Raumplanungsrecht
basierend auf Griffel, Raumplanungs- und Baurecht (in a nutshell), 2.A. 2014
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Cartes-fiches | 111 |
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Utilisateurs | 18 |
Langue | Deutsch |
Catégorie | Droit |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 17.02.2017 / 06.10.2024 |
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Kasuistik der Unterstellung oder Befreiiung von der Bewilligungspflicht
Bewilligungspflicht bejaht:
- Wiese als Hängegleitlandeplatz (Mehrbelastung durch Verkehr)
- Beleuchtung des Pilatus (Landschaftsbildveränderung)
- Probebohrungen in Gewässerschutzbereich
- Open-Air-Kino auf Uetliberg
- Aussengartenwirtschaft auf öffentlichem Grund
- fest verankerte Grossonnenschirme / Entlüftungsanlage etc auf Hotelterrasse
- Innenisolation eines Dachgeschosses (wenn dadurch faktisch zusätzlichen Wohnraum geschaffen wird)
- Ersatz von Vitrinen und Plakaten durch Flachbildschirme mit wechselnden Reklamen
- Regelmässige Durchführung von Freitodbegleitungen in Wohnzonen oder Wohnzone mit Gewerbeerleichterung
Bewilligungspflicht verneint:
- Üppige Weihnachtsdekoration
- regelmässige Durchführung von Freitodbegleitungen in Industriezonen
Arten von Baubewilligungen
Bund: Plangenehmigung
Infrastrukturvorhaben des Bundes basieren i.d.R. auf einem Sachplan und werden durch Plangenehmigung ("Plangenehmigungsverfügung") bewilligt. Zuständigkeit liegt bei einer Bundesbehörde. Verfahren wird in Sachgesetzen geregelt (bspw. Militärgesetz, Eisenbahngesetz, Luftfahrtgesetz, ...)
Arten von Baubewilligungen
Kanton
§ 318 PBG sieht grundsätzlich Gemeindezuständigkeit vor ("baurechtlicher Entscheid")
Viele Einzelaspekte sind jedoch durch kantonale Behörde zu entscheiden. Dies teilweise auch aufgrund bundesrechtlicher Vorschriften (vgl. 25 II RPG: ausserhalb Bauzone; oder lärmbelastete Gebiete 31 II LSV)
Die Zuordnung der kantonalen Zuständigkeiten finden sich im Anhang der Bauverfahrensordnung (BVV)
Arten von Baubewilligungen
- Ordentliche Baubewilligung
- Ausnahmebewilligung
- Vorentescheid
Ordentliche Baubewilligung
- behördliche Feststellung, dass ein Bauvorhaben allen Anforderungen des öff. Rechts (aller Stufen) entspricht
- ggf. verbunden mit Nebenbestimmungen um untergeordnete Mängel zu beheben
Ausnahmebewilligung
- ermächtigt den Gesuchsteller, von einer Bau- oder Nutzungsvorschrift abzuweichen.
- i.d.R. in die Baubewilligung integriert
- Ausnahmebewilligung ist § 320 PBG, 2. Halbsatz PBG zu begründen
Vorentscheid (§ 323 PBG)
- Funktion: Bedürfnis des Bauherrn, über wichtige Fragen Klarheit zu erhalten, bevor das ganze Projekt ausgearbeitet ist
- Verfahren ist gleich wie bei baurechtlichem Entscheid (§ 323 II PBG)
- Isolierte Beurteilung muss möglich sein (insb. eine umfassende Interessenabwägung ist oft erst möglich, wenn genügend Details bekannt sind)
- § 323 I PBG: "Über Fragen, die für die spätere Bewilligungsfähigkeit eines Bauvorhabens von grundlegender Bedeutung sind, können Vorentscheide eingeholt werden, sofern die gesonderte Beurteilung dieser Fragen sachlich möglich ist und nicht gegen das Koordinationsgebot verstösst."
