OR BT 11 - Innominatverträge
Herzog/Lienhard, Übungsbuch Obligationenrecht Besonderer Teil, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2015
Herzog/Lienhard, Übungsbuch Obligationenrecht Besonderer Teil, Orell Füssli Verlag AG, Zürich 2015
Kartei Details
Karten | 25 |
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Lernende | 10 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 31.08.2015 / 13.06.2024 |
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1. Was ist ein Innominatvertrag?
Ein Vertrag, der nicht vom Gesetz vorgesehen/geregelt ist.
Das Gesetz sieht nur für bestimmte Verträge besondere Regeln vor (z.B. Kaufvertrag, Mietvertrag), aufgrund der Vertragsfreiheit (insb. Inhaltsfreiheit) besteht aber die Möglichkeit ganz andere Verträge zu vereinbaren. Dies sind sogenannte Innomminatverträge. Lehre und Rechtsprechung haben bestimmten dieser Vertragstypen einen Namen gegeben (z.B. Leasingvertrag, Franchising, Lizenzvertrag) und Kriterien für deren Beurteilung herausgearbeitet.
2. Wofür stehen die Begriffe gemischter Vertrag und Vertrag eigener Art?
Die Begriffe beschreiben unterschiedliche Arten von Innominatverträgen (Verträge, die das Gesetz nicht nennt).
gemischter Vertrag: setzt sich zusammen aus Bestandteilen von Nominatverträgen (z.B. Miet- und Kaufelemente)
Vertrag eigener Art/Vertrag sui generis: Die Bestandteile haben einen inneren Zusammenhang und lassen den Vertrag deshalb als einen anderen nicht als einen zusammengesetzten Vertrag erscheinen.
3. Welche Regeln/Normen finden auf einen Innominatvertrag Anwendung?
- stets zu prüfen ist, ob auf den Innominatvertrag zwingende Regeln/Normen Anwendung finden (z.B. KKG)
- Grundsätzlich nach den vereinbarten Regeln (Auslegung nach Parteiwillen)
- ev. in Kombination mit den Allgemeinen Regeln des OR (OR AT, OR 1-183)
- ev. durch Vertragsergänzung (wiederum primär durch Vertragsauslegung, was hätten die Parteien vereinbart)
- kann aus dem Vertrag selbst die Lücke nicht geschlossen werden, so kommen die dispositiven Gesetzesregeln zur Anwendung:
- Absorptionstheorie: ein Vertragstypus steht im Vordergrund, deshalb kommen ausschliesslich dessen Regeln zur Anwendung
- Kombinationstheorie: Es steht kein Vertragstypus im Vordergrund, deshalb kommen die Regeln der verschiedenen Nominatsverträge zur Anwendung
- Theorie der analogen Rechtsanwendung (Gegensatz zur Kombinationstheorie): die Regeln der verschiedenen Nominatsverträge kommen nur analog zur Anwendung
- Kreationstheorie: Der Richter schaft das geltende Recht selbst, sofern es an Gewohnheitsrecht mangelt (ZGB 1 II)
4. Was sind die charakteristischen Leistungen des Leasingvertrages?
Leasinggeber: das Leasingobjekt auf bestimmte Zeit zum freien Gebrauch und Nutzung zu überlassen.
Leasingnehmer: Leasingzins für die Vertragsdauer zu bezahlen und das Leasingobjekt zu erhalten.
5. Wodurch unterscheidet sich der Leasingvertrag vom Kaufvertrag?
Der Leasinggeber ist im Gegensatz zum Verkäufer nicht verpflichtet dem Leasingnehmer das Eigentum zu verschaffen. Das Eigentum verbleibt stattdessen beim Leasinggeber.
6. Wodurch unterscheidet sich der Leasingvertrag vom Mietvertrag?
Der Leasingnehmer hat im Gegensatz zum Mieter eine eigentümerähnliche Stellung. Er darf das Leasingobjekt in seiner Substanz verbrauchen.
7. Was ist ein Finanzierungsleasing?
Finanzierungsleasing: Dreiparteienbeziehung - Der zukünftige Leasingnehmer sucht sich ein Gut bei einem Dritten aus, welches der Leasinggeber erwirbt und dem Leasingnehmer überlässt.
- Zwischen Drittem und Leasinggeber besteht i.d.R. ein Kaufvertrag.
- Zwischen Leasinggeber und Leasingnehmer besteht ein Leasingvertrag.
- Zwischen Leasingnehmer und Dritten besteht keine vertragliche Beziehung.
