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Fichier Détails
Cartes-fiches | 43 |
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Langue | Deutsch |
Catégorie | Allemand |
Niveau | Université |
Crée / Actualisé | 20.03.2014 / 08.04.2018 |
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Erzähltempus/ episches Präteritum?
Ein drittes 'textinternes' Fiktionalitätssignal ist der Gebrauch eines ganz bestimmten Erzähltempus. Wie im Französischen üblicherweise im passé simple oder im Italienischen im passato remoto erzählt wird, ist das typische Erzähltempus im Deutschen das Imperfekt bzw. Präteritum. Während das normale, sogenannte "historische" Präteritum in einem Wirklichkeitsbericht etwas unzweifelhaft Vergangenes bezeichnet, geht ihm diese zeitliche Dimension in einem fiktionalen Text verloren: Man liest einen Roman - trotz Präteritum - so als laufe das Geschehen im Hier und Jetzt ab. Dieses epische Präteritum sei, meint Hamburger, für die "Zeitlosigkeit der Fiktion" (Hamburger, S. 78) verantwortlich. Allerdings ist diese Ansicht lebhaft bestritten worden. Jochen Vogt vollzieht in seinen „Aspekten erzählender Prosa“ diese Auseinandersetzung ausführlich nach.
Analog zu den Strukturebenen 'histoire' und 'discours', die jeden narrativen Text konstituieren, kann man auch von einer 'doppelten' Zeit der Erzählung sprechen. Schon Thomas Mann stellte in dem Roman Der Zauberberg (1924) solche Beobachtungen an: "Die Erzählung", so konstatierte er, "hat zweierlei Zeit: ihre eigene erstens, die musikalisch-reale, die ihren Ablauf, ihre Erscheinung bedingt; zweitens aber die ihres Inhalts, die perspektivisch ist, und zwar in so verschiedenem Maße, daß die imaginäre Zeit der Erzählung fast, ja völlig mit ihrer musikalischen zusammenfallen, sich aber auch sternenweit von ihr entfernen kann."
Wichtige Persönlichkeit für die Begriffe 'Erzählzeit'und 'erzählte Zeit'?
Den Unterschied zwischen "musikalisch-realer" Zeit der Erzählung und Zeit "ihres Inhalts" hat aus literaturwissenschaftlicher Sicht erstmals Günther Müller (1946) genauer bestimmt. Seine entsprechenden Begriffe, nämlich 'Erzählzeit' und 'erzählte Zeit', haben in der Folge - nicht zuletzt durch seinen Schüler Eberhard Lämmert - große Verbreitung innerhalb der deutschsprachigen und internationalen Erzählforschung gefunden.
Was bedeutet 'Erzählte Zeit'?
Den Unterschied zwischen "musikalisch-realer" Zeit der Erzählung und Zeit "ihres Inhalts" hat aus literaturwissenschaftlicher Sicht erstmals Günther Müller (1946) genauer bestimmt. Seine entsprechenden Begriffe, nämlich 'Erzählzeit' und 'erzählte Zeit', haben in der Folge - nicht zuletzt durch seinen Schüler Eberhard Lämmert - große Verbreitung innerhalb der deutschsprachigen und internationalen Erzählforschung gefunden.
Was ist 'Erzählzeit'?
Die 'Erzählzeit' hingegen meint die Spanne, die von der sprachlichen Realisierung, der Lektüre, erfüllt wird. Sie ist also eng verbunden mit der Ebene des 'discours'; bei der Schöpfungsgeschichte könnte man eine 'Erzählzeit' von 3 bis 5 Minuten festlegen. Da aber die individuellen Lesegeschwindigkeiten zu stark voneinander abweichen, ist es sinnvoll, diese Kategorie an der räumlichen Ausdehnung des Textes (also Seiten oder Zeilen) zu messen.
"Erzähltempo?"/ "Erzählgeschwindigkeit?"
Damit stehen einer 'erzählten Zeit' von 7 Tagen in diesem Beispiel eine 'Erzählzeit' von ca. 125 Zeilen gegenüber. Das Verhältnis dieser beiden Größen bezeichnet man als 'Erzählgeschwindigkeit' oder 'Erzähltempo'.
