12. Zwischen Sozialutopien und Paternalismus
Robert Owen, Charles Fourier und die englischen Comany Towns
Robert Owen, Charles Fourier und die englischen Comany Towns
Set of flashcards Details
Flashcards | 15 |
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Language | Deutsch |
Category | History |
Level | University |
Created / Updated | 06.02.2017 / 06.01.2023 |
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Robert Owen und Charles Fourier
- Beide hatten die Vorstellung einer idealen Gesellschat und beide entwickelten dafür ein eigenes Siedlungsmodell.
- Owens Bemühungen gingen von seiner Überzeugung aus, dass das Leben auf dem Lande und die landwirtschatlichen Tätigkeiten, zusätzlich zu einer geregelten industriellen Produktion, die Voraussetzungen für das soziale Wohl seien. Als Begründer der „Institution for the Formation of Character“ in New Lanark (1816), beschwor Owen in seinen Schriten das Modell der genossenschatlich organisierten Siedlungen für je 1200 Einwohner mit landwirtschatlicher und manufaktureller Produktion, basierend auf dem Prinzip der Gleichheit und des Gemeinbesitzes. In seinem Siedlungsmodell stellen quadratisch um die öfentlichen Anlagen und Gebäude angeordnete Baukörper ein wiederholbares Modul dar.
- Fourier erstrebte eine spirituelle und leidenschatliche Gesellschat. Er entwickelte das Konzept der genossenschatlichen Mustersiedlung, baulich umgesetzt als palastartiger Bau mit Nebenbauten für bis zu 1600 Einwohner (Phalanstère). Nebst der landwirtschatlichen und manufakturellen Produktion sollten dort auch wissenschatliche und künstlerische Tätigkeiten ermöglicht werden.
Engels bemerkt in seinem Text, dass in den Mustersiedlungen von Owen und Fourier der Gegensatz von Stadt und
Land nicht mehr existiere. Welche Vorstellungen lagen dieser Aussage zugrunde?
Die kapitalistische Produktionsweise wird abgeschat, die Arbeiter sind im Besitz aller Lebens- und Arbeitsmittel. Die Abschafung der kapitalistischen Produktionsweise war das zentrale Anliegen von Engels. Allerdings ist Owens Siedlungsprojekt New Harmony unter anderem gerade an diesem sehr introvertierten Lebensmuster, beziehungsweise dem Selbstversorgergedanken, gescheitert.
Die Qualitäten von Stadt (Arbeit, Kultur) und Land (Natur, Erholung) werden vereint. Die Bewohner sollten innerhalb der Siedlung beschätigt werden, aber im Gegensatz zu den Stadtbewohnern in der umliegenden Natur ihren Ausgleich inden. Beschätigungen sollten nicht nur in der manufakturellen, sondern auch in der landwirtschatlichen Produktion ermöglicht werden.
Minderjährige leisten keine Arbeit, stattdessen besuchen sie den Schulunterricht. Bereits 1819 brachte Robert Owen im Parlament ein Gesetz durch, welches die Arbeitszeiten in der Baumwollindustrie für Kinder über neun Jahren limitiere und die Beschätigung von Kindern unter neun Jahren ganzheitlich verbot.
Genossenschatliche Siedlungsmodelle ersetzen spekulative Mietobjekte. Sowohl Owens als auch Fouriers Siedlungen sollten im Besitz der Gemeinschat sein, wobei Fourier (wie später Ebenezer Howard) das Genossenschatsmodell vorsah. Engels erachtete die Abschafung des kapitalistischen Privateigentums von Wohnobjekten als zentralen Bestandteil der Aulösung des Gegensatzes von Stadt und Land.
Die Arbeiter sollen nicht mehr ausgebeutet und unterdrückt werden. Durch die soziale Gleichstellung aller Bewohner und den Ausgleich von Arbeit und Freizeit sollten sich die Lebensumstände der Arbeiter verbessern.
Genossenschatsmodell
- Auf dem freien Markt erworbenes Land (das vormals landwirtschatlich genutzt wurde) wird über ein Hypothekarmodell schrittweise zum Eigentum der Gemeinde / der Genossenschat. Die Bewohner zahlen allein eine Bodenrente, wobei die Gemeinde / die Genossenschat damit öfentliche Investitionen inanziert.
- Im Gegensatz dazu:
- Kommunistisches Modell: Boden und Kapital werden unter der Exekutive der Arbeiterklasse verstaatlicht.
