Einführung ins Recht - § 2 Methodik des juristischen Arbeitens
Kennenlernen der verschiedenen Arbeitsmethoden und deren Funktionen beim juristischen Arbeiten
Kennenlernen der verschiedenen Arbeitsmethoden und deren Funktionen beim juristischen Arbeiten
Set of flashcards Details
Flashcards | 66 |
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Language | Deutsch |
Category | Law |
Level | University |
Created / Updated | 22.03.2017 / 14.01.2022 |
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Was verstehen Sie unter dem Begriff Logik? Durch welche Merkmale zeichnet sich die "juristische Logik" aus und worin besteht der Unterschied zu den Naturwissenschaften?
S. 2 ff. N 9 ff, 17, 34
Logik ist die Lehre vom folgerichtige, widerspruchsfreien Denken. Die juristische Logik zeichnet sich durch ihr deduktives Vorgehen, d.h. der Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere, aus. Die Unterschiede zu den Naturwissenschaften bestehen in deren induktiven Vorgehen und dem Experimentieren.
Was versteht man unter er Deduktion und wann bedient man sich im Recht der Deduktion?
Unter Dekduktion ist der Schluss vom Allgemeinen auf das Besondere zu verstehen. Es wird von einer generellen (Rechts-)Regel ausgegangen, aus welcher die Konsequenzen für konkrete Einzelfälle (Sachverhalte) abgeleitet werden. Vor allem in der Rechtsanwendung und beim juristischen Arbeiten bedient man sich der Deduktion.
Was ist unter der Induktion zu verstehen? Wann bedient man sich im Recht der Induktion und inwiefern kann dies problematisch sein?
Die Induktion ist eine wissenschaftliche Methode, bei welcher man von der Beobachtung konkreter Einzelfälle ausgeht, aus denen dann auf eine allgemeine Regel geschlossen wird (vom Besonderen auf das Allgemeine). Im Recht geht regelmässig der Gesetzgeber beim Erlass generell-abstrakter Normen induktiv vor, wobei es in den letzten Jahrzehenten vermehrt zu gesetzgeberischen Experimenten gekommen ist.
Welcher intellektuelle Vorgang kann als "spezifisch juristisch" bezeichnet werden?
Als spezifisch juristisch kann der intellektuelle Vorgang, logisches, formales Denken mit Wertungen (welche als Relgen Geltung beanspruchen) zu verknüpfen, bezeichnet werden.
Nehmen Sie zu der Wertung: "Dem Individuum kommt ein Eigenwert zu", Stellung und stützen Sie ihre Argumentation mit Beispielen aus dem Gesetz.
Diese Wertung ist in Art. 7 BV (Menschenwürde) ausgedrückt, bezogen auf das Verhältnis zwischen dem Staat (Grundrechtsadressat) und den Bürgern (Grundrechtsträger). Eine Konkretisierung im Verhältnis zwischen Privaten ist in Art. 28 Abs. 1 ZGB (Schutz der Persönlichkeit) enthalten. In dieser Norm ist eine Wertentscheidung im Bezug auf den Eigenwert des Menschen zumindest impliziert.
Inwiefern sind Wertungen zu relativieren?
Wertungen sind insofern stets relativ, als sie von den Überzeugungen einer Rechts- und Kulturgemeinschaft abhängen. Sie lassen sicht nicht durch beweisen von Tatsachen oder logische Schlüsse gewinnen, sondern nur begründen. Von der Überzeugungskraft der Gründe hängt ab, ob es gelingt, bestimmte Wertentscheidungen als richtig, als wenig plausibel oder falsch darzutun.
Auf welche Arten sind Wertungen dem Recht vorgegeben?
Wertungen sind dem Recht auf verschiedene Arten vorgegeben:
- Ansicht darüber was Recht und Unrecht ist (erlaubt i.d.R. richtiges Urteil)
- Entscheidungen, die einer konkreten Rechtsordnung immanent sind (können grundsätzliche Frage oder Einzelfragen aus der Rechtsordnung betreffen)
Wie lassen sich rein subjektive Wertungen vermeiden bzw. objektive Wertungen gewinnen?
