ZPO/SchKG - § 1 Grundlagen

- Kennen der Grundlagen des Zivilprozess- und Vollstreckungsrechts

- Kennen der Grundlagen des Zivilprozess- und Vollstreckungsrechts


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Flashcards 102
Language Deutsch
Category Law
Level University
Created / Updated 24.03.2017 / 20.12.2024
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42. Frage

Wer verfügt im Rechtsmittelverfahren über die Rechtsmittel?

Über ein Rechtsmittel verfügen immer die Pateien. Sie selbst entscheiden, ob sie ein Rechtsmittelverfahren einleiten wollen, in welchem Umfang eine Änderung des angefochtenen Urteils gewünscht ist und ob sie das Rechtsmittel vor dem Rechtsmittelentscheid zurückziehen wollen. Im Rechtsmittelverfahren gilt daher der Parteibetrieb.

43. Frage

Worum geht es beim Verhandlungs- und Untersuchungsgrundsatz?

Bei dem Begriffspaar des Verhandlungs- und Untersuchungsgrundsatzes geht es um die Frage, wer für die Erforschung des Sachverhalts zuständig ist und auf der Grundlage welchen Sachverhalts die Rechtsanwendung erfolgen soll. Die Begriffe beschlagen einzig den Sachverhalt.

44. Frage

Was ist das Wesen des Verhandlungsgrundsatzes?

Bei Geltung des Verahandlungsgrundsatzes obliegt es den Parteien, der Behörde das Tatsächliche des Falles vorzubringen. Die behördliche Tätigkeit erschöpft sich in der Beweiswürdigung und der Rechtsanwendung (da mihi facta, dabo tibi ius). Es gilt der Parteibetrieb.

45. Frage

Welche Pflichten fliessen für die Behörden aus dem Verhandlungsgrundsatz?

Die Behörde darf dem Entscheid nur diejenigen Tatsachen zugrunde legen, welche von den Parteien vorgebracht werden und darf somit keine Tatsachen bei der Rechtsanwendung berücksichtigen, welche sie aus anderem Anlass erfahren hat. Weiterhin darf sie Tatsachenbehauptungen nicht in Frage stellen, wenn sie nicht bestritten sind oder ausdrücklich zugestanden werden und darf somit nicht verlangen, dass solche Tatsachen bewiesen werden oder solche Tatsachen als unbewiesen betrachten. Sie ist an die Beweisanträge der Parteien gebunden und darf nicht von Amtes wegen ein anderes Beweismittel beiziehen, wenn das ursprünglich angebotene Beweismittel nicht den vom Antragsteller gewünschten Erfolg erzielt.

46. Frage

Welche Rechte und Pflichten ergeben sich für die Parteien aus dem Verhandlungsgrundsatz?

Die Parteien trifft eine Behauptungslast, d.h. sie müssen in ihren Eingaben alle für den Ausgang des Verfahrens entscheidende Tatsachen vorbringen. Dabei ist unerheblich von welcher Partei die Tatsachen vorgebracht werden. Darüberhinaus obliegt es den Parteien zu sagen, mit welchen Beweismitteln sie eine Tatsachenbehauptung beweisen wollen.

47. Frage

Warum wird im Geltungsbereich des Verhandlungsgrundsatzes auch von der "formellen Wahrheit" gesprochen?

Von formeller Wahrheit wird in diesem Zusammenhang gesprochen, da die Urteilsgrundlage das, was die Parteien der Behörde als Wahrheit unterbreiten ist. Aufgabe der Behörde besteht darin, für diese "vorgeschlagene" Wahrheit das Recht anzuwenden sowie die Beweiswürdigung vorzunehemen, also zu beurteilen, von welchem Sachverahalt auszugehen ist.

48. Frage

Beim Untersuchungsgrundsatz wird der Sachverhalt vollständig durch die Behörden von Amtes wegen erforscht. Was hat dies für eine Bedeutung für die Behörden und welche Prinzipien kommen hier zur Anwendung?

