den Nexus zwischen der Natur des Menschen und politischen Phänomenen zu ergründen
Dies umfasst beispielsweise
- den Einfluss von Persönlichkeitsprägungen auf Wahlentscheidungen,
- politisches Protestverhalten,
- internationale Verhandlungen oder
- sicherheitspolitische Entscheidungen wie Kriegseintritte
Neben der Betrachtung von (politischer) Persönlichkeit als zentralem Erklärungsfaktor für individuelles und kollektives Verhalten richtet die Politische Psychologie ihr Augenmerk auch auf
- gruppen- oder sozialpsychologische Einflussfaktoren bei der Analyse politischer Prozesse sowie
- die Wechselwirkungen zwischen politischen Institutionen und menschlichem Verhalten
Bezogen auf das Modell sozio-ökologischer Systeme von Bronfenbrenner, beschäftigt sich die politische Psychologie mit
- den politischen Einstellungen und dem Verhalten des Individuums,
- mit der Frage, wie die politischen Einstellungen und das politische Verhalten das Makrosystem und die Lokalitäten beeinflussen, und
- wie das Makrosystem und die Lokalitäten die politischen Einstellungen und das politische Verhalten des Individuums beeinflussen.
Das Individuum in der politischen Psychologie
- In der politikwissenschaftlichen Verhaltensforschung dominierte lange Zeit die Annahme, dass Individuen ihr politisches Handeln an der Maximierung ihres eigenen Nutzens ausrichten.
- Psychologische Studien zeigen jedoch, dass individuelles Verhalten oft nicht nur rational zu begründen ist. Stattdessen versuchen Individuen ihr Verhalten mit ihren Persönlichkeitsmerkmalen, Werten, Überzeugungen und sozialen Identität in Einklang zu bringen.
- In der politischen Psychologie steht die Annahme im Vordergrund, dass das politische Verhalten teilweise auch mittels dieser individuellen Persönlichkeitsmerkmale, Einstellungen, Werte und Emotionen zu erklären ist.
- Weiterhin haben diese psychologischen Aspekte einen Einfluss darauf, wie die Welt wahrgenommen wird, zum Beispiel, wer zu der Eigengruppe, und wer zur Fremdgruppe gehört.
- Die Wahrnehmung des sozio-politischen Umfelds hat ebenfalls eine Auswirkung auf die politischen Einstellungen und das politische Verhalten eines Individuums.
Entwicklung der Politischen Psychologie
Generell und Anfänge
- Die politische Psychologie ist eine relativ junge Disziplin und hat vor allem seit den 1970-er Jahren an Popularität gewonnen.
- Die Anfänge der politischen Psychologie sind jedoch auf die 1920-er Jahre zurückzuführen, in denen psychoanalytische Studien mit politischen Führungspersonen durchgeführt wurden.
- In diesem Kontext wurde zum Beispiel untersucht, wie unbewusste Bedürfnisse, Ambivalenzen und Konflikte innerhalb von Individuen oder Gruppen eine Auswirkung auf politische Entscheidungen haben.
- Weitere Studien erforschten die persönlichen Motivationen und Eigenschaften von politischen Führungspersonen.
Entwicklung der Politischen Psychologie 1940er und 50er Jahre
- Lag in der Anfangsphase der politischen Psychologie der Fokus vor allem auf dem Verstehen des politischen Handelns von Eliten, gab es ab den 1940-er und 1950-er Jahren ein vermehrtes Interesse an den politischen Einstellungen und dem politischen Verhalten der Massen.
- Dies wurde anhand von systematischen Studien der öffentlichen Meinungsforschung und des Wahlverhaltens erforscht.
- Einen anderen Schwerpunkt bildete die Forschung zur politischen Sozialisation, in der der Einfluss von zum Beispiel Familie, Freunden, der Schule, der Kirche, und den Medien, auf die politischen Einstellungen und das politische Verhalten untersucht wurde
- Die Forschung in dieser Zeit bezog sich hauptsächlich auf einen kognitiven Erklärungsansatz des politischen Handelns.
