Entwicklung 3, BLock 1

E-TOOL Entwicklung 3, BLernblock 1

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Langue Deutsch
Catégorie Affaires sociales
Niveau Université
Crée / Actualisé 20.05.2018 / 11.05.2020
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5 formelle Pfade der Pensionierung

1.   Vorzeitige Pensionierung: 49% 1 Jahr früher, 27% 3 Jahre früher, 14% 5 Jahre früher

2.   Teilpensionierung: langsamer Rückzug aus dem Erwerbsleben, v.a. Frauen

3.   Ordentliche Pensionierung: mit Erwerbsarbeit bis zum gesetzlichen AHV-Alter

4.   Austritt aus dem Erwerbsleben ohne Erreichen des AHV Alters: v.a. Frauen

5.   Fortsetzung des Erwerbslebens: nach Erreichen des offiziellen Rentenalters

-> Oft teilweise oder vollständiger Verlust der gesellschaftlich meist hoch bewerteten Berufsrolle.

-> Einstellung bezüglich der eigenen Pensionierung ist wesentlicher Beitrag zu Erleben und Gestaltung des Übergangs. Positiv sehen à höheres Wohlbefinden im Ruhestand.

Dreiteilung nachberufliche Lebensphase

a)     Autonomes Rentenalter

Freisetzung von Erwerbsarbeit, hohe soziale und persönliche Selbständigkeit. Gute Gesundheit, gute finanzielle Absicherung von Vorteil für Gestaltung dieser Phase nach eigenen Bedürfnissen, Genuss. Frage nach neuen nachberuflichen Aktivitäten und sozialen Rollen.

b)     Fragiles Alter

c)     Pflegebedürftiges Alter

Auswirkungsbereiche

a) Finanzen: weniger Geld zur Verfügung

b) Soziale Kontakte: weniger, muss neue finden im Altersheim, viele Freunde gestorben

c) Berufliche Betätigung: keine mehr oder stufenweise Pensionierung

d) Zeitstruktur: Selbst bestimmen, anstrengend, Schlafbedürfnis wird weniger, mehr Zeit vorhanden, schwierig die Zeit herumzubringen

e) Gesundheit

f) Freizeit

g) Wohnsituation

Einfluss auf Lebenszufriedenheit – Studie

1’456 Personen über Zeitraum von 18 Jahren (1985-2003), Veränderung der Lebenszufriedenheit im Übergang zur Pensionierung

 

3 Veränderungsmuster:

1.     Gruppe: 9%, deutliches Absinken der Lebenszufriedenheit, nur langsame Adaptation an Rollenverlust, relativ geringe Ressourcen (finz. Mittel, soziale Unterstützung, etc.).

2.     Gruppe: 15%, vor Pensionierung Absinken der Lebenszufriedenheit, während Pensionierung klarer Anstieg, nach Pensionierung Absinken. Früher häufiger arbeitslos, geringes Einkommen, schlechtere Gesundheit, eher alleinstehend, häufiger aus Ostdeutschland stammend.

3.     Gruppe: 76%, schnelle, problemlose Adaptation an Pensioniertenrolle und Weiterführung anderer sozialer Rollen ohne wesentliche Veränderungen der Lebenszufriedenheit. Früher höherer soioökonomischer Status, eher verheiratet, gute Gesundheit.

 

à Pensionierung ist keine uniforme Transition. Abhängig von externen (z.B. Arbeitslosigkeit vor der Pensionierung) und individuellen (z.B. sozioökonomischer Status, Zivilstand, Gesundheit) Ressourcen. Anpassung verläuft sehr unterschiedlich. Bei grossem Teil der Bevölkerung hat Pensionierung keinen wesentlichen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit. Meiste Personen meistern diese Transition gut. Voraussetzung: gute gesundheitliche, soziale und finanzielle Ressourcen. Jedoch auch negative Verläufe der Lebenszufriedenheit vor und/oder nach der Pensionierung. à Interventionsbedar

