2012 PR
Privatrecht für BWL Bachelor, Wirt.-Ing. Bachelor
Privatrecht für BWL Bachelor, Wirt.-Ing. Bachelor
Kartei Details
Karten | 31 |
---|---|
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Grundschule |
Erstellt / Aktualisiert | 20.09.2016 / 01.05.2021 |
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Aufgabe 2: Das Cabriolet (20 Punkte)
Student Karl (K) kauft im November 2011 beim Autohändler Sonnenschein (S) ein gebrauchtes Cabriolet, das er sich aufgrund einer großzügigen Spende seiner Oma leistet. K bezahlt den Kaufpreis von 15.000.- € in bar und fährt sein erstandenes Fahrzeug im Regen nach Hause. Fünf Monate später, bei der ersten Ausfahrt bei Sonne im Frühling, entdeckt K, dass sich das Verdeck nicht öffnen lässt. Auf dieses Problem von K angesprochen, entgegnet S, dass K selbst schuld sei, wenn er den Wagen den gesamten Winter draußen stehen habe lassen, was sich negativ auf die Verdeck-Mechanik ausgewirkt habe. K ist der Ansicht, dass sein Außenstellplatz wohl kaum Einfluss auf die Verdeck-Mechanik gehabt haben könne. Vielmehr glaubt K, dass das Verdeck von Beginn an defekt gewesen sei.
a) K fragt Sie, ob er wegen der erforderlichen Reparatur erfolgreich an S herantreten kann.
Prüfen Sie im Gutachtenstil, ob K gegenüber S einen Anspruch auf Reparatur des Verdecks hat!
(12 Punkte)
Aufgabe 2 a)
Anspruch K gegen S auf Nacherfüllung, §§ 437 Nr. 1, 439 I, 433, 434 BGB
(Obersatz)
I. Wirksamer Kaufvertrag
II. Mangel iSv § 434 BGB (Obersatz)
II. 1. Mangel iSv § 434 I S. 1 (-), mangels Beschaffenheitsvereinbarung
II. 2. Mangel iSv § 434 I S. 2 Nr. 1 (-), mangels
Verwendungsvereinbarung
II. 3. Mangel iSv von § 434 I S. 2 Nr. 2, gewöhnliche Verwendung Cabriolet =
Fahren ohne Dach, Dach nicht zu öffnen: Mangel (+)
III. Bei Gefahrübergang
Gefahrübergang iSv § 446 BGB = Übergabe der Sache, Problem: 5
Monate und Witterungsbedingungen
III. 1. Beweislastumkehr nach § 476 BGB?
III. 1. a. Verbrauchsgüterkauf, § 474 BGB
S = Unternehmer, K = Verbraucher, Cabriolet = bewegliche Sache
III. 1. b. Mangel binnen 6 Monaten seit Gefahrübergang (+)
III. 2. Ergebnis: Beweislastumkehr (+)
IV. Anspruch auf Nacherfüllung §§ 437 Nr. 1, 439 I, 433, 434 (+)
Aufgabe 2: Das Cabriolet (20 Punkte)
Student Karl (K) kauft im November 2011 beim Autohändler Sonnenschein (S) ein gebrauchtes Cabriolet, das er sich aufgrund einer großzügigen Spende seiner Oma leistet. K bezahlt den Kaufpreis von 15.000.- € in bar und fährt sein erstandenes Fahrzeug im Regen nach Hause. Fünf Monate später, bei der ersten Ausfahrt bei Sonne im Frühling, entdeckt K, dass sich das Verdeck nicht öffnen lässt. Auf dieses Problem von K angesprochen, entgegnet S, dass K selbst schuld sei, wenn er den Wagen den gesamten Winter draußen stehen habe lassen, was sich negativ auf die Verdeck-Mechanik ausgewirkt habe. K ist der Ansicht, dass sein Außenstellplatz wohl kaum Einfluss auf die Verdeck-Mechanik gehabt haben könne. Vielmehr glaubt K, dass das Verdeck von Beginn an defekt gewesen sei.
b) Inwiefern würde sich die rechtliche Beurteilung ändern, wenn K den Kaufvertrag nicht mit dem Autohändler S, sondern mit seinem Kommilitonen A abgeschlossen hätte? (Kein Gutachtenstil!) (5 Punkte)
Aufgabe 2 b)
Kommilitone auch Verbraucher, Verbrauchsgüterkauf (-), Beweislastumkehr §
476 (-); positiver Beweis, dass Mangel schon vorhanden nicht möglich, kein
Anspruch auf Nacherfüllung
Aufgabe 2: Das Cabriolet (20 Punkte)
Student Karl (K) kauft im November 2011 beim Autohändler Sonnenschein (S) ein gebrauchtes Cabriolet, das er sich aufgrund einer großzügigen Spende seiner Oma leistet. K bezahlt den Kaufpreis von 15.000.- € in bar und fährt sein erstandenes Fahrzeug im Regen nach Hause. Fünf Monate später, bei der ersten Ausfahrt bei Sonne im Frühling, entdeckt K, dass sich das Verdeck nicht öffnen lässt. Auf dieses Problem von K angesprochen, entgegnet S, dass K selbst schuld sei, wenn er den Wagen den gesamten Winter draußen stehen habe lassen, was sich negativ auf die Verdeck-Mechanik ausgewirkt habe. K ist der Ansicht, dass sein Außenstellplatz wohl kaum Einfluss auf die Verdeck-Mechanik gehabt haben könne. Vielmehr glaubt K, dass das Verdeck von Beginn an defekt gewesen sei.
c) Ausgangsfall wie unter a): K wendet sich nicht an S und schildert ihm das Problem mit dem Verdeck. Vielmehr geht er auf eigene Faust zu einer Reparaturwerkstatt und lässt das Verdeck dort reparieren. Erst nach erfolgter Reparatur fordert K von S die Kosten für diese Reparatur in Höhe von 1000.- €. Zu Recht?