- Der Fokus lag dabei auf dem Erwerb, der Organisation, und der Anwendung politisch relevanter Informationen und auf der Frage, warum Individuen in ihrem politischen Verhalten manchmal keine rationalen Entscheidungen treffen
Die Entwicklung der Politischen Psychologie
1960 und Nachwirkungen des kalten krieges
Mit unter anderem dem Kalten Krieg, der Abschreckungspolitik und den Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs gab es in der 1960-er Jahren innerhalb der politischen Psychologie ein vermehrtes Interesse am Verstehen und Erklären des politischen Verhaltens in internationalen Beziehungen, sowie auch der Entscheidungsfindung in Krisenzeiten, des Nationalismus, ethnischen Konflikten und Terrorismus.
Entwicklung der politischen Psychologie - ab den 1990er Jahren
- Ab den 1990-er Jahren entstand innerhalb der politischen Psychologie ein weiterer Schwerpunkt, in dem extremes politisches Verhalten und politisch motivierte Gewalt, wie zum Beispiel Terrorismus, ethnische Säuberung und Genozid, untersucht wurden.
- Andere zentrale Themen waren die Lösung von Konflikten und Versöhnung, zum Beispiel bezugnehmend auf den israelisch-palästinensischen Konflikt.
- Auch wurde ab den 1990-er Jahren in der politisch psychologischen Forschung mehr Wert auf emotionale Erklärungsfaktoren, wie zum Beispiel die Auswirkung von Emotionen auf politisches Verhalten, gelegt.
- Die Forschung hat zum Beispiel gezeigt, dass die Emotionen Furcht und Angst dazu führen, dass Individuen sich bemühen die bedrohliche Situation abzuwenden.
- Furcht und Angst hängen daher mit einer erhöhten Aufmerksamkeit für politische Informationen zusammen.
- Ärger hingegen führt zu einer niedrigeren Aufnahmebereitschaft von Informationen, die nicht mit den eigenen Standpunkten übereinstimmen.
- Außerdem wurde in diese Zeit vermehrt gruppenpsychologische Erklärungsansätze verwendet, zum Beispiel in Bezug auf soziale Identität, soziale Vergleichsprozesse und Gruppenkonflikte.
- Die jüngsten Entwicklungen in der politischen Psychologie stellen die Genetik in den Vordergrund und umfasst Studien, die die evolutionären, verhaltensgenetischen, neurologischen und hormonellen Grundlagen politischen Verhaltens untersuchen.
- So wird zum Beispiel mittels fMRT-Techniken der Einfluss von Emotionen auf Wahlentscheidungen untersucht.
Methoden der politischen Psychologie
- Massenbezogene Forschung
- Elitenbezogene Forschung
- Spezifische Ereignisse
Die Vielfalt der Themen und der Fokus auf Massen einerseits und Eliten anderseits, spiegeln sich auch in der Bandbreite der angewandten Methoden wieder. Je nach Fragestellung und Zielgruppe werden verschiedene Methoden verwendet.
Massenbezogene Forschung
In der massenbezogenen Forschung werden oftmals standardisierte Befragungen, ggf. mit einem Längsschnittdesign, sowie (Labor)Experimente durchgeführt, gelegentlich gibt es auch (standardisierte) Interviews.
Elitenbezogene Forschung
In der elitenbezogenen Forschung finden sich häufiger (standardisierte) Interviews, Beobachtungsstudien, und Methoden der quantitativen und qualitativen Inhaltsanalysen.
Spezifische Ereignisse
Für die politisch psychologische Analyse von spezifischen Ereignissen werden häufig Interviews, Archivrecherchen oder auch Medien- und Diskursanalysen durchgeführt.