Interventionsangebote zur Vorbereitung auf die Pensionierung

Verbreitet: Vorbereitungskurse auf den Ruhestand. Themen:

Finanzielle Planung

Wahl des Pensionierungszeitpunktes

Verbesserung der Einstellung

Wissen über den Ruhestand

Text A Jonsson Bedeutung von Betätigungen bei Transitionen ins Nacherwerbsleben

32 Schwedische Männer und Frauen in Studie

Interviews vor, während und nach Pensionierung – 10-Jahres-Projekt

immer mehr Menschen sind pensioniert (heute ca. 20% in Schweden), wird noch steigen

14% der Männer und 6% der Frauenlassen sich normal pensionieren

40% Frühpensionierungen

15% arbeiten nach Pensionierung weiter

1/3 würde gerne noch weiterarbeiten, wenn sie wählen könnten. In dieser Studie: 75%.

1/3 sind positiv gegenüber Pensionierung gestimmt

Nun an Wochenenden und Abenden entspannen statt Aktivitäten

Neue Verantwortung: Planung von eigenen täglichen Aktivitäten, statt vorgegeben

Bedürfnisse: soziale Kontakte, produktiv sein, Erwartungen anderer

Wichtig: Balance zwischen innerer Motivation, externen Ansprüchen und Erwartungen

Imbalance à occupational deprivation à Absence of meaningful occupation

Resultat: 2 Typen von Ansichten

o   Zeit herumbringen, keine Herausforderungen, keine Erholung, keine gute Zeit als Pensionierter haben, Gefühl von Nichts-tun

o   Drama und Fluktuation à engaging occupations

Engaging occupations= positive Bedeutung, sehr bedeutungsvoll, macht Spass, regulär, über längere Zeit, Set mit ähnlichen Aktivitäten, Verantwortung haben, Gemeinschaft mit gemeinsamen Interessen, seine eigene Identität wiederspiegeln

„Man ist glücklich, wenn man gebraucht wird.“

Wichtig: Balance zwischen occupational deprivation und occupational engagemen

Text B Wiseman Transitionserfahrung auf dem Land lebender Männer

-  Zweck der Studie: Erfahrungen von Ruhestand für ältere ländliche Männer im Hinblick auf die Auswirkungen dieses Übergangs auf Muster des beruflichen Engagements und der Wahrnehmung der Identität erkunden

-  Auf dem Land lebende Männer können auch nach der Pensionierung noch Kontakt zum Hof behalten und weiterhelfen (z.B. dem Sohn)

-  Gradual transition: Tapering off

o   Langsam in die Pensionierung gehen, „Ausschleichen“, nach Pensionierung noch ab und zu arbeiten, dem Sohn auf dem Hof helfen à in der Stadt wohnen, schrittweise die Wohnfläche vermindern und in eine kleinere Wohnung ziehen, Art von Semi-Retirement

-  Maintaining connection:

o   Gleich bleibende Verbindungen/ Zugehörigkeit, Leute, Orte, Wissen

o   Nicht aktiv mitarbeiten, aber einfach anwesend sein, z.B. auf Bauernmarkt

o   Eigene Identität aufrecht erhalten, aus der Distanz in Kontakt bleiben

-  Occupational adaptation:

o   Ausmass, in dem sich Personen entwickeln können, sich auf Herausforderungen einstellen oder auf andere Weise einen Zustand des Wohlbefindens erreichen

o   Veränderungen im Tun und Erhaltung der beruflichen Partizipation

o   Berufliche Anpassung à positive Identität aufbauen, lebenslange Verbindung mit ihrem Land und der Gemeinschaft pflegen, fam. Beziehungen, Verantwortun

Text C Mountain – The lived experience of redesigning Lifestyle Post-Retirement in the UK

-  Zweck: Pensionierten helfen, Teilnahme an vernachlässigten Berufen ermöglichen

-  8-monatiges Programm

-  Keine Verbesserung der Gesundheit, jedoch Verbesserung ihres Selbstvertrauens, ihrer Selbstwirksamkeit und ihres allgemeinen Wohlbefindens

Gruppen- und Einzelsitzungen

Begriff „Altern“

Verwendung im Prozess des Älterwerdens und im (Ziel-)zustand.