(Kein Gutachtenstil!) (3 Punkte)
Aufgabe 2 c)
SE statt der Leistung nur gemäß § 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I, 433, 434 BGB (-):
keine Fristsetzung, keine Entbehrlichkeit
Aufgabe 3: Ein nachdenklicher Gläubiger (10 Punkte)
Bei Begründung einer Darlehensforderung über 100.000.- € von A gegen B, die in 2 Jahren fällig sein soll, hat F eine Bürgschaft übernommen. Als 1 Jahr nach Begründung der Darlehensforderung aus der Sicht von A sowohl B als auch F bonitätsmäßig fragwürdig erscheinen, hat A D dafür gewinnen können, dass D sich – neben F – gegenüber A ebenfalls für die Forderung gegen B in Höhe von 100.000.- € verbürgt. Als es ein halbes Jahr später sowohl B als auch F wieder deutlich besser geht, tritt D an A mit der Bitte heran, ihn aus der Bürgschaft zu entlassen. A zögert, obwohl er davon ausgeht, dass bei Fälligkeit jedenfalls B oder F zahlen kann.
Können Sie begründen, warum A zögert?
Aufgabe 3
Folgen für den Bürgen: Haftungsbefreiung gemäß § 776 BGB soweit
Regressmöglichkeit nach § 774 BGB, Reduzierung der Haftung auf 50.000 €
Folgen für den Gläubiger: Entlassung anderer Sicherheiten = Benachteiligung
anderer Sicherungsgeber, Folge: Kürzung des Anspruchs, soweit
Regressmöglichkeit
Aufgabe 4: Begriffe und deren Bedeutung (25 Punkte)
a) Was versteht man unter Produktbeobachtungspflicht? In welchen Fällen kann ein Geschädigter seinen Schadenersatzanspruch weder auf die Produkt- noch die Produzentenhaftung stützen, einen solchen aber durchsetzen, wenn dem Produzenten ein schuldhafter Verstoß gegen die Produktbeobachtungspflicht unterlaufen ist? (6 Punkte)
Aufgabe 4 a)
Informationsbeschaffung und –verwertung über Entwicklung des Produkts nach
Inverkehrbringung, Vermeidung von Mängeln und missbräuchlichen Verwendung
z.B. durch Rückruf, Nachbesserung, Benutzerinformation
Sorgfaltsanforderungen bzgl. Konstruktion-, Fabrikation und Instruktionspflichten
abhängig vom Zeitpunkt der Inverkehrgabe. (ProduktHG (-) bei Sachschäden im
gewerblichen Rechtsverkehr)
Produktbeobachtungspflicht auch nach Zeitpunkt der Inverkehrgabe, auch für
fremdes Zubehör (Honda-Fall)
b) Erläutern Sie die Begriffe antezipiertes Besitzkonstitut und Globalzession! Worin bestehen Parallelen? Beschreiben Sie einen Sachverhalt, bei dem für eine Bank beide Rechtsinstitute von Bedeutung sind! (8 Punkte)
Aufgabe 4 b)
Globalzession = Abtretung sämtlicher gegenwärtiger und zukünftiger
Forderungen, antizipiertes Besitzkonstitut = Übertragung des Besitzes ohne
unmittelbaren Besitz
Beispiel: verlängerter Eigentumsvorbehalt, Übertragung des (wechselnden)
Warenbestandes, Vorausabtretung der Zahlungsansprüche aus dem
Weiterverkauf
c) Erklären Sie, was eine Verfügungsermächtigung ist! Begründen Sie, warum beim gutgläubigen Erwerb von einem Kaufmann der gute Glaube an dessen Verfügungsermächtigung ausreichend ist! (5 Punkte)
Aufgabe 4 c)
§ 185 BGB, Nichtberechtigter kann in eigenem Namen verfügen
Flexibilität und Schnelligkeit des Handelsverkehrs, guter Glaube an die
Verfügungsbefugnis ausreichend, § 366
d) Weswegen ist bei der Bürgschaft die Bezeichnung „Einrede der Vorausklage" missverständlich? (2 Punkte)
Aufgabe 4 d)
§ 771 BGB, Klage nicht notwendig, erfolgloser Vollstreckungsversuch
ausreichend, dieser auch aus vollstreckbarer notarieller Urkunde möglich
e) Wie lange ist die kaufrechtliche Gewährleistungsfrist bei einer beweglichen Sache, die nach der üblichen Verwendung in ein Bauwerk eingebaut wird? Begründen Sie die sachliche Rechtfertigung der einschlägigen Norm! (4 Punkte)
Aufgabe 4 e)
§ 438 I Nr. 2 BGB, fünf Jahre, Zweck: Gleichlauf mit werkvertraglicher
Gewährleistungsfrist, § 634a I Nr. 1 BGB
§ 323 II Nr. 1 BGB: endgültige und ernsthafte Leistungsverweigerung
§ 326 V 2. Hs. BGB: Unmöglichkeit der Leistung
(alternativ: Unternehmerregress § 323 II Nr. 1, Nr. 2 BGB, Nacherfüllung
verweigert oder fehlgeschlagen, § 440 BGB)
Abhängigkeit von der zugrundeliegenden Forderung, Beispiel für Einwendungen:
Vertrag nicht zustandegekommen, Erlöschen der Forderung = Erlöschen
Pfandrecht
§ 312 BGB, Haustürgeschäft, 14tägiges Widerrufsrecht, § 355 I, II BGB,
Erlöschen des Kaufpreisanspruchs, Rückgewähr des Kaufpreises,
§§ 357, 346 I BGB
Aufgabe 2: Vereinsleben (13 Punkte)
In der Satzung des TSV Laurensberg ist geregelt, dass ein Austritt nur zum Ende
eines Kalenderjahres möglich ist. Am 30.12.2011 will A noch schnell seinen Austritt
erklären. Er verfasst ein entsprechendes Schreiben und will es persönlich beim
Vorstandsvorsitzenden V abgeben. Unterwegs trifft er F, die Ehefrau von V. Er bittet
sie, für ihn das Schreiben bei V abzugeben. F nimmt das Schreiben in ihre
Handtasche und verspricht, es ihrem Ehemann V auszuhändigen. Sie vergisst die
Sache dann aber und übergibt das Schreiben ihrem Mann erst am 2.1.2012.
