Finanzwissenschaftliche Steuerlehre - Begriffe und Prinzipien der Steuerlehre
Modul im Bachelor VWL an der FU Berlin, WiSe14/15
Modul im Bachelor VWL an der FU Berlin, WiSe14/15
Kartei Details
Karten | 32 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | VWL |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 15.10.2014 / 12.02.2016 |
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Steuerarten I - direkte vs. indirekte Steuer
- Direkte Steuern knüpfen unmittelbar an Indikatoren individueller wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit an (Einkommen, Vermögen)
- z.B.: Einkommens-, Körperschafts- und Gewerbesteuer
- Indirekte Steuern erfassen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf Umwegen, indem sie die Einkommensverwendung oder den Vermögensverkehr belasten
- z.B.: Mehrwert-, Energie-, Tabak- oder Grunderwerbssteuer
Mengensteuer
Mengensteuern (specific taxes) knüüfen an Einheiten der Bemessungsgrundlage wie Stück, Liter, Kilogramm, etc. an.
z.B.: Energiesteuer
Die Mengensteuer t ergibt sich aus der Gleichung \(q = p + t\)
Wertsteuern
Wertsteuern (ad valorem taxes) werden als prozentuale Aufschläge oder Abschläge auf Wertgrößen (Preis, Umsatz, Einkommen) erhoben.
z.B.: Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer
- Die Wertsteuer \(\theta\) als Aufschlag auf den Nettopreis ergibt sich aus der Gleichung
\(q = p*(1+\theta)\) - Ein Abschlag auf den Bruttopreis bei der Wertsteuer \(\tau \) ergibt sich aus der Gleichung
\(p=q(1-\tau)\) - Umrechnung von Nettowertsteuer und Bruttowertsteuer
\(\theta={\tau \over 1-\tau}\)und \(\tau={\theta \over 1+\theta}\)
Durchschnittssteuersatz
\(AT(y) = t(y) = {T(y) \over y}\)
Grenzsteuersatz
Wie viel an zusätzlicher Steuer zahlt man bei einer (marginalen) Erhöhung der Bemessungsgrundlage?
\(MT(y)=T'(y)={T(y)\over y}\)
Proportionale Steuertarife
\(T_1(y)=a*y\)
Lineare Tarife
\(T_2(y)=a*y-b\)
mit \(0 < a < 1\)und \(b > 0\)
Tarif mit Freibetrag
\(T(y) = max[a*(y-b);0]\)mit \(a, b > 0\)
Freigrenze
Bei der Freigrenze fällt bis zur Grenze c keine Steuer an. Liegt die Bemessungsgrundlage über der Freigrenze, dann wird jedoch die volle Bemessungsgrundlage besteuert.
\(T(y)=\left\{\begin{array}{ll} a*y, & falls\ y>c \\ 0, & sonst\end{array}\right. \)mit a, c > 0
Steuerprogression
Unterscheidung zwischen Steuertarifen, ob sie regressiv, proportional oder progressiv sind.
\({dAT \over dy}=\left\{\begin{array}{llI} <0 & regressiv \\ =0 & proportional \\ >0 & progressiv\end{array}\right. \)
progressive Tarife
Bei progressiven Tarifen gilt immer, dass der Grenzsteuersatz über dem Durchschnittssteuersatz liegt:
\(T'(y)>{T(y) \over y}\)
Steuerprogression lässt sich auf zweierlei Weisen erzeugen:
- Kombination von Freibetrag und konstantem Grenzsteuersatz => indirekte Progression
- Tarif mit zunehmenden Grenzsteuersätzen => direkte Progression
Steueraufkommenselastizität
Sie gibt an, um wie viel Prozent sich das Steueraufkommen verändert, wenn die Bemessungsgrundlage um ein Prozent zunimmt:
\(\alpha (y)={dT \over dy}*{y \over T}={dT / T \over dy/y}\)
Alternative Formulierung:
\(\alpha(y)={T'(y) \over t(y)}={Grenzsteuersatz \over Druchschnittssteuersatz}\)
Ein progressives Steuersystem liegt dann vor, wenn \(\alpha(y)>1\)
Residualelastizität
Gibt an, um wie viel Prozent sich das Nettoeinkommen verändert, wenn das Bruttoeinkommen um ein Prozent zunimmt:
\(\rho(y)={dx \over dy}{y \over x}\)
"Probleme" der Steuerprogression
- Degressionswirkung: Werden den Steuerpflichtigen Abzüge von der Bemessungsgrundlage (z.B. bei der Einkommenssteuer) gestattet, ist die Entlastungswirkung bei Personen mit höherem Einkommen absolut größer.