Stand der Forschung innerhalb drei Themenbereiche
Bezugnehmend auf drei wichtige Themenbereiche innerhalb der politischen Psychologie, nämlich
- internationale Beziehungen,
- politisches Verhalten von Bürgern, und
- politische Systeme und Eliten,
stellen Cornelia Frank, Harald Schoen und Thorsten Faas (2015, Abschnitt 3) aktuelle Forschungsentwicklungen vor
Akteurs- und Handlungskonzept sowie Felder der Politischen Psychologie
Emotionale Reaktionen gehen (häufig unbemerkt) den bewussten Wahrnehmungen, Bewertungen und Entscheidungen voraus, womit die Betrachtung von (politischen) Entscheidungen als Resultate ausschließlich bewusster Prozesse kritisch zu hinterfragen ist.
- Neben dem kognitiven, regelgeleiteten, verstandesbestimmten Entscheidungssystem, das bewusst, langsam und reflektiert ist, verweist die duale Prozesstheorie auf die weitreichende Wirkungsmacht von einem auf Emotionen basierten, intuitiven, assoziativen Entscheidungssystem, das unbewusst, schnell und veränderungsresistent ist.
- Letzteres trifft die Mehrheit der Entscheidungen und triumphiert im Konfliktfalle über das vernunftgeprägte System. Das (vermeintlich) bewusste Denken agiert häufig lediglich als eine Art „Pressesprecher“, der nach außen hin rechtfertigt, was zuvor anderswo entschieden wurde
- Demnach können (politische) Akteure nicht per se als überwiegend reflektierte Wesen mit einem hohen Bewusstseinsgrad betrachtet werden, denen vorwiegend kommunikatives, rhetorisches, zweck- oder wertrationales Handeln eigen ist.
- Dieses mehrdimensionale Akteursverständnis eint die vielfältige Forschung in der Politischen Psychologie, in der sich verschiedene Zweige mit je spezifischem Fokus auf eine oder mehrere Dimensionen von Persönlichkeit identifizieren lassen.
Konzeption von (politischer) Persönlichkeit
Die Frage, wie das Akteurs- und Handlungskonzept des homo psychologicus beschaffen ist, vermag auch die Politische Psychologie nicht eindeutig zu beantworten, da keine allgemein akzeptierte Definition von ˈPersönlichkeitˈ oder Persönlichkeitstheorie besteht.
- Eine differenzierte Konzeption von (politischer) Persönlichkeit hat David Winter (2003) vorgelegt. Er betrachtet die Persönlichkeit von Menschen als eine Art „personal computer with some relatively fixed 'hardware' characteristics and also many 'software' applications, each of which can be 'opened' or 'closed' by the operator – some running in a 'window' at the center of the screen, others available in the immediate background 'windows', and few running almost undetected in 'deeper' background.
Die 4 Dimensionen politischer Persönlichkeit nach Winter
- Kognitionen verstanden als mentale Repräsentationen wie Überzeugungen, Einstellungen und Heuristiken;
- Eigenschaften als zeitlich und situationsübergreifend relativ stabile Charakteristika;
- Motivationen im Sinne von Beweg- und Vermeidungsgründen für (politische) Handlungen auf bewusster oder unbewusster Ebene sowie den
- sozialen Kontext.
Fünf prominente Forschungszweige der politischen Psychologie
- psychoanalytische Forschungszweig
- kognitionspsychologische Ansätze
- emotionalen Erklärungsfaktoren
- sozialpsychologische Forschungszweig
- evolutionspsychologische Perspektive
psychoanalytische Forschungszweig
- Als erstes ist der psychoanalytische Forschungszweig zu nennen, der die älteste Tradition der Persönlichkeitspsychologie wie auch der Politischen Psychologie bildet.
- Hier ist der Fokus auf unbewusste Bedürfnisse, Ambivalenzen und Konflikte innerhalb von Individuen oder Gruppen sowie deren Auswirkungen auf politische Prozesse, (Re)Inszenierungen oder Handlungen gerichtet.
kognitionspsychologische Ansätze
- Einen zweiten Forschungszweig der Politischen Psychologie bilden kognitionspsychologische Ansätze, die systematische ‚Fehler‘ und ‚Abweichungen‘ von einer Nutzen maximierenden Rationalität betrachten und hierbei – wie auch in der Zwischenzeit entstandene moderate rationalistische Ansätze – von einer ‚eingeschränkten‘ Rationalität ausgehen.
