Kulturstandards
Interkulturelle Handelskomptenz
Interkulturelle Handelskomptenz
Kartei Details
Karten | 22 |
---|---|
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Soziales |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 05.12.2013 / 16.08.2023 |
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Erläutern Sie das Analyse- und Attributionsdreieck bzw. das Modell der interkulturellen Kommunikation nach Bosse.
Handlungen einer Person werden von personellen, situativen und kulturellen Faktoren beeinflusst.
Attribution = Ursachenzuschreibung, Erklärung
Attributionen nehmen wir normalerweise nur in Bezug auf EINEN dieser Faktoren vor. Das Verhalten meines fremdkulturellen Kontaktpartners attribuiere ich auf ...?
Frage: Ist das aktuelle Handlen meines Interaktionspartners wirklich kulturell geprägt?
Die irritierenden, erwartungswidrig verlaufende Begegnungen können mit Hilfe des Analyse- und Attributionsdreiecks interpretiert werden.
Erläutern Sie den Forschungsprozess zur Identifizierung von Kulturstandards.
Schritt 1:
Erhebung Kritischer Interaktionssituationen (KIs) (Interviews mit Auslandsmitarbeitern, Studierenden, Dozenten)
Schritt 2:
Erhebung subjektiver Interpretationen des fremden Verhaltens (aus Sicht der interviewten Person)
Schritt 3:
Auswahl und sprachliche Überarbeitung der Situationsschilderung: Prototypische Situationsschilderungen/sprachliche Glättung (durch den Bearbeitenden)
Schritt 4:
Analyse der kritischen Interaktionssituationen durch bikulturelle Experten:
- Erklärungen für die fremdkulturelle Handlungsweise
- Empfehlung für eine kulturadäquate Reaktion
- Kulturspezifische Grundlagen für die Handlungsweise
- Themenspezifische Literaturhinweise
Schritt 5:
Auswertung der Expertenerklärungen (durch den Bearbeiter)
Schritt 6:
Identifizierung und Benennung der Kulturstandards (KS): Name/kurze Erläuterungen (durch den Bearbeiter)
Schritt 7:
Erstellung einer Zusammenhangsstruktur der Kulturstandards (durch den Bearbeiter)
Schritt 8:
Kulturhistorische Verankerung der Kulturstandards (durch den Bearbeiter auf Basis der Experteninformationen)
Erläutern Sie den Begriff "Kulturstandards" im Allgemeinen.
Kulturstandards sind theoretische Konstrukte zur Bezeichnung zentraler Elemente der repräsentativen Kultur eines fremdkulturellen Interaktionspartners.
Kulturstandards sind:
- aus der Perspektive einer bestimmten Kultur formuliert
- auf die Unterschiede zwischen beiden Kulturen beschränkt
- als Idealtypen im Sinne von Max Weber zu deuten
Erklären Sie die Idealtypen nach Max Weber.
Kulturstandards sind keine Stereotypen, sondern Idealtypen im Sinne von Max Weber (1864-1920). Idealtypen sind ein Vergleichsmaßstab, um das jeweils spezifische, individuelle Handeln eines konkreten Menschen besser verstehen zu können. Sie dienen sozusagen als Hilfsmittel bei interkulturellen Kontakten.
Erklären Sie die Kulturstandards als "Idealtypen" nach W.Dreyer.
Kulturstandards als "Idealtypen" nach W.Dreyer:
Kulturstandards werden hier verstanden als idealtypische Konstrukte, die in der interkulturellen Forschung dazu dienen, spezifische Orientierungen des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns zu beschreiben, die von der Mehrzahl der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich und andere als normal, typisch und verbindlich angesehen werden. Diese idealtypischen Konstrukte können in kulturellen Überschneidungssituationen helfen, den "subjektiv gemeinten Sinn" des Handelns des anderen Menschen zu ermitteln und zu verstehen (im Sinne von Max Weber).
Erläutern Sie die Kulturstandards nach Krewer.
Kulturstandards nach Krewer (1995):
"Kulturstandards sind spezifische Orientierungssysteme, die konstruiert werden, um eigenes und fremdes Wahrnehmen, Denken, Fühlen und Handeln im spezifischen INTER-kulturellen Kontaktsituationen verständlich und kommunizierbar zu machen. Kulturstandards sind Mittel der Selbst- und Fremdreflexion in interkulturellen Begegnungen."
