Premium Partner

«Sporttheoretische Grundlagen FS14» | 06: Aspekte der Entwicklungspsychologie

Sporttheoretische Grundlagen FS14, Primarstufe und Sekundarstufe 1, PH Zürich

Sporttheoretische Grundlagen FS14, Primarstufe und Sekundarstufe 1, PH Zürich


Kartei Details

Karten 9
Sprache Deutsch
Kategorie Sport
Stufe Universität
Erstellt / Aktualisiert 30.03.2014 / 20.03.2015
Lizenzierung Keine Angabe
Weblink
https://card2brain.ch/box/sporttheoretische_grundlagen_fs14_%7C_06_aspekte_der_entwicklungspsychologie
Einbinden
<iframe src="https://card2brain.ch/box/sporttheoretische_grundlagen_fs14_%7C_06_aspekte_der_entwicklungspsychologie/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>
Selbstkonzept im Sportunterricht

Wie stark der Sportunterricht die Persönlichkeitsentwicklung eines Menschen beeinflusst, ist schwierig nachzuweisen. Sicher ist, dass in der Entwicklung des Selbstkonzepts, bei der sich der Schüler mit dem Wissen über sich selbst auseinandersetzt, auch sportliche und körperbezogene Aspekte enthalten sind. Für die Bildung des Selbstkonzepts ist nicht die objektiven Fähigkeiten des Kindes ausschlaggebend, sondern die Bewertung, die das Kind seiner eigenen Leistung zuschreibt (Lienert et al., 2010, S. 91). Für den Sportunterricht bedeutsam ist die Tatsache, dass sich eine starke Über- oder Unterschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit negativ auf den Erwerb neuer Fähigkeiten auswirken.

drei Gelingensfaktoren für einen das Selbstkonzept fördernden Sportunterricht

Conzelmann (et al., 2011, S. 78) nennt drei Gelingensfaktoren für einen das Selbstkonzept fördernden Sportunterricht:

  1. Kompetenzerfahrung (ich kann etwas);
  2. Reflexion (ich bin mir bewusst, warum ich etwas kann);
  3. Individualisierung (da habe ich mich verbessert).

Stufen des Selbstkonzepts

Das Selbstkonzept baut sich hierarchisch aus verschiedenen Stufen auf, die eng miteinander verbunden sind. Die unterste Stufe wird durch beobachtbare Kriterien belegt. Je höher die Stufe, desto mehr wird die Person als Ganzes gesehen.

Entwicklung des Selbst

Die Entwicklung des Selbst kann mit dem Selbstkonzept von Eggert et al. (2003) folgendermassen erklärt werden:

Zuerst macht das Kind die Erfahrungen über seinen Körper (Körperkonzept). Es entscheidet zwischen ich kann und ich kann nicht. In der zweiten Stufe lernt das Kind seine Fähigkeiten im Umgang mit der Umwelt kennen (Fähigkeitskonzept). Das Kind möchte beispielsweise über ein Bänkli springen zehnmal gelingt es ihm, zweimal gelingt es ihm nicht obwohl es möchte. Diese Erfahrungen macht das Kind in vielen unterschiedlichen Bereichen im Sport. Es gibt Tätigkeiten, die ihm gut gelingen und solche, die weniger gut gelingen. Allmählich macht es sich ein Bild über sich als Sportler. Die Selbstempfindung sowie Selbstbild und Selbstbewertung können mit der dritten Stufe verglichen werden. Das Kind stellt sich in den Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Umgebung und der Umwelt. Es definiert sich über das was es kann. Die vierte Stufe prägt das Selbstkonzept eines Menschen das Leben lang. Es kann in den Zusammenhang der Entwicklung des Selbst im sozialen Umfeld eingebracht werden, welches alle Teilkomponenten des Selbstkonzeptes prägt.

Besondere Merkmale: Vorschulalter (ca. 3 – 6 Jahre)

Besondere Merkmale: Vorschulalter (ca. 3 – 6 Jahre)

Bewegung ist im Kindergarten die Triebfeder für die allgemeine Entwicklung und den Zugang zur Umwelt. Das Kind hat einen grossen Bewegungsdrang. Psyche und Motorik stehen in einem engen Zusammenhang. Da sich das Kind in dieser Phase über seine körperlichen und motorischen Fähigkeiten definiert (Körperkonzept), wird dieser Zeitabschnitt auch als „psychomotorisches Alter“ bezeichnet (Lienert et al., 2010, S. 89). Die elementaren Bewegungsformen werden qualitativ verbessert und in verschiedenen Situationen verfügbar gemacht. Gelernte Bewegungsformen werden miteinander kombiniert (anlaufen und abspringen, hochwerfen und fangen des Balles, prellen eines Balles im Gehen).

