Interkulturelle Wahrnehmung, Kommunikation und Kooperation (A.Thomas)
Interkulturelle Handelskompetenz
Interkulturelle Handelskompetenz
Kartei Details
Karten | 14 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Soziales |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 30.12.2013 / 16.08.2023 |
Lizenzierung | Kein Urheberrechtsschutz (CC0) |
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Erläutern Sie den Phasenverlauf der interkulturellen Wahrnehmung, wenn Menschen in ein fremdes Land gehen.
Phasenverlauf interkultureller Wahrnehmung:
Die Vorbereitungsphase ist bestimmt von Spannungen, aber auch Freude auf die Auslandsreise, besonders wenn sei freiwillig und mit positiven Erfolgserwartungen angetreten wird.
Es folgt eine Phase der Befürchtungen, besonders hinsichtlich der Details, die zum Ausreisezeitpunkt beachtet werden müssen.
Nach der Ankunft im Gastland zeigt sich, dass die Befürchtungen über die Schwierigkeiten beim Einleben im Gastland gar nicht so berechtigt sind, dass bei aller Unterschiedlichkeit doch vieles wie zu Hause oder sehr ähnlich ist. So stellt sich eine gewisse Anfangsbegeisterung und ein Zustand des Wohlergehens und der Euphorie ein, verbunden mit einer deutlichen Abnahme der Akkulturationsbelastungen.
Im Verlauf der Eingewöhnung und der differenzierter werdenden Erfahrungen im Umgang mit den Gastlandbewohnern steigt die Verunsicherung allmählich an, vieles verläuft nicht so, wie es geplant ist und erwartet wurde. Es häufen sich Fälle von erwartungswidrigem Verhalten der Kooperationspartner im Gastland, immer mehr Verhaltensreaktionen sind und bleiben unverständlich, nicht nachvollziehbar, erscheinen unsinnig und provozieren im harmlosesten Fall Erstaunen, Kopfschütteln und Ratlosigkeit. Im schlimmsten Fall führen sie zu Verzweiflung, Wut, Aggression und Abbruch der Beziehungen, evtl. sogar zur Rückreise.
In den meisten Fällen setzt nach dem Erreichen des Tiefpunkts der Anpassungskrise eine Phase der Eingewöhnung bzw. Neuanpassung auf einem höheren Niveau des interkulturellen Verstehens ein. Dadurch wird die Stressbelastung deutlich reduziert und das Wohlbefindlichkeitsgefühl wieder gesteigert, bis dann diese Phase wiederum von Rückreisebefürchtungen und nach erfolgter Rückreise von einer Rückkehrbegeisterung, einer Rückkehreingewöhnungskrise und schließlich einer Phase der Reintegrationskrisenbewältigung abgelöst wird. Die eigene Kultur ist zwar vertraut, inzwischen möglicherweise sehr fremd geworden.
Warum ist dieses Phasenverlaufsgefüge bei einem Auslandsaufenthalt so komplex?
Die Ursache dieses komplexen Phasenverlaufsgefüges beim Auslandsaufenthalt ist die spezifische Organisiertheit der menschlichen Wahrnehmung. Das zur Verfügung stehende Reizmaterial wird nicht einfach nur registriert, sondern in vielfacher Weise bearbeitet und auf der Basis bereits vorhandener Hypothesen, Erwartungen und Intentionen interpretiert. Dies trifft auch für die interkulturelle Wahrnehmung zu.
So entsteht die Anfangsbegeisterung nicht einfach nur dadurch, dass sich eine Fülle positiv erwarteteter Erfahrungen anhäufen, sondern sie entsteht auch auf dem Hintergrund der in der Phase der Ausreisebefürchtungen aufgebauten Unsicherheiten, der antizipierten Probleme der Eingewöhnung und Anpassung, der vorweggenommenen Schwierigkeiten, sich in der neuen Umgebung zurecht zu funden und sich mit den Menschen in einer Sprache verständigen zu müssen, die man nicht perfekt beherrscht oder in einer Sprache, die für beide Seiten eine Fremdsprache ist. Auf dem Hintergrund all dieser phantasievollen Vorstellungen über das, was einem alles passieren kann, wenn man sich auf den Weg in das Gastland macht, wirkt das, was der Ausreisende in der ersten Phase erlebt, schon viel weniger bedrohlich als erwartet (z.B. Freundliches Verhalten der Gastlandbewohner).
Später bekommt der Neuankömmling erhebliche Orientierungsdefizite bei Situationen, die er anders erwartet. Der Grund liegt darin, dass die Wahrnehmung des Einreisenden und seiner Partner im Gastland von unterschiedlichen kulturspezifischen Orientierungssystemen bestimmt ist. Die interpersonale Wahrnehmung, die Kommunikation und Kooperation werden in der kulturellen Überschneidungssituation, in der der für beide Partner die kulturspezifische Prägungen relevant werden, handlungs- und erlebnisbestimmend. Genau dies ist das spezifisch Interkulturelle im Interaktionsgefüge der beteiligten Personen.
