Zivilprozessrecht 2 - Parteien
Lienhard, Übungsbuch Zivilprozessrecht, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2012 Prozessvoraussetzungen, Parteivertretung, Streitgenossenschaft und Beteiligung Dritter, Parteiwechsel
Lienhard, Übungsbuch Zivilprozessrecht, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2012 Prozessvoraussetzungen, Parteivertretung, Streitgenossenschaft und Beteiligung Dritter, Parteiwechsel
Kartei Details
Karten | 55 |
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Lernende | 26 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 07.10.2015 / 09.02.2025 |
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41. Was ist eine Hauptintervention?
Eintritt eines Dritten in einen Prozess mit eigenem (besserem) Anspruch (der die anderen Ansprüche ausschliesst).
Beispiel:
A klagt gegen B auf Herausgabe einer Sache als Eigentümer, C interveniert mit dem Anspruch selbst Eigentümer zu sein.
42. Was ist eine Nebenintervention?
Die Teilnahme eines Dritten am Prozess zur Unterstützung der Hauptpartei in eigenem Interesse.
43. Wie kann ein Nebenintervenient in den Prozess eintreten?
- Durch Interventionsgesuch (aus eigenem Antrieb; ZPO 74/75)
- glaubhaft gemachtes rechtliches (nicht bloss wirtschaftliches) Interesse an der Streitsache
- Prozess bereits rechtshängig
- Durch Streitverkündung (aus Antrieb der Hauptpartei; ZPO 78 ff.)
pro memoria:
rechtliches Intersse: wenn Rechte/Pflichten der Nebenpartei vom Verfahrensausgang abhängen
44. Wodurch unterscheidet sich die Haupt- von der Nebenintervvention?
- Hauptintervention:
- eintretender Dritter wird Hauptpartei
- Eintritt nur im erinstanzlichen Verfahren
- Eintritt durch eigene Klage (ZPO 73)
- Nebenintervention:
- eintretender Dritter wird Nebenpartei
- Eintritt auch im Rechtsmittelverfahren möglich
- Eintritt durch
- Interventionsgesuch (Aus Antrieb des Dritten; ZPO 75)
- Streitverkünding (aus Antrieb einer Hauptpartei; ZPO 78 ff.)
45. Was kann die Nebenpartei im Prozess tun?
ZPO 76
- alle zulässigen prozessualen Handlungen ergreifen (Angriffs- und Verteidigungsmittel)
- Rechtsmittel ergreifen
Handlungen der Nebenpartei, die mit Handlungen der Hauptpartei im Widerspruch stehen (kein Interesse genügt), sind unbeachtlich (ZPO 76 II; nicht geschehen).
46. Wie wirkt das Urteil gegen die Nebenpartei?
ZPO 77:
Grundsatz:
- Urteilserwägungen/Entscheidgründe wirken auch gegen Nebenpartei,
- nicht aber Urteils-Dispositiv
Ausnahme: Keine Wirkung hat das Urteil, wenn
- die Nebenpartei bestimmte prozessuale Handlungen nicht vornehmen konnte, da sie "zu spät" in den Prozess einbezogen wurde oder
- die Hauptpartei grobfahrlässig oder absichtlich prozessuale Handlungen unterlassen hat (wobei diese auch der Nebepartei nicht möglich gewesen sein dürfen, z.B. da ihr eine Tatsache unbekannt war)
47. Kann die unterlegene Hauptpartei, das Urteil gegen die Nebenpartei vollstrecken?
Nein. Das (vollstreckbare) Urteilsdispositiv, wirkt nur gegen die Hauptpartei.
Um das die Wirkungen des Urteils gegen die Nebenpartei zu verwenden muss die muss ein zweiter verkürzter Prozess geführt werden. In diesem Prozess wird geprüft, ob die rechtliche Sonderverbindung (rechtliches Interesse) im ersten Prozess tatsächlich bestand. Die Erwägungen des ersten Prozesses sind für den zweiten verbindlich.
48. Welche Arten der Streitverkündung gibt es?
- einfache Streitverkündung (ZPO 78 I)
- Streitverkündungsklage (ZPO 81 ff.)
49. Wodurch unterscheiden sich Streitverkündungsklage und einfache Streitverkündung?
Wirkung der Streitverkündung:
- einfache: streitberufene Partei kann als Nebenpartei oder Prozesstandschafter eintreten
- Streitverkündungsklage: streitberufene Partei ist Hauptpartei (und Beklagte der Streitverkündungsklage)
Wirkung des Urteils:
- einfache: die Erwägungen des Prozesses sind für einen Zweitprozess gegen die streitberufene Partei verbindlich.