Beim Untersuchungsgrundsatz wird der Sachverhalt vollständig durch die Behörden von Amtes wegen erforscht, das bedeutet Amtsbetrieb. Die Behörde berücksichtigt somit sämtliche entscheidrelevanten Tatsachen, muss Tatsachen auf ihre Richtigkeit hin überprüfen und zieht von Amtes wegen sämtliche Beweismittel bei, welche für die Wahrheitsfindung nützlich sein können. Urteilsgrundlage ist das tatsächlich Vorgefallene (materielle Wahrheit).

49. Frage

Auf welche Prozessarten findet der Verhandlungsgrundsatz Anwendung und inwiefern kann dieser dennoch durchbrochen werden?

Der Verhandlungsgrundsatz ist auf den Zivilprozess beschränkt (Art. 55 Abs. 1 ZPO). Aber auch dort kann er durch das Gericht durchbrochen werden. Aufgrund seiner Fragepflicht kann das Gericht unvollständige Tatsachenbehauptungen einer Partei korrigieren (Art. 56 ZPO) und von Amtes wegen Beweis erheben (vgl. Art. 153 Abs. 2 ZPO). Zudem wird der Verhandlungsgrundsatz in einezelne Bereichen des Zivilrechts (z.B. Art. 272 ZPO, Art. 277 Abs. 3 ZPO, Art. 296 Abs. 1 ZPO) und von der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Art. 255 lit. b ZPO) durchbrochen.

50. Frage

Auf welche Prozessarten findet der Untersuchungsgrundsatz Anwendung und inwiefern findet dabei eine Relativierung statt?

Der Geltungsbereich des Untersuchungsgrundsatzes erstreckt sich auf das gesamte Strafprozess- und Verwaltungsrechtsverfahren (Art. 6 StPO, Art. 12 VwVG). Auch in einzelnen Bereichen des Zivilprozessrechts (z.B. Familienrechtliche Verfahren und freiwillige Gerichtsbarkeit) vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Relativiert wird dieser Grundsatz jedoch durch die Mitwirkungspflicht der Parteien, welche im Verwaltungsverfahren und u.U. im Zivilverfahen (Art. 160 ff. ZPO), aber auch im Rechtsmittelverfahren (vgl. Art. 105 BGG) gilt.

51. Frage

Was fliesst aus dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen?

Nach dem Grundsatz der Rechtsanwendung von Amtes wegen muss die Behörde auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts das Recht von Amtes wegen finden und anweden (Untersuchungsgrundsatz und Amtsbetrieb). Die Behörden sind demnach nicht an die Rechtsauffassung der Parteien gebunden, welche ihrerseits ihre Rechtsauffassung im Laufe des Verfahrens ohne Nachteile ändern können. Die Behörde wendet darüber hinaus das Recht selbst dann an, wenn die Parteien überhaupt keine Rechtsauffassung äussern (Art. 221 Abs. 3) oder das Recht nicht einmal kennen.

52. Frage

In welchen Verfahrensarten findet die Rechtsanwendug von Amtes wegen geltung und wo bestehen Ausnahmen?

Die Rechtsanwendug von Amtes wegen gilt in allen Verfahrensgebieten (z.B. Art. 57 ZPO). Die wohl wichtigste Ausnahme besteht im Rechtsmittelverfahren, d.h. die Beschwerdeführer müssen ihr Rechtsmittel begründen und sich mit dem angefochtenen Entscheid auseinander setzen. Insbesondere müssen die Beschwerdeführer aufzeigen, unter welchen juristischen Unzulänglichkeiten das Urteil leidet.

53. Frage

Welche Auswirkung hat das (strenge Rügeprinzip) auf den Grundsatz, dass die Gerichte nicht an die Begründung der Parteien gebunden sind?

Nach Art. 106 Abs. 1 BGG ist das Bundesgericht verpflichtet zu prüfen, ob die Rechtsauffassung des Beschwerdeführers zutreffend ist. Wird dies verneint, wird die Beschwerde abgewiesen, selbst dann, wenn das angefochtene Urteil mit einem anderen juristischen Argument hätte zu Fall gebracht werden können.

54. Frage

Was besagt die Eventualmaxime als formelles Element des Zivilprozesses?