- Verbindlichkeit (§ 324 PBG)
- Verbindlich wie baurechtliche Entscheide (= während 3 Jahren, vgl. § 322 I PBG)
- Wesentliche Veränderung der Verhältnisse hebt Verbindlichkeit auf
- Dritte mussten ihre Interessen wahren können
- Dies erfordert ggf. auch eine Aussteckung bei raumrelevanten Fragen
- Publizität muss genauso erfolgen wie beim vollständigen Baugesuch
- Anfechtbarkeit von Vorentscheiden (insb. durch Dritte)
- BGer behandelt Vorentscheide als Zwischenentscheide, was einen - wohl regelemässig gegebenen - nicht wiedergutzumachenden Nachteil voraussetzt
- Voraussetungslos anfechtbarer Teilentscheid nach 91 BGG wäre der Sache angemessener
Nebenbestimmungen von Baubewilligungen
- Unechte Nebenbestimmungen
- Echte Nebenbestimmungen
- Auflage
- Bedingung
- Befristung
§ 321 I PBG sieht vor, dass - im Sinne des Verhältnismässigkeitsprinzip - kleinere inhaltiche / formale Mängel beim Erteilen der Baubewilligung mit Nebenbestimmungen (Auflagen, Bedingungen, Befristungen) zu korrigieren sind (anstatt die Bewilligung zu verweigern).
Unechte Nebenbestimmungen: informativer Charakter, weisen Gesuchsteller auf Gesetzesvorschrifen in, oftmals in Form einer Checkliste
Unechte Nebenbestimmungen
- Auflage: Verpflichtung zu Tun, Dulden, Unterlassen
- Auflage wirkt sich nicht auf Bestand der Bewilligung aus
- Auflage kann mit Verwaltungszwang durchgesetzt werden
- § 326 PBG: Baubeginn nicht erlaubt, bevor Behörde die Baufreigabe erteilt, womit sie die Einhaltung der Nebenbestimmungen kontrollieren kann.
- Bedingung: ungewisse zukünftige Tatsache (aufschiebend oder auflösend)
- kleiner Anwendungsbereich im Baurecht (bspw. Beseitigungsrevers nach § 100 I PBG)
- Bewilligung auf Vorrat verpönt, hinreichende Realisierungswahrscheinlichkeit erforderlich
- Potestativbedingungen nicht sinnvoll, dann ist nämlich mittels Auflage zu verfügen
- Befristung: Zeitliche Begrenzung ("Provisorium")
- bspw. Schulhausprovisorium bestehend aus Containern
- ≠ befristetes Baugesuch, bspw. für Imbissbude nur von März-Oktober
Revers
- Definition: Anmerkung einer öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkung im Grundbuch
- bringt ein bestehendes privat- oder öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis zur Kenntnis
- 970 IV ZGB: Publizitätswirkung des Grundbuchs
Arten von Revers (§ 321 II PBG, 1 und 2 Halbsätze)
- Direkt aus Gesetz (Beschränkungen, deren Umfang sich unmittelbar aus Bauvorschriften ergibt)
- Festschreibung, dass gewisse Räume nicht als Wohnräume dienen dürfen
- Festschreibung, dass eine gewisse Ausnützungsziffer nicht beansprucht werden darf (weil sie bspw. auf das Nachbargrundstück übertragen wurde).
- § 100 I PBG: Baulinien Beseitigungsrevers
- § 101 II PBG: Baulinien Mehrwertrevers
- § 150 III PBG Quartierplanbann
- Eigentumsbeschränkungen, die sich aus Nebenbestimmungen ergeben
- Nebenbestimmungen mit längerer zeitlicher Wirkung sind vor Baubeginn im Grundbuch anzumerken
- bspw. Tatsache, dass es sich um ein Provisorium handelt
Baubewilligung; Gültigkeit (§ 322 PBG)
Baufreigabe (§ 326 PBG)
Baukontrolle (§ 237 f PBG)
- Gültigkeit der Baubewilligung
- 3 Jahre ab Eintritt formeller Rechtskraft (§ 322 III PBG)
- Baubeginn, ggf. Beginn Abbrucharbeiten
- Baufreigabe (§ 236 PBG)
- Mit der Ausführung eines Vorhabens darf ohne schriltiche Erlaubnis der zuständigen Behörden nicht begonnen werden, bevor alle nötigen baurechtlichen Bewilligungen rechtskräftig erteilt sind.