- Bis Ende der 1990er Jahre dominierte der kognitionspsychologische Forschungszweig innerhalb der Politischen Psychologie, da die Einschätzung, kognitive Modelle seien leichter zu überprüfen als emotionsbasierte, weit verbreitet war.
- Neuere Erkenntnisse der Psychologie und der Neurowissenschaften, die auf die große Bedeutung von Emotionen bei (politischen) Entscheidungen verweisen, werden
in kognitionspsychologischen Ansätzen allerdings nicht berücksichtigt.
emotionalen Erklärungsfaktoren
- Eine stärkere Hinwendung zu emotionalen Erklärungsfaktoren – und damit auch die Etablierung eines dritten Forschungszweigs – ist in der Politischen Psychologie seit Ende der 1990er Jahre zu beobachten.
- Studien dieses Forschungszweigs zufolge können sowohl Emotionen wie Angst, Ärger, Freude, Rache oder Demütigung handlungsleitend sein als auch individuelle und kollektive Bedürfnisse nach identitärer Sicherheit, nach Rehabilitation oder Kompensation.
sozialpsychologische Forschungszweig
Mit solchen Aspekten beschäftigt sich viertens der sozialpsychologische Forschungszweig, der sein Augenmerk auf gruppenpsychologische Erklärungsfaktoren wie beispielsweise dichotome identitäre Wir-Bildungen oder soziale Vergleichsprozesse richtet, sowie das damit verbundene Konfliktpotential.
evolutionspsychologische Perspektive.
- Auf evolutionsbiologische Prägungen von Menschen – und somit auch von politischen Akteuren – verweist fünftens die evolutionspsychologische Perspektive.
- Aus evolutions- wie auch emotions- und sozialpsychologischer Sicht ist der zentrale Mechanismus im menschlichen Zusammenleben die Bevorzugung der in-group bei gleichzeitiger Prädisposition zur Behauptung gegenüber der out-group.
Internationale Beziehungen & ihre psychologischen Ansätze
Im Teilbereich „Internationale Beziehungen“ haben sich psychologische Ansätze wie
- Die Prospect Theory und
- die Polyheuristische Theorie,
- der Operational Code- und Leadership Trait-Ansatz oder
- das Groupthink-Modell etabliert,
die ihren explanatorischen Mehrwert gegenüber Rational Choice-Ansätzen mehrfach eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben.
Anwendungen von Heuristiken in Sicherheitsdilemmata und Abschreckungspolitik:
- die Verfügbarkeits-, Repräsentativitäts- oder Ankerheuristik
- kognitiven Verzerrungen,
- Verteidigungsstrategien
- emotionalen Überzeugungen
Nutzung bei der Perzeption und Einschätzung wie auch Fehlperzeption und Fehleinschätzung von Sicherheitsbedrohungen.
Die Prospect Theory / die neue Erwartungstheorie
- wurde ursprünglich in der Verhaltensökonomik entwickelt und findet seit den 1990er Jahren Anwendung in der Sicherheitspolitikforschung
- Besondere Bedeutung des situativen Entscheidungskontexts bei den Risikoabwägungsprozessen von Akteuren
- Im Mittelpunkt der Theorie stehen die Erwartungen (prospects), die Akteure an die verschiedenen Handlungsoptionen knüpfen.
- Somit werden Entscheidungen unter Risiko als Wahl zwischen unterschiedlichen Erwartungen konzipiert
- Geht nicht auf das Individuum ein
Verlustaversion & Endowment effect
Der Entscheidungsprozess zwischen verschiedenen Handlungsoptionen wird aus Sicht der Prospect Theory u.a. von der Verlustaversion geprägt, wonach Menschen Verluste schwerwiegender einschätzen als vergleichbare Gewinne.
