Muriel_7.2 Grundlagen der schweizerischen Sozialpolitik und Strukturmerkmale des Sozialwesens

Wörterbuch der Sozialpolitik (2003)

"Sozialpolitik ziehlt auf die Gewährleistung von sozialer Sicherheit ab, das heisst, sie strebt die Behebung oder Milderung von sozialen Misständen an, welche aufgrund individueller oder kollektiver Schwierigkeiten und Nöte eingetreten sind. Dem Staat geht es dabei um die Verhinderung oder Bewältigung von sozialen Konflikten und darum, die allgemein gültigen Grundwerte von Solidarität und Gleichwertigkeit der Menschen in einem Umfeld möglichst grosser individueller Freiheit zu verwirklichen.

In der schweizerischen Gesellschaft gibt es kaum einen gemeinsamen Konsens zu den Zielen der sozialpolitischen Interventionen.

"Im Namen Gottes des Allmächtigen! Das Schweizervolk und die Kantone, in der Verantworung gegenüber der Schöpfung, im Bestreben, den Bund zu erneuern, um Freiheit und Demokratie, Unabhängigkeit und Frieden in Solidarität und Offenheit gegenüber der Welt zu stärken, im Willen, in gegenseitliger Rücksichtnahme und Achtung ihre Vielfalt in der Einheit zu leben, im Bewusstsein der gemeinsamen Errungenschaften und der Verantwortung gegenüber den künftigen Generationen, gewiss, dass frei nur ist, wer seine Freiheit gebraucht, und dass die Stärken des Volks sich misst am Wohl der Schwachen, geben sich folgende Verfassung: (...)"

1. Sozialer Frieden
2. Soziale Sicherheit
3. Soziale Gerechtigkeit

• Innerer Frieden einer Gesellschaft ist auf Dauer nicht durch Zwangsmassnahmen zu sichern
• die grösste Mehrheit einer Gesellschaft muss zufrieden sein mit ihrer Situation und sich nicht benachteiligt fühlen gegenüber anderen Mitglieder der Gesellschaft
• Sozialpolitik kann in diesem Sinne als innere Sicherheitspolitik verstanden werden
• Bismarcksche Sozialpolitik Ende des 19Jh durch Schaffung einer gesetztlich verankerten Kranken-, Unfall-, Invaliditäts- und Altersversicherung = "Versicehrungsprämien der Gutsituierten zur Aufrechterhaltung des inneren Friedens und damit auch ihrer privilegierten Lebenssituation"

• Fokus liegt beim Individuum
• soziale Einrichtungen sollen das Individuum wirtschaftlich, sozial und kulturell absichern, egal welche Schicksalsschläge ihm im Laufe des Lebens begegnen
• UNO Menschenrechte Art. 22 "Jeder Mensch hat als Mitglied der Gesellschaft Recht auf soziale Sicherheit."

• innerhalb der Gesellschaft sollen die materiellen aber auch die immateriellen Güter "gerecht" verteilt sein
• sozialpolitisches Handeln wird durch Zustände ausgelöst, die gewisse Mitglieder der Gesellschaft als ungerecht erlebt wird (bertoffene oder andere) Bsp. working poor
• 4 verschiedene Prinzipien zur Gerechtigkeit erschweren die sozialpolititsche Auseinandersetzung, da nicht immer vom gleichen Prinzip aus gegangen wird

Soziale Sicherheit

1. Sozialgesetzte
2. Sozialversicherung
3. Sozialhilfe

Gesundheitspolitik = Gesundheitsvorsorge, Gesundheitsschutz, Gesundheitsförderung

Arbeitsmartkpolitik = Ausländerpolitik, Beschäftigungspolitik, Arbeitnehmerschutzpolitik

Wohnungspolitik = Wohneigentumsförderung, Mieterschutz, Subventionspolitik

Einkommens- und Vermögenspolitik = Lohnpolitik, Steuerpolitik

Bildungspolitik = Standortpolitik der Bildungseinrichtungen, Stipendienwesen, Durchlässgikeit der Stufen

Preis- und Konsumentenpolitik = Konsumentenschutzpolitik, Wettbewerbspolitik

• durch den Staat errichtete obligatorische Sozialversicherungen
• Jedes Risiko hat ihre eingen Versicherung mit eigenständigen Gesetzgebungen
• öffentlich-rechtliche Versicherungen, dezentral ausgestaltet

Bismark`s Ideal war dei all zuständige unmittelbare Demokratie, mit Repräsentanten im Vollzug der Gesetze.

1. Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft (Uster 1832 Brand der Fabrik, Protest der Heimarbeiter gegen die Fabrikarbeiter)
2. Serienproduktion, Arbeitsrationalisierung und Trennung von planender und ausführender Arbeit
3. Automatisation

Verstädtung durch Umzug von Familien in Vororte der Städte, wo Fabriken erbaut wurden. Ende der Familienwirtschaft, Kinder wurden schon ab 10 Jahren in der Fabrik eingesetzt.Arbeiterfamilien waren von den Fabrikanten und der Marktlage abhängig. Arbeitsausfall durch Unfall oder Krankheit führte unvermeidlich in die Armut. Eine neue Gesellschaftsklasse entstand, die Arbeitsklasse. Sie standen gesellschaftlich und politisch auf der untersten Stufe. Karl Marx entwickelte neue, revolutinäre Ideen zur Beseitigung des materiellen und moralischen Elends.

Menschenrechte

Gewaltenteilung

repräsentantive Demokratie

Gleichheit

Sozialversicherungen

Sozialhilfe

Prävention

Die Sozialversicherungen

Diejenigen Instrumente, die ein bestimmtes Risiko, das nicht selbstverschuldet eintreten kann, abdeckt.

In ihrem Kern beinhalten diese die gesetzlich verankerten Einkommensverteilungen oder -übertragungen, die Bevölkerung in entscheidenden Lebenslagen zu schützen.

Das Kausalprinzip besagt, dass sich die Leitsungspflicht nach der Ursache des Risikos und nicht nach dem Bedarf richtet.

Einerseits bedeutet Solidarität bei Versicherungen, dass sie obligatorisch für alle sind. Anderseits wird Solidarität zwischen Risikogruppen, Genertationen, hohen und tiefen Einkommen gemeint.

Das Sozialversicherungsprinzip hat das Führsorgeprinzip ersetzt. Anstelle des Bedürftigkeitsnachweises steht nun einen Rechtsanspruch auf Leistung bei Erfüllung der vorgeschriebenen Voraussetzungen.

Es sei ein Giesskannensystem!

Jedes Individuum, dass ein bestimmtes Risiko trifft erhält Leistungen, egal in welcher Situation sich dieses befindet.

Versicherter

Arbeitgeber

Bund

Kantone

Umlageverfahren: Einnahemen werde sofort verwendet die anfallenden Ausgaben zu decken (AHV, 1. Säule)

Kapitaldeckungsverfahren: Teile des Einkommens werden gespart. Die Ersparnisse werden zur Deckung der Auszahlung an die gleiche Person verwendet, die einbezahlt hat. (BVG 2. Säule)

Der Fabrikherr hafteten für Schäden, die sein Arbeiter erlitt, auch wenn er diese nicht selber verschudet hatte. Arbeitnehmer wollten ihren Arbeitsplatz nicht mit Haftpflichtverfahren gefährden. Schadenersatz bei Unfall war auf 6000.- Fr begrenzt. Fortschrittliche Arbeitgeber schlossen eine private Unfallversicherung ab, was den Gedanken förderte von einer staatlichen Unfallversichrung.

• 1890 Verfassungsgrundlage für Kranken- und Unfallversicherung in der Bundensverfassung wurde gelegt
• 1901 Millitärversicherung mit selbständigen Gesetzen eingeführt
• 1912 KUVG mit Referedungsabstimmung gebilligt
• 1914 in Krafttretung des KUVG`s (Kranken- und Unfallversicherungsgesetz)

• schwere Wirschaftskrise, Massenarbeitslosigkeit, grosse Armut
• durch Gesetz 1924 teilweise subventionierte Arbeitslosenkasse
• durch felhender Verdienst geriehten auch Wehrmänner und ihre Familien in Not
• 1925 wurde die AHV und IV in der Bundesverfassung verankert

• die Lohn- und Verdienstersatzordung (LVEO) wurde 1939 geschaffen, durch den erhöhten Druck des 2. Weltkriegs auf die Versorung der Wehrmänner und ihren Familien.
• LVEO wurde durch Lohnprozente von Arbeitnehmer und -geber fianziert. Dieses Prinzipt ebnete den Weg der AHV.
• Die LVEO Überschüsse wurden verteilt auf Interessengruppen der AHV und ALV. Diese wurden zum Startkapital für den Ausbau der Sozialverischerungen
• 1945 Familienschutzbestimmungen werden in die BV aufgenommen. Wie die Kompetenz über Gesetzgebung von Familienausgeleichskassen und die Errichtung einer Mutterschaftsversicherung
• 1953 landwirschaftliche Familienordnung wird zum Bundesrecht

• 1960 IV und AHV treten in Kraft
• 1966 Ergänzungsleistungen der AHV/IV wurden eingeführt, da Renten nicht ausreichten
• 1972 Verfassungsgrundlage in der BV verankert für das 3 Säulenprinzip
• erste Mal in der Geschichte der schweizerischen Sozialversicherungen ist ein klares Konzept für den Versicherungsschutz der Wohbevölkerung entwickelt