Die Kinder schätzen ihre sportlichen Fähigkeiten in diesem Alter oft unrealistisch ein. So erzählen sie zum Beispiel, dass sie schon ohne Stützräder Rad fahren können, obwohl das nicht stimmt. Den Kindern fällt es noch schwer, zwischen Wünschen und Realität zu unterscheiden und die Leistungsprognosen folgen daher dem Wunschdenken (Conzelmann et al., 2011, S. 49/50).

Inhaltliche Konsequenzen

  • Erwerb umfassender Fertigkeitsbasis
  • Phantasieanregende variierbare Bewegungsaufgaben
  • Selbst- und umgestaltete Spiele

Methodische Konsequenzen

  • Vielzahl von Lerngelegenheiten
  • Offene Bewegungsaufgabe vom Schüler lösen lassen
  • Bewegungsbilder, Geschichten

Besondere Merkmale: Frühes Schulkindalter (ca. 7 – 10 Jahre)

Frühes Schulkindalter (ca. 7 – 10 Jahre)

Zu dieser Zeit vollzieht sich das Wachstum nicht kontinuierlich, sondern in einem ersten Wachstumsschub. Die Extremitäten wachsen schneller als der Rumpf, insbesondere schneller als die Wirbelsäule. Aufgrund der veränderten Hebelverhältnisse ist Vorsicht geboten bei Übungen mit Zusatzgeräten und Partnern.

Das Kind interessiert sich immer mehr für Gruppenspiele und die Motorik wird als Kommunikationsmittel eingesetzt. Für die emotionale, soziale und kognitive Entwicklung des Kindes ist die Bewegung von zentraler Bedeutung. Da kleine Kinder handelnd lernen, sollen bewegungsorientierte und handelnd gestalterische Aktivitäten in der Unterstufe einen grossen Stellenwert haben. (Lienert et al., 2010, S. 89).

Auf dieser Stufe kommen erstmals soziale Vergleichsprozesse zum Tragen. Die Kinder entwickeln zunehmend ein realistischeres Bild der eigenen Fähigkeiten (Fähigkeitskonzept). Geschickte Kinder bauen Selbstvertrauen auf und haben oftmals eine hohe soziale Stellung. Für motorisch Ungeschickte kann eine Abwärtsspirale beginnen, wenn sie ihre Leistung negativ bewerten, dadurch Bewegung vermeiden und der Unterschied zu den motorisch geschickten immer grösser wird (Lienert et al., 2010, S. 91). Dies kann durch attraktive und vielfältige Bewegungsangebote (z.B. Bewegungslandschaften), individuelle Förderung (Aufgaben gezielt erleichtern bzw. erschweren) und eine Betonung der Leistungsfortschritte erreicht werden (Individualnorm).

Inhaltliche Konsequenzen

  • polysportive Bewegungserfahrung (Basistechniken)
  • Verbesserung der koordinativen Fähigkeiten
  • Beweglichkeits- und Schnelligkeitsreize

Methodische Konsequenzen

  • viele Erfolgserlebnisse
  • ganzheitliche Aufgabenstellungen selbständig üben lassen
  • Bewegungslösungen entdecken lassen

Besondere Merkmale: Spätes Schulkindalter (ca. 10 – 13 Jahre)

Spätes Schulkindalter (ca. 10 – 13 Jahre)

Die Altersstufe von zehn Jahren bis zum Beginn der Pubertät gilt als bestes Lernalter. Die ausgesprochene Beobachtungsgabe der Schüler ermöglicht oft ein Lernen auf Anhieb. Das Gleichgewichtsorgan und der Bewegungssinn (Fähigkeit, Muskelspannungen und Stellungen des Körpers wahrzunehmen) sind schon sehr gut ausgereift. Die Schülerinnen sind nun in der Lage, komplexe Bewegungsabläufe zu lernen. Die Schüler haben ein ausgesprochenes Bewegungsbedürfnis, das im Sportunterricht aber auch im Klassenzimmer und in den Pausen zu berücksichtigen ist. Die meisten sind mutig, einsatzbereit, lernwillig und wollen sich mit anderen messen. Die psychische Reife erlaubt den Einstieg in schulgerechte Formen der Sportspiele (Baumberger & Müller, 2005, Bd 4/Bro 1, S. 5).