- Baukontrolle (§ 237 PBG)
- Baubeginn, Bauvollendung und wesentliche Zwischenschritte sind der Baubehörde anzuzeigen
- Baubehörde hat dadurch Möglichkeit, rechtzeitig Massnahmen anzuordnen
Baubewilligungsverfahren - Koordinationspflicht
- BGer (BGE 116 Ib 50 Fall "Chrüzlen"): Wenn für die Verwirklichung eines Projekts verschiedene materiellrechtliche Vorschriften anzuwenden sind und zwischen diesen ein derart enger Sachzusammenhang besteht, dass sie nicht getrennt und unabhängig voneinander angewendet werden dürfen, besteht eine Koordinationspflicht, abgeleitet aus der Verfassung
- BGer verlangt
- formelle (verfahrensmässige) Koordination
- materielle (inhaltliche) Koordination
- Ziel der Koordination
- Vermeidung nicht aufeinander abgestimmter, insbesondere widersprüchlicher Entscheide
- Ermöglichung einer umfassenden Überprüfung im Rechtsmittelverfahren
- Folgen:
- 25a und 33 RPG: Vorschrift an Kantone zur Verfahrenskoordination
- "Koordinationsgesetz" im Bund: Änderung von 18 Bundesgesetzen
Umsetzungsmöglichkeiten der Koordinationspflicht
und
Umsetzung im Bund
- Koordinationsmodell
- Verschiedene Behörden bleiben sachlich zuständig, müssen ihre Verfahren bzw. Entscheide jedoch formell und materiell koordinieren
- --> Kanton Zürich
- Konzentrationsmodell
- Konzentration der Entscheidzuständigkeit (sachliche Zuständigkeit) bei einer einzigen Behörde
- Bund: Plangenehmigungsverfahren; ergänzt durch
- Anhörungs- und Bereinigungsverfahren bei Meinungsverschiedenheiten der Behörden (62a und 62b RVOG)
Während beim Baubewilligungsverfahren durch 25a RPG den Kantonen eine Wahlfreiheit zwischen Koordinationsmodell oder Konzentrationsmodell gewährt wird, sieht 33 IV RPG für das Rechtsmittelverfharen (sinnvollerweise) nur das Konzentrationsmodell vor: Einheitliche Anfechtung vor einer Instanz
Baubewilligungsverfahren
s. Diagramm.
Anzeigeverfahren (§ 325 I PBG; § 13 ff. BVV)
Zulässigkeit des Anzeigeverfahrens (§ 13 ff BVV) gemäss § 325 I PBG:
- Bauvorhaben von untergeordneter Bedeutung (vgl. § 14 BVV); oder
- Änderung von bereits bewilligtem Bauvorhaben
- Umstände derart, keine Interessen von zum Rekurs berechtigten Dritten berührt (insb.:)
- Nachbarn
- Natur- + Heimatschutz
- energetische Sanierung wird im Anzeigeverfahren gemacht (§ 325a PBG)
Unterschiede zum ordentlichen Bewilligungsverfahren
- Keine Aussteckung
- keine öffentliche Bekanntmachung
- Im Zweifelsfall über Drittinteressen erfolgt eine öff. Bekanntmachung (§ 15 III BVV)
- Behandlungsfrist 30 Tage
- stillschweigende Bewilligungserteilungsvermutung
- Zuständigkeit für Bewilligung kann vom Gemeinderatan Kommission delegiert werden
Ablauf
- Aussteckung und öff. Bekanntmachung entfallen
- Verfahensdauer 30 Tage (gilt als bewilligt, wenn bis dahin keine andere Anordnung)
- örtliches Bauamt beurteilt, ob zum Rekurs berechtigenden Interesse Dritter berührt
- Möglichkeit des Anzeigeverfahrens, wenn Dritte schriftlich Einverständnis erteilen
- Im Zweifel hat öff. Bekanntmachung zu erfolgen
- Bei öff. Bekanntmachung:
- wenn innert Frist (30 Tage) Zustellbegehren (315 PBG) erfolgen, dann ordentliches Verfahren
- andernfalls Anzeigeverfahren (30-Tage-Anzeigeverfahrensfrist beginnt dann 3 Tage nach Auflagefrist)
Rechtswidrige Bauten und Anlagen
Allgemeines und Bestandsgarantie und Besitzschutz
Regelung von § 357 PBG
Allgemeines
- Phänomen: Lebensdauer von Bauwerken übersteigt die Geltungsdauer baurechtlicher Erlasse und nutzungsplanerischer Festlegungen regelmässig, so dass mit der Zeit viele Gebäude (in ganz unterschiedlichem Ausmass) rechtswidrig werden