Es gibt keinen Konsens darüber, nach welchen Kriterien erfolgreiches Altern definiert wird

à objektive Kriterien: geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, psychische und physische Gesundheit, soziale Integration

à subjektive Kriterien: hohe Lebenszufriedenheit, positive Einstellung zum eigenen Lebensalter

Erfolgreiches Altern bedeutet nicht, dass man einem das Alter nicht anmerkt und man keine Einbussen hat. Denn dies ist kaum möglich.

„Erfolgreiches Altern ist die Fähigkeit, auch im späten Leben eine möglichst positive Bilanz aus Entwicklungsgewinnen und -verlusten zu erreichen und aus den gegebenen Möglichkeiten und Grenzen das Beste zu machen.“

Gesundheit und Wohlbefinden

-  WHO, 1946: Gesundheit = „Zustand eines vollkommenen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur der Abwesenheit von Krankheit und Gebrechlichkeit.“ à Wohlbefinden ist somit ein Bestandteil von Gesundheit. Diese beinhaltet Unterscheidung von objektiver (äusserlich messbar) und subjektiver (vom Individuum empfundener Zustand) Gesundheit.

-  Ergotherapie: Wohlbefinden durch die Perspektive der Betätigung zu erhalten oder verbessern, auch wenn die Gesundheit eingeschränkt ist

-  à nicht nur Symptomfreiheit, sondern auch Lebensqualität!

-  Motto der Gerontological Society of America: „To add life to years, not just years to life.

Veränderung der objektiven Gesundheit im höheren Lebensalter

-  Wichtig: zwischen Krankheiten wie zum Beispiel Demenz oder Depressionen (pathologischem Altern) und altersassoziierten Veränderungen wie zum Beispiel Verlust der Seh- und Hörkraft (normalem Altern) zu unterscheiden. Letztgenannte sind auf altersabhängige genetische, zelluläre und systematische Veränderungen des Organismus zurückzuführen, welche – im Gegensatz zu Krankheiten - bei allen Menschen früher oder später eintreten und zum normalen Alterungsprozess dazu gehören.

-  Normale körperliche Veränderungen:

o   Sehen, Hören, Geschmack- und Geruchssinn, Tastsinn/ Berührungssinn, Herz-Kreislauf und Immunsystem, Schlaf, körperliche Erscheinung und Beweglichkeit

Text D Berk – Wichtigste körperliche Veränderungen und deren Auswirkungen (TEIL 1)

Sehen

Nahe gelegene Gegenstände fokussieren, in der Dämmerung sehen, Farbe wahrnehmen, Bilder verschwimmen, höhere Empfindlichkeit, Schädigung der Farbunterscheidung da Linse gelb wird, verschwommenes Sehen, evtl. Blindheit, grauer Star, Umstellung hell – dunkel schwierig, Abnahme zweiäugiges Sehen

à tieferes Selbstvertrauen, Einfluss auf tägliches Verhalten, nicht mehr Autofahren, Gehen wird gefährlicher, Beeinträchtigung Freizeitaktivitäten, abhängig werden von anderen

Hören

Hörverlust, grosse Verschlechterung bei hohen Frequenzen, Hören leiser Geräusche im gesamten Frequenzbereich nimmt ab, Reaktion nimmt ab, Unterscheidung komplexer Tonmuster ist schwieriger, weniger Sprachverständnis (Gespräche)

à Beeinträchtigung der Sicherheit und Freude am Leben, Gesprochenes und nicht Gesprochenes ist schwierig zu interpretieren, Unzufriedenheit da Gespräche kaum mehr verstanden werden, Einsamkeit