- Sozialutopisches Modell: Aufgrund ihrer ‚angeborenen Selbstlosigkeit‘ verzichten die Menschen freiwillig auf Privateigentum
Die Industrielle Revolution
- England ist ein Kristallisationspunkt der Industrialisierung und den anderen Ländern Europas um etwa 20-30 Jahre voraus. Durch die Revolution erweiterten sich die Städte im 19. Jh. radikal, die Stadtstruktur wurde extrem verändert.
- Schinkel fuhr nach England und war ob der Zustände sehr überrascht; der Standard war vollkommen anders, es hatte viel Dreck, jedoch die Robustheit und die Direktheit der Gebäude faszinierten ihn.
Die Wohnungsfrage steht in engem Zusammenhang mit der Industrialisierung in der ersten Hälte des 19. Jahrhunderts.
Welche Faktoren führten direkt oder indirekt zu den katastrophalen Verhältnissen?
Boden- und Immobilienspekulationen. Das in den Städten stark gewordene Bürgertum sah im Wohneigentum und in der Vermietung eine willkommene Einkommensquelle. Die schlecht bezahlten Arbeiter hingegen konnten auch nach Jahren das Kapital zum Erwerb eines Wohneigentums nicht aubringen und fanden sich allein als zahlende Mieter wieder.
- Knapper und teurer Wohnraum für die Arbeiterschicht. Mit ihrem geringen Lohn konnten die Arbeiter die verhältnismässig teuren und schlecht instandgehaltenen Wohnungen in der Stadt nur mit Mühe inanzieren. Um die Mieten bezahlen zu können, mussten entsprechend viele Mieter in einer Wohnung leben.
- Schlechte Hygiene in den Behausungen. Die schlechte Hygiene war das Resultat der hohen Bewohnerdichte und der schlechten Bauweise.
Längere Lebenserwartung aufgrund besserer medizinischer Versorgung. Die bessere medizinische Versorgung verhinderte teilweise grössere Epidemien und führte gleichzeitig zur Bevölkerungszunahme. Auch die Kindersterblichkeit ging zurück.
Technischer Fortschritt, Fortschritte im Agrarwesen, Bevölkerungswachstum
Landflucht, Urbanisierung
- Die Bevölkerung wächst. Man muss das Agrarwesen verbessern, um die Ernährung zu sichern. Zudem ist die Moralitätsrate stark am sinken, was den Effekt verstärkt.
- Es gibt eine Stadtflucht (= Suburbanisierung), da sich in der Stadt leichter Arbeit findet. Die Fabriken orientierten sich ja nicht daran, wo die Leute waren, sondern wo sich Ressourcen befanden, beispielsweise Kohle = Kohlewerke. Wenn am Anfang diese Bewegungen noch willkürlich und natürlich vorkommen, so werden sie in der darauffolgenden Zeit von Unternehmern absichtlich so gesteuert.
- Robert Owen errichtete 1820 in New Lanark (Schott land) eine Textilfabrik sowie eine als Kooperative organisierte Siedlung. Es sollten „Dörfer der Harmonie” mit der Familie als Keimzelle entstehen (Delfante 1999, 162).
- Neben dem Bau guterArbeitennrohnungen wurden Bildung, Ausbildung und Erziehung derArbei terschaft in den Mittelpunkt gestellt.
- Owen hatte es sich zum Ziel gesetzt, die neuen technologischen Entwicklungen in der Industriepro duktion in paternalistischer, d.h. fürsorgenderWeise für die industriellen Unternehmer und die Arbeiterschaft zu nutzen und sah darin eine Fortführung derTradition der Fürsorge des absoluten Landesherrn für seine Untertanen. Die Umsetzung seiner Projekte blieb im Wesentlichen auf New Lanark beschränkt.
- Viele gesellschaftliche und städtebauliche Reformer des 19. Jh.s beriefen sich auf Owen und griffen neben den Organisationskonzepten der „Industriedörfer“ auch auf dessen rückhaltlose Analysen der Ist-Zustände in den frühen Fabriken zurück
Charles Fourier
- Er griff die Theorien der Aufklärung des 18. Jh.s zur natürlichen Ordnung der Gesellschaft auf und bediente sich des Begriffes der harmonischen Gemeinschaft.
- In seiner Kritik richtete er sich gegen die trostlose Rasterplanung der Städte und gegen die Unterordnung des Städtebaus unter die rein egoistischen ökonomi schen Interessen der Grundbesitzer.