- Besitzstandsgarantie (Bestandesgarantie): Schutz des Besitzes; allerdings weist die Garantie keinen selbständigen normativen Gehalt auf; nicht aus Besitzstandgarantie lässt sich ableiten, inwieweit spätere Regelungen auf bestehende Bauten angewendet werden sollen, sondern vielmehr aus der umfassenden Interessenabwägung zwischen öff. und privaten Interessen im Einzelfall
Regelung Kanton Zürich für Bauten und Anlagen innerhalb der Bauzone
- positivrechtliche Regelung: § 357 PBG
- Bestandschutz (betrifft die Instandhaltung)
- Besitzstandsgarantie (erweiterter Bestandschutz), der nicht nur Instandhaltung, sondern in gewissem Umfange auch
- Umbauten
- Erweiterungen
- Nutzungsänderungen (eine andere zonenwidrige Nutzung ist nur dann zulässig, wenn sich die Baute nicht für eine zonenkonforme Nutzung eignet)
- Voraussetzungen
- Keine neuen oder weitergehenden Abweichungen (würde neue Ausnahmebewilligung nach §220 PBG erfordern)
- keine entgegenstehenden überwiegenden öffentlichen oder nachbarlichen Interssen
- Rechtswidrigkeit ist eine nachträglich eingetretene (aufgrund Rechtsänderung)
- (ursprüngliche rechtswidrigkeit kann - bestenfalls - Bestandschutz zur Folge haben)
- Abgrenzung zur neubauähnlichen Umgestaltung
- Neubauähnliche Umgestaltung liegt vor, wenn bauliche Änderung derart, dass das Gebäude seine Identität verliert (herkömmliche Praxis der VGer)
- um die Nachverdichtung in bereits überbauten Gebieten zu ermöglichen und nicht noch taugliche Bausubstanz zu verschwenden, ist nun Praxis gelockert
- Tatbestand der Gesetzesumgehung muss erfüllt sein
- Abgrenzung zur selbstständigen Erweiterung: muss den geltenden Bauvorschriften genügen
Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzone --> Bundesrecht
Ursprünglich rechtswidrige Bauten und Anlagen
formell und materiell rechtswidrige Bauten
Formell rechtswidrige Bauten und Anlagen
- Baute wurde ohne Bewilligung oder in Abweichung von der Bewilligung errichtet
- Verhältnismässigkeitsprinzip gebietet nachträgliches Baubewilligungsverfahren
- Während Bau: vorsorglicher Baustopp
- Busse nach § 340 PBG: CHF 50'000, bei Gewinnsucht unbeschränkte Höhe.
Materiell rechtswidrige Bauten und Anlagen
- Baute wurde bewilligt, jedoch ist Bewilligung materiell fehlerhaft (hätte nicht bewilligt werden dürfen)
- Frage des Widerrufs der Baubewilligung nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen
- Interessenabwägung zwischen Interesse an richtiger Rechtsanwendung und Rechtssicherheit und Vertrauensschutz für den Privaten
- Mit zunehmenden Baufortschritt wird dies i.d.R. dazu führen, dass Bewilligung unwiderruflicher wird.
Formell und materiell rechtswidrige Baute
- Legalitätsprinzip verlangt Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands (vgl. § 341 PBG)
- Verhältnismässigkeitsprinzip relativiert die absolute Wiederherstellungspflicht; Interessenabwägung
- Mass / Gewicht der Abweichung von Bauvorschriften
- Grad der Gutgläubigkeit oder Bösgläubigkeit
- wirtschaftliche Interessen
- Ggf. Verwirkung des Widerherstellungsanspruchs analog der Ersitzung nach 30 Jahren (662 ZBG analog)
- Ggf. Vertrauensschutz bereits nach (deutlich) kürzerer Frist, wenn Behörden die illegale Baute während längerer Zeit geduldet haben (setzt Gutgläubigkeit voraus)
- BGer bisher offen gelassen, ob ausserhalb der Bauzone keine Verwirkung eintreten könnte!