Die Übertragung des Eigentums an den Leasinggeber erfolgt in der Regel durch physische Übergabe an den Leasingnehmer als dessen Stellvertreter (ZGB 923).
8. Welche Bestimmungen sind beim Finanzierungsleasing zu beachten?
Das Finanzierungsleasing ist ein gemischter Vertrag, bei dem die Elemente der Gebrauchsüberlassung dominieren. Der Vertrag unterliegt deshalb hauptsächlich dem Miet- und nur teilweise dem Kaufrecht.
Es sind die zwingenden Bestimmungen zu beachten, insbesondere:
- OR 266k, Kündigung bei Miete von beweglichen Sachen
- KKG, bei Finanzierungshilfen im Anwendungsbereich des KKG (bewegliche Sache zum provaten Gebrauch, Kreditgeber und Konsument i.S.v. KKG 2 & 3, Erhöhung der Leasingrate bei vorzeitiger Kündigung i.S.v. KKG 1 II a , kein Ausschlussgrund i.S.v. KKG 7)
9. Auf welche Arten kann ein Leasingvertrag vorzeitig enden?
- nach den vereinbarten vertraglichen Regeln
- nach OR 107 ff. bei Nichterfüllung
- Kündigung aus wichtigem Grund (Dauerschuldverhältnis)
- Nach KKG 17 III und KKG 18 II
- subsidiär zum KKG nach OR 266k (Miete von beweglichen Sachen)
10. Was sind die charakteristischen Leistungen des Franchisings?
Franchisinggeber: Einräumung des Rechts bestimmte Waren/Dienstleistung zu vertreiben. Der Vertragspartner darf hierfür Image, Name, Zeichenrechte, Ausstattung, Kennzeichnung, Symbole oder sonstige Schutzrechte sowie gewerblich/technische Erfahrungen des Franchisinggebers nutzen.
Franchisenehmer: Entgelt für Rechte zahlen. Waren im eigenen Namen auf eigene Rechnung vertreiben. Beachtung des vom Franchisinggeber entwickelten Organisations- und Marketingsystem.
11. Welche Arten von Franchising werden unterschieden?
Produktefranchising: bezogen auf ein bestimmtes Produkt (z.B. Coca-Cola)
Betriebsfranchising: bezogen auf gesamten Betrieb (Erfahrung, Schutzrechte, Dienstleistungen, Waren; z.B. McDonalds)
12. Zu welcher Art von Innominatverträgen zählt das Franchising?
Ein gemischter Vertrag mit Elementen des Kaufvertrags Auftrags, Gesellschaftsvertrag sowie Lizenz- und Knowhowvertrag.
Ein Teil der Lehre bejaht zudem die teilweise Anwendung des Agenturvertrages.
13. Welche Bestimmungen des Agenturvertrages kommen analog bei Franchising zur Anwendung?
Hat der Franchisenehmer einen eigenen Kundenstamm aufgebaut, wendet ein Teil der Lehre OR 418u analog an Der Franchisenehmer hat demzufolge einen Anspruch auf Entschädigung für die wesentliche Erweiterung des Kundenstammes.
Ein nachvertragliches Konkurrenzverbot berechtigt nach einem Teil der Lehre den Franchisenehmer zu einer Karenzentschädigung (OR 418d analog).
14. Nach welchen Vorschriften richtet sich die Beendigung des Franchisings?
- Grundsätzlich nach den vereinbarten vertraglichen Regeln
- ohne Regelung: OR 546 I analog (einfache Gesellschaft, 6 Monate Kondigungsfrist; h.L.)
- Kündigung aus wichtigem Grund OR 545 II analog (Dauerschuldverhältnis wie einfache Gesellschaft, ex nunc)
- kein Rücktritt nach OR 107 II (ex tunc), nachdem mit dem Austausch der Hauptleistungen begonnen wurde.
15. Was sind die charakteristischen Leistungen des Alleinvertriebsvertrags?
Liferant: räumt dem Abnehmer auf Dauer (Dauerschuldverhältnis) ein ausschliessliches Bezugs- und Vertriebsrecht ein (örtlich, sachlich, ev. zeitlich begrenzt).
Abnehmer: Verpflichtet sich zum Warenbezug und zur Verkaufsförderung. Handelt auf eigenen Namen und Rechnung.
Der Alleinvertriebsvertrag ist ein Rahmenvertrag, die einzelnen Warenbezüge beruhen auf Kaufverträgen.