- Fourier entwickelte ein Modell für eine Siedlungseinheit für ca. 1 600 Personen, welches bis ins kleinste Detail — von der städtebaulichen Struktur bis zu inneren Organisation — durchgeplant wurde. Der prägnante Großgebäudekomplex, das Phalanstäre, umfasste private Wohnungen unterschiedlicher Größe für arme und reichere Bewohner sowie umfangreiche Gemein schafts- und Bildungseinrichtungen.
- Im Aufbau erin nerte es noch an eine barocke Schlossanlage.
- Die Umsetzung eines „Phalanstäres“ erfolgte erst lange nach dem Tod Fouriers. Der UnternehmerAndre': Godin errichtete eine Ofenfabrik und eine Wohnanlage
- als „Familistäre“ zwischen 1859 und 1883 in Guise (Frankreich). Die sozialen Einrichtungen und die gemeinsame Pädagogik sowie der Grundtyp des Bauens sind „fourieristisch“, doch die Anlage von Godin ist als Arbeiterstadt und Werkwohnungsbau des Fabrikanten gedacht (Posener 1982, 18); allerdings als genossenschaftlicher Besitz mit Beteiligung der Arbeiter.
Godin, der sich entschied, die Planung des Komplexes selbst zu übernehmen, orientierte sich dabei an den von Charles Fourier erdachten genossenschaftlichen Phalanstères. Die Anlage steht schlossähnlich in einer Schleife des Flusses Oise. Drei große Wohnkomplexe umschließen jeweils mit Glas überdachte Innenhöfe. Ein vierter offener Komplex steht etwas südlich außerhalb der Anlage. Godin bewohnte selber eine der meist Zwei- oder Dreizimmerwohnungen. Die überdachten Innenhöfe der Wohnkomplexe wurden u. a. für Festivitäten genutzt. Godin legte großen Wert auf gesunde hygienische Bedingungen.
Edward Akroyd, Copley
- Copley ist ein sehr frühes Beispiel einer Company Town, wobei der Fabrikant jeweils der Bauherr war.
- Akroyd besass eine Baumwollspinnerei, um sie herum baute er eine Art Siedlung. Dabei gab es verschiedene Häusermodelle, alles Back-to-back-Reihenhäuser. Zudem gab es für die Arbeiter zu mietende Gärten. Auch eine Schule und andere kleine Infrastrukturen wurden angeboten.
- Die Häuser waren aus Stein und mit spartanischer Ausstattung, alles im Tudor-Stil. Akroyd wollte die Mieten tief halten, damit sich Arbeiter die Wohnungen leisten konnten, trotzdem sollten es würdige Unterkünfte sein. Die Arbeiter aber fanden, dass die Wohnungen alt und ungeeignet aussahen und hätten gerne etwas Moderneres gehabt.
- Die Siedlung war kein gesellschaftliches Experiment, sondern eine pragmatische reformistische Arbeiterbewegung.
Titus, Salt Saltaire
- Weil seine ehemalige Fabrik zu klein wurde, zog er aufs Land und liess dort eine schöne neue bauen. Dies ist das Rezept für die Company Towns, zuerst besteht immer die Fabrik als späteres Zentrum, danach die Siedlung. In derselben Achse, auf welcher auch die Fabrik stand, wurde dann eine Kirche errichtet, rund herum entstanden Reihenhäuser. Die öffentlichen Gebäude (Wäscherei, Bäder, ein Institut, ..., für sie kam Salt selbst finanziell auf) wurden überall ein bisschen hineingepflanzt. Zu guter letzt gab es eine Parkanlage.
- Es gab in den CTs nur noch Reihenhäuser, keine Back-to-back-Cottages mehr. Sie waren solide, einfach und zweigeschossig, wobei oben das Schlafzimmer war und unten die gute Stube. Sie hatten unterschiedliche Fassaden (einzuordnen in der Neorenaissance) und Ausblicksrichtungen, in den Hinterhöfen befanden sich die Toiletten, ...
- Die Mieten waren günstig, er wollte ja nicht durch die Immobilien zu Wohlstand kommen. Für Pensionäre gab es extra Alterswohnungen
- Das Institut ist Ort der Weiterbildung und auch der sozialen Bindungen, dort gibt es als Kompensation zum Alkoholverbot verschiedene Angebote wie Billard usw.
- In Saltaire gab’s keinen Alkohol. Es war die erste CT, die zeigte, was grundsätzlich möglich ist im Bezug auf die Bindung der Leute an eine Fabrik.
- Er liess von seinem eigenen Geld Alterswohnungen, eine Kriche und einen Park erstellen (= Prosperity Sharing)
Akroydon
- Edi machte den Plan für eine neue Siedlung selbst. Sie ist im Tudor-Stil (sie erscheint demnach eher mittelalterlich).