a) Ist der Vereinsaustritt von A rechtzeitig erfolgt? (8 Punkte)
Aufgabe 2 (13 Punkte)
a) (8 Punkte)
Ob der Vereinsaustritt rechtzeitig erfolgt ist, hängt davon ab, wann die Austrittserklärung des A wirksam
wurde. Empfangsbedürftige Willenserklärungen bedürfen zu ihrem Wirksamwerden des Zugangs gem. §
130 Abs. 1 BGB. Der Zugang erfolgt, wenn die Erklärung so in den Machtbereich des Empfängers
gelangt, dass unter normalen Umständen mit der Kenntnisnahme zu rechnen ist. V selbst hat das
Schreiben erst am 2.1.2012 erhalten.
Fraglich ist, wann der Zugang – wie hier – bei Einschaltung einer Mittelsperson erfolgt. Insoweit kommt es
auf deren Funktion an.
Ist der Mittler Empfangsvertreter i.S.d. § 164 Abs. 3 BGB, so wirkt die Erklärung gegenüber dem Vertreter
unmittelbar für und gegen den Vertretenen. Der Zugang beim Vertretenen erfolgt also bereits in dem
Zeitpunkt, in dem die Erklärung dem Vertreter ausgehändigt wird. Eine wirksame Stellvertretung setzt
jedoch das Bestehen von Vertretungsmacht voraus.
Ist der Mittler Empfangsbote, so geht die Erklärung noch nicht direkt mit Aushändigung an den Mittler dem
Empfänger zu. Der Zugang erfolgt vielmehr erst in dem Zeitpunkt, in dem unter normalen Umständen mit
der Weitergabe der Erklärung an den Empfänger gerechnet werden kann. Der Empfänger trägt allerdings
das Risiko, dass der Empfangsbote die Erklärung verspätet oder gar nicht übermittelt. Empfangsbote ist,
wer nach der Verkehrsanschauung als dazu geeignet und bestellt anzusehen ist. Das ist insbesondere bei
volljährigen Familienangehörigen der Fall.
Ist der Mittler weder Empfangsvertreter noch –bote, so ist er als Werkzeug des Erklärenden ein sog.
Erklärungsbote. Der Zugang erfolgt hier erst, wenn die Erklärung in den Machtbereich des Empfängers
gelangt. Das Verspätungs- und Ausfallrisiko trägt der Erklärende.
Vorliegend ist F, als Ehefrau des V, als Empfangsbotin anzusehen. Der Zugang der Austrittserklärung
erfolgte somit bereits am 30.12.2011, da unter normalen Umständen noch am gleichen Tag die
Weiterleitung der Erklärung erwartet werden konnte. Dass die Weiterleitung tatsächlich erst am 2.1.2012
erfolgte, spielt für A keine Rolle, weil V das Verspätungsrisiko trug. Die Austrittserklärung erfolgte daher
rechtzeitig.
Aufgabe 2: Vereinsleben (13 Punkte)
In der Satzung des TSV Laurensberg ist geregelt, dass ein Austritt nur zum Ende
eines Kalenderjahres möglich ist. Am 30.12.2011 will A noch schnell seinen Austritt
erklären. Er verfasst ein entsprechendes Schreiben und will es persönlich beim
Vorstandsvorsitzenden V abgeben. Unterwegs trifft er F, die Ehefrau von V. Er bittet
sie, für ihn das Schreiben bei V abzugeben. F nimmt das Schreiben in ihre
Handtasche und verspricht, es ihrem Ehemann V auszuhändigen. Sie vergisst die
Sache dann aber und übergibt das Schreiben ihrem Mann erst am 2.1.2012.
b) Wie ist die Rechtslage, wenn A das Schreiben per Express-Post an V
versendet, die Zustellung wegen eines Streiks allerdings nicht am 31.12.2011,
sondern erst im neuen Jahr erfolgt? (5 Punkte)
b) (5 Punkte)
In diesem Fall erfolgte der Zugang nicht rechtzeitig. Die Post ist als Erklärungsbote des A anzusehen. Er
trägt daher das Verspätungsrisiko.
Aufgabe 3: Der arme Student (12 Punkte)
Student Stefan braucht ein Dach über dem Kopf. Da sein Kommilitone Konrad für 1
Jahr ins Ausland geht, mietet er von diesem dessen 40 m2-Wohnung. Stefan hat
Konrad ausdrücklich befragt, ob er dazu berechtigt sei; schließlich habe Konrad die
Wohnung ja selbst nur von Emil gemietet, dem die Wohnung gehöre. Konrad zeigt
Stefan den noch für 1 Jahr laufenden Mietvertrag und behauptet wahrheitswidrig,
dass er die „Weitergabe des Mietrechts“ mit Emil besprochen habe und dass das
klar gehe; Emil sei froh, dass es zu keinem Leerstand komme. Stefan zieht daraufhin
ein. 2 Monate später erfährt Emil davon und erklärt Stefan, dass er ausziehen
müsse. Stefan entgegnet, dass er doch Konrad gefragt habe und sich auch noch
dessen Mietvertrag vorlegen habe lassen.
Kann es Stefan passieren, dass er ausziehen muss?