Um rein subjektive Wertungen zu vermeiden bzw. möglichst objektive Entscheide zu fällen, bedient man sich im Recht folgender Hilfsmittel:
- stellen klarer, richtiger Frage (diejenige die auf den konlreten Fall passt)
- Ausgehen bereits bekannter Wertungen, analog oder e contrario (aus Gesetz oder Entscheid)
- genaue Kenntnis der massgeblichen Tatsachen (Realien)
- Vergleich verschiedenen (auch gegenläufiger) Lösungsmöglichkeiten
- Verallgemeinerung von, für den Einzelfall vorgesehenen, Lösungen
- Erfahrung (Schulung der Urteilskraft, Analyse gerichtlicher Erwägungen)
Worin besteht das normative Element im Recht?
Das normative Element des Rechts besteht in seinen Regeln als Sollensordnung und dem damit verbundenen Anspruch der Verbindlichkeit, d.h. ihrer Geltung als Vorschriften. Sie haben somit präskriptiven Charakter.
Wie ist das Verhältnis zwischen dem normativen und dem wertenden Element im Recht? Nennen Sie Beispiele.
Aus dem normativen Element des Rechts folgt die Wertungsbezogenheit des Recht. Ohne Wertung gibt es keine Aussage darüber, was sein soll. Weil in rechtlichen Fragen fast immer verschiedene Wertungen und unterschiedliche Interessen auf dem Spiel stehen, sind interessenabwägungen und ein differenziertes Vorgehen Wesensmerkmale der Rechtsordnung bzw. des juristischen Denkens.
- z.B. Eigentumsschutz vs. Vertrauensschutz
Welche "klassischen" Theorien der juristischen Methode kennen Sie? Worin bestehen ihre Unterschiede?
Die klassischen Theorien der jursitischen Methode sind a) die Begriffs- und Konstruktionsjurisprudenz, b) die Teleologische Jurisprudenz, c) die Interessenjurisprudenz und d) die Wertungsjurisprudenz. Es ist auch eine Kombination der verschiedenen Theorien im Einzelfall denkbar. Unterschiede bestehen unter den Theorien wie folgt:
- Die teleologische Jursiprudenz (als Gegenstück zur Begriffsjurisprudenz), dass es auf die Ziele und Zwecke, die hinter einer gesetzlichen Regelung stehen, ankommt und nicht auf den Wortlaut des Gesetzes und die Systematik der Begriffe.
- Die Interessenjurisprudenz weist darauf hin, dass es im Recht stets um Interessen und ihre Abwägungen geht. Dies Interessenabwägung soll auch durch den Rechtsanwender nachvollzogen werden.
- Die Wertungsjurisprudenz hebt hervor, dass es die von Gesetzgeber selbst getroffenen Wertungen sind, die zählen.
Was ist unter der Begriffs- bzw. Konstruktionsjurisprudenz zu verstehen und in welchen Teilen des Rechts wird diese heute vertreten?
Die Begriffs- und Konstruktionsjurisprudenz war im 19. Jh. die Theorie welche vornehmnlich mit klar definierten Rechtsbegriffen, juristischen Konstruktionen und ihren Zusammenhängen arbeitete. Nach dieser begriffsjuristischen Methode beherrscht die Logik das juristische Denken. Heute wird eine begriffs- und konstruktionsjuristische Methodik von niemandem mehr vertreten.
Was ist die teleologische Jurisprudenz, von wem wurde dieser Begriff erstmals verwendet?
Die teleologische (zweckorientierte) Jurisprudenz gilt als Gegensatz der Begriffs- und Konstruktionsjurisprudenz und geht davon aus, dass hinter den Rechtsnormen Zwecke und Zielsetztungen (rationes legis) stehen. Postuliert wird, dass diese Ziele gesucht und auf das richterliche Urteil ausgerichtet werden müssen. Erstmals wurde der Begriff der teleologischen Jurisprudent von Rudolf von Jhering 1877 (Der Zweck im Recht) verwendet.
Was soll mit der Methode der Interessenjurisprudenz bezweckt werden?
Der Zweck der Interessenjurisprudenz besteht in, einer Abwägung und einem Ausgleich entgegengesetzter Interessen. Dabei kann ein Kompromiss auch mal darin bestehen eines der beiden Interessen als besonders schutzwürdig anzuerkennen und das entgegengesetzte Interesse unterzuordnen. Aus der Kenntnis der hinter einer rechtlichen Ordnung stehenden Interessen lässt sich der Zweck von Rechtsnormen ermitteln und verstehen.
Wie nennt man die beiden Kategorien die bei der Korrektur des Anwendungsbereichs Interessen basierter Normen Anwendung finden?