- Scott entwarf den Square mit doppelter Hausreihe, ähnlich dem Bild von New Harmony. Realisiert wurde eine Mischung aus verschiedenen Einflüssen gebaut.
- Die Häuser waren sehr simpel, aber dem damaligen Standard angepasst.
- Neues ökonomisches Modell: Akroyd wollte, dass die Arbeiter die Wohnung nicht mehr bloss mieteten, sondern kauften. Er gewährte sogar einen Darlenen von ¾ des Preises, um den Hauskauf für Arbeiter zu ermöglichen. Dies alles beruht auf seiner These, dass Hausbesitzer weniger schnell weg ziehen als Mieter.
- Schokoladenproduzent, sehr erfolgreich, aber der Platz reicht nicht aus, zieht aus auf das Land von Birmingham
- einige Bauten bestehen schon: sind keine Reihenhäuser, richtige einzelstehende Cottages, Doppelhäuser die freistehen -> man kommt weg vom Reihenhaus, welches ungesund und unhygienisch ist
- Modell ist ähnlich wie das von Akroydon: Parzellen werden verpachtet, die Leute sollen ihr Haus selber bauen und pachten mit dem gleichen Darlehnprinzip
- Auffallend sind die Grösser der Gärten und Pärke
- Interessant sind die Haustypen, grosser Fortschritt seit den Reihenhäusern, wichtig ist, dass die Arbeiter ein unmittelbares Verhältnis zur Umgebung haben -> grosse Bogenfenster „Bowwindow“, es gibt kein Bad aber in der Küche kann man eine Badewanne aus dem Schrank ziehen oder sie sind im Boden eingelassen (man muss nicht mehr in die Badeanlage gehen -> Fortschritt), es gab sogar bei den wohlhabenderen ein Badezimmer
- er interessiert sich sehr dafür, dass die Arbeiter die Gärten haben und sie auch nutzen und pflege, weil die Tätigkeit im Garten ertüchtigt und eine gute Kompensation zur Arbeit ist, und weil man durch eigenes Gemüse Geld sparen kann oder man sogar vegetarisch wird -> grosses Interesse für das Wohlbefinden der Arbeiter
- (nicht zu sehr kapitalistisch)
- sie wird sehr beliebt, sodass Arbeiter die Häuser mit grossem Gewinn weiterverkaufen (Wollte aber Cadbury nicht!!), er reagiert darauf radikal und gibt seinen Besitz ab und gründet eine Genossenschaft, das neu erwirtschaftete geht dann in die Infrastruktur (Strassen usw.) -> sehr erfolgreiches System -> neues Zusammengeh.rigkeitsgefühl
- es gibt keine Bindung mehr zur Stadt, wenn man dort nicht mehr arbeitet musste man nicht ausziehen
- wichtige Referenz für Howard und seine Gartenstädte
- Geld durch Seife aus Pflanzenöl. Er wohlte für die neue Fabrik einen hübschen Ort unweit von Liverpool. Dort liess Lever ein Tal trockenlegen. Der Architekt liess sich auf die noch etwas eigenwillige Umgebung ein und passte ihr die Bebauung an.
- Die Blöcke bestandenb aus locker verteilten Cottages. Die Grünfläche gehörte der gesamten Gemeinschaft und konnte frei unter den Bewohnern aufgeteilt werden.
- Ziel ist es, dass jeder Ort schnell zugänglich ist, jedoch auf einem geschwungenen Weg, der der Landschaft angepasst wurde.
- Die Häuser sind üppige Reihenhäuser, Lever war begeistert von historischen Fachwerkbauten und liess dies in sein Dorf einfliessen (etwa das Geburtshaus von Shakespeare wurde 3x nachgebaut, das alte englische Dorf sollte eine Wiederbelebung erfahren). Obwohl alle Häuser Arbeiterwohnungen sind, haben sie doch stark ihren eigenen Charakter.
- Weil das Städtchen so erfolgreich wurde, fanden nicht alle Arbeiter dort Platz. Infolge konnte man auch Häuser mieten. Von nun an will Lever das Village mit dieser neuen, städtebaulichen Haltung weiterbauen (klassische Tendenz). Dabei wird das Village nicht nur erweitert, sondern die ganze Strassenführung wird umgestaltet. Die Mulden werden geebnet, man flacht also quasi die ganze Topografie ab. -> Aus dem pittoresken Stadtgefüge wurde 1910 plötzlich ein klassisches. Es wurde eine zentrale Achse mit einem klassizistischen Museum (=Art Gallery) gebildet.