OR BT 7 - Darlehensvertrag
Herzog/Lienhard, Übungsbuch Obligationenrecht Besonderer Teil, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2015
Herzog/Lienhard, Übungsbuch Obligationenrecht Besonderer Teil, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2015
Kartei Details
Karten | 23 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 25.08.2015 / 03.06.2025 |
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1. Was sind die charakteristischen Leistungen des Darlehensvertrags?
Darleiher: Übertragung und Überlassung des Eigentums an einer Summe Geldes oder an anderen vertretbaren Sachen auf Dauer (Dauerschuldverhältnis)
Borger: Rückerstattung von Sachen derselben Art in gleicher Menge und Qualität (OR 312)
Die Bezahlung von Zins ist keine charakteristische Leistung (OR 313).
2. Was kann Gegenstand eines Darlehens sein?
- Geld
- vertretbare Sachen
Nach h.L. kann das Darlehen auch in Buchgeld bestehen. Buchgeld stellt eigentlich nur eine Forderung des Darleihers gegen seine Bank dar, woran der Darleiher dem Borger nur die Verfügungsgewalt (nicht aber das Eigentum) verschaffen.
pro memoria:
Vertretbare Sachen: Sachen, bei denen es nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht auf die besonderen Eigenschaften des einzelnen Stückes ankommt, die also bloss nach Mass, Zahl oder Gewicht bestimmt werden (z.B. 1 kilo Reis).
3. Wodurch unterscheidet sich das Darlehen von der Miete?
Die überlassene Summe/Sache(n) müssen bei der Miete erhalten bleiben, dieselbe Sache muss nach Beendigung zurückgegeben werden. Beim Darlehen muss nur gleich viel in gleicher Qualität zurückgegeben werden.
Bei der Miete geht die Mietsache nicht ins Eigentum des Mieters über beim Darlehen schon. Auch deshalb ist die Miete von Geld praktisch ausgeschlossen, da es bei Vermischung mit Geld des Mieters in dessen Eigentum übergehen würde.
4. Wodurch unterscheidet sich das Darlehen von der Pacht?
Das Eigentum an der Sache/Geldsumme geht beim Darlehen auf den Borger über. Die Pachtsache verbleibt im Eigentum des Verpächters.
5. Wodurch unterscheidet sich die Leihe vom Darlehen?
Bei der Leihe bleibt das Eigentum an der Leihsache beim Verleiher, beim Darlehen geht die Sache/Geldsumme in das Eigentum des Borgers über.
Bei der Leihe muss dieselbe Leihsache an den Verleiher zurückgegeben werden. Nach Beendigung des Darlehensverhältnisses ist hingegen nur dieselbe Menge in gleicher Qualität geschuldet.
6. Wodurch unterscheidet sich das Darlehen vom Leasingvertrag?
Beim Leasingvertrag verbleibt das Eigentum beim Leasinggeber, beim Darlehen geht die Sache/Geldsumme in das Eigentum des Borgers über.
7. Wodurch unterscheidet sich die unregelmässige Verwahrung vom Darlehen?
Die unregelmässige Verwahrung ist eine Form der Hinterlegung.
- Hinterlegt werden vertretbare Sachen oder Geld (wie beim Darlehen).
- Im Gegensatz zur regulären Hinterlegung muss der Aufbewahrer nicht dieselben, sondern lediglich solche gleicher Art und Güte zurückgeben (OR 475 I; wie beim Darlehen).
- Das Eigentum sowie Gefahr und Nutzen an der hinterlegten Sache geht auf den Aufbewahrer über (OR 481 I; wie beim Darlehen).
- Der Zweck besteht in der sicheren Verwahrung der Sache/Summe (Beim Darlehen: Aushelfen oder Rendite erzielen)
8. Was ist ein partiarisches Darlehen?
Der Darleiher erhält eine Beteiligung am Gewinn des Borers als Gegenleistung für die Überlassung der Sache/Summe. Eine Zinszahlung hat (falls überhaupt zusätzlich vereinbart) nur eine untergeordnete Rolle.
9. Wodurch unterscheidet sich das partiarische Darlehen von der einfachen Gesellschaft?
Bei der einfachen Gesellschaft wird vereinbart, den gemeinsamen Zweck mit gemeinsamen Mitteln und Kräften zu erreichen.