Erläutere 'Rhythmuswechsel'?
können. Interessant wird das Verhältnis 'Erzählzeit / erzählte Zeit' vor allem dann, wenn man unterschiedliche Texte oder verschiedene Partien eines längeren Textes (einer Erzählung oder eines Romans) miteinander in Beziehung setzt. So kann eine Erzählung beispielsweise auf 5 Seiten die gesamte Kindheit und Jugend einer Figur (ca. 20 Jahre) abhandelt, um sich dann auf 100 Seiten einem einzigen Jahr aus ihrem Leben zu widmen. Hier stehen sich verschiedene 'Erzählgeschwindigkeiten' gegenüber, die den 'Rhythmus' der Erzählung wesentlich bestimmen. Man könnte sagen, daß die Erzählung auf den ersten 5 Seiten sehr 'schnell' beginnt und dann auf den folgenden 100 Seiten wesentlich 'langsamer' wird. Solche 'Rhythmuswechsel' sind der Regelfall einer jeden Erzählung. Beim Lesen bemerkt man sie meist nur intuitiv, doch mit dem Verhältnis 'Erzählzeit / erzählte Zeit' kann man sie genauer bestimmen und ihre Funktionen erklären.
Auktoriale Erzählsituation?
Die 'auktoriale Erzählsituation' ist in erster Linie durch einen "allwissenden" Erzähler gekennzeichnet. In ihr
dominiert die 'Außenperspektive', das berichtende Erzählen einer 'Erzählerfigur' (das in der englischsprachigen
Erzählforschung auch als 'telling' bezeichnet wird) und die Er- oder Sie-Erzählung, in der ein Erzähler bekanntlich
außerhalb des Universums seiner Figuren steht. In diesem Fall spricht man von der 'epischen Distanz', über
die der Erzähler zu seiner Geschichte verfügt. Diese fast "göttlich" anmutende Übersicht kann er nutzen, um
ohne Einschränkungen die Schauplätze seiner Geschichte zu wechseln oder die chronologische Abfolge der
erzählten Ereignisse zu verändern, gewissermaßen zwischen den Zeiten "hin- und herzuspringen" (vgl.
Rückwendungen und Vorausdeutungen). Er verfügt aber nicht nur souverän über Zeit und Raum, er kann auch
die Worte, Gedanken und Gefühle seiner Figuren nach Belieben ausbreiten, zusammenfassen oder verschweigen.
Dieser auktoriale Erzähler ist es, der dem Leser nahezu als "Person" entgegentritt, ihn anspricht und über sich
selbst und sein Erzählen reflektieren kann. In der Regel spart er nicht mit Wertungen oder Urteilen und gelegentlich
macht er auch von seiner Möglichkeit Gebrauch, die Figuren oder ihre Ansichten ironisch zu kommentieren.
Daher ist ihm eine Tendenz zu humoristischem Erzählen eigen.
Die auktoriale Erzählsituation herrscht vor allem im Roman des 17. und 18. Jahrhunderts vor.
Auktoriale Erzählsituation?
Die 'auktoriale Erzählsituation' ist in erster Linie durch einen "allwissenden" Erzähler gekennzeichnet. In ihr
dominiert die 'Außenperspektive', das berichtende Erzählen einer 'Erzählerfigur' (das in der englischsprachigen
Erzählforschung auch als 'telling' bezeichnet wird) und die Er- oder Sie-Erzählung, in der ein Erzähler bekanntlich
außerhalb des Universums seiner Figuren steht. In diesem Fall spricht man von der 'epischen Distanz', über
die der Erzähler zu seiner Geschichte verfügt. Diese fast "göttlich" anmutende Übersicht kann er nutzen, um
ohne Einschränkungen die Schauplätze seiner Geschichte zu wechseln oder die chronologische Abfolge der
erzählten Ereignisse zu verändern, gewissermaßen zwischen den Zeiten "hin- und herzuspringen" (vgl.
Rückwendungen und Vorausdeutungen). Er verfügt aber nicht nur souverän über Zeit und Raum, er kann auch
die Worte, Gedanken und Gefühle seiner Figuren nach Belieben ausbreiten, zusammenfassen oder verschweigen.