Geschmack und Geruch

Schwierigkeiten Geschmack zu erkennen, reduzierte Empfindsamkeit, verminderte/verzerrte Geschmackswahrnehmung

à Essen nicht mehr blind am Geschmack erkennen, Essen schmeckt nicht mehr gut, brauchen mehr Gewürze

Berührung

Reduzierte Empfindlichkeit für Berührungen, v.a. betroffen sind Fingerspitzen, Armen, Lippen; Verlust von Berührungsrezeptoren, Verlangsamung der Blutzirkulation in den Extremitäten, messbar durch Zweipunkt-Diskrimination

à Beruf, Hobbies eingeschränkt

Herz- Kreislauf, Atmung

Körperlich mehr angestrengt sein, Herzmuskel wird starrer, Zellen sterben ab, linker Ventrikel vergrössert sich, Herz reagiert weniger auf Signale für Kontraktion (z.B. Herzschrittmacher), Herz pumpt mit geringer Kraft, Blutfluss verlangsamt, reduzierte Sauerstoffaufnahme, Lunge verliert Elastizität,

à Sorge da dies lebenswichtige Organe, keine starken körperlichen Tätigkeiten mehr möglich

Text D Berk – Wichtigste körperliche Veränderungen und deren Auswirkungen (TEIL 2)

Immun-system

Autoimmunreaktion gegen normales Körpergewebe, Zellen zur Abwehr von Antigenen werden weniger wirksam

à mehr Krankheiten, autoimmune Störungen

Schlaf

Weniger Zeit in tiefem Schlaf, Schwierigkeiten einzuschlafen/ im Schlaf bleiben/ tief schlafen, wach haltender Effekt durch Stresshormone, Männer mehr gefärdet

à Medikamente, am Tag schlafen

Körperliche Erscheinung, Beweglichkeit

Haut, Haar, Strukturen des Gesichts, Körperbau, Haare werden weiss und dünner, Arme und Beine dünner, Faltenbildung, Altersflecken, Pigmentmale, Blutgefässe sichtbar, Fettschicht geht verloren, Nase & Ohren werden grösser, Zähne gelb, Grösse geht zurück, Gewicht fällt, weniger Beweglichkeit, weniger Knochen- und Muskelstärke

à schwierig an heisse/kalte Temperaturen anpassen

Text D Berk – Wichtigste körperliche Veränderungen und deren Auswirkungen (teil 3)

Im Alter nehmen Erkrankungen zu aufgrund von genetischen, zellulären und systemischen Veränderungen (normales Altern). Aber auch Zunahme von chronischen Erkrankungen (pathologisches Altern). Ziegelmann et al., 2012

Erhöhung psychischer Erkrankungen: ¾ der Bewerber um Heimplatz sind psychisch beeinträchtigt à Merkfähigkeits- und Schlafstörungen, Einsamkeit, Nervosität, depressive Zustände. Frauen: vermehrt Schlafstörungen, Depression und Angst. Bansemir & Gublin, 1988

Mindst. 80% der Menschen im Alter von >70 Jahren haben mindestens 5 Diagnosen. Objektive Gesundheit ist bei ü85 schlechter als bei u85.

Erkrankungen können als kritische Lebensereignisse betrachtet werden, die Anstösse für die personale Entwicklung geben.

Einfluss des Gesundheitsverhaltens

Verschiedene Studien zeigen jedoch, dass wir unsere Gesundheit auch in höherem Alter durch unser Verhalten und unsere Lebensführung gezielt beeinflussen können, insbesondere mit der Vermeidung von Risikofaktoren wie Rauchen, ungesunde Ernährung, körperliche Inaktivität und Alkoholkonsum.

Gerade „Ernährung“ und „Bewegung“ sind Bereiche, welche laut verschiedener Studien auch in hohem Alter die Gesundheit positiv beeinflussen können.

