Stolpersteine
L6: kollektives Gedächtnis a.H. der Stolpersteine
L6: kollektives Gedächtnis a.H. der Stolpersteine
Kartei Details
Karten | 47 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Literatur |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 24.08.2014 / 27.08.2014 |
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Halbwachs hat die Thesen des Erinnerns aufgestellt. Was bedeutet Kontextualität in Bzg. auf die Stolpersteine?
Gruppe: Im Hinblick auf die nationalsozialistische Vernichtungspolitik bedeutet dies, dass Menschen entweder Opfer von Verfolgung bzw. deren Angehörige sind, oder Täter und Mitläufer bzw. deren Nachkommen. Alle Gruppen können sich an der Arbeit mit den Stolpersteinen beteiligen.
Raum: Der spezifische Raumbezug der Stolpersteine ist durch die Verlegung der Gedenksteine vor der letzten Wohn- und Arbeitsstätte gegeben. So kommt es zur Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart. Über den konkreten Ort hinaus, verweist jeder Stolperstein auf andere historische Orte der Erinnerung.
Zeit: Die Zeitkonkretheit der Stolpersteine ist in Bezug auf den Nationalsozialismus gegeben. Die alltägliche Rezeption der Stolpersteine verdeutlicht die Alltäglichkeit der Verbrechen.
Wie kann man die These der Kommunalität auf die Steine anwenden?
Kommunalität: Gedächtnis entsteht durch das Erinnern in Erinnerungsgemeinschaften. Stolpersteine initiieren nachbarschaftliche Erinnerungsgemeinschaften, um individuell und kollektiv den Opfern zu gedenken.
Wie lässt sich die These der Kreativität, Rekonstruktivität auf die Stolpersteine anwenden?
Kreativität/ Rekonstruktivität: Jede Erinnerung ist eine Version von Vergangenheit, die von der Gegenwart her rekonstruiert wird. Die nationalsozialistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik wird als individuelles Gedenken vor der Wohn- bzw. Arbeitsstätte interpretiert und rekonstruiert. Jede individuelle Auseinandersetzung mit den Steinen bedeutet immer auch eine Aktualisierung der Vergangenheit.
Wie lässt sich die These der Kommunikativität auf die Stolpersteine anwenden?
Kommunikativität des Erinnerns: Erinnerungen werden in kommunikativen Kontexten tradiert. Dies gilt ebenso für die Erinnerung mit Hilfe der Stolpersteine.
Wie kommt es zur Identifikationsbildung mit Hilfe der Stolpersteine?
Indentifikationsbildung: Stolpersteine regen die Verarbeitung von Erfahrungen in Gemeinschaften an. Daher könnte man annehmen, dass sie als Katalysatoren für die Ausbildung von kollektiver Identität funktionieren.
Wie lautet die 3. These?
Stolpersteine sind sowohl Medium des kommunikativen wie auch des kulturellen Gedächtnisses
Um die Stolpersteine zum kulturellen Gedächtnis zuzuordnen, muss man Jan Assmans Kategorien des kulturellen Gedächtnisses betrachten! Wecle sind das?
1. Gruppenbezogenheit
2. Rekonstruktivität
3. Geformtheit
4. Organisiertheit
5. Verbindlichkeit
6. Reflexivität
Inwiefern sind Stolpersteine gruppenbezogen?
Stolpersteine sind nicht von einer Gruppe sondern von einem Künstler initiiert worden. In Bezug auf die Täter- bzw. Opferperspektive könnte man jedoch von Gruppenbezogenheit sprechen.
Auch bei den Erinnerungsgemeinschaften kann man von Gruppenbezogenheit sprechen.
Die Identifikation mit der Gruppe wird erst durch persönliche Anteilnahme und aktives Handeln erworben.
Inwiefern sind Stolpersteine rekonstruktiv?
Die Stolpersteine rekonstruieren ebenso die Vergangenheit aus der Sicht der Gegenwart wie traditionelle Denkmäler. Demning wählt aus seiner Perspektive bestimmte Aspekte der Vergangenheit aus und verfolgt damit bestimmte Zwecke.
Inwiefern sind Stolpersteine geformt?
Stolpersteine sind sprachlich, ikonographisch und zum Teil rituell geformt.
Die Form der Stolpersteine ist standardisiert, auch die Verlegung der Steine hat ein performatives Element.
Inwiefern sind Stolpersteine organisiert?
Mit den Steinen versuchen der Künstler, sowie alle Mitarbeiter des Netzwerks, das Gedenken an die Opfer der NS Verfolgung sicher zu stellen. Die Kommunikation der Stolpersteine erfolgt z.T. über spezialisierte Träger wie Museen. Die Organisiertheit ist dementsprechend nur geringfügig festgelegt.