In den meisten Phasen interkultureller Begegnung sind außerdem die Wahrnehmung, Kommunikation und Kooperation eng miteinander verkschränkt, denn Kommunikation setzt immer die Wahrnehmung des Partners voraus und Kommunikation und Wahrnehmung sind unabdingbare Grundlagen jeglicher Form von Kooperation. Diese Verschränkung erfährt unter den Bedingungen interkultureller Begegnung noch spezifische Formen der Merkmalsausprägung.
Was versteht man unter dem Begriff "Kultur"?
Kultur:
Unter Kultur wird der vom Menschen geschaffene Teil der Umwelt verstanden. Kultur manifestiert sich immer in einem für eine Nation, Gesellschaft, Organisation oder Gruppe typischen Bedeutungs-/Orientierungssystem. Dieses Orientierungssystem wird aus spezifischen Symbolen (z.B. Sprache) gebildet und in der jeweiligen Gesellschaft, Organisation, Gruppe tradiert. Das Orientierungssystem beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Werten, Empfinden und Handeln aller Mitglieder der Gesellschaft. Kultur strukturiert ein für die Bevölkerungs spezifisches Handlungsfeld, das von geschaffenen und genutzten Objekten bis hin zu Institutionen, Ideen und Werten reicht.
Inwiefern ist die Kultur als Orientierungssytem bei der interkulturellen Wahrnehmung von Bedeutung?
Interkulturelle Wahrnehmung
Von zentraler Bedeutung ist hier die Kultur als Orientierungssystem, das für den Menschen der jeweiligen Kultur eine bedeutungsstiftende Funktion hat. Diese Orientierungssystem und seine Funktionen sind nicht angeboren, sondern werden im Lauf der individuellen Sozialisationsprozesse gelernt. Wenn man Sozialisation definiert als das Erlernen der in einer Gesellschaft sozial relevanten Normen, Werte, Überzeugungen und Verhaltensregeln und das so vertiefend, dass dies alles allmählich als etwas Eigenes erlebt, also verinnerlicht wird (Internalisierung), so wird klar, dass der zentrale Prozess der Persönlichkeitsentwicklung immer nur kulturspezifisch erfolgt. Entscheidend ist die Verinnerlichung des kulturspezifischen Orientierungssystems, das so sehr zum persönlichen Ich wird und gehört, dass seine verhaltenssteuernden Funktionen und Wirkungen im normalen, alltäglichen Strom der Lebensereignisse nicht mehr wahrgenommen, geschweige denn reflektiert werden müssen. Nur wer beim Erlernen der sozial relevanten Normen Werte, Überzeugungen und Verhaltensregeln ein hohes Maß an sozialer Kompetenz entwickelt hat, kann auch relativ konfliktfrei in dieser eigenen Gesellschaft leben und produktiv mit ihr umgehen. Er beherrscht das Zeichen- und Symbolsystem zur interpersonalen Verständigung so gut, dass er sich anderen mitteilen, seine Gedanken und Gefühle anderen Menschen verständlich machen und auf sie überzeugend und zielorientiert einwirken kann sowie zur konfliktreien, unmissverständlichen Kommunikation in der Lage ist. Dazu gehört auch,d asss er aus dem Gesamtkontext heraus die Wünsche, Ziele, Hoffnungen und Intentionen sowie die emotionale Befindlichkeitslage seiner Kommunikationspartner erahnt, erfühlt, erkennt und sich in deren Lage so einfühlen kann (Empathie), dass er ihren Wünschen und Erwartungen entsprehend zu reagieren in der Lage ist.
Warum entsteht bei der dem interpersonalen Interaktionsprozess bei der interkulturellen Wahrnehmung ein Problem, wenn die kulturellen Orientierungssysteme voneinander abweichen?
Probleme entstehen, wenn man auf Personen trifft, die über ein verbindliches Symbol-/Zeichensystem verfügen, das von dem eigenen so stark abweicht, dass es häufig zu erwartungswidrigen Reaktionen der Partner kommt oder man das Gefühl hat, von seinen Partnern nicht verstanden/missverstanden worden zu sein. Zwangsläufig folgen Fehlwahrnehmungen, -interpretationen, Missverständnisse und Konflikte bei der Beobachtung, Interpretation und Attribution des Partnerverhaltens sowie bei der Kommunikation/Kooperation mit neuen Partnern.
Hauptschwierigkeit für die Beteiligten ist, dass sie zwar merken, dass etwas nicht stimmt, dass der jeweils andere Partner sich nicht so verhält, wie gewohnt ist bzw. man erwartet hat, dass sie aber meist keine Möglichkeit haben, die Ursachen für diese Fehlwahrnehmungen/-interpretation zu erkunden/erkennen. Die Interpretation durch die kulturspezifischen Orientierungssysteme ist nicht bewusstseinspflichtig, die steuernden Funktionen sind automatisiert, die Wirkungsweise routiniert und ihre Auswirkungen sind eine Selbstverständlichkeit.