Regelmässige körperliche Aktivität trägt beispielsweise zur Aufrechterhaltung der Muskelmasse, zur Erhöhung der Knochendichte und der Fitness bei (Blumenthal et al., 1991). Sie verringert insbesondere bei älteren Menschen Spätfolgen und Folgeerkrankungen eines Herzinfarktes (Blumenthal et al., 1989) sowie die Gesamtmorbidität in den letzten Lebensjahren (Fries, 1983).

Regelmässiges Gehen (> 3 Kilometer pro Tag) erhöhte in Studie von Hakim et al. (1988) die Lebenserwartung von älteren Männern um fünf Jahre.

Bezüglich Ernährungsverhalten konnte beispielsweise gezeigt werden, dass eine fettarme Ernährung die Gesamtmortalität verringert (Ornish et al., 1998) und der Verzehr von Obst und Gemüse die Häufigkeit von Darm- und Blasenkrebs senkt (Steinmaus, Nunez & Smith, 2000).

15 Regeln für gesundes Älterwerden – Kruse 1999

I Altwerden als eine lebenslange Aufgabe:

1. Regel: Seien Sie in allen Lebensaltern körperlich, geistig und sozial aktiv!

2. Regel: Leben Sie in allen Lebensaltern gesundheitsbewusst!

3. Regel: Nutzen Sie Vorsorgemassnahmen!

4. Regel: Es ist nicht zu spät, den eigenen Lebensstil positiv zu verändern!

5. Regel: Bereiten Sie sich auf ihr Alter vor!

 

II Aktives und selbstverantwortliches Leben im Alter:

6. Regel: Nutzen Sie freie Zeit, um Neues zu lernen!

7. Regel: Bleiben Sie auch im Alter offen für positive Ereignisse und neue Erfahrungen!

8. Regel: Begreifen Sie das Alter als Chance!

9. Regel: Pflegen Sie auch im Alter Kontakte!

10.Regel: Geben Sie der Zärtlichkeit eine Chance!

11.Regel: Trauen Sie ihrem Körper etwas zu!

 

III Alter ist nicht Krankheit – Selbständigkeit erhalten und wiedererlangen:

12.Regel: Gesundheit ist keine Frage des Alters!

13.Regel: Nehmen Sie Krankheiten nicht einfach hin!

14.Regel: Suchen Sie nach guter Hilfe und Pflege!

15.Regel: Haben Sie Mut zur Selbständigkeit!

 

GESUNDES ÄLTERWERDEN

Was das Gesundheitsverhalten älterer Erwachsener (60+) anbelangt, kann gesagt werden, dass diese im Vergleich zu Personen im mittleren (40-59) und jungen Erwachsenenalter (20-39)

• gesünderes Ernährungsverhalten zeigten (ausgewogene, ballaststoffreiche Ernährung, Vermeidung salzreicher Nahrungsmittel)

• häufiger an medizinischen Vorsorgeuntersuchungen teilnahmen

• über ausreichend Schlaf verfügten

• weniger rauchten und Alkohol konsumierten.

 

Ebenso nimmt die Bedeutung der Gesundheit im Alter zu. Dies zeigt sich auch darin, dass Menschen sich mit zunehmenden Alter vermehrt mit der Gesundheit beschäftigen. Fragt man diese nach den Bereichen, in welche sie am meisten Energie und Zeit investieren, so erscheint „Gesundheit“ ab dem 55. Lebensjahr unter den ersten vier Bereichen, ab dem 85. Lebensjahr nimmt diese sogar vor der „Familie“ den ersten Rang ein.

Dies zeigt sich auch darin, dass im höheren und hohen Alter gesundheitsbezogene Aktivitäten (z.B. körperliche Aktivitäten, Arztbesuche, Behandlungen) den grössten Teil an berichteten Aktivitäten einnehmen.

