Skript Kurs 7.2
Kartei Details
Karten | 63 |
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Lernende | 11 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Soziales |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 12.12.2017 / 14.06.2024 |
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https://card2brain.ch/box/20171212_grundlagen_der_schweizerischen_sozialpolitik_und_strukturmerkmale_des_sozialwesens
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Was sind die wesentlichen Merkmale der schweizerischen Sozialhilfe?
- öffentliche Sozialhilfe ist Sache der kantonalen Gesetzgebung, führt zu grossen Unterschieden zwischen den Kantonen
- traditionell beschränkt sich Sozialhilfe auf materielle Ausstattungsprobleme
- moderne Sozialhilfegesetzte erkennen auch Probleme der immateriellen Bereiche und bieten Beratung und Betreuung durch agogische Intervetionen an
- seit 1975 gilt das Wohnortsprinzip
- ab 1977 erlass des ZUG (Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftger)
- Individualisierung der Leistungen, materielle Hilfe wird auf die konkreten Bedürfnisse des Einzelfalls zugeschnitten
- Leitsung der Sozialhilfe besteht ein grundsätzlicher Anspruch, wenn Bedürftgkeit erwiesen ist. Kein klagbarer Anspruch auf Leistung bestimmter Höhe
- Kantone sind nicht verpflichtet vom Bund innerkantonal das Prinzip der wohnörtlichen Unterstützung anzuwenden
Weitere wesentliche Merkmale der Sozialhilfe sind...?
- keine verbindlichen Normen über Art und Höhe der Leistungsansprüche
- Ermessen der Gemeindebehörde massgeschneiderte Hilfe zu leisten
- Lebensstandart der Sozialhilfe Empfänger wird tief angesetzt, Gemeindebehörden wollen Anreiz schaffen, zur Unabhängigkeit von der öffentlichen Sozialhilfe
- unüberschaubare Vielfalt von Einrichtungen und Organisationen, weil Sozialhilfegesetze auch private Institutionen erlaubt
- SKOS Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe ist auf eidgenössischer Ebene zuständig für Informations- und Koordinationsaufgaben, sie wirkt beim Erlass von Gesetzten in der Sozialhilfe mit
- nicht alle Kantone richten sich nach den Richtlinien der SKOS, den Kantonen ist es freigestellt
- SKOS Richtlinien sind seit 2004 revidiert und seit 2005 von den meisten Kantonen übernommen worden
Was hat die Revision der SKOS für Ziele verfolgt?
Existenzsicherung, Sicherung eines bescheidenen Auskommens, Anreiz zur Erwerbstätikeit, Intergrationsförderung durch Integrationszulagen. Grundbedarf einer Einzelperson wurde von 1030.- auf 960.- reduziert, dafür mehr Spielraum bei den Integrationszulagen
Anreiz zur Erwerbstätigkeit gestärkt: Einkommesfreibetrag beo Erwerbseinkommen aus dem ersten Arbeitsmarkt zwischen 400.- -700.- Fr.
Integration fördern: beruflich wie sozial. berufliche Orientierungsmassnahmen, Integrationshilfe in den ersten Arbeitsmarkt, Einsatz- und Beschäftigungsprogramme, Angebote im zweiten Arbeitsmarkt, Sozialpädagogische und sozialtherapeutische Angebote
Missbräuche bekämpfen: neue bundesgerichtliche Rechtssprechung für Voraussetzungen der Einstellung von Untersützungsleistungen
Einheiltiche Sozialhilfepraxis: damit kein "Sozialtourismus" unter den Kantonen oder verschiedenen Gemeinen entsteht, möglichst Rechtsungleichheit und Rechtsunsicherheit beheben, kein Wettbewerb unter den Kantonen der niedrigsten Standards
Erläutere dem Begriff Prävention
Prävention = Vorbeugen, Zuvorkommen, Verhindern
Prävention arbeitet ursachenbezogen. Einerseits will mit Prävention Ursachen angangen werden um gewisse Sachlagen zu verhindern oder wünschbare Zustände zu stärken