- Aus der Verlustaversion werden zwei Handlungserwartungen abgeleitet:
- Zum einen wirkt sich die Verlustaversion des politischen Akteurs auf seine Risikobereitschaft aus, d.h. er trifft risikoaverse Entscheidungen, wenn er Gewinne erwartet, wohingegen seine Risikobereitschaft beim Abwehren von Verlusten drastisch steigt.
- Darüber hinaus ergibt sich aus der Verlustaversion der so genannte „endowment effect“, nach dem vorhandener Besitz subjektiv im Werte steigt – und ggf. mit erhöhter Risikofreude verteidigt wird.
Dass die Verlustaversion bzw. die Konzessionsaversion einen zentralen Erklärungsfaktor für das Scheitern bzw. Zustandekommen von Friedensabkommen darstellt, haben Studien im Bereich der Friedens- und Konfliktforschung mehrfach gezeigt.
Staaten als Sicherheits- oder Machtmaximierer?
- Haben Staaten was zu gewinnen verhalten sie sich eher defensiv und gehen wenig Risiko ein.
- Haben Staaten was zu verlieren gehen sie eher Risiken ein und agieren aktiver.
Framing
Framing im Sinne der subjektiven Darstellung der Realität und deren folgender, davon geprägter Wahrnehmung.
Die Polyheuristische Theorie nach Mintz 1993
Die polyheuristische Theorie wird als ein zweistufiges Modell beschrieben.
- Auf der ersten Stufe geht es um eine noncompensatory analysis. Die Kernaussage hierbei ist, dass es bei politischen Entscheidungen immer auch de facto unmögliche Varianten gibt, denen die Verantwortlichen ausweichen. Tatsächlich wird eine objektiv erkennbare Kosten-Nutzen Rechnung fast immer durch die persönliche Vorausplanung des betreffenden Politikers negativ beeinflusst.
- Mintz bringt hier das klassische Beispiel, dass Politiker rational notwendige, aber unpopuläre Maßnahmen meistens verwässern, da sie selbst sonst bei der nächsten Wahl vom Wähler entfernt würden. Aber auch andere Faktoren können ein Grund sein, warum politische Strategien manchmal zu suboptimalen Entscheidungen verkommen.
- Nach der signifikanten Reduzierung der möglichen Varianten werden auf der zweiten Stufe die übrig gebliebenen Varianten evaluiert, und schließlich wird die Entscheidung getroffen. Normalerweise sind dann allerdings die besten Entscheidungsmöglichkeiten, nämlich jene, die bedeutende Chancen für die Politik, aber gleichzeitig auch großes Risiko für den Politiker bedeuten, nicht mehr vorhanden.
- Auch hier nimmt Framing einen übergeordneten Stellenwert für den Verlauf und das Ergebnis außenpolitischer Entscheidungsprozesse ein.
- Geht nicht auf das Individuum ein.
Der Operational Code-Ansatz
- Der Operational Code-Ansatz betrachtet die politischen Überzeugungen von Entscheidungsträgern als zentrale Einflussfaktoren bei ihren außenpolitischen Entscheidungen.
- In Abhängigkeit vom Regierungssystemtypus gilt das primäre Interesse dem individuell geprägten Überzeugungssystem, d.h. dem „Operational Code“ des Präsidenten bzw. Premierministers.
- Der Operational Code umfasst zum einen fünf philosophische Überzeugungen, die Aufschluss darüber geben, wie der Akteur die externe Welt sieht, d.h. die Beschaffenheit der internationalen Politik oder seines politischen Gegenübers;
- sowie fünf instrumentelle Überzeugungen, die die interne Welt des Akteurs widerspiegeln, d.h. die von ihm präferierten Strategien im Umgang mit anderen Akteuren der internationalen Politik.
der multivariable Leadership Trait-Ansatz
- persönlichkeitspsychologischer Zugang
- vielfältige Anwendung im Teilbereich der Außen- und internationalen Politik
- Ausgangspunkt bildet ein dreidimensionales Persönlichkeitskonzept, das sowohl Kognitionen wie
- den Glauben in die eigenen Kontrollfähigkeiten,
- Eigenschaften wie Selbstbewusstsein oder
- kognitive Komplexität als auch
- Motivationen wie das Machtbedürfnis des Entscheidungsträgers
umfasst.