- Verletzung der horizontalen Gerechtigkeit: Bei einem progressiven Steuertarif zahlt derjenige mit schwankendem Einkommen mehr Steuern.
- Kalte Progression: Reale Steuerlast nimmt durch Inflation zu.
Möglichkeiten der Ehegattenbesteuerung
Bei ungleich verteilten Einkommen in der Ehe, \(y_2>y_1\) und progressivem Tarif stellt sich die Frage, wie das Ehepaar besteuert werden soll.
- Haushaltsbesteuerung: \(H=T(y_1+y_2)\)
- Individualbesteuerung: \(I=T(y_1)+T(y_2)\)
- Ehegattensplitting: \(S=2T (\frac{y_1+y_2}{2})\)
Vertikale Steuergerechtigkeit
Personen mit höherer Leistungsfähigkeit sollen stärker belastet werden.
Konsequenzen der Horizontalen Gerechtigkeit
- keine differenzierte Verbrauchssteuern
- Informationsproblem machen die Umsetzung dieses Prinzips oftmals sehr schwierig.
- in den meisten Fällen wird außschließlich das Markteinkommen als Bemessungsgrundlage herangezogen
- Nach den Realisationsprinzip werden meist nur realisierte Gewinne besteuert.
- kein progressive Steuer auf Periodeneinkommen
- Bsp.: Profisportler vs. Richer -> ungleicher zeitliche Belastung
Wann liegt das gleiche Einkommen vor? - Quellentheorie
Nur Einkommen, die regelmäßig aus einer Quelle fließen, sind zu versteuern. Wertsteigerungen bleiben außen vor.
Bsp.: Mieteinnahmen vs. Wertsteigerung eines Wohnhauses
Wann liegt gleiches Einkommen vor? - Reinvermögenszuwachstheorie (Schanz-Haig-Simons-Konzept)
Einkommen wird definiert als jener hypothetischer KOnsum, der in einer Periode maximal möglich ist, ohne dass das Vermögen abnimmt.
Daher umfasst dieses Konzept auch Wertsteigerungen und einmalige Einkommen.
(das Vermögen, was dazu kommt)
Horizontale Gerechtigkeit
Personen mit gleicher Leistungsfähigkeit sollen gleich viel Steuern zahlen.
Prinzipien der Besteuerung
- Das vom Bürger erwirtschaftete Einkommen steht ihm zu
- Steuern nehmen ihm durch Zwang einen Teil davon weg -> dies muss durch Normen gerechtfertigt werden
- Äquivalenzprinzip
- Leistungsfähigkeitsprinzip
- Gesellschaftsvertraglicher Ansatz
- Allokationseffizienz
Steuerzwecke
- Fiskalzweck: Erzielung von Einnahmen
- Lenkungszweck: Verhaltensänderungen der Wirtschaftssubjekte
- Umverteilungszweck: Besteuerung nicht pro Kopf, sondern nach Leistungsfähigkeit
- Stabilisierungsziel (Makro)
Öffentliche Einnahmen - Unterscheidung
Gebühren werden privatnützig,
Beiträge werden gruppennützig,
Steuern werden gemeinnützig
verwendet.
ök. gesehen: Steuern sind Zwangsabgaben ohne individuelle oder gruppenbezogenen Gegenleistung
Charakteristiken von Steuern
- Steuern sind Geldleistungen
- Steuern sind keine Gegenleistung für bes. Leistungen
- Steuern werden hoheitlich (per Gesetz) auferlegt
- Die Erträge fließen dem öffentlich-rechtlichem Gemeinwesen zu
- Steuern dienen der Einahmeerzielung, auch wenn diese nur Nebenzwecke sein kann.
Allokationseffizienz
Die Besteuerung soll so ausgestaltet werden, dass die gesamten Kosten für die Steuerpflichtigen minimiert werden.