Erläutern Sie den Begriff Kulturstandards nach Thomas.
Kulturstandards nach Thomas:
- Eigenes und fremdes Handeln wird aufgrund zentraler Kulturstandards beurteilt und reguliert.
- Zentrale Kulturstandards regulieren weite Bereiche des Wahrnehmens, Denkens, Wertens und Handelns, wohingegen periphere Kulturstandards nur für bestimmte Situationen bzw. Personengruppen Regelfunktion besitzen.
- Die individuelle und gruppenspezifische Art und Weise des Umgangs mit zentralen Kulturstandards zur Verhaltensregulation kann innerhalb eines gewissen Toleranzbereichs variieren.
- Handlungsweisen, die sich außerhalb der tolerierten Grenzen bewegen, werden von der sozialen Umwelt abgelehnt und sanktioniert.
- Kulturstandards wirken als Maßstäbe, Bezugssysteme und Orientierungsmerkmale
- Kulturstandards einer Kultur bilden ein in sich zusammenhängendes Geflecht von Beziehungen.
- Bei erfolgreich verlaufender Sozialisation (Enkulteration) werden Kulturstandards innerhalb der eigenen Kultur als Handlungsregulation nicht mehr bewusst.
Nennen Sie die deutschen Kulturstandards nach Schroll-Machl aus Sicht ausländischer Partner.
Deutsche Kulturstandars nach Schroll-Machl
- Sachorientierung
- Wertschätzung von Strukturen und Regeln
- Regelorientierte, internalisierte Kontrolle
- Zeitplanung
- Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen
- Schwacher Kontext als Kommunikationsstil
- Individualismus
Nennen Sie die deutschen Kulturstandards aus Sicht US-amerikanischer Interaktionspartner (Markowsky/Thomas 1995).
Deutsche Kulturstandards aus Sicht der USA
- Interpersonale Distanzdifferenzierung
- Direktheit/Wahrhaftigkeit
- Regelorientierung
- Autoritätsdenken
- Zeitplanung/Organisationsbedürfnis
- Körperliche Nähe
- Abgegrenzter Privatbereich
- Persönliches Eigentum
- Pflichtbewusstsein
- Geschlechtsrollendifferenzierung
Nennen Sie die deutschen Kulturstandards aus Sicht von Tschechien (Schroll-Machl, Novy 2008).
Deutsche Kulturstandards aus tschechischer Sicht:
- Sachbezug
- Aufwertung von Strukturen
- Konsekutitivität
- Regelorientierte Kontrolle
- Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen
- Schwacher Kontext
- Konfliktkonfrontation
- Stabile Selbstsicherheit
Erläutern Sie den Kulturstandard "Sachorientierung".
Kulturstandard "Sachorientierung":
Für die berufliche Zusammenarbeit sind unter Deutschen die Sache, um die es geht, die Rollen und die Fachkompetenz der Beteiligten ausschlaggebend. Die Motivation zum gemeinsamen Tun entspringt der Sachlage, evtl. den Sachzwängen. In geschäftlichen Besprechungen "kommt man zur Sache" und "bleibt bei der Sache". Ein "sachliches" Verhalten, d.h. die weitgehende Kontrolle von Emotionen, ist es, was Deutsche als professionell schätzen: Man zeigt sich zielorientiert und arguementiert mit Fakten. Wenn man sich kennt oder gar mag, ist das ein angenehmer Nebeneffekt, doch das ist nicht primär relevant. Die Sache ist der Dreh- und Angelpunkt des Tuns und bestimmt den Kommunikationsstil. Etwaige persönliche Empfindlichkeiten sind da schon mal hintan zu stellen, sogar etwaige Rangbeziehungen der Gesprächspartner, wie etwa Vorgesetzter und Mitarbeiter können zugunsten der Diskussion der Sache in den Hintergrund treten und es kann wie unter Gleichgestellten diskutiert werden. Arber nicht nur im Arbeitsleben, sondern auch in der Alltagskommunikation des öffentlichen Raums genießen Sachthemen Priorität vor persönlichen Angelegenheiten und der Schilderung persönlicher Lebensumstände, auch hier geben Sachinformationen Orientierung -bsp. definiert sich der Einzelne maßgeblich über seine Leistung und seine Aufgaben - hier werden Emotionen ebenfalls kontrolliert, wenn sie nicht sachdienlich sind.