Inwiefern sind Stolpersteine verbindlich?
Die Stolpersteine sind verbindlich, indem sie die Erinnerung an den Nationalsozialismus unter anderem in die Opfer- und Täter Perspektive strukturieren.
Gleichzeitig wehren sie sich dagegen ein normatives Geschichtsbild zu transportieren. Die Rezipienten können sich selbst ein Bild der Geschichte machen.
Inwiefern sind Stolpersteine reflexiv?
Die Steine verweisen auf sich selbst und nehmen auf die Gesellschaft Bezug.
Die Funktion des kulturellen Gedächtnisses ist es, in Form eines Bestands an Wiedergebrauchstexten, -bildern und –riten das Selbstbild zu stabilisieren. Hier tauchen zwei Probleme auf, welche?
Problem 1: Inwiefern können Kunstwerke, Riten und Bilder in Gesellschaften mit differenzierten Sinn und Erfahrungswelten noch stabilisierend wirken?
Problem 2: Diese stabilisierende Funktion erscheint in Hinblick auf eine pluralistische Gesellschaftsordnung gar nicht wünschenswert. Im Hinblick auf eine pluralistische Gesellschaftsordnung, die ihren Konsens in konflikthafter Auseinandersetzung erlangt, wirkt daher gerade die Dissenstätigkeit der neuen Denkmalkunst in einen zeitgemäßen Sinn gesellschaftlich stabilisierend.
Wie lautete die 4. These?
Erinnern in diesem Zusammenhang bedeutet sich zu informieren und zu lernen, sich auszutauschen und zu streiten, sich zu solidarisiere und zu engagieren.
Die Erinnerung soll lebendig gehalten werden und so entsteht mit den Stolpersteinen eine zeitgemäße Form des Erinnerns.
Maurice Halbwachs beschäftigt sich mit Erinnerungsbildern. Was versteht er darunter?
Bevor sich etwas als Erinnerung festsetzen kann, muss es mit konkreten Formen eines Ereignisses, einer Person und eines Ortes in Verbindung gebracht werden. Erinnerungsbilder setzen sich demnach aus 3 Faktoren zusammen:
1. Soziale Zeit und Raum, 2. Soziale Gruppe und 3. Rekonstruktivität.
Was versteht Halbwachs unter der sozialen Zeit und dem Raum?
Zur sozialen Zeit und dem Raum ist zu sagen, dass Erinnerungsfiguren immer raum- und zeitkonkret sind, wenn auch nicht immer in einem geographischen oder historischen Sinn.
Sie geben Orientierung. Ein Beispiel für die soziale Zeit wäre ein Festkalender einer beliebigen Gruppe. Wichtig ist hier, dass jede Gruppe ein eigenes Konzept von Zeit hat.
Der soziale Raum kann z.B. das Haus einer Familie sein, aber auch die Dingwelt gehört dazu. Zu ihr zählen Dinge wie Geräte, Möbel, Räume usw. auch das ist sozial geprägt.
Was versteht Halbwachs unter der sozialen Gruppe?
Mit der sozialen Gruppe meint Halbwachs eine wirkliche, lebendige Gruppe. Der Raum und die Zeitbegriffe stehen mit der Kommunikation innerhalb einer entsprechenden Gruppe in einem Lebenszusammenhang, der affektiv und wertbesetzt ist.
Was versteht Halbwachs unter Rekonstruktivität?
Die Rekonstruktivität besagt, dass sich in keinem Gedächtnis die Vergangenheit als solche zu bewahren vermag , sondern nur das was von ihr bleibt.
Also das was die Gesellschaft in jeder Epoche mit ihrem jeweiligen Bezugsrahmen rekonstruieren kann. Die Vergangenheit wird fortwährend von dem sich wandelnden Bezugsrahmen der fortschreitenden Gegenwart her reorganisiert.
Wie operiert also das kollektive Gedächtnis?
Man kann also feststellen, dass das kollektive Gedächtnis in beide Richtungen operiert : zurück und nach vorne. Das Gedächtnis rekonstruiert nicht nur die Vergangenheit, es organisiert auch die Erfahrung der Gegenwart und Zukunft.
Wie lauten die 5 Thesen, die Halbwachs bzgl. des Erinnerns aufstellt?
1. Kontextualität des Erinnerns (der Bezugsrahmen bspw. Raum und Zeit)
2. Kommunalität des Erinnerns (Gruppenbezogenheit)
3. Rekonstruktivität des Erinnerns (Versionen der Vergangenheit)
4. Kommunikativität des Erinnerns
5. Prozess der Identifikationsbildung durch Erinnern.
Nach der Serie Holocaust 79 erkannte man , dass der Holocaust aus der Mitte der Gesellschaft entstanden ist und dass man die lokalen Spuren überall finden und markieren kann. Assmann erwähnt hierbei die Stolpersteine. Was sagt sie darüber?