Einschätzung der subjektiven Gesundheit

Obwohl die objektive Gesundheit von älteren Menschen oft eingeschränkt ist, schätzen ältere Menschen ihren Gesundheitszustand positiver ein als jüngere Erwachsene. Die über 60-Jährigen beschreiben sich als vitaler und lebensfreudiger als etwa die 30- bis 40 Jährigen.

Tatsächlich finden sich Abweichungen von bis zu 75% zwischen den subjektiven Angaben älterer Menschen und der objektiven ärztlichen Diagnose. Vor allem ältere Männer überschätzen den eigenen Gesundheitszustand im Vergleich zum Arzturteil.

Diese positiven Bewertungen der eigenen Gesundheit haben eine günstige Wirkung auf die Morbidität (Erkrankungsrate) und die Mortalität (Todesrate).

 

Verglichen mit anderen älteren Menschen erscheint vielen Alten ihr eigenes Leben relativ beschwerdefrei. Die äusseren Anforderungen an geistige und körperliche Fähigkeiten werden kleiner, die Gelassenheit grösser.

Auffallend sind Geschlechtsunterschiede:

• Das Wohlbefinden älterer Männer hängt eher mit der Gesundheit, dem Beruf und dem Einkommen und weniger mit dem Funktionieren der Familie zusammen.

• Das Wohlbefinden älterer Frauen dagegen richtet sich fast ausschliesslich nach dem Funktionieren der Familie und weniger nach der Gesundheit und finanziellen Verhältnissen. (Oerter & Montada, 2002, Kap.27)

5 mögliche Faktoren für das Auseinanderklaffen obj. vs. subj

Welche Gründe können Sie sich vorstellen, dass Einschätzung der objektiven und der subjektiven Gesundheit bis zu 75% auseinanderklaffen?

1.   Die Gesundheit wird anhand subjektiver Kriterien gemessen und es findet oft ein Vergleich mit Gleichaltrigen (Peers) statt. Wenn sich ältere Menschen also nicht mit jungen Menschen sondern mit Gleichaltrigen vergleichen, können sie zu der Erkenntnis kommen, dass es ihnen vergleichsweise “gut” geht, obwohl sie gesundheitliche Einschränkungen haben.

2.   Gesundheitliche Probleme werden dem Alter und nicht der Gesundheit zugeschrieben und damit als “normal” erachtet.

3.   Einschränkungen können durch Verhaltensänderungen oder Hilfsmittel kompensiert werden und werden dadurch nicht mehr als Einschränkungen wahrgenommen. So kann zum Beispiel der Gebrauch einer Brille das Problem der verschlechterten Sehkraft beheben; diese Visusverschlechterung wird daher nicht mehr als Einschränkung wahrgenommen.

4.   Da eine positive Einschätzung der eigenen Gesundheit sich positiv auf die Lebenserwartung auswirkt könnte es sein, dass alle alten Studienteilnehmer diese positive Einschätzung ohnehin besitzen. Sie wäre damit also nicht ein Merkmal des hohen Alters, sondern würde aussagen, dass hauptsächlich Menschen mit einer guten subjektiven Gesundheitseinschätzung ein hohes Alter erreichen.

5.   Es könnte auch sein, dass ältere Menschen mit einer schlechten Gesundheit weniger oft an Studien zum Alter teilnehmen und dass dadurch die Studienergebnisse verfälscht werden.

Pinquart, 2001

Das Wohlbefindensparadox

Diskrepanz zwischen subjektiver und objektiver Gesundheit ist über gesamte Lebensspanne beobachtbar à in Psychologie =Wohlbefindensparadox

 

Text E – Lang et. Al. - Wohlbefindensparadox

Was genau ist das Wohlbefindensparadox?

à Menschen halten im Durchschnitt trotz zunehmender Verlusterfahrungen bis weit in ihr spätes Alter hinein ein hohes Maß an Wohlbefinden aufrecht.