- teleologische Reduktion (Eingrenzung des Anwendungsbereichs im Verhältnis zum Wortlauts)
- Analogie (Ausdehnung des Anwendungsbereichts gegenüber dem Wortlaut)
Was ist unter der Methode der Wertungsjurisprudenz zu verstehen?
Die Wertungsjurisprudenz stellt eine Ergänzung zur Interessenjurisprudenz dar. Wie entgegengesetzte Interessen gegeneinander abgewogen und in einen Ausgleich gebracht werde, steht nich von vornherein fest, sondern ergibt sich erst aufgrund einer Wertung. Diese erfolgt regelmässig durch den Gesetzgeber. Soweit der Gesetzgeber entschieden, gewertet und eine entsprechende Ordung aufgesetellt hat, haben sich die rechtsanwendenden Instanzen daran zu halten (keine freie Abwägung der betroffenen Interessen).
Wie wird eine kombinierte Anwendung der verschiedenen juristischen Arbeitsmethoden in der Schweiz betrachtet und wie wirkt sich dies auf die juristische Realität aus?
In der Schweiz wird in der richterlichen Rechtsfindung und Rechtsanwendung seit jeher von der Notwendigkeit einer Synthese begrifflicher und formaler Elemente auf der einen und inhaltlicher, wertender Elemente auf der anderen Seite ausgegangen (Elemente einer umfassenden juristischen Methode). Im Hinblick auf die juristische Realität ist bei der Rechtsanwendung zunächst von den vom Gesetz verwendeten Begriffen auszugehen. Sodann sind bei der Ermittlung des Sinns einer Bestimmung und bei ihrer Anwendung im Einzelfall stets die ihr zugrunde liegenden Interessen und Wertungen zu berücksichtigen.
Was müssen Juristen beim juristischen Arbeiten tun und beachten?
Die in der Praxis tätigen Juristen müssen die zu beurteilenden Tatsachen ermitteln, sowie die einschlägigen Rechtsnormen auffinden und auf den konkreten Fall anwenden. Dabei ist zu beachten, dass diese Tätigkeiten sind nicht als von einander unabhängig zu verstehen sind, sondern sich gegenseitig bedingen.
Was steht häufig am Anfang des juristischen Arbeitens und wieso kommt diesem Schritt so grosse Bedeutung zu?
Am Anfang juristischer Arbeit steht meist die Ermittlung dessen, was vorgefallen ist (Sachverhaltsermittlung). Für die Rechtsfindung ist die Sachverhaltsermittlung deshalb so wichtig, weil sich der juristische Entscheid praktisch von selbst fällt, wenn erst einmal die zu beurteilenden Tatsachen auf dem Tisch liegen.
Welcher Schritt folgt auf die Sachverhaltsermittlung und nach welcher wissenschaftlichen Methode ist dabei vorzugehen?
Ist der Sachverhalt eruiert und sind die zu beurteilenden Rechtsprobleme definiert, erfolgt die Anwendung (generell-abstrakter) der Rechtsnormen auf den (individuell-konkreten) Fall. Dabei wird i.d.R. deduktiv vorgegangen.
Welchen Hilfsmitteln bedient sich der Jurist bei der Lösung eines juristischen Falls?
- Gesetzestext
- Entstehungsgeschichte
- juristische Literatur
- Judikatur
- Dokumentationsmittel
- Amtsblätter und öffentliche Register
Welche Bedeutung kommen Gesetzen bei der juristischen Falllösung zu und was ist dabei zu beachten?
Gesetze gelten als Ausgangspunkt der Rechtsfindung. Das Auffinden, Auslegen und Anwendung von Gesetzestexten, aber auch deren Weiterentwicklung, bilden ein Herzstück juristischer Tätigkeit.
Was ist unter einem Gesetz i.w.S. zu verstehen und in welche Kategorien können diese eingeteilt werden? Nennen Sie Beispiele.
S. 38 ff. N 53-58, 61, 66-69
Gesetzte i.w.S. sind durch staatliche Hoheitsakte erlassene, generell-abstrakte Normen (Rechtssatz, Erlass, Gesetz i.m.S.). Sie lassen sich in Gesetze i.f.S. (im formellen Sinn) und Gesetze i.m.S. (im materiellen Sinn) einteilen.
- Gesetze i.f. S:
- Verfassung
- Bundesgesetze des Parlaments
- Gesetze i.m.S:
- Verordnungen
- kantonale Gesetze
Wie lassen sich Gesetze i.m.S. in hierarchischer Hinsicht Gliedern?