Ein weiterer Aspekt der Sachorientierung zeigt sich in dem hohen Wert, der persönlichem Besitz und Eigentum zugemessen wird. Der Besitz, z.B. Auto, Haus, Garten wird gepflegt, fremdem Eigentum gegenüber zeigt man Respekt, Geldangelegenheiten nimmt man auch bei kleinen Summen sehr ernst. Gegenstände scheinen Teil der Privatsphäre einer Person zu sein, weswegen ihr zwangloses Verleihen unüblich ist. Überhaupt wird der Erwerb und Besitz von konkreten Dingen meist eher flüchtigen (Konsum-)Genüssen vorgezogen.
Erläutern Sie den Kulturstandard "Wertschätzung von Strukturen und Regeln".
Kulturstandard "Wertschätzung von Strukturen und Regeln".
In D gibt es unzählige Regeln, Vorschriften, Verordnungen und Gesetze. Ihre Vielzahl sowie ihre enge und starre Auslegung, ihre strikte Einhaltung und die rigide Zurechtweisung oder Bestrafung bei Regelverletzungen sind daran im Kontrast zu anderen Kulturen das Besondere. Es bestehen implizite Regeln (Pünktlichkeit), auf einen bestimmten Wirkkreis beschränkte Vorschriften (Hausordnungen), Verordnungen im öffentlichen Leben in Stadt/Staat (Müllentsorgung, SVO), Normen im beruflichen Leben (Anordnungen, Standards). All diese Regelungen werden angewandt und wenig hinterfragt. Ihre Einhaltung wird für selbstverständlich erachtet und ihre Verletzung wird geahndet, mitunter sogar von völlig unbeteiligten Personen.
Deutsche lieben also Strukturen. Dahinter steckt das Bedürfnis nach einer klaren und zuverlässigen Orientierung, nach Kontrolle über eine Situation, nach Risikominimierung und prophylaktischer Ausschaltung von Störungen und Fehlerquellen.
Für das soziale Leben heißt das, dass das Zusammenleben im zwischenmenschlichen Bereich klar und nachvollziehbar gesteuert und damit das Ideal der Gleichbehandlung verfolgt wird. Regeln und Gesetze gelten nämlich für alle gleichermaßen, Ausnahmen werden eher selten gemacht, da Deutsche mit gleichen Normen für alle auch Gerechtigkeit assoziieren, d.h. gleiche Behandlung für alle hinsichtlich der Chancen und Rechte, aber auch der Sanktionen. Formelle und informelle soziale Interaktionen sind häufig explizit geregelt, so dass klar ersichtlich ist, was sie an Rechten und Pflichten nach sich ziehen. Zur Regelung des formellen Miteinander-Umgehens bedienen sich Deutsche dabei oft des Instruments von Verträgen; sie erlauben es, sich bei unvorhergesehenen Ereignissen auf eine gemeinsame Basis zu berufen.
Im Berufslebend bedeutet das: Um das Erreichen eines relativ hohen Qualitätsanspruchs absichern zu können, sind Deutsche planerisch, strukturierend und organisierend tätig bis ins Detail. Man will nichts Wichtiges übersehen, man will keinen Fehler machen, man will potentzielle Fehlerquellen und Hindernisse im Voraus erkennen und eliminieren. Die Strukturen, derer man sich dazu bedient, werden oft als eine Art "geronnene Erfahrung" vieler Vorgänger betrachtet.
Erläutern Sie den Kulturstandard "Zeitplanung".
Kulturstandard "Zeitplanung":
Grundsätzlich herrscht weithin die Einstellung vor, dass Zeit ein kostbares Gut ist und daher nicht nutzlos vergeudet werden darf, sondern effektiv genutzt werden muss. Genaue/langfristige Planung und präzises Erfüllen des Zeitplans dienen dazu als adäquate Mittel, mit Nebensächlichkeiten will man sich nicht aufhalten. Es gilt, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und sich nicht ablenken zu lassen.