Beide Partner gehen selbstverständlich davon aus, dass so, wie sie die Welt wahrnehmen, sie interpretieren und sie in dieser Situation handeln, es richtig ist (Wahrheitspostulat), gut ist (Gerechtigkeitspostulat), vernünftig ist (Rationaliätspostulat) und von allen Menschen so gemacht wird (Universalitätspostulat). In einer solchen Situation liegt es für beide nahe, zunächst anzunehmen, dass der Partner sich so verhält, wie man das erwartet. Tut er das nicht, liegt die Vermutung nahe, dass er irgendetwas nicht verstanden hat (es besteht Aufklärungsbedarf), es falsch macht, weil er das Richtige noch nicht beherrscht (Erziehungs- und Ausbildungsbedarf) oder es absichtlich anders macht, als man es richtigerweise machen muss (Kontrollbedarf).
Also wird die Ursache für das erwartungswidrige Verhalten in der Person des Partners liegend vermutet (intrapersonale Kausalattribution) und als Unwissenheit, Unfähigkeit, Unwilligkeit interpretiert. Wiederholte Beobachtungen erwartungswidriger Verhaltensweisen führen einerseits zu entsprechenden Verhaltensreaktinen und andererseits zum Aufbau verfestigter Einstellungen (Stereotype und Vorurteile) gegenüber dem Partner als Individuum, aber auch als Repräsentant seiner Zugehörigkeitsgruppe, z.B. Berufsgruppe in Verbindung mit dessen nationalen/kulturellen Zugehörigkeit.
Ein weiterer wichtiger Faktor in der Organisationseinheit interkultureller Wahrnehmung sind spezifische Reaktionstypen gegenüber Anforderungen, die sich aus der interkulturellen Begegnungssituatin ergeben. Menschen reagieren auf interkulturelle Situationen nämlich nicht gleichförmig, sondern erstaunlich unterschiedlich, was sich in 4 Reaktionstypen charakterisieren lässt. Erläutern Sie den Reaktionstyp "Der Ignorant".
Reaktionstyp "Der Ignorant":
Für ihn ist jeder, der nicht so denkt und handelt wie er selbst, wie er es gewohnt ist und wie es aus seiner Sicht richtig ist, entweder dumm, unwillig oder unfähig. Wer sich nach allen erdenklichen Bemühungen immernoch "falsch" verhält, dem ist nicht zu helfen und der kommt als Partner nicht in Betracht. Kulturell bedingten Verhaltensunterschieden wird keine Bedeutung zugemessen.
Ein weiterer wichtiger Faktor in der Organisationseinheit interkultureller Wahrnehmung sind spezifische Reaktionstypen gegenüber Anforderungen, die sich aus der interkulturellen Begegnungssituatin ergeben. Menschen reagieren auf interkulturelle Situationen nämlich nicht gleichförmig, sondern erstaunlich unterschiedlich, was sich in 4 Reaktionstypen charakterisieren lässt. Erläutern Sie den Reaktionstyp "Der Universalist".
Reaktionstyp "Der Universalist":
Der Universalist geht davon aus, dass Menschen auf der ganzen Welt im Grunde gleich sind. Kulturelle Unterschiede haben für ihn, wenn überhaupt, nur geringe Bedeutung. Er ist überzeugt, dass sich mit Freundlichkeit, Toleranz und Durchsetzungsfähigkeit alle Probleme meistern lassen, wobei im Zuge der kulturellen Konvergenz sowie im "global village" alle kulturbedingten Unterschiede rasch verschwinden.
Ein weiterer wichtiger Faktor in der Organisationseinheit interkultureller Wahrnehmung sind spezifische Reaktionstypen gegenüber Anforderungen, die sich aus der interkulturellen Begegnungssituatin ergeben. Menschen reagieren auf interkulturelle Situationen nämlich nicht gleichförmig, sondern erstaunlich unterschiedlich, was sich in 4 Reaktionstypen charakterisieren lässt. Erläutern Sie den Reaktionstyp "Der Macher".
Reaktionstyp "Der Macher":
Dass kulturelle Einflüsse das Denken oder Verhalten bestimmen, ist für ihn nicht so wichtig. Entscheidend ist nach seiner Auffassung, dass man weiß, was man will, dass man klare Ziele hat, sie überzeugend vermitteln kann und sie durchzusetzen versteht. Wer das eigene Potenzial und den eigenen Wettbewerbsvorteil erkennt, zu nutzen und durchzusetzen versteht, ist unabhängig von der Kultur, in der er lebt oder in der er tätig ist, erfolgreich.