Dieser auktoriale Erzähler ist es, der dem Leser nahezu als "Person" entgegentritt, ihn anspricht und über sich
selbst und sein Erzählen reflektieren kann. In der Regel spart er nicht mit Wertungen oder Urteilen und gelegentlich
macht er auch von seiner Möglichkeit Gebrauch, die Figuren oder ihre Ansichten ironisch zu kommentieren.
Daher ist ihm eine Tendenz zu humoristischem Erzählen eigen.
Die auktoriale Erzählsituation herrscht vor allem im Roman des 17. und 18. Jahrhunderts vor.
Personale Erzählsituation?
- 'Innenperspektive', in der die Gedanken und Gefühle einer Figur"ausgeleuchtet"
- szenische Darstellung durch eine 'Reflektorfigur' (englisch auch 'showing')
- Er- oder Sie-Form erzählt.
-Im "Idealfall" Blickwinkel nur einer Figur, die natürlich durch ihren jeweiligen Bewußtseinshorizont beschränkt
wird. Nur erzählt, was diese Figur wahrnimmt oder denkt (dies geschieht oft in Form der
erlebten Rede).
-Die personale Erzählsituation eignet sich also hervorragend für die Wiedergabe psychischer
Prozesse.
-Oft im 'Bewußtseinsroman' des 19. aber auch 20. Jahrhunderts zur Anwendung gekommen.
Schwierigkeiten:
-Beschränkung auf eine Figurenperspektive beziehungsweise deren 'point of view'.
- Monotonie in der Erzählung kaum zu vermeiden, weshalb oftmals innerhalb dieser 'Erzählsituation' zwischen der Sicht verschiedener Figuren gewechselt wird ('Multiperspektive').
-Autor Probleme bereiten, bestimmte Informationen (z.B. über Zeit oder Ort der Handlung) an den Leser zu bringen--> 'personale' Sicht kurzzeitig verlassen, um gewissermaßen 'auktorial' in das Geschehen einzugreifen.
-Das Vorherrschen von Erzähltechniken wie Beschreibung oder szenische Darstellung (in Form dialogischer Partien) erweckt den Anschein, hier sei kaum noch ein Erzähler am Werk, der sich vermittelnd zwischen die Geschichte und den Leser stellt. Damit wird in der 'personalen Erzählsituation' ein sehr hoher Grad von "Unmittelbarkeit" erzeugt, die tatsächlich natürlich nur eine Wirklichkeitsillusion sein kann (vgl. Mimesis).
-Eine Radikalisierung dieser personalen Erzählsituation hat Stanzel in der sogenannten 'neutralen Erzählsituation'gesehen. Hier ist nicht einmal mehr eine 'Reflektorfigur' auszumachen, vielmehr wird die Geschichte wie von einem unsichtbar bleibenden Beobachter oder einer Kamera (dem 'camera-eye') erzählt. Da die Erzählung von Bewußtseinsprozessen ausgeblendet wird (Formulierungen wie "dachte sie..." sind also nicht möglich), ist der Leser umso mehr aufgefordert, diese hinzuzufügen. Man könnte sagen, daß der Erzähler hier keine Reflexionen mehr darstellt, sondern lediglich Reflexe.
Ich - Erzählsituation?
-das berichtende Erzählen dominiert durch eine 'Erzählerfigur' (also 'telling') und die 'Innensicht' auf das Figurenbewußtsein.
-Erzähler in der Ich-Form --> aber auch ein auktorialer Erzähler kann "Ich" sagen --> der Erzähler und die Figur gehören also dem selben 'Seinsbereich' an.
-'epische Distanz' vollständig aufgehoben zu sein, steht der Erzähler doch als ein Handelnder mitten im Geschehen.
- Ich-Erzähler eine "gespaltene Persönlichkeit", deren eine Seite als "erlebendes Ich", die andere als "erzählendes Ich" bezeichnet wird.--> authentisch & Innenleben zu reflektieren. Doch ist diese Möglichkeit zur ausgiebigen Introspektion durch ein sehr enges Blickfeld - eben nur das seine - erkauft, das erfordert, andere Figuren lediglich von außen zu beschreiben --> Nähe zur personalen Erzählsituation.
-erzählt seine Geschichte - häufig sein Leben oder doch wenigstens Episoden daraus - aus einem mehr oder weniger großen zeitlichen Abstand. Das befähigt ihn, kommentierend und wertend, zuweilen reuevoll, auf sein Leben zurückzublicken, was seine Perspektive wiederum an die des auktorialen Erzählers annähert.