• Dominanz des lieberalen Verständnisses, nach Dringlichkeit, dem Staat lediglich eine sog. "Nachtwächterfunktion" erteilen will
• Prinzip des Föderalismus, Bund kann nur tätig werden wo er verfassungsrechtlich ermächtigt ist.
• Prinzip der Subsidiarität, übergeordnete Einheit kommt nur dann zum Zug, wenn das Problem an der Basis nicht gelöst werden kann
• Direkte Demokratie, Verfassungsdeklarationen müssen durch Ausführungsgesetzgebung konkretisiert werden
• Wirschaftliche Situation, Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt, Ausmass der Produktivitätssteigerung, Entwicklung des Bruttoinlandproduktes BIP
• Rollen der Gewerkschaften, Gewerktschaften haben in der Schweiz weniger politisches Gewicht, sind trotzdem für den stetigen Ausbau der Sozialversicherungen verantwortlich

1. AHV/ IV / EO / EL => Wohnsitz oder Erwerbstätigkeit
2. ALV/ UV Berufsunfall/ Mutterschaft => Arbeitnehmer/-in
3. UV inkl Nichtbetriebsunfall => Arbeitnehmer mit Mindestarbeitszeit von 8h /Woche beim gleichen Arbeitgeber
4. BVG => Arbeitnehmer mit Mindestlohn 3/4 der max. jährlichen AHV-Rente / mind 21´150.- Jahreseinkommen

1. Säule staatliche Vorsorge

AHVG/ IVG und ELG zur AHV/ IV

Ziel:  Sicherung des Existenzbedarfs, minimale Vollrente: 1175,-max. Vollrente: 2350,-

Obligatorisch für: Wohnbevölkerung (unselbständig und selbständig Erwerbende sowie Nichterwerbstätige)

Finanzierungsverfahren: Umlageverfahren = Beiträge der Erwerbstätigen werden direkt für aktuelle Ausgaben der Renten genutzt

2. Säule Berufliche Vorsorge

BVG Bundesgesetz über die berufliche  Alters-, Hinerlassenen- und Indaliedenvorsorge

Ziel: Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise

Obligatorisch: für unselbständig Erwerbende

Finanzierungsverfahren: Kapitaldeckungsverfahren, Sparprozess der Einzelnen, wird dem Einzahlenden bei Eintritt der Rentenalters dirket als Rente bezahlt

3. Säule 3a gebundene Selbstvorsorge (steuerlich begüngtigt)

BVV3

Ziel: Zusätzliche Vorsorge der Einzelnen

Obligatorisch: für niemanden

Finanzierungsverfahren: privilegiertes Sparen der Einzelnen, setzt Erwerbstätigkeit voraus

Dass selbe gilt für 3. Säule 3b, freie Selbstvorsorge, zB. Lebensversicherungen, Risikoversicherung Invalidität/Tod, Zusatzversicherungen zur Krankenversicherung

EL bildet heute eine unerlässliche Stütze zur AHV/IV. EL sind bedarfsorientiertmit Rechtsanspruch auf diese Leistungen wenn die Anspruchsvoraussetzung erfüllt sind

Die jährlichen EL werden zu 5/8 vom Bund und zu 3/8 von den Kantonen getragen.

Finanzierung: Steuermittel

Wenn die Ausstattungsprobleme der Indivieuen durch die Maschen der Sozialversicherungen fallen.

Historisch gesehen gab es schon immer Sozialhilfe in Form von Almosen für Bettler und Arme. Modul 1 Geschichte der Fürsorge;-)

Im Leistungsbereich:

• Leistung auf einen bestimmten Prozentsatz des versicherten Verdienstes "Lohnarbeitszentriertheit",
• nicht gesicherte Indexierung von Geldleistungen (BVG)

Im Geltungsbereich:

• nicht oder nur ungenügend gedeckte Teilrisiken (bei Invalidität, Zahnschäden, Niedrigeinkommen, die nicht BVG verischert sind),
• keine obligatorische Krankentaggeldversicherung,
• zu tiefe Löhne,
• Leistung für Familien sind tief

Die Tatsache der Hilfsbedürftigkeit löst eine Leistung aus, nicht deren Ursache (causa).

• sie emfpinden es als Makel
• das Gefühl des Vorwurfs, sie hätten ihre Bedürftigkeit selbstverschuldet
• Angst vor der Kontrolle ihrer Lebensverhältnisse
• fürchten sich davor, dass ihre Verwandten oder sie selber die Erhaltenen Beträge wieder zurückzahlen müssen, wenn sie in bessere Verhältnisse kommen