Die Beantwortung muss nicht im Gutachtenstil erfolgen.
Aufgabe 3 (12 Punkte)
Stefan muss ausziehen, wenn Emil einen wirksamen Herausgabeanspruch gegen ihn hat.
Ein solcher Anspruch könnte sich aus § 985 BGB ergeben.
Emil ist Eigentümer der Wohnung.
Stefan übt als Nutzer den unmittelbaren Besitz an der Wohnung aus.
Fraglich ist, ob Stefan ein Recht zum Besitz i.S.d. § 986 Abs. 1 BGB hat.
Als Besitzrecht käme vorliegend in Betracht, dass Konrad im Rahmen der Untervermietung Stefan sein
Mietrecht übertragen wollte, vgl. § 986 Abs. 1 S. 1 BGB.
Nach § 540 BGB ist der Mieter jedoch grundsätzlich nicht zur Untervermietung berechtigt.
Dem Untermieter nützt auch der gute Glaube daran, dass der Mieter zur Untervermietung berechtigt sei,
nichts. Das Mietrecht ist ein obligatorisches Recht. Nur bei dinglichen Rechten kann der gute Glaube ggf.
bewirken, dass ein Rechtserwerb vom Nichtberechtigten stattfindet.
Vermietet der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters unter, kann der Vermieter daher vom Untermieter
verlangen, dass er die Wohnung räumt und an den Mieter zurückgibt (§ 986 Abs. 1 S. 2 BGB).
Aufgabe 4: Wissen als Rettungsanker (20 Punkte)
a) Worin unterscheidet sich die Gehilfenhaftung nach § 278 BGB von der nach
§ 831 BGB? (8 Punkte)
Aufgabe 4 (20 Punkte)
a) (8 Punkte)
Die Gehilfenhaftung nach § 278 BGB ist wesentlich strenger als die nach § 831 BGB. Das liegt daran,
dass § 278 BGB im Gegensatz zu § 831 BGB ein bestehendes Schuldverhältnis voraussetzt.
§ 278 BGB ist eine Zurechnungsnorm, aufgrund derer sich der Schuldner ein Verschulden seiner
Erfüllungsgehilfen zurechnen lassen muss.
Erfüllungsgehilfe ist, wer mit Wissen und Wollen im Pflichtenkreis des Schuldners tätig wird. Auf die
Rechtsbeziehung zwischen ihnen kommt es nicht an.
Es besteht keine Exkulpationsmöglichkeit des Schuldners.
§ 831 BGB ist hingegen eine eigene Anspruchsgrundlage.
Der Geschäftsherr haftet hier nicht für fremdes Verschulden, sondern für vermutetes eigenes
Verschulden.
Der Verrichtungsgehilfe i.S.d. § 831 BGB ist weisungsgebunden und insoweit durch den Geschäftsherr
steuerbar.
Dieser kann sich von seiner Haftung exkulpieren, wenn er nachweist, dass er den Verrichtungsgehilfen
sorgfältig ausgewählt und überwacht hat, vgl. § 831 Abs. 1 S. 2 BGB.
b) Wie viele und welche Rechtsgeschäfte kommen beim Erwerb einer Zeitung
am Kiosk zustande? (4 Punkte)
b) (4 Punkte)
Drei, nämlich ein Verpflichtungs- und zwei Verfügungsgeschäfte.
Zunächst wird ein Kaufvertrag i.S.d. § 433 BGB geschlossen, der den Verkäufer zur Übergabe und
Übereignung der Zeitung und den Käufer zur Kaufpreiszahlung verpflichtet.
Anschließend werden zur Erfüllung dieser Verbindlichkeiten zwei Verfügungsgeschäfte gem. § 929 S. 1
BGB eingegangen, durch die das Eigentum an der Zeitung und dem Geld übertragen wird.
c) Sicherungsübereignung und Pfandrecht dienen der Besicherung von
Forderungen. Welche der in den §§ 929 ff BGB genannten Übertragungsarten
ist für eine Sicherungsübereignung ausreichend und welche Voraussetzungen
sind für die Entstehung eines Pfandrechts an einer beweglichen Sache
erforderlich? (4 Punkte)
c) (4 Punkte)
Für die Sicherungsübereignung einer beweglichen Sache genügt gem. § 930 BGB die Vereinbarung eines
Besitzkonstituts. Der Sicherungsnehmer erlangt dadurch den mittelbaren Besitz und das
Sicherungseigentum an der Sache, der Sicherungsgeber kann die Sache als unmittelbarer Besitzer weiter
nutzen.
Zur Bestellung eines Pfandrechts ist gem. § 1205 BGB neben der Einigung grundsätzlich die Übergabe
der Pfandsache erforderlich.
d) Das BGB sieht für manche Rechtsgeschäfte besondere Formvorschriften vor.
Nennen Sie zwei Beispiele und erläutern Sie deren Funktionen! (4 Punkte)
d) (4 Punkte)
Typische Formvorschriften des BGB sind § 311b Abs. 1 BGB, der die notarielle Beurkundung für
Verpflichtungsgeschäfte über Grundstücke vorschreibt, und § 766 S. 1 BGB hinsichtlich der Schriftform
der Bürgschaftserklärung.
Sie haben meist eine Warnfunktion (= Übereilungsschutz des Erklärenden) und eine Beweisfunktion (=
Klarstellung und Dokumentation des Vertragsinhalts). Durch die notarielle Beurkundung soll zudem die
sachkundige Belehrung der Parteien sichergestellt werden (sog. Beratungsfunktion).