Dt. hab die Vorstellung, dass es optimal wäre, das Leben konsekutiv organisieren zu können, in der man sich über eine anstehende Handlung Gedanken machen und sie planen kann, diese Planung ohne Störungen umsetzen kann, um schließlich sein Ziel zu erreichen. Weil das aber nicht geht, sondern Menschen meist gezwungen sind, viele Dinge parallel zu machen, bemühen sich D. ihrem Ideal doch zumindest nahe zu kommen:
Sie packen die Dinge in klare Zeitfenster, ordnen sie sinnvoll nacheinander an und erledigen sie in dieser Reihenfolge. Weil nun alle so denken/handeln, ist es bei gemeinsamen Vorhaben essenziell, dass sich die Individuen zeitlich über Termine koordinieren, die die individuellen Zeitpläne verzahnen. Zeitmanagement gilt damit als Voraussetzung für effektives Handeln und Professionalität. Man muss in der Lage sein, seine Zeit zu planen, realistische Einschätzungen für die Zeitfenster vorzunehmen und sich dann eiserner Disziplin zu unterwerfen.
Zeit erhält einen enormen Symbolwert, denn sie zeigt die Wichtigkeit einer Sache/Person an, weil nur wichtigen Dingen/Personen Zeit gewidmet wird. Zeitliche Zuverlässigkeit ist für den Aufbau von Vertrauen und ein positives Image als verlässlich, interessiert, professionell eine kaum zu überschätzende Variable, zeitliche Unzuverlässigkeit bedarf einer gewichtigen Begründung, sonst stellt sie eine deutliche Beleidigung dar.
Berufliche/private Termine sind verbindlich, denn sonst gerät ein ganzes System aus den Fugen. Störungen in den geplanten/gewohnten Handlungsabläufen lösen Verärgerung aus und verursachen massive Probleme, weil mit der Einhaltung von Zeitplänen viele Verpflichtungen stehen/fallen. Daher hat die zeit- und plangerechte Erledigung von sachbezogenen Aufgaben und Vorhaben Vorrang vor persönlichen Interessen/Bedürfnissen. Deshalb lässt ein voller Terminkalender auch für spontane Begegnungen keinen Spielraum, man muss in D für fast alles einen Termin, auch für Freizeit, vereinbaren.
Erläutern Sie den Kulturstandard "Internalisierte Kontrolle".
Kulturstandard "Internalisierte Kontrolle":
Dt. haben eine starke Identifikation mit der eigenen beruflichen Tätigkeit. Sie nehmen ihre Arbeit, ihre Rolle, ihre Aufgabe und ihre damit verbundene Verantwortung sehr ernst. Sie möchten das, was sie machen, gut machen und sind konzentriert bei der Sache. Wenn sie zunächst einmal planen, dann machen sie das aus der Überzeugung heraus, dass so die Aufgabe am besten bewältigt werden kann. Dass das System funktioniert setzt voraus, dass alle Beteiligten verlässlich sind. Eine Sache ist organisiert und es wird von allen erwartet, dass sie sich korrekt an ihre Zuständigkeit halten und ihre Aufgabe erfüllen. Jeder muss den vorhandenen Regeln, Systemen, Strukturen Folge leisten. Es ist somit notwendig sich im beruflichen Feld an Kompetenzen/Rollen zu halten, Absprachen einzuhalten, Entscheidungen durchzuführen, Vorgaben exakt einzuhalten, zeitl. Zuverlässigkeit/Pünktlichkeit zu zeigen und im eigenen Handlungsspielraum ggf. aktiv die nötige Initiative zu ergreifen.