- Aus der Ausprägung dieser Persönlichkeitsvariablen werden unterschiedliche Typen von Führungspersönlichkeiten und ihren jeweiligen Führungsstilen differenziert, die als entscheidend für die Gestaltung der Außen- und internationalen Politik erachtet werden.
- Hierbei stützen sich LTA-Forscher auf das eigens hierfür entwickelte Software-Programm
„Profiler Plus“, das ein speziell auf die untersuchten Persönlichkeitsvariablen abgestimmtes Wörterbuch enthält.
Das Groupthink-Modell nach Irving Hanis 1972
- Fokus auf sozialpsychologischen Überlegungen zu (unbewussten) psychodynamischen Prozessen innerhalb einer Entscheidungsgruppe, die die Qualität ihrer Entscheidungen beeinträchtigen können, im schlimmsten Falle desaströse Fehlentscheidungen zeitigen.
- Als besonders anfällig für die Entwicklung von Groupthink-Symptomen wie
- Selbstüberschätzung,
- Engstirnigkeit und
- Uniformitätsdruck
gilt die amerikanische Außenpolitik, wofür als exponiertes Beispiel häufig der Irak-Krieg 2003 angeführt wird.
- Inwiefern diese Anfälligkeit durch die Spezifika präsidentieller Regierungssysteme mit Einparteienregierungen begünstigt wird, ist nach wie vor ein Forschungsdesiderat in der Groupthink-Forschung.
- Ein weiterer Spezifizierungsbedarf des Groupthink-Modells besteht hinsichtlich des Nexus zwischen Persönlichkeitstypus und Stressresistenz, verweisen doch neuropsychologische Erkenntnisse darauf, dass Persönlichkeitstypen in Stresssituationen unterschiedliche Reaktionsweisen an den Tag legen, was die Uniformitätsannahme hinsichtlich menschlichen Verhaltens in Stresssituationen, die dem Groupthink-Modell zu Grunde liegt, in Frage stellt.
Die Group Conflict Theory
Innerhalb der Friedens- und Konfliktforschung haben insbesondere die so genannten „ethnischen Konflikte“ in der postbipolaren Ära verstärkt Aufmerksamkeit auf sich gezogen,
weil deren sich häufig brutalisierender Konfliktverlauf bis hin zum Genozid mit herkömmlichen Ansätzen nicht zu erklären ist, die sich, wie beispielsweise die realistische Group Conflict Theory, ausschließlich auf real bestehende Interessendivergenzen konzentrieren.
Die Social Identity Theory
- Kollektive Akteure, wie ethnische Gruppen, vergleichen sich untereinander und sind im Falle negativer Vergleichsergebnisse motiviert ihren Status zu verändern.
- Von friedens- und konflikttheoretischer Relevanz ist dieser Befund insbesondere für multiethnische Staaten wie jene des ehemaligen Jugoslawiens oder postkolonialen Afrikas.
Die Intergroup Emotions Theory
Entsprechend der Intergroup Emotions Theory empfinden Mitglieder einer (ethnischen) Gruppe im Falle einer starken Identifizierung mit der Gruppe letztere als einen Teil ihres psychologischen Selbst und dementsprechend auch ihrer Emotionen.
- Dagegen ist die emotionale Bindung an eine Ethnien übergreifende nationale Identität häufig vergleichsweise schwach ausgebildet.