- Streitverkündungsklage: das Urteil enthält einen vollstreckbaren Entscheid über den Anspruch gegen die streitberufene Partei. Es barf keines Zweitprozesses.
50. Wann ist eine Streitverkündung zulässig?
nur im ordentlichen Verfahren (ZPO 81 III) e contrario.
51. A verklagt B auf Schadenersatz in der Höhe von Fr. 30'000.-. B erhebt sodann die Streitverkündungsklage gegen C. Das Gericht lässt die Streitverkündungsklage nicht zu.
a) Weshalb?
b) Was kann B gegen den Entscheid tun?
a) bei einem Streitwert von Fr. 30'000.- kommt das vereinfachte Verfahren zur Anwendung (ZPO 243 I). Im vereinfachten und summarischen Verfahren ist die Streitverkündungsklage unzulässig.
b) Das Rechtsmittel gegen den Entscheid ist die Beschwerde (ZPO 82 IV).
52. Was ist ein Parteiwechsel?
Ein Wechsel der Partei während eines laufenden Prozesses.
53. Welche Arten von Parteiwechsel werden unterschieden?
gesetzliche Parteiwechsel: Wechsel von Gesetzes wegen
gewillkürte Parteiwechsel: Wechsel beruht auf Vereinbarung zwischen ein- und austretender Partei.
54. Was sind die wichtigsten Gründe für einen Parteiwechsel?
- Veräusserung des Streitobjekts (gewillkürter Parteiwechsel; ZPO 83 I)
- mit Zustimmung der Gegenpartei (gewillkürter Parteiwechsel; ZPO 83 IV)
- Rechtsnachfolge (gesetzlicher Parteiwechsel)
- Erbgang (Universalsukzession, ZGB 560)
- Fusion (FusG 22)
55. Welche Wirkung hat die Veräusserung des Streitgegenstands?
Der Erwerber kann in den Prozess eintreten (ZPO 83 I). Tritt er ein, wird der Prozess mit ihm weitergeführt (gewillkürter Parteiwechsel).
Tritt der Erwerber nicht ein, ist zu unterscheiden. Bei Veräusserung durch
- Kläger: Verlust der Aktivlegitimation (Abweisung); ev. Verlust einer Prozessvoraussetzung (Nichteintreten/Abschreiber; ZPO 59/242)
- Beklagten: Umwandlung des Anspruchs (z.B. Herausgabe der Sache in Schadensersatz)
pro memoria:
umstritten/ungeklärt: ob der veräussernde Kläger den Prozess als Prozesstandschafter im eigenen Namen führen kann.
1. Was versteht man unter dem Begriff Prozessvoraussetzungen?
Voraussetzungen die gegeben sein müssen, damit das angerufene Gericht auf die Klage/das Gesuch eintritt (ZPO 59 I).
2. Sind die Aktiv- und Passivlegitimation (Sachlegitimation) eine Prozessvoraussetzung?
Nein. Es sind materiell-rechtliche Fragen, welche nur zu einem Sachentescheid (Gutheissung/Abweisung) der Klage/des Gesuchs führen können.
Beispiel:
Bei der Vindikationsklage (ZGB 641 II) ist zu klären, ob A Eigentümer einer Sache ist (und daher aktivlegitimiert), die B ihm vorenthält (Passivlegitimation). Wird dies verneint, so tritt das Gericht zwar auf die Streitigkeit ein, weisst die Klage jedoch ab. Ist das Gericht dagegen nicht örtlich zuständig (Prozessvoraussetzung) so tritt es auf die Klage gar nicht ein.
3. Was sind die wichtigsten Prozessvoraussetzungen?
- schutzwürdiges Interesse des Klägers (Rechtsschutzinteresse)
- Schlichtungsverfahren durchgeführt (sofern nötig (ZPO 197 ff.)
- sachliche und örtliche Zuständigkeit des Gerichts
- Partei- und Prozessfähigkeit der Parteien, ev. Vertretungsbefugnis
- fehlende Rechtshängigkeit
- fehlende rechtskräftige Entscheidung der Streitsache (res iudicata)
- Leistung eines geforderten Vorschusses / Sicherheit für Prozessentschädigung
4. Was geschieht, wenn nicht alle Prozessvoraussetzungen erfüllt sind?
Das angerufene Gericht tritt nicht auf die Klage/das Gesuch ein (ZPO 59 I).
Es fällt einen sogenannten Nichteintretensentscheid (ZPO 236 I).