Geschieht das, dann gilt jemand als zuverlässig, korrekt, gewissenhaft, wird geschätzter und verdient Vertrauen. Diese Verlässlichkeit wird nun nicht dadurch erreicht, dass es Instanzen gibt, die von außen kontrollieren, sondern dass jeder an seinem Platz von sich aus das tut, was von ihm erwartet wird. Dt. machen vieles ohne ersichtlichen Zwang, die Normen werden „internalisiert." Der Handelnde hat gar nicht mehr das Gefühl, dass er Erwartungen anderer erfüllt, sondern es ist ihm selbstverständlich, das zu tun. Er hat sich im Prozess der Planung oder als er die Stelle antrat, damit bereits identifiziert. Das ist mit "internalisierter Kontrolle" gemeint: Durch Einsicht in die Notwendigkeit oder Optimalität bestimmter Regeln oder Verfahrensweisen kontrolliert sich ein Individuum weitgehend selbst. Es hält sich dabei entweder an vorgegebene Normen oder an selbst erstellte Pläne. Eine Person erlebt von innen gesehen diese Selbststeuerung als persönl. Selbstbestimmung; von außen gesehen wird selbst initiiertes/eigenverantwortliches Handeln ermöglicht und jemand wird für sein Handeln einschließl. der Folgen auch verantwortlich gemacht. Bei Störungen kommt es daher nicht nur zu Konflikten mit einer Kontrollinstanz (Chef), sondern auch zu internen Gewissenskonflikten.
Die Beziehungen zu den beteiligten Personen beeinflussen die Gewissenhaftigkeit wenig - man hat die Aufgabe zu erledigen.
Erläutern Sie den Kulturstandard "Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen".
Kulturstandard "Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen":
Dt. nehmen eine strikte Trennung der verschiedenen Bereiche ihres Lebens vor. Sie differenzieren ihr Verhalten sowohl deutlich danach, in welcher Sphäre sie mit einer anderen Person zu tun haben, wie auch danach, wie nahe sie einer anderen Person stehen. Berufstätige Dt. unterscheiden klar zw. ihrem Berufs- und Privatleben:
- Dt. arbeiten während der Arbeit und leben in ihrer Freizeit, d.h. nach Feierabend, am Wochenende, im Urlaub. In der Arbeit hat die Arbeit Vorrang und alles andere tritt erst an die 2. Stelle. Im Privatleben nehmen Beziehungen, Familie, Freunde, persönliche Neigungen/Interessen die ganze Person in Anspruch.
- Im Beruf ist man sachorientiert, privat beziehungsorientiert gegenüber Familie/Freunden.
- Im Beruf ist man zielstrebig, privat will/muss man auch entspannen.
- Im Beruf widmet man sich den jeweiligen Sachinhalten mit großem Engagement, im Privatleben frönt man u.U. ganz anderen Hobbies und schafft seinem Gemüt Ausgleich. Manchmal scheint es, als hätte man mit 2 verschiedenen Menschen zu tun - im äußeren Erscheinungsbild, Verhalten, Stimmung.
- Kontakte des Berufslebens werden im Privatleben nur unter bestimmten Bedingungen (Distanzdifferenzierung) fortgesetzt. Mitteilungen aus dem Privatleben erfolgen im Berufsleben ausgewählt, dosiert und eher spärlich.
- Die Verfügungsmacht eines Vorgesetzten beschränkt sich auf die Arbeitszeit. Eingriffe in Privatangelegenheiten würde sich ein Mitarbeiter verbieten. Eine über den Arbeitsvertrag hinausgehende Fürsorgepflicht besteht nicht und wird auch nicht erwartet.
Erläutern Sie im Zusammenhang mit dem Kulturstandard "Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen" den Begriff "Rolle-Person".
Rolle-Person:
Deutsche definieren klar die Rollen, die zu bestimmten Positionen gehören. Professionalität bedeutet, man weiß um seine Rolle in allen Facetten - bis hin zu Kleinigkeiten. Und man hält diese Rolle auch ein. Beruflich heißt das: Man ist korrekt und in der Sache engagiert zugleich, angemessen distanziert und mit entsprechender fachlicher Qualifikation. Zeigt man darüber hinausgehendes Verhalten, läuft man Gefahr "aus der Rolle zu fallen", was meist nicht positiv bewertet wird. Man ist weder zu enthusiastisch noch beleidigend. Die Person, die hinter der Rolle steht, ist häufig in vielerlei Hinsicht schillernder. Doch sie kann, will sie beruflich anerkannt sein, nur einen Teil ihrer Persönlichkeit in ihrer Rolle ausleben: Am besten die Seiten, die der Rolle förderlich sind und den Rolleninhaber damit überzeugend erscheinen lassen.