Aufgabe 1: Bierbänke auf Abwegen (46 Punkte)
Der Händler Kunibert (K) kauft beim Großhändler Valentin (V) 15 Bierbänke zu einem Preis von 1.500,- €. V soll auch für die Lieferung der Bänke zu K verantwortlich sein. Vereinbart ist für die Lieferung der 15. Juli um 11:00 Uhr an die Niederlassung von K. Als V die 15 Bänke zu diesem Zeitpunkt an diesen Ort liefert, trifft V dort niemanden an.
Nachdem V 20 Minuten gewartet hat, macht er sich um 11:20 Uhr mit den Bierbänken auf den Weg zurück in sein Lager. Auf dem Rückweg verursacht V jedoch leicht fahrlässig einen Verkehrsunfall, bei welchem die Bierbänke vollständig zerstört werden.
Am nächsten Tag meldet sich K bei V und bittet um erneute Lieferung. K erzählt V, er habe am 15. Juli ab 10 Uhr 2 Stunden im Stau gestanden, was für K nicht vorhersehbar war.
Daraufhin erzählt V von seinem Verkehrsunfall und verweist darauf, dass er bereits einmal versucht habe zu liefern – das müsse reichen.
K entgegnet, dass er nichts für den Verkehrsunfall von V könne und V notfalls eben andere Bierbänke, die er im Lager habe, liefern müsse – Vertrag sei Vertrag.
Das lehnt V ab und verlangt vielmehr von K die Bezahlung des Kaufpreises in Höhe von 1.500,- €.
3. Könnte es für die Ansprüche unter Punkt 1. und 2. bedeutsam sein, wenn V für die transportierte Ladung (die Bierbänke) eine Transportversicherung abgeschlossen hat, aus der V nach Maßgabe des Gewichts der Ladung eine Entschädigung von 1.000,- € erhält? (6 Punkte)
Frage 3 (6 Punkte)
Für den Anspruch unter Punkt 1 ist das nicht bedeutsam. Der Anspruch ist nach wie vor
untergegangen durch Unmöglichkeit.
Für den Anspruch unter Punkt 2 spielt es eine Rolle.
K könnte von V die Entschädigung i.H.v. 1.000,- € gem. § 285 BGB herausverlangen.
Bei der Entschädigung durch die Versicherung handelt es sich um ein sog.
stellvertretendes commodum. Der Kaufpreisanspruch von V bleibt hiervon dem Grunde
nach unberührt. K kann von V Zug-um-Zug gegen Zahlung des Kaufpreises Herausgabe
des Ersatzes in Höhe von 1.000,- € verlangen.
Aufgabe 2: Ärger mit dem Schleuderprogramm (22 Punkte)
Der Händler Hans (H) verkauft an Zacharias (Z) für dessen Privathaushalt eine neue Waschmaschine für 800,- €. Der Kaufpreis ist in 10 monatlichen Raten zu je 80,- € zu leisten. 2 Monate nach Übergabe der Waschmaschine und Zahlung von 2 Raten stellt Z fest, dass das Schleuderprogramm nicht funktioniert, ob der Schleudergang bei Übergabe funktionierte, kann nicht festgestellt werden. Z verlangt von H umgehend die Behebung des Gebrechens durch Reparatur. Die Kosten der Reparatur würden sich auf 150,- € belaufen. Da H nicht auf das Reparaturverlangen von Z reagiert, zahlt Z die nächsten 3 Raten nicht.
Dann meldet sich H bei Z und erhebt folgende Einwände gegen das Reparaturverlangen von Z:
a) „Ich – (H) – bin Händler und kein Reparaturunternehmen, weshalb ich allenfalls zur Lieferung einer neuen Maschine bereit bin." (6 Punkte)
Bemerkung a) (6 Punkte)
Grundsätzlich hat der Käufer bei Lieferung einer mangelhaften Sache ein Wahlrecht nach
§ 439 Abs. 1 BGB zwischen Nachbesserung oder Neulieferung. Die Waschmaschine ist
mangelhaft nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB. Das Schleuderprogramm funktioniert nicht.
Z verlangt Nacherfüllung in Form der Nachbesserung (Reparatur). Beide Arten der
Nacherfüllung sind hier noch möglich. Es kommt hier auf den Inhalt der Leistung an. H
schuldete eine Waschmaschine. Diese ist nicht durch individuelle Merkmale
gekennzeichnet. Es handelt sich demnach um eine Gattungsschuld i.S.d. § 243 Abs. 1
BGB. Die Lieferung einer neuen Maschine ist noch möglich, auch die Reparatur der
Maschine ist laut Sachverhalt noch möglich. Etwas anderes kann sich aus § 439 Abs. 3
BGB ergeben. Danach kann der Verkäufer die vom Käufer gewählte Art der Nacherfüllung
verweigern, wenn sie nur mit unverhältnismäßigen Kosten möglich ist. Die Reparatur
würde 150 € kosten. Das ist nicht unverhältnismäßig. Z hat also Anspruch auf
Nachbesserung.
Aufgabe 2: Ärger mit dem Schleuderprogramm (22 Punkte)
Der Händler Hans (H) verkauft an Zacharias (Z) für dessen Privathaushalt eine neue Waschmaschine für 800,- €. Der Kaufpreis ist in 10 monatlichen Raten zu je 80,- € zu leisten. 2 Monate nach Übergabe der Waschmaschine und Zahlung von 2 Raten stellt Z fest, dass das Schleuderprogramm nicht funktioniert, ob der Schleudergang bei Übergabe funktionierte, kann nicht festgestellt werden. Z verlangt von H umgehend die Behebung des Gebrechens durch Reparatur. Die Kosten der Reparatur würden sich auf 150,- € belaufen. Da H nicht auf das Reparaturverlangen von Z reagiert, zahlt Z die nächsten 3 Raten nicht.