S. 40 f. N 70 ff.
Wie lassen sich Gesetze nach ihrem Inhalt und Regelungsbereich einteilen? Nennen Sie Beispiele.
S. 45 ff. N 101-107, 109 f, 112 f, 117 f, 121, 123, 126 f.
Welchen Bundesorganen kommt Gesetzgebungskompetenz zu und auf welchen Rechtsgebieten kommt diese den einzelen Organen zu?
S. 41 N 73-87
Wie ist das Verhältnis zwischen Bund und Kantonen bei der Verteilung der Gesetzgebungskompetenz?
S. 43 N 88, 90 f.
Welche Möglichkeiten bestehen bei der Gesetzesharmoniesierung bestimmter Rechtsgebiete, ohne dass dem Bund eine entsprechende Gesetzgebungskomptenz zukommt?
S. 44 N 92 f, 95
In welche Bestandteile lassen sich Gesetzestexte formell einteilen?
S. 52 ff. N 129 ff, 139, 144, 147
Wo werden Gesetze publiziert und worin besteht die Verbindung zu ihrem Inkrafttreten?
S. 55 N 150 f, 153, 156
Was ist der Unterschied zwischen dem Zeitpunkt des Inkrafttetens von Gesetzen und dem Datum welches i.d.R. im Erlasstext angegeben ist?
S. 56 N 158
Welche Rechtsfolge zeitigt die amtliche Publikation von Gesetzen und welche Konsequenz ergibt sich aus der Fiktion der Gesetzeskenntnis?
Sind Gesetze amtlich punliziert worden, wird ihre Kenntnis durch jedermann vorausgesetzt und als gegeben unterstellt. Diese Fiktion ist insofern problematisch, als dass es Laien unmöglich ist sich einen Überblick über das gesamte geltende Recht zu verschaffen. Daraus ergibt sich die Konsequenz, dass die Voraussetzung der Gesetzeskenntnis verschiedentlich abgeschwächt wird (z.B. Art. 21 StGB, Vertrauensschutz im Verwaltungsrecht ect.).
Was ist unter dem Begriff Gesetzesmaterialien zu verstehen?
Gesetzesmaterialien (auch: Materialien) sind Dokumente aller Art, die über die Entstehungsgeschichte von Gesetzen Aufschlüsse geben.
Welche Dokumente zählen zu den Gesetzesmaterialien?
- Vorentwürfe und Entwürfe zum Gesetzestext
- Expertenberichte und Protokolle von Kommissionen und Räten
- Erläuterungen des Gesetzesredaktors
- Stellungnahmen politischer und gesetzgeberischer Instanzen
Welches sind die Materialien bei der Ausarbeitung eines Bundesgesetzes?
- Initiativtext
- Motion
- Vorentwürfe und Entwürfe
- Erläuterungen und Berichte zu Vorentwürfen und Entwürfe
- Protokolle der Expertenkommission/en
- Botschaft/en des Bundesrats
- Amtliches Bulletin der Bundesversammlung
Welche Bedeutung kommt (Gesetzes-)Materialien für das Verständnis von Gesetzen zu?
Mit Hilfe der Materialien lassen sich Unklarheiten und Widersprüche im Gesetzestext erklären und Hinweise für die Auslegung zweideutiger oder sonst unklarer Bestimmungen finden.
Welches Stellung kommt den Materialien bei der Ermittlung des Normsinnes zu?
Materialien sind eines unter mehreren Hilfsmitteln zur Ermittlung des Normsinnes. Sie erlauben es wichtige Schlüsse auf die hinter einer Norm stehenden Absichten zu ziehen, erklären Konsequenzen und Inkonsequenzen des Gesetzestextes, geben Anhaltspunkte für bewusste oder versehentliche Differenzierungen im Wortlaut und Inhalt.
Wann kommt den Materialien besondere Bedeutung zu?
Den Gesetzesmaterialien kommt bei Gesetzen die noch nicht lange in Kraft sind und zu denen entsprechend kaum Judikatur und wenig Literatur besteht besondere Bedeutung zu.
Welche Schriften zählen zur juristischen Literatur als Hilfsmittel des juristischen Arbeitens?
- Bücher und Zeitschriftenbeiträge (Publikationen)
In welchen Formen tritt juristische Literatur in Erscheinung?
- Grundrisse
- Lehr- und Handbücher
- Kommentare
- Monographien
- Festschriften u.a. Sammelpublikationen
- juristische Fachzeitschriften und Newsletter