Im Gegensatz zum partiarischen Darlehen, hat der einfache Gesellschafter (Indizien)
- einen gemeinsamen Zweck, der über die blosse Gewinnerzielung hinausgeht
- Mitwirkungsrechte (der partiarische Darleiher hat nur Kontrollrechte hinsichtlich seiner Anteilsberechnung)
- sich auch am Verlust zu beteiligen (beim partiarischen Darlehen umstritten)
Die Unterscheidung ist insbesondere deshalb wichtig, weil, der Darleiher nicht den Gläubigern des Borgers haftet. Der einfache Gesellschafter haftet hingegen solidarisch für Schulden der Gesellschaft.
10. Welche Formvorschriften bestehen für den Abschluss eines Darlehensvertrages?
grundsätzlich: formfrei (OR 11)
ist der Vertrag jedoch als Konsumkredit zu qualifizieren, so müssen zwingend die Formvorschriften nach KKG 9 ff. eingehalten werden. Ein Formverstoss richtet sich nach KKG 15 II bis IV. Sie gelten als lex specialis von OR 11 und OR 20.
11. Wann kommt das KKG (Konsumkreditgesetz) bei Kaufverträgen zur Anwendung?
Wenn ein Kreditgeber einem Konsumenten einen Zahlungsaufschub, ein Darlehen oder eine ähnliche Finanzierungshilfe gewährt (KKG 1).
Kreditgeber (KKG 2): jede natürliche/juristische Person, die gewerbsmässig Kredite gewährt
Konsument (KKG 3): jede natürliche Person, welche zu einem privaten Zweck (nicht beruflich/gewerblich) einen Kreditvvertrag abschliesst.
12. Wann gilt das KKG nicht?
KKG 1:
- wenn sich nicht Kreditgeber (KKG 2) und Konsument (KKG 3) gegenüberstehen
KKG 7:
- bei Grundpfandsicherung
- bei banküblichen Sicherheiten/andere Sicherheiten
- unentgeltlichen Aufschüben/Darlehen/Finanzierungshilfen (keine Zinsen/Gebühren)
- die gewährten Finanzierungshilfen weniger als 500.- oder mehr als 80'000.- umfassen
- der Aufschub weniger als 3 Monate dauert
- weniger als 4 Raten innert 12 Monaten zu zahlen sind
- bei Dauerschuldverhältnissen von Versorgungsbetrieben
13. Welche Vorteile bietet das KKG dem Konsumenten?
- Es werden Form- und Inhaltsvorschriften mit Schutzwirkung aufgestellt, deren Verletzung die Nichtigkeit des Konsumkredits zur Folge haben.
- Bei Nichtigkeit ist nur die bezogene Kreditsumme (Kaufpreis) geschuldet, nicht aber die vereinbarten Zinsen und Gebühren.
- Es ist eine Kreditfähigkeitsprüfung durchzuführen (KKG 31). Wird dagegen verstossen, so verliert der Kreditgeber die Kreditsumme (Kaufpreis) und der Konsument kann gezahlte Raten zurückfordern.
- Es gilt ein Höchstzinssatz von 15 % (statt 18 % aufgrund der guten Sitte OR 20 I).
- Es besteht ein Widerrufsrecht innert 7 Tagen.
14. Was ist die vertragliche Hauptpflicht des Darleihers?
Dem Borger die vereinbarte Darlehenssume/-sache zu verschaffen und während der Dauer des Vertrages zu überlassen.
15. Welches sind die vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten des Borgers?
Hauptpflichten:
- bei verzinslichen Darlehen: Zahlung des Zinses und Rückerstattung der Summe nach Beendigung des Vertrages.
- bei unverzinslichen Darlehen: Rückerstattung der Summe nach Beendigung des Vertrages.
Nebenpflichten:
Wenn ein Verwendungszweck vereinbart wurde stellt dies eine vertragliche Nebenpflicht des Borgers dar. Eine Verletzung stellt unter Umständen sowohl eine positive Vertragsverletzung (OR 97 I) sowie eine Veruntreuung dar (vgl. z.B. BGer v. 12.04.2010, 6B_93/2010).
16. Unter welchen Voraussetzung wird eine Zinszahlungspflicht des Borgers vermutet?
Wird im kaufmännischen Verkehr die verzinslichkeit nicht ausgeschlossen, wird sie vermutet.
pro memoria:
Kaufmännischer Verkehr liegt beim Darlehensvertrag vor, wenn der Darleiher gewerbsmässig handelt oder wenn der Borger das Darlehen zu Geschäftszwecken verwendet. Der kaufmännische Verkehr i.S. des Darlehens ist damit nicht identisch mit dem kaufmännischen Verkehr des Kaufvertrages (OR 190 I und OR 215 I)!