Mit präventiver Sozialpolitik werden Massnahmen zur Beeinflussung der Umweltbedingungen und/oder Änderungen der Lebensweisen der einzelnen Menschen gemeint. Das Instrument Prävention setzt ursachenbezogen an. Es wird zwischen personorientierter Prävetion und strukturorientierter Prävetion unterschieden. Erläutere diese beiden Begriffe
personenorientierte Prävetion:
- Stärkung der relevanten personalen Ressourcen des Individuums stärken
- Erhöhung der Autonomie im personalen System, Ressourcenförderung des einzelnen Individuums, um potenzielle negative Zustände vorzubeugen oder entgegenzuwirken
- Förderung der Risikokompetenz
strukturorientierter Prävention/Ansatz
- allgemeine Lebensbedingungen verbessern
- Umwelt und gesellschaftliche Sturuktur anpassen
- positive Einflüsse stärken
- negative Einflüsse möglichst ausschalten
- zur Lebensqualität massgeblichen Umweltbedingungen zählen die natürliche Umwelt und soziale Umwelt, wie Wohn- und Arbeitsbedingungen, Arbeitszeit (Nacht- und Schichtarbeit), Arbeitsumgebung (Klima. Lärm, gefährliche Arbeitsstoffe)
- SUVA Schweizerische Unfallversicherungsanstalt hat neben dem Betrieb der Unfallversicherung als weitere Hauptaufgabe die Pflicht zur Förderung der Arbeitssicherheit
Es wird zwischen drei Formen der Prävetion unterschieden, Primärprävention, Sekundärprävention und Tertiärprävention. Was gehört zur Primärprävention?
Primärprävention
- Versuch der Entstehung von Störungen, Ausstattungsproblemen, nicht wünschenwerte Verwendungsformen von Ressourcen zuvorzukommen
- person- und strukturorientiert
- meist langfristige Perspektive
- Aktivitäten der SUVA zur Arbeitssicherung und Unfallverhütung als Beispiel
Was umfasst die Sekundärprävention?
Sekundärprävetion
- frühzeitige Erfassung von Symptomen, die zu Störungen, Ausstattungsproblemen, nicht wünschbaren Verwendungsformen von Ressourcen führen können
- Gefährdung von Risikogruppen abzuwenden
- ist person- und strukturorientiert
- zBsp. Arbeitsmarktliche Massnahmen der Arbeitslosenversicherung
Was gehört zur Tertiärprävention?
Tertiärprävention
- Folgestörungen bestehender Probleme zu lindern
- Rückfälle vorzubeugen
- Rehabilitation
- Wiedereingliederung
- personenorientiert
Was für Lücken gibt es im Netz der sozialen Sicherung?
Mit der "neuen" Armut stellen sich im Zusammenhag einer präventiv ausgerichteten Sozialpolitik neue Fragen. Es treten Armutsformen auf, die bislang eine untergeordente Rolle spielten, wie Alleinerziehenden. Andere Formen verlieren an Bedeutung, weil sie durch sozialpolitische Massnahmen gut abgedeckt sind, wie Unfall. Präventive Sozialpolitik würde hier heissen, die neu entstanden Lücken im Sicherheitsnetz zu stopfen.
Esping-Anderson (1990) unterschiedet zwischen lieberale, konservativen und sozialdemokratischen Wohlfahrtsregime mit Sozialhilfe. Erläutere diese
liberale Wohlfahrtsregimetyp
- Dominanz der Marklogik
- soziale Unterstützungsleistungen sind von strengen Bedürftigkeitsprüfungen abhängig ( Prototyp ist die USA)
konservativer Wohlfahrtsregimetyp
- Sozialleitsungen sind abhängig von den vorher geleisteten Beiträge, dadurch von der Erwerbsarbeit
- hier gehört zBsp Deutschland
sozialdemokratische Wohlfahrtsregimetyp
- Prinzip des Universalismus und der Dekommodifizierung
- Zwang zur Annahme von Erwerbsarbeit zu jeder Bedingung wird durch den Sozialstaat reduziert
- Prototyp ist Schweden
Es sind immer Mischformen in den verschiedenen Staaten anzutreffen, mit der Tendenz zu einer From dieser oben genannten Typen.
Was versteht Esping-Andersen (1990) unter Dekommodifizierung?