Nach der Eventualmaxime (auch Konzentrationsgrundsatz) müssen die Parteien alle ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel bis zu einem bestimmten Verfahrensabschnitt und auf einmal vorbrigen. Sämtliche Rechtsbegehren, Tatsachenbehauptungen und Beweismittel müssen somit gleichzeitig (konzentriert) vorgebracht werden, auch wenn es nur eventuell für den Fall des Fehlschlagens des in erster Linie vorgebrachten Argumentariums in Betracht kommt.

55. Frage 

Was ist die Folge der "strengen" Eventualmaxime?

Die strenge Eventualmaxime kann zur Folge haben, dass eine Partei eventualiter Tatsachen behaupten muss, die sich gegenseitig widersprechen.

56. Frage

Was bezweckt die Eventualmaxime und welche Nachteile kann sie mit sich bringen?

Die Eventualmaxime bezweckt die Prozessbeschleunigung. Nachteilig kann dabei sein, dass es bei unsorgfältigem Prozessieren zu Rechtsverlusten kommen kann (z.B. durch Beweisschwierigkeiten). Aus prozestaktischen Gründen kann es dabei ratsam sein nicht alle Tatsachenbehauptungen von Beginn an der Gegenpartei kundzutun.

57. Frage

Wo ist die "reine" Eventualmaxime vorgesehen und wo hat sie ihren Ursprung?

Die "reine" Eventualmaxime ist nirgends vorgesehen, kommt aber in abgeschwächter Form in allen Verfahrensgebieten vor. Sie hat ihren Ursprung im Zivilprozessrecht, wo sämtliche Parteivorbringen in der Klage (Art. 221 ZPO) oder in der Klageantwort (Art. 222 ZPO) vorgebracht werden sollen.

58. Frage

Wann fällt im Zivilprozessrecht die sog. "Guillotine" der Eventualmaxime?

Im Zivilprozessrecht können Beweismittel nur dann unbegrenzt vorgebracht werden wenn:

  1. zu Beginn der Hauptverhandlung, weder ein zweiter Schriftenwechsel noch eine Instruktionsverhandlung statt gefunden haben (Art. 229 Abs. 2 ZPO)
  2. ein zweiter Schriftenwechsel und danach eine Instruktionsverhandlung stattfinden, anlässlich der Instruktionsverhandlung (Art. 226 ZPO)
  3. wenn ein zweiter Schriftenwechsel, aber keine Instruktionsverhandlung stattfindet oder eine solche vorher stattfand, mit Einreichung der zweiten Rechtsschrift (Replik/Duplik, Art. 225 ZPO)

59. Frage

Was müssen Rechtssuchende anlässlich des zweiten Schriftenwechels in ihrer Replik bzw. Duplik vorbringen? Welche Möglichkeit ergibt sich daraus?

Rechtssuchende müssen in ihrer Replik bzw. Duplik sämtliche fehlende Tatsachen und Beweismittel vorbringen, da ungewiss ist, ob es überhaupt zu einer Instruktionsverhandlung kommt. Daraus folgt, dass die Rechtssuchenden bis zu Beginn der Hauptverhandlung noch taktieren können, welche Tatsachen und Beweismittel sie einreichen wollen und diese bis dahin unbegrenzt ergänzen können.

60. Frage

Wie ist das Vorbringen von neuen Tatsachen und Beweismitteln nach stattfinden des zweiten Schriftenwechsesl und/oder der Instruktionsverhandlung geregelt?

Nach Beginn der Hauptverhandlung, wenn ein zweiter Schriftenwechsel und/oder eine Instruktionsverhandlung stattgefunden haben, können die Parteien (Rechtssuchende) nur noch dann neue Tatsachen und Beweismittel vorbringen, wenn dies vorher nicht möglich oder unzumutbar war (Art. 229 Abs. 1 ZPO).

61. Frage

Im Verfahren welcher Stufe gilt die Eventualmaxime am stärksten und warum?

Im Rechtsmittelverfahren gilt die Eventualmaxime tendentiell am stärksten, da eine Erweiterung der Rechtsbegehren oder das Vorbringen neuer Angriffs- oder Verteidigungsmittel in diesem Verfahren grundstätzlich nicht mehr bzw. nur sehr beschränkt möglich ist (sog. Novenverbot, Art. 99 BGG, Art. 317 und 328 ZPO).

62. Frage

Die Eventualmaxime steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Untersuchungsgrundsatz. Warum?