Dann meldet sich H bei Z und erhebt folgende Einwände gegen das Reparaturverlangen von Z:
b) „Dass ich nicht verpflichtet bin, die Waschmaschine zu reparieren, sondern gegebenenfalls nur eine neue Waschmaschine zu liefern, steht auch in den von mir verwendeten und von Z unterschriebenen Lieferbedingungen." [Beachten Sie, dass es auf die Wirksamkeit der AGB womöglich gar nicht ankommt.] (6 Punkte)
Bemerkung b) (6 Punkte)
Es handelt sich um einen Verbrauchsgüterkauf i.S.d. § 474 Abs. 1 S. 1 BGB. H ist
Unternehmer, § 14 BGB. Z ist Verbraucher, § 13 BGB. Die Waschmaschine ist eine
bewegliche Sache i.S.d. § 90 BGB. Auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den
Unternehmer getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers u.a. von den §§
433 bis 435, 437, 439 bis 443 BGB abweicht, kann sich der Unternehmer gemäß § 475
Abs. 1 S. 1 BGB nicht berufen. Dies ist einseitig zwingendes Recht zugunsten des
Verbrauchers. Die Unterschrift durch Z unter die Lieferbedingungen des H erfolgte vor
Mitteilung des Mangels. Durch diese Lieferbedingungen wird die Nacherfüllung auf die
Neulieferung beschränkt. Es wird also zum Nachteil von Z von seinen Rechten aus §§ 437,
439 BGB abgewichen. Die Beschränkung der Nacherfüllung ist unwirksam.
Aufgabe 2: Ärger mit dem Schleuderprogramm (22 Punkte)
Der Händler Hans (H) verkauft an Zacharias (Z) für dessen Privathaushalt eine neue Waschmaschine für 800,- €. Der Kaufpreis ist in 10 monatlichen Raten zu je 80,- € zu leisten. 2 Monate nach Übergabe der Waschmaschine und Zahlung von 2 Raten stellt Z fest, dass das Schleuderprogramm nicht funktioniert, ob der Schleudergang bei Übergabe funktionierte, kann nicht festgestellt werden. Z verlangt von H umgehend die Behebung des Gebrechens durch Reparatur. Die Kosten der Reparatur würden sich auf 150,- € belaufen. Da H nicht auf das Reparaturverlangen von Z reagiert, zahlt Z die nächsten 3 Raten nicht.
c) „Bei der Übergabe der Waschmaschine hat diese einwandfrei funktioniert. Dass die Waschmaschine jetzt – 5 Monate nach Übergabe – nicht mehr funktioniert, ist darauf zurückzuführen, dass Z mit der Waschmaschine nicht umgehen kann." (5 Punkte)
Bemerkung c) (5 Punkte)
H’s Behauptung lässt sich so auslegen, dass er Z vorwirft, der Mangel sei erst nach
Übergabe entstanden. Beim Verbrauchsgüterkauf, der hier vorliegt (s.o.), gilt allerdings
nach § 476 BGB eine Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers: Zeigt sich innerhalb
von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die
Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit
der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Ein Mangel liegt vor (s.o.). Die Gefahr
geht mit Übergabe der Sache auf den Käufer über i.S.d. § 446 BGB. Der Mangel der
Sache ist 2 Monate nach der Übergabe aufgetreten. Die Vermutungsregel des § 476 BGB
greift daher. Es wird also vermutet, dass der Mangel schon bei Übergabe der
Waschmaschine vorlag. H kann das nicht widerlegen. Der Ausschluss, dass die Vermutung
mit der Art Sache oder des Mangels unvereinbar ist, ist nicht einschlägig.
Aufgabe 2: Ärger mit dem Schleuderprogramm (22 Punkte)
Der Händler Hans (H) verkauft an Zacharias (Z) für dessen Privathaushalt eine neue Waschmaschine für 800,- €. Der Kaufpreis ist in 10 monatlichen Raten zu je 80,- € zu leisten. 2 Monate nach Übergabe der Waschmaschine und Zahlung von 2 Raten stellt Z fest, dass das Schleuderprogramm nicht funktioniert, ob der Schleudergang bei Übergabe funktionierte, kann nicht festgestellt werden. Z verlangt von H umgehend die Behebung des Gebrechens durch Reparatur. Die Kosten der Reparatur würden sich auf 150,- € belaufen. Da H nicht auf das Reparaturverlangen von Z reagiert, zahlt Z die nächsten 3 Raten nicht.
Dann meldet sich H bei Z und erhebt folgende Einwände gegen das Reparaturverlangen von Z:
Z ist empört und antwortet H:
d) „Mit mir können Sie so nicht umspringen. Ich trete sofort vom Vertrag zurück." (5 Punkte)
Bemerkung d) (5 Punkte)
Grundsätzlich bedarf es für den Rücktritt der Setzung einer Frist nach § 323 Abs. 1 BGB.
Das gilt aber dann nicht, wenn der Verkäufer die geschuldete Nachbesserung ernsthaft
und endgültig verweigert. Indem H unmissverständlich klarmacht, dass er allenfalls zur
Lieferung einer neuen Maschine bereit ist, hat er die Nachbesserung ernsthaft und
endgültig verweigert. Eine Fristsetzung ist somit gem. § 323 Abs. 2 Nr. 1 entbehrlich.
Demzufolge kann K mit sofortiger Wirkung vom Kaufvertrag zurücktreten.
Aufgabe 3: Wissen als Rettungsanker (18 Punkte)
a) Worin liegt der Unterschied zwischen der Abgabe und dem Zugang einer empfangsbedürftigen Willenserklärung? Wie lange kann der Widerruf einer jeden empfangsbedürftigen Willenserklärung erfolgen? (4 Punkte)
Aufgabe 3 a) (4 Punkte)
Mindestvoraussetzung einer Willenserklärung ist die Abgabe. Abgabe bedeutet, dass der
Erklärende den Willen geäußert hat, d. h. willentlich in die Richtung des Empfängers
abgegeben hat, so dass unter normalen Umständen mit einem Zugang gerechnet werden
kann.