Bundesrechtliche Mindestanforderungen an den Rechtsschutz
Öffentliche Auflage von Nutzungsplänen
- 33 I RPG schreibt öffenltiche Auflage von Nutzungsplänen vor
- § 7 I u. II PBG gehen darüber hinaus
- Auflage auch von Planentwürfen
- 60 Tage Zeit zur Äusserung für Jedermann
- (Anfechtung jedoch erst der spätere Festsetzungsbeschluss)
- Auflage auch von Richtplänen
- Auflage auch von Planentwürfen
Bundesrechtliche Mindestanforderungen an den Rechtsschutz
Mindestanforderungen an
- das kantonale Rechtsmittelverfahren,
- an die Beschwerdelegitimation und
- die Kognition
Art. 33 Abs. 2-4 RPG sehen Vorschriften an die Kantone zur Ausgestaltung des Rechtsmittelweges vor. Mit Einführung des BGG haben diese Bestimmungen weitestgehend ihre Bedeutung verloren (mit Ausnahme von 33 III lit. b RPG)
Anforderungen an Rechtsweggarantie
- 82 lit. a und b. BGG sehen vor, dass Entscheide und Erlasse mit BiörA angefochten werden können
- Beachte: Kantonales Recht unterhalb Verfassungsstufe ist vor BGer nicht rügbar
- Zuordnung von Nutzungsplänen zu entweder Entscheid oder Erlass i.S.v. 82 lit. a oder b BGG jedoch von Bedeutung für Beschwerdelegitimation und die Pflicht zur Einsetzung oberer Gerichte als Vorinstanz des BGer
- --> nachfolgende Karte
Anforderungen an Beschwerdelegitimation
- 111 I BGG sieht vor, das die Legitimationsvoraussetzungen von 89 BGG auch - als Mindestvoraussetzung- im kantonalen Verfahren geltend
- Teilnahme an vorinstanzlichem Verfahren / keine Möglichkeit
- durch angefochtenen Entscheid oder Erlass besonders berührt
- schutzwürdiges Interesse an Aufhebung oder Änderung
- (gewisse besondere Berechtigungen, bspw. Verbandsbeschwerde gemäss
- In ZH verwirklicht, vgl. § 338a I PBG und § 21 VRG)
Anforderungen an Kognition
- 33 III lit. b RPG sieht vor, dass mindestens eine Beschwerdebehörde eine "volle Überprüfung" vornimmt.
- In ZH gewährleistest (§ 21 VRG)
- Sachverhaltskontrolle
- Rechtskontrolle
- Ermessenskontrolle (Überprüfung der Angemessenheit)
- Beachte: Rechtsmittelinstanz darf i.d.R. nicht ihr eigenes planerisches Ermessen an dasjenige des zuständigen Gemeinwesens setzen, wenn Ermessensausübung durch Gemeindeautonomie geschützt ist.
- Eine gewisse Zurückhaltung der Rechtsmittelinstanz ist daher zulässig.
- Gemäss 110 i.V.m. 86 II BGG haben Kantone lediglich Sachverhalts- und Rechtskontrolle zu gewährleisten. Damit gewährt das RPG einen über das BGG hinausgehenden Überprüfungsanspruch vor mindestens einer kantonalen Instanz.
Bundesrechtliche Mindestanforderungen an den Rechtsschutz
Präzisierung bei der Anfechtungslegitimation von Nutzungsplänen im Hinblick auf die Unterscheidung der Einzelanfechtung oder Erlassanfechtung (virtuelle Betroffenheit)
- Beschwerdelegitimation bei Anfechtung von Erlassen weiter als bei der Anfechtung von Verfügungen
- Nutzungsplananfechtung unterliegt dabei grundsätzlich den Regeln der Verfügungsanfechtung (Einzelaktanfechtung)
- erforderlich ist eine Betroffenheit (und nicht bloss virtuelle Betroffenheit, wie dies bei generell-abstrakten Erlassen ausreichend wäre)
- Ausnahme: Nutzungsplan gilt über verschiedene ZOnen einer Gemeinde hinweg, dann kommt es einem Erlass gleich
- Bau- und Zonenordnung ist entsprechend einer Verfügung anzufechten (Einzelaktanfechtung)
- § 19 I lit. a und d VRG i.V.m. 21 VRG führt auch zu einer entsprechenden Legitimationsaufteilung
Beachte weiter: gemäss 86 II BGG sind Kantone bei Einzelaktanfechtungen verpflichtet, obere Gerichte einzusetzen. Bei Erlassanfechtungen gilt diese Vorschrift nicht (87 BGG). Nutzungspläne müssen somit - wenn sie nicht Zonenübergreifend für mehrere Gebiete gelten - nach den Einzelaktanfechtungsregeln vor kantonaler Instanz anfechtbar sein.
Kantonaler Rechtsschutz im Kanton Zürich (§ 329 ff PBG)
Grundsatz
- Anordnungen in Anwendung des RPG, USG und PBG unterliegen dem Rekurs an das Baurekursgericht (BRG) (§ 239 I PBG)
- Ausgenommen sind Akte des Regierungsrates (§ 329 II PBG; § 19 II lit. a VRG).