Es äussert sich insb. nicht zur Sache (ob der Anspruch besteht oder nicht).
5. In welchem Zeitpunkt müssen die Prozessvoraussetzugen gegeben sein?
Grundsätzlich vom Zeitpunkt der Klageerhebung bis zur Fällung eines Entscheides in der Sache gegeben sein.
Ausnahme: z.B. Ein bloss vorübergehender Verlust der Handlungsfähigkeit und damit der Prozessfähigkeit, bewirkt nicht sogleich die Abweisung der Klage.
6. Wie prüft das Gericht das Vorhandensein der Prozessvoraussetzungen?
Von Amtes wegen (ZPO 60).
Es gilt ein eingeschränkte Untersuchungsgrundsatz: Das Gericht ist nicht zu ausgedehnten Nachforschungen verpflichtet. Doch hat es nähere Abklärungen zu treffen, sobald sich aus den Akten oder den Parteivorbringen Bedenken ergeben.
7. Was ist die Parteifähigkeit?
Fähigkeit in einem Prozess als Partei in eigenem Namen aufzutreten.
8. Wer ist parteifähig?
Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist oder von Bundesrechts wegen als Partei auftreten kann (ZPO 66).
- Rechtsfähig ist: jede natürliche oder juristische Person (ZGB 11 I/ZGB 53)
- für alle anderen gilt: Parteifähigkeit muss sich aus Bundesrecht ergeben, z.B.
- Kollektivgesellschaft (OR 562)
- Kommanditgesellschaft (OR 602)
- Konkursmasse (SchKG 197 und 240)
- Liquidationsmasse (SchKG 309 II-IV)
- nicht selbständige öffentlich-rechtliche Körperschaften und Anstalten (bundesgerichtliche Praxis; AHV, kantonale Ausgleichskassen)
- Die Parteifähigkeit kann auf bestimmte Ansprüche/Verfahren beschränkt sein:
- Stockwerkeigentümerschaft betreffend Verwaltung des Verwaltungsvermögens (OR ZGB 712l)
- der Verwaltungsrat zur Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung (OR 706 I; auch GmbH, Genossenschaft)
- unverteilte Erbschaft für Verfahren im Zusammenhang mit Betreibungen gegen sie (SchKG 49 und 59)
- Gebilde im Streit um dessen Rechtsfähigkeit (bundesgerichtliche Praxis)
9. Wer ist nicht parteifähig?
10. Was ist die Prozessfähigkeit?
Die prozessuale handlungsfähigkeit, d.h. die Möglichkeit selbst oder durch einen gewählten Vertreter einen Prozess zu führen.
11. Was ist das Rechtsschutzinteresse?
dasselbe wie ein schützenswertes Interesse und damit eine Prozessvoraussetzung (ZPO 59 II a).
Wer über ein rechtliches oder tatsächliches Interesse verfügt, welches einen gerichtlichen Entscheid erfordert, hat ein Rechtsschutzinteresse/schutzwürdiges Interesse (vgl. Botschaft zur ZPO S. 7276).
12. Wann ist ein Rechtsschutzinteresse / schützenswertes Interesse gegeben?
Dieses Interesse kann rechtlicher oder tatsächlicher Art sein.
Ob ein Rechtsschutzanspruch besteht, bestimmt sich nach dem materiellen Recht. Bedarfes zu dessen Durchsetzung gerichtlichen Rechtsschutzes, ist das Rechtsschutzinteresse zu bejahen.
Kein schützenswertes Interesse
- wenn eine Klage bereits hängig oder beurteilt ist.
- wenn nicht dargetan ist, worin das Interesse am Erlass eines autoritativen Entscheids des angerufenen Gerichts bestehen könnte (aus purer Rechthaberei)
13. Worin besteht ein Rechtsschutzinteresse bei Leistungsklagen?
Interesse an der Durchsetzung von (vermeintlichen) Ansprüche (tatsächliches oder rechtliches Interesse).
14. Worin besteht das Rechtsschutzinteresse bei Unterlassungsklagen?
Wenn eine widerrechtliche Handlung unmittelbar droht, d.h. wenn das Verhalten des Beklagten die künftige/fortgesetzte Rechtsverletzung ernsthaft befürchten lässt.
15. Worin besteht das Rechtsschutzinteresse bei Gestaltungsklagen?
Interesse ein bestimmtes Recht oder Rechtsverhältnis durch richterliches Urteil zu begründen, abzuändern oder aufzuheben lassen (rechtlich oder tatsächlich).
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