Diskrepanz zwischen subjektiver und objektiver Gesundheit. 80% der Befragten geben ein moderates bis hohes Wohlbefinden an, unabhängig von der Lebenssituation (auch in schlechten Situationen). Es gibt aber auch Grenzen, z.B. in extremen Lebenssituationen und bei Nichterfüllung der Grundbedürfnisse. Menschen können sich also sehr gut adaptieren und sich den neuen Situationen anpassen.

Text E – Lang et. Al. - Wohlbefindensparadox

Welche möglichen Erklärungen für das Wohlbefindensparadox gibt es, die über die von Pinquart hinausgehen?

Das Wohlbefinden einer Person ist aus einem dynamischen Zusammenspiel sowohl stabiler als auch variabler Personenmerkmale begründet. In jungen Jahren möchte man noch viel erreichen (=Wachstumsziele) und im hohen Alter möchte man Verluste vermeiden (=Aufrechterhaltungsziele). Das Wohlbefinden im späten Erwachsenenalter wird insbesondere durch sich verändernde Kontrollbedürfnisse, Emotionsstrategien und Anpassungen in Beziehungsstrukturen beeinflusst. Eigentlich ist es gar kein Paradox, sondern vielmehr begründet auf einer lebenslang andauernden und dabei lebensphasenspezifischen Anwendung und Adaptation entwicklungsregulatorischer Prinzipien. Das Wissen um das eigene Selbstkonzept und Entwicklungsmotive stellt dabei eine grundlegende Voraussetzung für eine erfolgreiche Selbstregulation dar.

Text E – Lang et. Al. - Wohlbefindensparadox

Wenn es tatsächlich so ist, dass Menschen trotz gesundheitlicher Einschränkungen ihr subjektives Wohlbefinden als hoch einschätzen, könnte dies auch einen Einfluss auf die sinnvolle Wahl therapeutischer Ziele haben?

Ja. V.a. die Erkenntnis aus der zweiten Frage ist gut in die Wahl der Therapieziele miteinbeziehbar. Man muss sich bewusst sein, in welcher Entwicklungsphase eine Person ist.

Unterschiedliche Definitionen von Wohlbefinden

Gesundheit und Wohlbefinden sind eng miteinander verbunden und beeinflussen sich teilweise gegenseitig. Auch hier wird zwischen objektivem und subjektivem Wohlbefinden unterschieden:

Objektives Wohlbefinden: medizinisch mess- und beobachtbar, Vorhandensein von Erkrankungen oder gesundheitlichen Einschränkungen (Diagnosen) kann objektives Wohlbefinden einschränken

Subjektives Wohlbefinden: den vom Individuum wahrgenommener und in Befragungen angegebener Gesundheitszustand, Überlegungen, Überzeugungen und Ideen einer Person enthalten, kann sich stark von obj. Wohlbefinden unterscheiden.

Schneider et. Al, 2012

Komponenten subjektiven Wohlbefindens

à verschiedene Aspekte bzw. Möglichkeiten zur Operationalisierung, Wohlbefinden ist ein Konstrukt, welches zum Teil sehr unterschiedlich operationalisiert bzw. gemessen wird. Also: immer genau schauen, wie in einer Studie „Wohlbefinden“ definiert und gemessen wurde.

 

Eine häufige Konzeptualisierung des subjektiven „Wohlbefinden“ ist die Aufteilung in eine kognitiv-evaluative und eine affektive Komponente. Die kognitiv-evaluative Komponente besteht ihrerseits wiederum aus der Lebenszufriedenheit, welche entweder global (z.B. „Sind Sie mit ihrem Leben zufrieden?“) oder bereichsspezifisch (z.B. „Wie zufrieden sind sie mit ihrem Beruf?“) gemessen werden kann.