- --> Beschwerde an das Verwaltungsgericht gemäss § 41 ff. VRG
Baurekursgericht(e) des Kanton Zürichs (§ 333 ff. PBG)
- kantonales Spezialverwaltungsgericht mit Sitz in Zürich
- richterliche Unabhängigkeit (§ 336 I PBG)
- administrativ dem Verwaltungsgericht unterstellt (§ 336 II PBG)
- vier Abteilungen, die örtlich je für einen Baurekursgerichtskreis zuständig sind
- Mitglieder sind mehrheitlich nebenamtlich tätig, mehrheitlich sind es Fachleute
- Wahl durch Kantonsrat
- Unvereinbarkeit mit Vertretung Dritter vor BRG und VGer
Rekursverfahren und Beschwerde
s. Diagramm
Wahrung nachbarlicher Ansprüch
Zustellung des baurechtlichen Entscheids
- keine Baueinsprache im Kanton Zürich
- § 315 III PBG verhindert den Erlass einer Feststellungsverfügung nach § 10c VRG und damit ein Baueinspracheverfahren durch die Hintertür
- Dritte können erst gegen Baubewilligung vorgehen man beachte in diesem Rahmen das Vorverfahren: Wer Ansprüche aus diesem Gesetz wahrnehmen will, hat innert 20 Tagen seit der öffentlichen Bekanntmachung bei der örtlichen Baubehörde schriftlich die Zustellung des oder der baurechtlichen Entscheide zu verlangen.
man beachte § 315 Abs. 2: Die örtliche Baubehörde gibt dem Bauherrn nach Fristablauf und weiteren Instanzen, die eine baurechtliche Bewilligung zu erteilen haben, von solchen Begehren samt den darin vorgebrachten Einwendungen Kenntnis.
Zudem wird nicht selten Rekurs an das Baurekursgericht erhoben und gleichzeitig bei der kommunalen Baubehörde ein Wiedererwägungsgesuch eingereicht. Das Rekursverfahren wird in solchen Fällen bis zur Erledigung des Wiedererwägungsgesuchs sistiert, so dass diesem eine ähnliche Funktion wie der Einsprache zukommt
Wahrung nachbarlicher Ansprüche
Projektänderungen / Grenzen des Anzeigeverfahrens
Das rechtzeitige Verlangen des baurechtlichen Entscheids (§ 315 I PBG) führt dazu, dass einem alle folgenden baurechtlichen Entscheide zugestellt werden müssen, bis eine neue Aussteckung und öffentliche Bekanntmachung erfolgen würde (§ 316 II PBG). Der Spielraum für das Anzeigeverfahren für - entsprechend kleine - Baugesuchsänderungen wird somit dadurch abegrenzt, als eine neue Aussteckung und Bekanntmachung erforderlich wäre.
Änderung muss entsprechend angezeigt/ausgesteckt werden, wenn
- Änderung derart, dass andersartige Bauprojekt vorliegt.
- Grenze im Einzelfall
- Im Zweifel Formstrenge und neue Aussteckung/Bektanntmachung (ordentliches Verfahren)
Dritten sind dann wieder Parteirechte zu gewähren. Wurde dies Unterlassen, ist das Rekursrecht nicht verwirkt.
Wahrung nachbarlicher Ansprüche
Beschwerdelegitimation
- Besonderes Berührtsein
- Schutzwürdiges Interesse
Besonderes Berührtsein
- Gesetzliche Grundlagen
- 89 I lit. b u. c BGG
- § 338a I PBG / § 21 I und § 49 VRG infolge 111 I BGG ebenfalls
- Gegeben beim Nachbar, auch auf gegenüberliegender Strassenseite
- Sonstige Berührtheit bei zu erwartenden Immissionen oder wenn besondere Gefahren zu erwarten sind
- Beweispflichtig ist derjenige, der geltend macht, besonders berührt zu sein.
Schutzwürdiges Interesse
- Gutheissung der Beschwerde muss einen praktischen Nutzen zur Folge haben
- Normen, die rein dem öffentlichen Interesse dienen, sind nicht durch Nachbar anrufbar
- "Nachbarin kann ithin die Überprüfung eines Bauvorhabens im Lichte all jener Rechtsätze verlangen, die sich rechltich oder tatsächlich in dem Sinne auf ihre Stellung auswirken, dass ihr im Falle des Obsiegens ein praktischer Nutzen entsteht"
Rechtsschutz auf Bundesebene (Bundesgericht)
Entscheid - Endentscheid und Zwischenentscheid (90 - 93 BGG)
Entscheid i.S.v. 82 lit. a BGG (in Abgrenzung zu Erlass i.S.v. lit. b BGG): individuell-konkreter Hoheitsakt = behördliche Anordnung im Einzelfall, mit der ein Rechtsverhältnis einseitig und verbindlich geregelt wird (wobei dies letztlich auch auf einen (Bau-)Gesuch basieren kann).