- vier mögliche Formen der Ich-Erzählsituation: 1) Retrospektive mit Zentralstellung des Ich-Erzählers (z.B. im autobiographischen 'Memoirenroman' wie Thomas Manns Felix Krull); 2) Retrospektive mit Randstellung des Ich-Erzählers (z.B. in Thomas Manns Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn, erzählt von einem Freunde, nämlich dem Ich-Erzähler Dr. phil. Serenus Zeitblom); 3) keine ausgeprägte Retrospektive bei Zentralstellung des Ich-Erzählers (wie im Briefroman, z.B. Die Leiden des jungen Werthers von Goethe); und 4) keine ausgeprägte Retrospektive bei Randstellung des Ich-Erzählers (z.B. in den Detektivgeschichten von Arthur Conan Doyle, in denen Dr. Watson als Ich-Erzähler über die Recherchen seines Freundes Sherlock Holmes erzählt).
--> Diese vier Möglichkeiten der Ich-Erzählung lassen sich auch in erzählerischen Gebrauchsformen wiederfinden.
Der erste Fall in Memoiren oder der Autobiographie (1), der zweite in der Biographie (2), der dritte im Brief (3)
und der vierte in Reportage oder Bericht (4).
Wie lassen sich grundsätzlich zwei verschiedene Arten der Beziehung von Erzähler und Figuren unterscheiden?
1. Erzählungen, in denen der Erzähler an der von ihm erzählten Geschichte als Figur beteiligt ist und in
denen dementsprechend die erste Person dominiert.
2. Erzählungen, in denen der Erzähler nicht zu den Figuren seiner Geschichte gehört und in denen
dementsprechend die dritte Person dominiert.
--> Im ersten Fall sprechen wir von einem homodiegetischen Erzähler, im zweiten Fall von einem heterodiegetischen Erzähler.
aus welcher Sicht kann das Erzählte in einer fiktionalen Erzählung vermittelt werden?
(drei verschiedene Typen von Fokalisierung)
Erlebte Rede?
-Die Aufgabe, Gedanken und Gefühle in einem Modus mitzuteilen, in dem Figur und Erzähler gleichzeitig präsent sind, wird in der Regel von der Technik der 'erlebten Rede' übernommen.
-vor allem im 19. Jahrhundert von Autoren wie Gustave Flaubert und Henry James entwickelt.
-Die 'erlebte Rede' ist ein zwischen mehreren Polen oszillierendes Phänomen: Zunächst überlagern sich in ihr die Stimme der Figur und die des Erzählers --> Cohn zufolge werden in ihr die Gedanken einer Figur wiedergegeben, wobei der Erzählrahmen (vor allem in Form des Erzähltempus Imperfekt) aber beibehalten wird. -Die 'erlebte Rede' kann entweder stark an den Erzähler gebunden bleiben oder sich mehr an der Figurensicht orientieren.
-Häufig kann man in der Erzählerstimme Spuren der Ausdrucksweise wiedererkennen, die dem Wortschatz oder der Stilschicht der Figur angehören.
-Erkennbar wird 'erlebte Rede' oft, wenn in der vermeintlichen Erzählerrede deiktische (zeigende) Zeit- oder Raumadverbien vorkommen, die sich auf den Figurenstandpunkt beziehen (wie 'morgen, hier, nun').
-Weitere Anzeichen für 'erlebte Rede' sind affektive und argumentative Interjektionen ('gewiß, jedoch'), emphatische Ausrufe ('ach!') und rhetorische Fragen.
- Mit der 'direkten Rede' hat sie die Wortstellung gemeinsam, mit der 'indirekten Rede' die Verschiebung des Aussagesubjekts in die dritte Person.
-Schließlich ist nicht immer klar, ob es sich um ausgesprochene oder stumme Gedanken
handelt.
- Meistens wird die 'erlebte Rede' vom Erzähler situativ eingebettet, auch wenn eine ausdrückliche Ankündigung in Form eines 'verbum credendi' fehlt.
Da der Erzähler bei der 'erlebten Rede' weniger stark vermittelnd eingreift, ist sie in einem höheren Maße 'mimesisfähig' (vgl. Mimesis) als der Gedankenbericht. Allerdings ist sie weniger 'mimesisfähig' als die
verschiedenen Formen der 'stummen direkten Rede' bzw. des Inneren Monologs.