17. Welche Vorschriften bestehen hinsichtlich der Zinspflicht des Borgers?
Die Parteien sind grundsätzlich frei, die Bezugsperioden, einen festen oder variablen Zinssatz, einen fixen Geldbetrag oder eine Gewinnbeteiligung (partiarisches Darlehen) zu vereinbaren.
Schranken (zwingendes Recht):
- 18% als Zinsobergrenze/Wucher (OR 73 II, OR 20 I, Art. 1 Konkordat über Massnahmen zur Bekämpfung von Missbräuchen im Zinswesen vom 8.10.1957 [BE, FR, GE, JU, NE, SH, VD, VS, ZG]); Wucherzins word analog zu OR 20 II auf 18 % reduziert
- 15 % Zinsobergrenze bei Konsumkreditverträgen (KKG 14 i.V.m. VKKG 1); Überschreitung hat Nichtigkeit zur Folge, der Borger muss die Kreditsumme erst bei Vertragsende zurückzahlen (ohne Zinsen und Kosten!)
- Verbot von Zinseszinsen (OR 314 III; Ausnahme: kaufmännische Zinsberechnung im Kontokorrent und Geschäften in denen es üblich ist z.B. Sparkassen)
18. Welche Rechtsbehelfe kommen dem Darleiher beim verzinslichen Darlehen zu, wenn der Borger die Zinsen nicht bezahlt?
Beim verzinslichen Darlehen ist die Zinspflicht eine Hauptpflicht des Borgers. Es besteht somit ein Synallagma zwischen der Zinspflicht und der Pflicht des Darleihers zur Aushändigung und Überlassung der Darlehenssumme auf Dauer.
Der Darleiher kann bei Schuldnerverzug nach OR 102 ff. (Verzugszins, Haftung für Zufall, weiterer Schaden) vorgehen und insbesondere auch die Rechte aus OR 107 ff. (Nachfrist, Verspätungsschaden, Verzicht und Schadenersatz, Rücktritt und Schadloshaltung) geltend machen. Da es sich um ein Dauerschuldverhältnis handelt tritt an die Stelle des Rücktritts (ex tunc) eine Kündigung (ex nunc).
Bei Konsumkreditverträgen ist KKG 18 I zu beachten, der die Verzugsrechte des Darleihers einschränkt.
19. Wann endet die Zinspflicht des Borgers?
Bei Beendigung des Darlehensvertrages.
Der Konsument kann beim Konsumkreditvertrag die Darlehenssumme vorzeitig zurückzahlen (KKG 17 I) wodurch seine Zinspflicht fortan entfällt (KKG 17 II).
20. Auf welche Art kann ein Darlehensvertrag enden?
- mit Ablauf der Frist/Laufzeit (befristete Darlehen)
- ordentliche Kündigung (unbefristete Darlehen; ohne Vereinbarung Frist von 6 Wochen; OR 318)
- gemäss Vereinbarung
- bei Zinszahlungsverzug (OR 107 II, ex nunc)
- aus wichtigem Grund
pro memoria:
- "Rückzahlung sobald es das Geschäftsergebnis erlaubt" = Befristung (BGE 76 II 144)
- Vermögensverschlechterung des Borgers ist kein wichtiger Grund
- Die Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Darleihers durch lange Dauer eines unverzinslichen Darlehens ist ein wichtiger Grund (BGE 128 III 428 "Uriella")
21. Welcher Verjährungsfrist unterliegt der Rückerstattungsanspruch des Darleihers?
Der Rückerstattungsanspruch verjährt nach 10 Jahren (OR 127).
22. Wann beginnt die Verjährungsfrist beim befristeten Darlehen zu laufen?
mit der Fälligkeit, also bei Vertragsbeendigung (OR 130 I).
In der Regel beginnt sie somit mit Ablauf der Frist/Laufzeit.
23. Wann beginnt die Verjährungsfrist beim unbefristeten Darlehen zu laufen?
Unbefristete Darlehen enden durch Kündigung. Folglich ist OR 130 II anwendbar.
Die Verjährungsfrist beginnt mit der 1. Kündigungsmöglichkeit zu laufen (so auch das BGer).
Die h.L. will OR 130 II teleologisch reduzieren, so dass die Verjährungsfrist erst bei Beendigung des Darlehensvertrages zu laufen beginnt.
pro memoria:
- die Zinszahlung bei verzinslichen Darlehen stellt eine Forderungsanerkennung dar, welche die Verjährung unterbricht (OR 135 Ziff. 1).
- Keiner Verjährung unterliegen grundpfandgesicherte Darlehen (ZGB 807).
- Fahrnispfänder können auch nach Verjährung des Rückerstattungsanspruches noch verwertet werden (OR 140).
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