Erläutern Sie im Zusammenhang mit dem Kulturstandard "Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen" den Begriff "Emotionalität-Rationalität".
Emotionalität-Rationalität:
Deutsche bemühen sich, ihre Gefühle und die objektiven Fakten auseinander zu halten. Dabei ist das Vorherrschen der Rationalität vor allem im Berufsleben angesagt, wo es als professionell gilt, sich sachlich zu zeigen (vgl. Sachorientierung) und Gefühle in mancherlei Hinsicht fast Schwäche bedeuten. Rationalität ist somit der Persönlichkeitsbereich, der beruflich aktiviert wird und die Basis für die Sachorientierung darstellt. Emotionalität ist dagegen im Privatleben dominanter. Hier ist wichtig, Mitgefühl und Verständnis für andere zu haben sowie sich seiner eigenen Gefühle bewusst zu sein und ihnen freieren Lauf zu lassen. Doch immer dann, wenn es um heikle Fragen geht (in allen Lebensbereichen), wird unterschieden zwischen dem, was man sich rational zu einer Sache denkt und dem, was man emotional "aus dem Bauch heraus" meint. Beides ist dann gegeneinander abzuwägen, um zu handeln.
Inwiefern spielt beim Kulturstandard "Trennung von Persönlichkeits- und Lebensbereichen" für die Art des Kontakts Nähe eine entscheidende Rolle?
Für die Art des Kontakts spielt Nähe eine entscheidende Rolle. Es sind bei ein und derselben Person ganz unterschiedliche Verhaltensweisen beobachtbar, je nachdem, ob ihr Interaktionspartner ein Fremder, ein Bekannter, ein Kollege oder ein echter Freund ist. Die Entwicklung von Freundschaften ist dabei der (angenehme) Ausnahmefall. Als durchgängiges Muster kann für Deutsche gesagt werden, dass sich
- der Kontakt von Verschlossenheit, Distanziertheit und formalem Verhalten allmählich zum Vertrauten hin bewegt,
- dass die anfängliche Dominanz von Sachgesprächen und Rationalität zunehmend größerer Emotionalität, Herzlichkeit und Personorientierung weicht,
- dass Nähe eine "Herzenssache" und nicht von Zweckrationalität bestimmt ist.
- Das Interesse, ständig neue Leute kennen zu lernen, ist im Allgemeinen eher gering. Viele Kontaktchancen werden daher nicht wahrgenommen, aktive Kontaktanbahnung oder ungebetene Einmischung wird leicht als aufdringlich empfunden. Stattdesen gelten Abstand und Zurückhaltung als höflich und Erstkontakte bleiben weithin folgenlos.
- Diese Distanzdifferenzierung findet ihren Niederschlag in den Anredeformen "Sie" oder "Du".
- Die Annäherung erfolgt Schritt für Schritt in den Stufen
- neutrales, rollenkonformes Verhalten zu Beginn
- schrittweises Sichnäherkommen mit zunehmender emotionaler Öffnung
- Freundlichkeit bis Herzlichkeit, volle Zugänglichkeit zum Persönlichkeitskern, wechselseitige Verpflichtung
Erläutern Sie den Kulturstandard "Schwacher Kontext".
Kulturstandard "Schwacher Kontext":
Deutsche pflegen einen Kommunikationsstil großer Direktheit und Explizitheit. Sie formulieren das, was ihnen wichtig ist, mit Worten und benennen die Sachverhalte dabei ungeschminkt und offen. Die charakteristischen Elemente dieses Stils sind:
- Das Was steht im Vordergrund, das Wie ist sekundär. Der Fokus der Deutschen ist, vor allem auf die Sachebene gerichtet, d.h. ihnen kommt es auf den Inhalt des Gesagten an.
- Daher reden Deutsche meist direkt und undiplomatisch, aber ehrlich und aufrichtig, ganz so, wie sie etwas eben sehen. Sie äußern ihre Meinung klar. Sie kommen ohne Umschweife und Umwege auf den Punkt. Das gilt auch für den, der etwas will: Er muss es explizit sagen.