Koordinative und konditionelle Fähigkeiten verbessern sich deutlich. Es erfolgen ein Aufbau und eine Differenzierung des sportbezogenen Bewegungsrepertoires. Alterstypische Verläufe der Entwicklung der motorischen Fertigkeiten sind schwierig zu beschreiben, da sie abhängig sind von den Lernprozessen und mit den vorhandenen Entwicklungs- und Lernbedingungen in Zusammenhang stehen: Familie, Gleichaltrige, regelmässiger Schulsport, Vereine, etc.

In diesem Alter wird das Selbstkonzept weiter differenziert. Zunehmend sind auch psychologische Konzepte (wie «ich bin intelligent») enthalten und der Bezug zur Realität wird immer stärker. In dieser Entwicklungsphase ist es sehr wichtig, den Schülerinnen zu einer realistischen Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit zu verhelfen und Lernprozesse zu reflektieren, zum Beispiel mit einem Sportheft (Baumberger & Müller, 2011).

Inhaltliche Konsequenzen

  • grundlegende Sporttechniken (möglichst schon in Feinform) erwerben
  • den Lernprozess vom ‹Vielerlei› zu exakt gelernten Fertigkeiten ausrichten
  • koordinative Grundlagen schaffen

Methodische Konsequenzen

  • vermeide das Automatisieren falsch gelernter Bewegungen (Frust des späteren ‹Umlernens›)
  • zielgerichtetes, vom Lehrer kontrolliertes Üben

Besondere Merkmale: Pubeszenz (Mädchen: 11/12 bis 13/14, Knaben 12/13 bis 14/15)

Pubeszenz (Mädchen: 11/12 bis 13/14, Knaben 12/13 bis 14/15)

Die Pubeszenz wird mit einem Wachstumsschub eingeleitet, der bei den Mädchen ca. zwei Jahre früher eintritt als bei den Jungen. Pubertäre Veränderungen bewirken eine Zunahme der grobmotorischen Leistungen, wobei die Knaben von der Leistungssteigerung mehr profitieren als die Mädchen (Berk, 2005, S. 522). Die Bewegungsaktivität nimmt generell ab. Körperliche Veränderungen und unterschiedliche Herausforderungen wie Autonomie- und Identitätsentwicklung prägen die Pubeszenz stark. Die Schnelligkeitsentwicklung ist abgeschlossen.

Beim Übergang ins Jugendalter nehmen negative Gefühle zu und Jugendliche zeigen oftmals extreme Stimmungsschwankungen. Es findet eine massive strukturelle Veränderung des Gehirns statt. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass die Regulation von Verhalten und Emotion in der Adoleszenz nicht immer gelingt. Es ist eine Zeit des Ausprobierens von Neuem, wobei sich Erfolg und Misserfolg und die damit verbundenen Gefühle abwechseln. Die Jugendlichen stellen Autorität immer mehr in Frage. Die Anerkennung durch Peers wird zunehmend wichtiger. Bedingt durch das erhöhte Interesse daran, wie andere Menschen über die eigene Person denken, sind Jugendliche verletzlicher gegenüber Kritik und sozialer Ablehnung, da ihre Fähigkeit zu deren Verarbeitung noch begrenzt ist (Pinquart et al., 2005, S. 36/37). Wichtig in dieser Phase ist der Aufbau eines positiven Bezugs zum eigenen Körper. Dies kann beispielsweise durch vielfältige Bewegungsmöglichkeiten erreicht werden. Übungsformen zur Körperwahrnehmung oder das Sichtbarmachen der individuellen Leistungsfortschritte mit dem Sportheft.

Inhaltliche Konsequenzen

  • bekannte Sporttechnik kombinieren und anwenden
  • konditionelle Belastungen, insbesondere Ausdauer fördern
  • Kraftbelastung mit Entlastung der Wirbelsäule
  • vielfältige, abwechslungsreiche Trainingsangebote
  • individuell dosierte Belastungen
  • Beweglichkeitstraining

Methodische Konsequenzen

  • Lehrervorbild bezüglich Bewegungsquantität (mitmachen) und Bewegungsqualität (vormachen)
  • Planungs- und Übungstransparenz
  • Schüler in Planung der Unterrichtsinhalte einbeziehen
  • individuelle Lernkontrollen, Bewegungskommentare