Endentscheid (90 BGG): schliessen das Verfahren ab.
Beachte: Einleitung eines Quartierplanverfahrens gilt dann als Endentscheid, wenn das kantonale Recht - wie in Zürich im Rahmen von § 155 PBG - vorsieht, dass gewisse Einwendungen nur gegen den Einleitungsbeschluss vorgebracht werden können, nicht aber später gegen den ausgearbeiteten Quartierplan.
§ 155 I PBG sieht vor, dass innert Auflagefrist die folgenden Begehren zu stellen sind (mit Verwirkungsfolge, sofern nicht entschuldbar)
- Grundlagen der Erschliessung und gemeinschaftlichen Austattungen und Ausrüstungen
- Entlassung aus dem Quartierplanverfahren
- Zurückweisung von Ersatzland eines Gemeinwesens ausserhalb des Quartierplangebietes
Rechtsschutz auf Bundesebene (Bundesgericht)
Entscheid - Endentscheid und Zwischenentscheid (90 - 93 BGG)
Bundesgericht qualifiziert baurechtliche Vorentscheide (§ 323 PBG) als Zwischenentschied i.S.v. 93 BGG. Anfechtung setzt somit einen - praktisch immer vorliegenden - nicht wiedergutzumachenden Nachteil dar.
(Besser wäre ein Teilentscheid i.S.v. 91 BGG, der voraussetzungslos anfechtbar wäre)
BGer hat bisher offen gelassen, ob die Planungsziele von Art. 1 und 3 RPG selbstständig geltend gemacht werden können. Dagegen spricht, dass diese Normen bei Interessenabwägungen zu berücksichtigen sind aber nicht selbst klare Vorschriften aufstellen.
Rechtsschutz auf Bundesebene
Beschwerde von Kanton und Gemeinden (34 II RPG)
Behördenbeschwerde
Beschwerden von Kanton und Gemeinden (34 II RPG)
- Entschädigungen als Folge von Eigentumsbeschränkungen
- Zonenkonformität von Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen
- Bewilligungen nach 24-24d (nicht e!) und 37a (zonenfremde gewerbliche Bauten ausserhalb Bauzonen)
Behördenbeschwerde
- Beschwerdebefugnis von Bundesbehörden dient der Überwachung des Vollzugs des Bundesrechts
- Bundeskanzlei und Departementen (oder Dienststellen, wie Bundesrecht das vorsieht) gemäss 89 II lit. a BGG
- Personen / Organisationen, die durch Bundesgesetz dazu ermächtigt sind (89 II lit. d BGG
- Beschwerdebefugnis der Behörden ist abstrakt, benötigt kein spezifisches schutzwürdiges (öffentliches) Interesse
- 111 II BGG sieht vor, das Bundesbehörden, die vor BGer Beschwerde erheben können, dies auch vor kantonalen Instanzen können, nicht jedoch müssen
- Prozessuale Auswirkungen dieses Beschwerderechts:
- Bundesbehörden sind nicht an Einschränkungen des Streitgegenstands gebunden
- Können vor BGer neue Anträge stellen
- Reformatio in peius ist möglich
- es können also Fragen vor BGer geklärt werdne, die vor kantonaler Instanz unumstrittne waren!
Besondere Fragen
Anfechtung und akzessorische Überprüfung von Raumplänen
Richtpläne
Anfechtung durch Private
- Richtpläne sind behördenverbindlich (9 I RPG; § 19 I PBG), nicht jedoch für Private. Daher keine Anfechtbarkeit durch Private.
- Möglich ist eine akzessorische Überprüfung im Rahmen der Anfechtung eines Nutzungsplans (vgl. § 19 II PBG)
Anfechtung durch Gemeinden
Gemeinden als Träger der kommunalen Planungshoheit können Richtplan anfechten wegen
- Verletzung der Gemeindeautonomie (89 II lit. c BGG)
- Allgemeine Voraussetzungen i.S.v. 89 I lit. a-c BGG, wenn damit öffentliche Anliegen vertreten
- Teilnahme an Vorverfahren
- Besondere Betroffenheit; und
- schutzwürdiges Interesse
Im Rahmen des öff-rechtl. Beschwerdeverfahrens sind Richtpläne Erlasse i.S.v. 82 lit. b BGG, somit gilt die Vorinstanzenregelung von 87 BGG: Keine Vorschrift, obere kantonale Gerichte einzusetzen.