 

Die affektive Komponente setzt sich aus positivem (z.B. „Did you feel on top of the world?“) und negativem Affekt (z.B. „Did you feel depressed oder very unhappy?“). (vgl. nachfolgende Übersicht)

Veränderung der allgemeinen Lebenszufriedenheit

à erstaunliche Stabilität der allgemeinen Lebenszufriedenheit über die Lebensspanne

 

In der German Socio-Economic Panel Study (GSOEP) mit ca. 20’700 Teilnehmenden bleibt die Lebenszufriedenheit bis ca. 70 Jahren stabil und zeigt dann ab diesem Alter eine leichte Abnahme (Baird, Lucas & Donnellan, 2010).

 

Der British Houshold Panel (BHPS) mit ca. 21’500 Teilnehmenden zeigt dagegen eine Abnahme der Lebenszufriedenheit von 16 bis 45 Jahren, dann eine Zunahme von ca. 45 bis 70 Jahren und anschliessend eine erneute Abnahme (Clark & Oswald, 2006).

Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom U-bend of life, welcher besagt, dass Menschen im mittleren Lebensalter am unglücklichsten bzw. unzufriedensten sind (Baird et al. 2010).

 

à Beide Studien zeigen somit, dass eine Abnahme der Lebenszufriedenheit erst im „älteren Alter“ ab ca. dem 75 Altersjahr erfolgt. Mögliche Gründe hierfür sind vermehrte Gesundheitsprobleme, der Verlust sozialer Unterstützung und die Erwartung des Todes (Baird et al., 2010). Ergebnisse der Berliner Altersstudie (Lindenberger et al., 1996) weisen jedoch darauf hin, dass weniger das Alter, sondern die Distanz zum Tod die Veränderung der Lebenszufriedenheit erklärt. So beginnt diese ca. 4 Jahre vor dem Tod verstärkt abzusinken. Folglich wird es am Ende des Lebens zunehmend schwieriger, die Lebenszufriedenheit aufrecht zu erhalten (Gerstorf, Ram, Röcke, Lindenberger & Smith, 2008)

Veränderung von positivem & negativem Affekt über die Lebensspanne

In einer 4-jährigen Längsschnittstudie mit ca. 7500 Teilnehmenden zeigten die 60-Jährigen im Vergleich zu den 20- bis 40-Jährigen den geringsten positiven Affekt, wobei die Unterschiede jedoch nur gering waren. Weiter zeigte sich eine Abnahme des negativen Affektes bei 20- bis 40-Jährigen und einen stabilen negativen Affekt bei 60-Jährigen (Windsor & Anstey, 2010). Wichtig ist jedoch zu bemerken, dass die ältesten Studienteilnehmenden 64 Jahre alt waren, also keine älteren Alten einbezogen wurden.

 

Kunzmann, Little und Smith (2000) analysierten anhand der Berliner Altersstudie Querschnitt- (N=516) und Längsschnittdaten (N=203, Zeitintervall ca. 4 Jahre) von Teilnehmenden zwischen 70 und 103 Jahren.

Es zeigte sich eine Abnahme des positiven Affektes mit zunehmenden Alter, jedoch keine altersrelevanten Veränderungen für den negativen Affekt. Dieser bewegt sich auch in hohem Alter auf einem tiefen Level.

 

Werden für Studienzwecke die Einschränkungen im Leben kontrolliert, hängt das Alter positiv mit positivem Affekt und negativ mit negativem Affekt zusammen. Dies bedeutet, dass weniger das Alter selbst sondern die erlebten Einschränkungen im täglichen Leben für die Abnahme im positiven Affekt verantwortlich sind – ein für die Ergotherapie höchst relevantes Ergebnis!

 

à Es kann somit gesagt werden, dass obwohl viele Gründe dagegen sprechen, es vielen älteren Menschen gut geht (Gerstorf et al., 2008). Dies führt unweigerlich zur Frage, weshalb das so ist? Man spricht in diesem Zusammenhang auch häufig vom „Wohlbefindensparadoxon“ welches folgend näher werden soll