Unter Dekommodifizierung versteht Esping-Andersen im Anschluss an Thomas H. Marshalls und Karl Polanyis Analysen einen sozialpolitischen Prozess, dank dem die Abhängigkeit der Arbeiter von der Warenproduktion respektive deren Los, selber zur blossen Ware gemacht zu werden (Ware heisst im Englischen: Commodities), gemildert wird. In diesem sozialpolitischen Prozess würden soziale Sicherungssysteme geschaffen, die die Arbeiter für den Fall, dass sie ihre Arbeitskraft nicht mehr oder nicht mehr genügend verkaufen können (etwa infolge von Arbeitslosigkeit, Armut, Unfall, Krankheit, Invalidität, Alter), in ihrer Existenz mehr oder weniger gut absicherten. Dadurch werde verhindert - so Esping-Andersen -, dass die Arbeiter wie Ware würden, die auch wie solche ganz fallen gelassen werden könnten.
Quelle: http://wyss-sozialforschung.ch/kommentare/kkommentare/k0053/k0053decommodification.html
Definieren den Begriff Sozialwesen
Unter Sozialwesen versteht man dei Gesamtheit aller Organisationen, die sich mit der Umsetzung von Massnahmen in den Bereichen soziale Sicherheit, Bekämpfung von Armut, sozialer Ungleichheit und der Förderung der Lebensqualität befassen.
Schweizerisches Sozialwesen ist heterogen durch den Föderalismus.
Zu den Akteuren zählen Bund, Kantone, Gemeinden, wie auch Kirchen, zahlreiche Einrichtungen von privaten Trägern.
Das zweite zentrale Element neben dem Föderalismus ist die Subsidiarität. Die Vorrangigkeit der Leistungen der Sozialversicherungen gegenüber der öffentlichen Sozialhilfe und der Eigenverantwortung gegenüber der Leistungen des Staates.
Die schweizer Sozialpolitik, die Ausgestaltung des Sozialwesens und die atuellen Auseinanderstzungen rund um die Weiterentwicklung des "Sozialen" sind stark von zwei Pirnzipien bestimmt. Dem Föderalismus und der Subsidiarität. Erkläre das Prinzip des Föderalismus.
Föderalismus leitet sich vom lateinischen Wort "foedus" ab = Bündnis. Es wird eine verfassungspolitische Bemühung darunter verstanden. "Einheit in der Vielfalt, Vielfalt in der Einheit"
Als Bundesstaat besteht neben den Kantonten ein rechtlich selbständiger Bund. Die Bundesverfassung trifft die grundlegendnen Regelungen. Bund bestimmt seine Kompetenzen und jene der Kantone. Bund kann durch die Bundesverfassung in die inneren Verhältnisse der Kantone eingreifen und steueren.
Die föderative bundesstaatliche Ordung wird in Art. 3 der Bundesverfassung deutlich. Die lautet wie folgt...
...Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist; sie üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind.
Welche Regelungen sind charakteristisch für den föderativ verfassten Bundesstaat?
- vollständige Berhördenorganisation beim Bund und beim Kanton, mit Gewaltenteilung von Legislative, Exekutive und Judikative gegliedert ist
- Konkordate haben die gleiche Funktion wie Bundesgesetzte
- Konkordate sind interkantonale Verträge zur Lösung gesamtschweizerischen Fragen
- Kantone sind an der Bildung des obersten Bundewillen beteiligt.
- Vorlagen sind angenommen, wenn Volk und Stände mittels Mehrheit diese angenommen haben
Was wird unter horizontalem und vertikalem Föderalismus verstanden?
horizonaler Föderalismus: Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden, Zusammenarbeit zwischen den Kanton
vertikaler Föderalismus: Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen, Zusammenarbeit zwischen Kantonen und Gemeinden
Was sind die Schwierigkeiten der Sozialpolitik mit dem föderlaistischen System?
Die differnzierte Aufgaben- und Kompetenzverteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden kommt auch in der Sozialpolitik stark zum Ausdruck. Nicht nur für Laien besteht die Schwierigkeit zu wissen, wer in einem bestimmten Fall für eine bestimmte Problemstellung zuständig ist.