Rechtsweg im Kanton Zürich: Richtplanfestsetzung durch Kantonsrat (§ 32 I PBG). Es besteht dagegen kein Rechtsmittel (kein Rekurs § 19 II lit. B VRG, keine Beschwerde § 42 VRG). Somit ist Richtplanfestsetzung unmittelbar beim BGer anzufechten.
Beachte: Da Gemeinden eine unmittelbare Überprüfung des Richtplans herbeiführen können, dürfen sie umgekehrt einen späteren darauf basierenden Nutzungsplan nur unter den gleich restriktiven VSS wie Private anfechten!
Besondere Fragen
Anfechtung und akzessorische Überprüfung von Raumplänen
Sachpläne
Sachpläne werden vom Bundesrat festgelegt (21 I RPV). Eine direkte Anfechtung ist daher ausgeschlossen (189 IV BV; 33 lit. a und b VGG e contrario, 86-88 und 113 BGG).
Gemeinden haben ebenfalls die Möglichkeit, einen Sachplan im Plangenehmigungsverfahren vorfrageweise überprüfen zu lassen.
Besondere Fragen
Anfechtung und akzessorische Überprüfung von Raumplänen
Nutzungspläne
Direkte Anfechtbarkeit möglich
Private könenn Nutzungspläne direkt anfechten (82 I lit. a BGG, 86 II; 111 I BGG; s. auch 33 II RPG)
(spätere) Akzessorische Anfechtbarkeit: nur in Ausnahmefällen!
- Im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens gegen eine Baubewilligung kann der Nutzungsplan jedoch nicht mehr angefochten werden! Damit entspricht der Nutzungsplan faktisch einer Verfügung, wo der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsschutzes gilt. Verhältnis der Baubewilligung zum Nutzungsplan entspricht demjenigen einer Vollzugsverfügung zur eigentlichen Sachverfügung.
- Umfang des Ausschlusses der späteren akzessorischen Überprüfung:
- Kartographischer Teil
- Regelungen über Art/Natur/Umfang der Nutzung
- Nicht erfasst sind zonenübergreifende Regelungen der Gemeinde. Diese haben Erlasscharakter und betreffen nicht eine einzelne Nutzungszone.
- Akzessorische Prüfung im Ausnahmefall, möglich wenn
- Tragweite der Eigentumsbeschränkung im Zeitpunkt des Planerlasses nicht erkennbar war oder keine Möglichkeit der Interessenwahrung
- wesentliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse seit Planfestsetzung
Wahrung nachbarlicher Ansprüche
Beiladung im Rekursverfahren
- Ausgangspunkt ist eine verweigerte Baubewilligung
- Bauherr erhebt Rekurs
- Dritte, die rechtzeitig die Zustellung des baurechtlichen Entscheids verlangten, sind im Rekursverfahren beizuladen!
Begründung: Wenn Bauherr im Rekursverfahren recht bekommt, könnten zwar die Nachbarn dann immer noch ihrerseits Rekurs erheben, eine freie und unvoreingenommene Prüfung einer bereits einmal beurteilten Streitsache sei dann jedoch nicht mehr gewährleistet, so das VGer
Kantonale ideelle Verbandsbeschwerde
Gesamtkantonal tätige Verbände, die sich seit mindestens 10 Jahren im Kanton statutengemäss um Natur- und Heimatschutz kümmern, habe ein Rekursrecht gemäss § 338b I PBG in den Fällen:
- Massnahmen des Natur- und Heimatschutzes nach 203 ff. PBG
- 238 II PBG (Ästhetikklausel)
- Bewilligungen für Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen
- Überkommunale Gestaltungspläne ausserhalb Bauzonen
Beachte: die kantonalen Organisationen sind jedoch dann auf Bundesebene nicht zur BiörA berechtigt! Dies müsste eine Verbandsbeschwerde nach einem Bundesgesetz sein, so insb. Art. 12 NHG, wo aber eine Organisation, die gesamtschweizerisch tätig ist, erfoderlich ist.
Beschwerdelegitimation von Behörden im Kanton Zürich (§ 338c PBG)
Heben Rekursentscheide Anordnungen einer kantonalen Instanz auf, so kann die Zuständige Direktion ebenfalls Beschwerde vor VGer erheben um öffentliche Interessen zu wahren (§338c PBG)