Die Abwehrmechanismen aus der Psychoanalyse
Neben der sozial- und emotionspsychologischen Betrachtungsweise von (ethnischen Konflikten liefert insbesondere der psychoanalytische Forschungszweig mit seinem Konzept der Abwehrmechanismen ein geeignetes Instrumentarium, um die Eskalationsprozesse bis hin zu barbarischen Gewaltpraktiken zumindest ansatzweise verstehen zu können. Charakteristisch ist eine Polarisierung zwischen ‚uns‘ und ‚den Anderen‘, die sich im extremsten Falle zu einer Dichotomie zwischen ‚gut‘ und ‚böse‘ verfestigt.
- Depersonalisierung als entscheidendes Mittel für Gräueltaten
Politisches Verhalten von Bürgern
- Die frühen, zumeist in der amerikanischen Gesellschaft erzielten Befunde legten nahe, dass nur wenige Bürger interessiert und wohlinformiert seien sowie auskristallisierte Einstellungen zu politischen Sachfragen und wohlstrukturierte Überzeugungssysteme besäßen.
- Bei der politischen Urteilsbildung orientierten sie sich häufig an Gruppenbindungen, etwa zu politischen Parteien und gesellschaftlichen Gruppen, die als Folge eines Strebens nach kognitiver Konsonanz zu längerfristiger Stabilität tendierten.
- Die Forschung zeigte, dass die wesentlichen Schlussfolgerungen auch in den USA und anderen Gesellschaften zu Beginn des 21. Jahrhunderts gelten.
- In der bürgerbezogenen Forschung dominiert für das Heuristik-konzept eine entgegengesetzte Interpretation, wonach Heuristiken es Menschen ermöglichten, sich trotz ihrer kognitiven Begrenztheit in der Politik angemessen zu orientieren und gute Entscheidungen zu treffen
- Diese Argumente und Befunde können erklären, warum Bürger nicht in ihr Weltbild passende Information, wenigstens bis zu einem gewissen Punkt, ignorieren oder umdeuten.
- Politisch versierte Personen können Zusammenhänge und mögliche Widersprüche zwischen politischen Aussagen erkennen. Als störend werden sie diese aber nurdann empfinden, wenn sie entsprechend motiviert sind.
- Eine starke Identifikation mit einer Partei, also ein Teil des Selbstbildes, beispielsweise könnte jemanden dazu bringen, unangenehme Information über diese Partei zu negieren.
- Zusammengenommen haben die Entwicklungen in den verschiedenen Strömungen der Politischen Psychologie dazu beigetragen, die Prozesse besser zu verstehen, die Bürger zu politischen Urteilen und Entscheidungen gelangen lassen. Nicht zuletzt wurde die mehrdimensionale Kontextabhängigkeit dieser Prozesse deutlicher herausgearbeitet.
- Auf diese Weise konnten zwar die manchen Beobachter enttäuschenden Befunde zur politischen Versiertheit von Bürgern nicht revidiert werden, jedoch wurde mit der Einsicht in die Kontextbedingtheit ein Beitrag dazu geleistet, dass politische Institutionen auf die Bürger zugeschnitten werden können
Framing bei Bürgerverhalten
- Es liegt mittlerweile eine kaum zu überblickende Zahl an Arbeiten vor, in denen untersucht wird, ob und wie Variationen der Darstellung politischer Fragen Reaktione von Bürgern darauf beeinflussen (Framing-konzept)
- Framing-Wirkungen können nicht beliebig herbeigeführt werden und hängen unter anderem von individuellen Vorkenntnissen und politischen Prädispositionen, dem engeren sozialen und kommunikativen Umfeld und dem größeren gesellschaftlichen Kontext ab.
- Diese jüngeren Befunde relativieren Befürchtungen, Bürger seien beliebig manipulierbar, sprechen aber doch dafür, dass Elitenwettbewerb für die Funktionsweise einer demokratischen Ordnung von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist.
Affektforschung zur politischen Urteilsbildung
- „hot cognition“
- „primacy of affect“
- "motivated reasoning“