Voraussetzung des Zugangs ist, dass die Willenserklärung so in den Herrschaftsbereich
des Adressaten gelangt ist, dass nach der Verkehrsauffassung bei Annahme gewöhnlicher
Verhältnisse mit dessen Kenntnisnahme von der Erklärung zu rechnen ist.
Nach § 130 Abs. 1 S. 2 BGB kann ein Widerruf des Erklärenden gegenüber dem
Erklärungsempfänger gleichzeitig oder vor dem Zugang der Willenserklärung erfolgen.
b) Die Frist für die Anfechtung einer Willenserklärung wegen Täuschung beginnt zu einem anderen Zeitpunkt als die Frist für die Anfechtung wegen Drohung. Nennen Sie jeweils den Zeitpunkt des Fristbeginns! Erklären Sie, warum die Zeitpunkte unterschiedlich sind! (4 Punkte)
Aufgabe 3 b) ( 4 Punkte)
Nach § 124 Abs. 2 S. 1 BGB beginnt die Frist im Fall der arglistigen Täuschung mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt.
Im Fall der Drohung beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage
aufhört.
Der Fristbeginn ist unterschiedlich, weil der Anfechtungsberechtigte sich jeweils in einer
völlig anderen Situation befindet. Bei einer Täuschung merkt er nicht unbedingt sofort, dass
er die Willenserklärung so nicht abgeben will. Die Frist läuft erst ab Kenntnis des
Getäuschten von der Täuschung durch den Vertragspartner. Bei einer Drohung ist dem
Anfechtungsberechtigten sehr wohl von Anfang an klar, dass er keine solche
Willenserklärung abgeben will. Eine Bedrohung kann indes länger anhalten. Erst nach
Wegfall der Bedrohung kann vernünftigerweise verlangt werden, dass angefochten wird.
c) Wodurch unterscheidet sich eine selbstschuldnerische Bürgschaft von einer gewöhnlichen Bürgschaft? Welche Besonderheiten gelten, wenn ein Kaufmann eine Bürgschaft im Rahmen seines Handelsgewerbes übernimmt? (4 Punkte)
Aufgabe 3 c) (4 Punkte)
Für beide Formen bedarf es der Schriftform nach § 766 BGB. Bei der gewöhnlichen
Bürgschaft besteht die Einrede der Vorausklage nach § 771 BGB. Grundsätzlich muss der
Gläubiger zunächst gegen den Hauptschuldner vorgehen, gegen ihn ein rechtskräftiges
Urteil erwirken und einen Zwangsvollstreckungsversuch unternehmen. Diese Einrede
besteht bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft nicht. Hier kann der Gläubiger bei
Fälligkeit der Schuld sofort auch gegen den Bürgen vorgehen.
Nach § 349 HGB steht dem Bürgen, wenn die Bürgschaft für ihn ein Handelsgeschäft ist,
die Einrede der Vorausklage nicht zu (entspricht der selbstschuldnerische Bürgschaft).
Nach § 350 HGB findet § 766 BGB keine Anwendung; die Bürgschaft bedarf somit nicht
der Schriftform.
d) Erklären Sie die Begriffe antizipiertes Besitzkonstitut und Globalzession! Inwiefern wird bei beiden Phänomenen dem Bestimmtheitserfordernis nur in eingeschränktem Ausmaß Rechnung getragen? (6 Punkte)
Aufgabe 3 d) (6 Punkte)
Eine spezielle Ausprägung des Besitzkonstituts ist das sog. antizipierte oder
vorweggenommene Besitzkonstitut. Bei diesem werden von der Sicherungsübereignung
nicht nur bereits im Eigentum des Veräußerers stehende Sachen erfasst, sondern auch
zukünftige. Z.B. ein Warenlager wird einer Bank zur Besicherung eines Kredits zur
Sicherheit übereignet. Die Bank trifft mit dem Unternehmen die Absprache, dass von der
Sicherungsübereignung nicht nur die bestehenden Waren erfasst sind, sondern auch
solche, die jeweils neu angeliefert werden. An diesen erwirbt die Bank
Sicherungseigentum, sobald sie in den Lagerraum geliefert werden. Es handelt sich dabei
zumindest um eine Aufweichung des Spezialitätsgrundsatzes. Immerhin sind die Waren,
an denen Sicherungseigentum begründet wird, noch bestimmbar, nämlich alle, die in den
Lagerraum geliefert werden.
Das Wort Globalzession kennzeichnet eine Abtretung, bei der alle, auch künftige
Forderungen eines Kreditnehmers gegen Dritte oder einen best. Dritten an den Kreditgeber
zur Sicherung der Kreditforderung abgetreten werden. Im Zessionsrecht gilt – wie im
Sachenrecht – der Bestimmtheitsgrundsatz bzw. das Spezialitätsprinzip. Auch insoweit
begnügt man sich mit der Bestimmbarkeit der künftigen Forderungen; so werden zum
Beispiel beim verlängerten Eigentumsvorbehalt die Kundenforderungen aus der
Weiterveräußerung der unter Eigentumsvorbehalt gelieferten Ware erfasst.
Aufgabe 4: Lückentext (4 Punkte)
Beim Kauf unter Eigentumsvorbehalt ist nicht das aaa aufschiebend bedingt, sondern das bbb. Das Eigentum geht auf den Käufer nicht mit Übergabe der Kaufsache über, sondern erst mit ccc.
Ist der Verkäufer nicht Eigentümer und hat er auch keine Verfügungsermächtigung, kommt es für den gutgläubigen Eigentumserwerb des Käufers auf den Zeitpunkt der ddd an.
Bitte geben Sie die zutreffenden Begriffe für aaa, bbb, ccc, ddd an! Notieren Sie Ihre Lösung auf dem Klausurbogen und nicht hier auf dem Aufgabenblatt!