- Sie denken nicht daran, auf etwaige Empfindlichkeiten der Anwesenden besonders Rücksicht nehmen zu müssen. Damit können ihre Aussagen verletzend wirken, obwohl das nicht so gemeint und beabsichtigt war. Sie handeln gemäß der "Trennung von Lebensbereichen".
- Interpretationsspielraum zu lassen ist zudem nicht ihre Sache. Sie wollen sich präzise, klar und unmissverständlich ausdrücken und daher formulieren sie die Dinge, die sie mitteilen wollen, aus. Sie meinen das, was sie sagen. Und sie sagen das, was sie meinen. Ergänzende Informationen braucht man nicht dazu zu nehmen, zusätzlich wahrnehmen oder aus dem Kontext des Gesagten zu entschlüsseln, um im Bild zu sein, was ihre Botschaft war.
- Umgekehrt wird in die Dekodierung nur miteinbezogen, was ausdrücklich gesagt wird. Deutsche denken nicht daran, dass das, was man ihnen sagt, nur ein Teil der Botschaft sein könnte, die um weitere Signale ergänzt werden müsste, damit sie verstanden werden kann. Sie hören explizit gesprochene Worte, halten das gewohnheitsmäßig für den Inhalt, den man transportieren wollte und haben keine Ahnung, dass noch anderes zur zuverlässigen Entschlüsselung und Interpretation des Gesagten hinzugenommen werden müsste. Selbst Konnotationen und nonverbale Signale werden oft nur dann wahrgenommen, wenn auf sie extra hingewiesen wurde; üblicherweise wird alles wörtlich genommen und kein Hintersinn vermutet.
Grenzen Sie Kulturstandards und Kulturdimensionen voneinander ab.
Kulturstandards:
- Idealtypische Begriffe zur Beschreibung einer Kultur aus der Sicht einer anderen Kultur.
- Methodik: Induktiv (basierend auf Interviews und Expertenbefragung)
- Eigenkulturelle Perspektive wird thematisiert
- Beschränkt auf spezifische Ausschnitte der Kultur (z.B. Business, Auslandsstudium, Schüleraustausch, Entwicklungszusammenarbeit)
- Können auch Kulturdimensionen als begriffliche Hilfsmittel integrieren
Kulturdimensionen:
- Idealtypische Begriffe zur Beschreibung sämtlicher Kulturen
- Methodik: kreativ, deduktiv
- Eigenkulturelle Perspektive wird nicht thematisiert
- Beansprucht jeweils allgemeine Gültigkeit für die gesamte Kultur
- Prinzipiell beliebig vermehrbar.
Inwiefern erscheinen Deutsche oft recht konfrontativ und alles andere als konfliktscheu hinsichtlich des Kulturstandards "Schwacher Kontext"?
Mit dem Kommunikationsstil "Schwacher Kontext" erscheinen Deutsche oft recht konfrontativ und alles andere als konfliktscheu:
- Hinsichtlich ihrer Selbstbehauptung kämpfen sie argumentativ für ihre Position. Offene Meinungsäußerung stellt einen Wert dar. Stellungnahmen und Ablehnungen werden unverblümt und deutlich ausgedrückt. Wenn Deutsche etwas wollen, dann sagen sie das so klar, dass viele es als "fordern" erleben. Deutsche diskutieren gern und legen dabei logische Fehler, Irrtümer, Unklarheiten und Widersprüche bloß in der Überzeugung, damit der Wahrheitsfindung zu dienen.
- Deutsche schrecken vor Kritik nicht zurück, Konstruktive Kritik ist ihrem Verständnis nach vorrangig an der Sache ausgerichtet und sie sind überzeugt, dass sie lediglich eine Verfehlung kritisieren, aber nicht die Person. Daher erscheint auch eine betont positive Einleitung zu einem Kritikgespräch eher heuchlerisch als nützlich.
- Wenn es Probleme zu lösen gilt, sind Deutsche davon überzeugt, dass nur durch eine klare Problemanalyse und ein konkretes Ansprechen von Schwachstellen eine Optimierung möglich ist: Erst wenn die Probleme erkannt sind, kann man an eine Fehlerbehebung gehen.
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