Darstellung des Prinzips des Föderalismus anhand des Sozialhilferechts. Erkläre das Beispiel der Sozialhilfe anhand von Bund, Kantonen und Gemeinden
Sozialhilfe
Bund: Art 115 BV weist diese Aufgabe den Kantonen zu. Der Bund kann Rückgriff auf den früheren Wohn- oder Heimatkanton regeln. Das Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger (ZUG) regelt materielle und formelle Bestimmungen
Kanton:
- Orgnisation der Sozialbehörde durch Festlegung kantonaler Gesetze über das Gemeindewesen
- Kantone verfügen über Sozialhilfegesetzte
- Diese Gesetzte regeln als Rahmengesetzte die Arten der Hilfe, die Organisation, das Verfahren, die Stellung der Hilfesuchenden, die Rückerstattungspflicht, die Zuständigkeit im Streitfall, Staatsbeiträge
Gemeinden:
- stellt meistens die Sozialbehörde
- Sozialbehörde schliesst über Art und Ausmass der Hilfe, über die Höhe der Unterstützungen und allenfalls darüber, wer die immaterielle Hilfe leisten soll (Beratung und Betreuung)
Erläutere den Begriff der Subsidiarität.
Subsidiarität wird vom lateinischen Wort subisdiär abgeleitet und bedeutet unterstützend, ersatzweise eintreten.
Im Rahmen der katholischen Soziallehre entstand dieser Begriff. Subsidiarität ist ein zentaler Bestandteil einer Gesellschaftsauffassung, die für die Eigenverantwortung und Eigenständigkeit kleineren Sozialgebilde eintritt. Insbesondere die Famile wird hier gemeint. Die katholische Soziallehre hat sich gegen staatliche Zentralismus und Kollektivisums gerichtet. Ausgangspunkt bildet die Überlegung, dass was der Einzelne aus eigener Initative leisten kann nicht entzogen wird und der Gemeinschaft übertragen wird. Die Gemeinschaft nur im Bedarfsfall zu Hilfeleistung verpflichtet wird. Dieser Gedanke wir dauf die Gesellschaft angewandet. Von der Familie und Primärgruppen, über die Sekundärgruppen örtlicher oder funktionaler Art (Gemeinden, Berufverbände usw) bis hin zum Staat.
Was verlangt das Subsidaritätsprinzip?
Das Subsidaritätsprinzip verlangt, dass immer zuesrt auf die private Kräfte wird, bevor auf die öffentlichen zurückgeriffen wird. Staatliche Insanzen werden nur ergänzend zu privaten aktiv.
Wo liegt primär die Existenzsicherung mit dem Hintergrund des Substitaritätsprinzips?
Die Existenzsicherung liegt primär beim Individuum. Falls diese aus eigener Kraft nicht dazu in der Lage ist, muss unter Umständen die Familie helfend einspringen.
Im Art 328 des ZGB wird die Verwandtenunterstützung geregelt.
"Wer in günstigen Verhänltnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würde."
Gemäss Bundesgesetzpraxis kann nur wer deutlich mehr als 10´000.- pro Monat für Verwandteunterstützung angehalten werden.
Was entstand durch das ausgeprägte Subsidiaritätsprinzip in der Schweiz?
Wegen des ausgeprägten Subsidiaritätsprinzips entstand in der Schweiz eine grosse Fülle an privaten Organisationen, die sich der Bearbeitung und Behebung sozialer Probleme widmen.
In der Schweiz ist das Sozialwesen durch eine komlexe Form der Aufteilung zwischen privater und öffentlicher Hand gekenntzeichnet. Schätzungsweise sind rund die Hälfte der Trägerschaften private Organisationen. Was macht es so schwierig und wo sind auch Vorteile?
Schwierigkeiten
- sozialstatistische Daten sind kaum vergleichbar, da oft lückenhaft und unzweckmässig aufgeschlüsselt
- schwierige Abgrenzung zwischen Sozial- und Gesundheitsdienste
- öffentliche Träger sind einem sozialpolitischen Prozess ausgesetzt und sind dadurch träge, dh sie können sich nur langsam an veränderte Situationen im Sozialwesen anpassen
- private Organisationen können ihre Finanzen nicht längerfristig planen, da sie von Spenden, Schenkungen und ähnlichem abhängig sind
- der Fluss der privaten Gelder ist abhängig von der Art des sozialen Problems, Alltagsvorstellungen in der Öffentlichkeit betreffend "Schuld" oder "Unschuld" der Klienten und der Zeitgeist
Vorteile
- private Organisationen können sich schneller an aktuelle Situationensveränderungen anpassen
- viele freiwiliige Helfer sind im Einsatz
- öffentliche Gelder fliessen auch zu den privaten Träger, denen werden Aufträge übergeben