- Mit Steuererhebung anfallende Kosten
- Ausweichreaktionen der Besteuerten -> Zusatzlast der Besteuerung (deadweight loss; excess burden)
Gesellschaftsvertraglicher Ansatz (Veil of ignorance Theory)
- In einer verfassungsgebenden Versammlung wird über ein optimaless Steuersystem entschieden.
- Die Mitglieder der Versammlung kennen alle Ausweichreaktionen und KOstender Besteuerung, wissen aber nicht welche Position sie später in der Gesellschaft einnehmen werden. Schleier des Unwissens
- => Unterstütze jenes System, das du wählen würdest, wenn du nicht wüstest ob du zu den Armen oder den Reichen gehörst.
- => Das gewählte Steuersystem wirkt als Versicherung gegen Einkommensrisiken
- Es sollte jedoch nur diejenigen Einkommensrisiken abdecken, die nicht durch den Markt abgedeckt werden können
- => Dieser Ansatz begründet umverteilende Steuern
- Verletzung des Prinzipes der horizontalen Gerechtigkeit, etwa wenn eine Luxussteuer befürwortet wird
- nicht notwendigerweise mit gleichem absoluten Opfer oder gleichem relativen Opfer vereinbar
Opfertheorie in der vertikalen Steuergerechtigkeit
- Eine vorgegebene Steuerlast soll so verteilt werden, dass alle Steuerpflichtigen das selbe Opfer bringen.
- Gleiches absolutes Opfer:
- Jedem Steuerpflichtigen soll genau so viel von seinem Einkommen weggenommen werden, dass der absolute Nutzenverlust für alle gleich ist: \(u(y) - u(y_i-T)=\Delta u^{abs}=const.\)
- Gleiches relatives Opfer:
- Jedem Steuerpflichtigen soll genau so viel von seinem Einkommen weggenommen werden, dass der relative Nutzenverlust für alle gleich ist: \(\frac{u(y_i)-u(y_i-T_i^{rel})}{u(y_i)}=\frac{\Delta u^{rel}}{u(y_i)}\)
- => Das gleiche rel. Opfer führt zu einer stärkeren Nivellierung der Nettoeinkommen als das absolute Opfer, weil die verlangte Nutzeneinbuße mit steigendem Bruttoeinkommen zunimmt.
- Gleiches Grenz-Opfer:
- Jeder soll für den letzten Euro an Steuern den gleich Nutzenverlust haben -> vollständige Angleichung der Grenznutzen \(u'(y-T)=const.\)
Leistungsfähigkeitsprinzip
- -> Sind Steuern allgemein gerechtfertigt, so stellt sich die Frage nach der Legitimation von einzelnen Steuern.
- -> Wahl eines gerechten Steuersystems
- Verteilung der fiskalischen Lasten entsprechend der individuellen Leistungsfähigkeit
- Maßstab für Leistungsfähigkeit in Praxis: Einkommen/Vermögen
- Ökonomisch dagegen die Fähigkeit zur Einkommenserzielung (Produktivität) ausschlaggebend
- Man unterscheidet dabei zwei Prinzipien:
- Horizontale Gerechtigkeit
- Vertikale Gerechtigkeit
Äquivalenzprinzip
- Die Besteuerung ist gerechtfertigt, wenn sie für eine entsprechende Gegenleistung eingefordert wird
- Äquivalenzprinzip im engeren Sinne:
- Gebühren
- Beiträge
- ... im weiteren Sinne:
- Nutzenentgang aufgrund der Steuer wird von den mit Steuergelden bezahlten öffentlichen Gütern mehr als kompensiert.
- -> Mit Hilfe des Äquivalenzprinzip im weiteren Sinne lassen sich Steuern insgesamt legitimieren.
Steuer-, Abgaben-, Staatsquote
- Die Steuerquote entspricht dem Quotienten aus dem Steueraufkommen und BIP
- \(\frac{T}{BIP}\)
- Die Abgabenquote berechnet sich aus dem Anteil von Steuern und Sozialabgaben am BIP
- \(\frac{T+S}{BIP}*100\)
- Die Staatsquote ist der Quotient aus den gesamten Staatsausgaben und dem BIP. Die Staatsausgaben entsprechen Steuern, Gebühren, Beiträge, Erwerbseinnahmen, sonstige Einnahmen und neue Staatsverschuldung
- \(\frac{G}{BIP}\)
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