Der Untersuchungsgrundsatz wird regelmässig aus Gründen des öffentlichen Interesses statuiert. Mit der Feststellung des Sachverhalts von Amtes wegen verträgt es sich aber nicht, wenn eine Behörde entscheidrelevante Vorbringen nicht mehr berücksichtigt, nur weil sie verspätet geltend gemacht werden (Art. 229 Abs. 3 ZPO).

63. Frage

Was ist Gegenstand des Öffentlichkeitsprinzips?

Beim Öffentlichkeitsprinzip geht es um die Frage, ob gewisse Personen den Verhandlungen Folgen und die Verfahrensakten einsehen dürfen (Publikumsöffentlichkeit/Medienöffentlichkeit/Parteiöffentlichkeit).

64. Frage

Welche Ausprägungen des Öffentlichkeitsprinzips lassen sich unterscheiden?

  • Publikumsöffentlichkeit
  • Medienöffentlichkeit
  • Parteiöffentlichkeit

65. Frage

Welchen Anspruch vermittelt die Parteiöffentlichkeit?

Im Rahmen der Parteiöffentlichkeit sind die Verfahrensbeteiligten ermächtigt, an Prozesshandlungen teilzunehmen und die Verfahrensakten einzusehen. Sie ergibt sich zudem aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) und gilt in allen Verfahren.

66. Frage

Welchen Anspruch vermittelt die Publikumsöffentlichkeit?

Gemäss der Publikumsöffentlichkeit hat jede Person Zutritt zu den Prozesshandlungen und kann als Zuschauer den Prozessverlauf mitverfolgen. Die Publikumsöffentlichkeit ist, als verfassungsmässiges Verfahrensgarantie, in Art. 30 Abs. 3 BV verankert, wodurch der Öffentlichkeit vor geheimer Kabinettsjustiz bwahrt werden sollen (Schutzzweck).

67. Frage

Wann ist von mittelbarer Publikumsöffentlichkeit die Rede?

Von mittelbarer Publikumsöffentlichkeit ist die Rede, wenn nur Medienschaffende zum Prozess zugelassen werden und die Öffentlichkeit indirekt über den Prozessverlauf informiert wird (Medienöffentlichkeit).

68. Frage

Inwiefern kann der Schutzbereich der Publikumsöffentlichkeit beschränkt werden?

Der Schutzbereich der Publikumsöffentlichkeit (Teilgehalt von Art. 30 BV) ist mehrfach beschränkt:

  • Geltung nur im Gerichtsverfahren (Art. 30 Abs. 3 BV, Art. 54 Abs. 1 ZPO)
  • besteht nur, wenn es zu einer Verhandlung oder Beratung kommt (nicht im schriftlichen, d.h. Rechtsmittelverfahren)
  • Ausschluss bestimmter Gegenstände von der Publikumsöffentlichkeit (Art. 54 Abs. 4 ZPO, Art. 203 Abs. 3 ZPO, schriftliches Rechtsmittelverfahren)
  • Ausschluss der Öffentlichkeit aufgrund öffentlichen Interesses oder schutzwürdiger Interessen der Parteien (Art. 54 Abs. 3 ZPO)

69. Frage

Worum geht es bei dem Begriffspaar Mündlichkeit-Schriftlichkeit?

Bei dem Begriffspaar Mündlichkeit-Schriftlichkeit geht es um die Frage, in welcher Form Prozesshandlungen  vorzunehmen sind. Es geht somit darum zu beantworten, ob die Behörde die Partei und andere Beteiligte persönlich empfangen muss oder allein aufgrund des Schriftverkehrs ihren Entscheid treffen darf (z.B. Rechtsmittelverfahren).

70. Frage

Worauf wird in einem mündlichen bzw. schriftlichen Prozess bei der Beurteilung abgestellt?

In einem mündlichen Prozess herrscht das gesprochene Wort der Streitparteien vor, wohingegen in einem schriftlichen Verfahren aufgrund des (blossen) Aktenstudiums entschieden wird

71. Frage

Wie lässt sich feststellen, welche Verfahren dem Mündlichkeits- bzw. dem Schirftlichkeitsgrundsatz unterliegen?