16. Wodurch unterscheidet sich der Alleinvertriebsvertrag und das Franchising?
Indizien für ein Franchising sind
- eine höhere Kooperationsintensität
- ein einheitliches Marketingkonzept,
- Gruppenimage
- Gebührenpflicht des Franchisenehmers
17. Welche Art von Innominatvertrag ist der Alleinvertribsvertrag?
Gemischter Vertrag mit Elementen des Kaufvertrages oder Werkliefervertrages (Lieferungen), des Garantievertrages (Gebietsschutz zulasten Dritter), des Gesellschaftsvertrages und des Agenturvertrages.
Zudem eigene Elemente (sui generis) wie
- das Alleinbezugsrecht
- das Alleinvertriebsrecht
18. Welche Bestimmungen des Agenturvertrages kommen auf den Alleinvertriebsvertrag analog zur Anwendung?
OR 418d II (Karenzentschädigung bei nachvertraglichem Konkurrenzverbot)
OR 418q I (1 Monat Kündigungsfrist im 1. Jahr bei unbefristeten Verträgen)
BGer: keine Anwendung von OR 418u (Entgelt für Erweiterung des Kundenstamms
19. Nach welchen Regeln richtet sich die Beendigung eines Alleinvertriebsvertrags?
- nach den vereinbarten vertraglichen Regeln.
- bei Fehlen einer Regelung: Kündigung nach OR 418q I (Agenturvertrag, 1 Monat im 1. Jahr) danach OR 546 I (Gesellschaftsrecht, 6 Monate)
- Kündigung aus wichtigem Grund analog OR 545 II (Dauerschuldverhältnis wie einfache Gesellschaft; ex nunc)
- kein Rücktritt nach OR 107 II, nachdem mit dem Austausch der Hauptleistungen begonnen wurde.
20. Welches sind die charakteristischen Leistungen des Lizenzvertrages?
Lizenzgeber: Einräumung des dauerhaften (Dauerschuldverhältnis) Rechts zur Nutzung eines Immaterialgüterrechts.
Lizenznehmer: Zahlung einer Gebühr.
Im Unterschied zum Know-how-Vertrag ist das eingeräumte Recht durch das Immaterialgüterrecht absolut geschützt. Einem Know-how kommt dagegen nur ein gewisser faktischer Schutz zu.
21. Was sind die charakteristischen Leistungen des Know-how-Vertrages?
Lizenzgeber/Know-how-Geber: Dauerhafte Einräumung (Dauerschuldverhältnis) des Rechts zur Nutzung eines geheimen, technischen oder kommerziellen Wissens.
Lizenznehmer/Know-how-Nehmer: Zahlung einer Gebühr.
Im Unterschied zum Lizenzvertrag ist das eingeräumte Recht nicht durch das Immaterialgüterrecht absolut geschützt, sondern nur einen gewissen faktischen Schutz.
22. Welche Art von Innominatverträge stellen der Lizenzvertrag und der Know-how-Vertrag dar?
je nach Vertragsausgestaltung gemischte Verträge oder Verträge eigener Art (sui generis).
Sie weisen i.d.R. Elemente des Pachtvertrages auf. Denkbar ist aber auch die Anwendung von Kaufvertragsrecht, wenn es sich um eine einmalige Überlassung handelt.
23. Welche Rechte kann der Lizenznehmer gegenüber Dritten geltend machen?
Keine. Der Lizenzvertrag begründet lediglich ein obligatorisches Nutzungsrecht gegenüber dem Lizenzgeber. Gegen Dritte kann nur der Lizenzgeber vorgehen.
Beispiel:
Der Erwerber einer Lizenz für ein Virenschutzprogramm (z.B. für ein Jahr) kann nichts gegen Dritten vornehmen, der das Programm ohne Lizenz benutzt.
24. Welche Folgen hat die Nichtigkeit des Schutzrechts auf den Lizenzvertrag?
Die Nichtigkeit des Schutzrecht kommt der anfänglichen Unmöglichkeit der versprochenen Leistung (Einräumung des Rechts) gleich. Der Vertrag ist damit nach OR 20 I nichtig.
Der Lizenzgeber haftet, wenn er die Existenz oder die besondere Qualität des Schutzrechts zugesichert hat (ausdrücklich oder konkludent).
25. Welche Regeln kommenn auf die Beendigung des Lizenz- oder Know-how-Vertrages zur analogen Anwendung?
- nach den vereinbarten vertraglichen Regeln.
- bei Fehlen einer Regelung: Vertragsergänzung
- Kündigung aus wichtigem Grund analog OR 545 II (Dauerschuldverhältnis wie einfache Gesellschaft; ex nunc)
- kein Rücktritt nach OR 107 II, nachdem mit dem Austausch der Hauptleistungen begonnen wurde.
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