Assmann erwähnt hierbei die Stolpersteine, diese stellen eine Brücke der Vergangenheit zu unserer räumlichen Gegenwart her. Sie sieht in den Steinen das dezentrale Pendant zum zentralen Holocaust Denkmal in Berlin. Den stummen grauen Säulen stehen die beschrifteten Stolpersteine gegenüber. Zu den Stolpersteinen muss man nicht gehen, man wird von ihnen überrascht. Aleida Assmann sieht nicht in der Verlegung den erinnernden Akt, sondern das was nach der Verlegung passiert. Die Gruppe, bestehend aus Organisatoren, Familienangehörigen, Nachbarn usw. sprechen über Vergangenes. Hier erkennt man wieder deutlich das kommunikative Gedächtnis.
Wieso steht das Gedenken an den Nationalsozialismus an der Schwelle vom kommunikativen hin zum kollektiven Gedächtnis?
Da die Zeitzeugen langsam aussterben ist es nun die Aufgabe des kulturellen Gedächtnisses, die Kommunikation über die nationalsozialistische Zeit anzuregen und zu stützen.
Vom wem wurden die Stolpersteine entworfen? Wie sehen diese aus? Und wo werden sie verlegt?
Die Stolpersteine wurden von dem Künstler Gunter Demning entworfen. Es handelt sich um goldene Messingplatten in Gehwegen mit gravierter Inschrift. Sie befinden sich vor den letzten Wohn- und Arbeitsstätten von Opfern der NS Verfolgungs- und Vernichtungspolitik.
Die Stolpersteine haben eine Grundfläche von 10cm auf 10 cm, sie werden aus Beton gefertigt und auf der Kopfseite mit einer 1mm starken Messingplatte versehen. Der Stein liegt ebenerdig, so dass ein reales Stolpern für die Passanten ausgeschlossen ist.
An wen wird mit einem Stein gedacht?
Es wird mit einem Stein nur einem Menschen gedacht und zwar durch seinen Namen, das Geburtsjahr und das Todesdatum, sowie sein Schicksal.
Was gilt als Vorgeschichte der Stolpersteine?
Zum 50. Jahrestag der Deportation von 1000 Roma und Sinti aus Köln zog Demning im Jahre 1990 eine Spur aus Fassadenfarbe durch die Stadt, die den Weg der Deportation mit den Worten „Mai 1940 – 1000 Roma und Sinti“ markierte.
Nach einiger Zeit verblich die Spur und es wurde beschlossen, sie zumindest an einigen Orten mit einem Streifen aus Messing zu bewahren.
Inwiefern unterscheiden sich die Stolpersteine von traditionellen Denkmälern?
Sie lenken den Blick nach unten und schaffen Momente der Überraschung, zudem markieren sie konkrete historische Orte und die individuellen Inschriften sollen einen persönlichen Zugang zu dem schwer fassbaren Verbrechen ermöglichen. Jeder Bürger hat die Möglichkeit, durch die Übernahme einer sog. Patenschaft einen Stolperstein zu spenden und somit seine Solidarität mit den Opfern zu bekunden.
Was versteht man unter einem Mahnmal?
Das Mahnmal (darunter zählen auch die Stolpersteine) steht in der Tradition des Kriegerdenkmals. Während das Kriegerdenkmal dem Tod der Gefallenen jedoch nachträglich Sinn verleiht, verweigert das Mahnmal diesen Appell. Angesichts der beispiellosen Verbrechen trat Trauer um die Opfer an die Stelle von Sinnstiftung.
Ein Mahnmal mahnt, Gewalt nicht zu vergessen, es erinnert an die Opfer und ihr Leid und verpflichtet die Überlebenden, die Ereignisse als Mahnung zu begreifen.
Mit welchem Problem muss sich Demning befassen?
Ein weiteres Problem mit denen sich alle Künstler und somit auch Demning befassen muss, ist die Problematik der Integration der NS Ereignisse in das kulturelle Gedächtnis. Momente der Schuld und Scham finden keinen Einlass in das Gedächtnis weil sie sich nicht mit einem positiven Selbstbild vereinbaren und sich nicht heroisieren lassen.
Wen gedachte man direkt nach dem Krieg?
Man gedachte unmittelbar nach dem Krieg aller Opfer gleichermaßen. Den gefallenen Soldaten, den zivilen Opfern und den Verfolgten. Insbesondere überlebende Häftlinge der KZs und andere Verfolgte wurden zu Denkmalssetzern. Zu den Holocaust Denkmälern gehörten außerdem einige der ehemaligen Vernichtungslager.
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