Welche Verfahren dem Mündlichkeit- bzw. Schriftlichkeitsgrundsatz unterliegen kann in Form eines Grundsatzes fesgestellt werden: erstinstanzliche Zivilprozesse sind grundsätzlich mündlich, Rechtsmittelverfahren dagegen grundsätzlich schriftlich (Art. 327 Abs. 2 ZPO, Art. 57 BGG) zu führen.

72. Frage

Worum geht es bei dem Begriffspaar Unmittelbarkeitsprinzip-Mittelbarkeitsprinzip?

Bei dem Begriffspaar Umittelbarkeitsprinzip-Mittelbarkeitsprinzip geht es um die Frage, ob sich die urteilende Instanz auf Beweismittel abstützen darf, obwohl sie bei der Abnahme des Beweises nicht unmittelbar anwesend war (insb. bei Rechtsmittelverfahren).

73. Frage

Wo kommt das Unmittelbarkeitsprinzip zum tragen? Worin bestehen Ausnahmen?

Das Unmittelbarkeitsprinzip kommt nur dort zum tragen, wo auch ein mündliches Verfahren stattfindet. Allerdings kann es auch hier zu einer Anwendbarkeit des Mittelbarkeitsprinzips komme, wenn z.B. ein Gericht im Zivilprozess die Beweisabnahme an ein einziges Mitglied delegiert (Art. 155 Abs. 1 ZPO).

74. Frage

Woraus lässt sich der Grundsatz des fairen Verfahrens ableiten?

Der Grundsatz des fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK) lässt sich aus dem Anspruch einer jeden Person auf gleiche und gerechte Behandlung (Art. 29 Abs. 1 BV) ableiten.

75. Frage

Wo hat der Grundsatz des fairen Verfahrens seinen Ursprung auf nationaler Ebene?

Der Grundsatz des fairen Verfahrens hat ihren Ursprung im Strafrecht (Art. 3 StPO). Ihr kommt allgemeine Tragweite zu, sodass sie in allen Verfahrensgebieten gilt.

76. Frage

Was besagt der Grundsatz des fairen Verfahrens?

Der Grundsatz besagt, dass jede Person Anspruch darauf hat, dass die Durchführung des Verfahrens auf Gerechtigkeit und Billigkeit auszurichten ist und allfällige Zwangsmittel korrekt und angemessen eingesetzt werden (Art. 29 Abs. 1 BV, gleiche und gerechte Behandlung).

77. Frage

Welches sind die Teilgehalte des Fairness-Grundsatzes?

  • Rechsgleichheit (Art. 8 Abs. 1 BV)
  • Treu und Glauben (Art. 9 BV)
  • Unschuldsvermutung (Art. 32 Abs. 1 BV, Art. 6 Ziff. 2 EMRK)

78. Frage

Welchen Umfang hat das Rechtsgleichheitsgebot (Art. 8 Abs. 1 BV)?

Das Rechtsgleichheitsgebot umfasst die Gleichbehandlung der Parteien und das Gebot der Waffengleichheit. Daraus ergibt sich, dass die Streitparteien gleichgestellt sind und mit "gleichlangen Spiessen" prozessieren können.

79. Frage

Welche Bedeutung hat der Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV) für das Prozessrecht?

Der Grundsatz von Treu und Glauben gilt auch im Prozessrecht und entfaltet seine Wirkung sowohl unter den Parteien als auch in ihrem Verhältnis zu den Behörden (Art. 52 ZPO). Der Grundsatz ermahnt zu redlicher und korrekter Prozessführung und beinhaltet ein Halten an das gegebene Wort.

80. Frage

Welche Aspekte lassen sich aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (Art. 9 BV) für das Prozessrecht ableiten?

  • Wahrheitspflicht
  • Verbot bösswilliger oder mutwilliger Prozessführung
  • Vertrauensprinzip
  • Rechtsmissbrauchvebot

81. Frage

Worin besteht der Gehalt der Wahrheitspflicht im Prozess?

Aus der Wahrheitspflicht fliesst, dass die Parteien keine bewusst unwahren Tatsachenbehauptungen aufstellen oder unwahre Tatsachen wissentlich bestreiten dürfen (Art. 307 und 309 StGB).