Aufgabe 4 (4 Punkte)
aaa = Verpflichtungsgeschäft
bbb = Verfügungsgeschäft
ccc = Zahlung des gesamten Kaufpreises
ddd = Übergabe der Sache
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Aufgabe 3: Lückentext (6 Punkte)
Eine Globalzession ist ein Sonderfall der aaa gem. § bbb BGB. Gegenstand der Globalzession sind ccc entstehende Forderungen. Sie ist insofern vergleichbar mit der Übertragung von Sicherungseigentum durch ein ddd. Bei diesen beiden Sicherungsmitteln sind allerdings Probleme hinsichtlich der eee zu beachten. Man begnügt sich insoweit mit dem weniger präzisen Grundsatz der fff.
Bitte geben Sie die zutreffenden Begriffe für aaa, bbb, ccc, ddd, eee, fff an! Notieren Sie Ihre Lösung auf dem Klausurbogen und nicht hier auf dem Aufgabenblatt!
Aufgabe 3 (6 Punkte)
aaa Abtretung
bbb § 398 BGB
ccc zukünftig
ddd antizipiertes Besitzkonstitut
eee Bestimmtheit
Aufgabe 4: Wissen als Rettungsanker (16 Punkte)
a) Weshalb steht dem Getäuschten eine längere Frist für die Anfechtung zu als einem in einen Erklärungsirrtum Irrenden? Und warum hat bei der Täuschung der Anfechtungsgegner anders als bei der Irrtumsanfechtung keinen Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens? (4 Punkte)
a) (4 Punkte)
Der Irrtum ist ein Willensmangel, der allein aus der Sphäre des Erklärenden stammt. Der Erklärungsempfänger wird deshalb von der Rechtsordnung in höherem Maße geschützt als bei Täuschung, bei der typischerweise der Erklärungsempfänger in unzulässiger Weise Einfluss auf die Willensbildung des Erklärenden genommen hat.
Die Rechtsordnung sieht nur denjenigen als schutzwürdig an, der die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts weder kannte noch kennen musste. Bei der Täuschung ist der Täuschende der Anfechtungsgegner. Der Täuschende kennt die Anfechtbarkeit. Der Täuschende darf nicht auf das Geschäft vertrauen.
b) Welche Risiken bestehen für den Vertretenen bei Erteilung einer eigenhändig unterschriebenen Vollmacht an den Vertreter, wenn der Vertretene die Vollmacht gegenüber dem Vertreter widerruft und sich der Vertreter weigert, die Vollmachtsurkunde wegen ausstehender Ansprüche gegen den Vertretenen zurückzugeben? (4 Punkte)
b) (4 Punkte)
Bei Widerruf der Vollmacht ist diese zurückzugeben nach § 175 BGB. § 175 BGB ordnet zwar im Verhältnis Vertretener und Vertreter an, dass die Vollmachtsurkunde ohne Wenn und Aber zurückzugeben ist.
Aber im Verhältnis Dritter und Vertretener gilt die Vollmacht solange fort, bis die Vollmachtsurkunde dem Vertretenen zurückgegeben wird oder für kraftlos erklärt wird gemäß § 172 Abs. 2 BGB. Wenn der Vertreter eine eigenhändig unterschriebene Urkunde vorlegt, darf ein Dritter darauf vertrauen, dass die Vollmacht weiterhin in dem in der Urkunde umschriebenen Umfang zugunsten desjenigen, der die Vollmachtsurkunde vorlegt, besteht.
Das gilt nicht, wenn der Dritte das Erlöschen der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt oder kennen musste, § 173 BGB.
c) Nennen Sie zwei Fälle, in denen es zu einem rechtsgeschäftlichen Eigentumserwerb einer beweglichen Sache von einer Person, die nicht Eigentümer ist, kommt! (4 Punkte)
c) (4 Punkte)
Anmerkung Korrektor: Die Studierenden sollen nur jeweils zwei der folgenden Fälle nennen.
Vorherige Zustimmung des Eigentümers nach § 185 Abs. 1 BGB
Nachträgliche Genehmigung des Eigentümers nach § 185 Abs. 2 S. 1 BGB
Gutglaubenserwerb, wenn die Sache dem Eigentümer nicht abhandengekommen ist gemäß § 935 BGB
Besitzkonstitut
d) Wenn ein Gläubiger seine Forderung durch zwei Bürgen besichert hat, weshalb kann es trotz außer Streit stehender Bonität des einen Bürgen für den Gläubiger gefährlich sein, vor Fälligkeit der Forderung den anderen Bürgen aus seiner Bürgschaftspflicht zu entlassen? (4 Punkte)
d) (4 Punkte)
Es gilt § 769 BGB. Die Bürgen haften als Gesamtschuldner.
Hat der Gläubiger mehrere Sicherheiten, die allesamt ausreichen, um das Uneinbringlichkeitsrisiko der Forderung abzudecken, mag der Gläubiger geneigt sein, den einen oder anderen Sicherungsgeber aus der Haftung zu entlassen. Damit würde er jedoch in die Regressansprüche des später in Anspruch genommenen Bürgen eingreifen. Die Regressansprüche, mit denen der in Anspruch genommene Bürge einen Teil der Schuld auf andere Sicherungsgeber weiterwälzen hätte können, werden dadurch vereitelt.
Insofern führt die Entlassung anderer Besteller von Sicherheiten zu einer Benachteiligung des später in Anspruch genommenen Bürgen. Um diesen nicht schutzlos einem solchen Risiko preiszugeben, wird daher der Anspruch des Gläubigers gegen den Bürgen insoweit gekürzt, als der Bürge sich im Regressweg erholen hätte können (im Zweifel nach Kopfanteilen: 50 %).