Innerer Monolog?
-Funktion, das Denken oder Fühlen einer Figur möglichst unvermittelt wiederzugeben.
Der Erzähler tritt in den Formen des ´quoted monologue--> überläßt der Figur das Terrain. Allen Varianten ist gemeinsam, daß sie syntaktisch wie direkte Rede konstruiert sind, nur eben nicht ausgesprochen werden. Es bietet sich an, diese Techniken nach historischen und grammatischen Gesichtspunkten zu unterscheiden.
-Die einfachste und älteste Form der direkten Gedankenwiedergabe ist das ´Selbstgespräch´. Es ist aus dem dramatischenMonolog bekannt und tritt meist mit Einleitungsformeln auf, die heute etwas altertümlich anmuten (wie: ´sagte er zu sich selbst´) oder sogar paradox erscheinen (wie: ´rief er in Gedanken aus´).
-Der ´Innere Monolog´ ist grammatisch durch die direkte Personenrede - im Indikativ des Präsens mit Aussagesubjekt in der ersten Person - und eine unabhängige Syntax gekennzeichnet. Im Unterschied zum ´Selbstgespräch´ werden hier weder ein ´verbum credendi´ noch Anführungszeichen der stummen Rede vorangestellt.
-Die Rede selbst ist durch den Stil der Figur sehr persönlich gefärbt.
-Mit dem ´Inneren Monolog´ hat der ´stream of consciousness´ (´Bewußtseinsstrom´) als die radikalste Form der ´stummen direkten Rede´ gemeinsam, daß er ohne einen Rahmen, den der Erzähler liefert, nur sehr schwer bestehen kann. Zwar erhält der Leser hier den unmittelbarsten Einblick in das Figurenbewußtsein, doch ist es fast unumgänglich, daß der Erzähler Informationen gibt, die über das Bewußtsein einer einzigen Figur hinausgehen. Praktisch wird die ´stream-of -consciousness´-Technik meist auch nur punktuell und in Verbindung mit anderen Formen der Gedankenwiedergabe eingesetzt. Als erster hat sie der Franzose Émile Dujardin in seinem Roman Der geschnittene Lorbeer (1888) verwendet. Ihren Siegeszug im modernen Roman hat sie allerdings mit dem Ulysses von James Joyce (1922) angetreten. Im ´stream of consciousness´ wird versucht, komplexe gedankliche Abläufe möglichst authentisch und realistisch wiederzugeben. Dies geschieht auf direktem Wege, d.h. ohne die ordnende Hand eines Erzählers.
Statt der regelrechten Syntax des ´Inneren Monologs´ herrschen hier die Prinzipien der freien Assoziation, des Sprachspiels und der Lautmalerei.
Welche 4 Sachen sind für Handlung relevant?
1. Ereignis (Motiv): Die elementare Einheit eines narrativen Textes im Bereich der Handlung ist das Ereignis oder Motiv. 2. Geschehen: Auf einer ersten Integrationsstufe erscheinen Ereignisse zu einem Geschehen aneinandergereiht, indem sie chronologisch aufeinander folgen. 3. Geschichte: Das Geschehen als eine Reihe von Einzelereignissen wird zur Einheit einer Geschichte integriert, wenn die Ereignisfolge zusätzlich zum chronologischen auch einen kausalen Zusammenhang aufweist, so dass die Ereignisse nicht nur aufeinander, sondern auch auseinander folgen. 4. Handlungsschema: Das Handlungsschema ist ein aus der Gesamtheit der erzählten Ereignisse abstrahiertes globales Schema der Geschichte, das nicht nur für den einzelnen Text, sondern für ganze Textgruppen (wie z.B. Gattungen) charakteristisch sein kann. Durch die Integration in ein Handlungsschema erhält die Geschichte eine abgeschlossene (Anfang, Mitte, Ende) und sinnhafte (z.B. archetypische) Struktur.
Auf der Seite der Darstellung unterscheiden wir [...] zwei Aspekte:
5. Erzählung: Die erzählten Ereignisse in der Reihenfolge ihrer Darstellung im Text. Die Erzählung unterscheidet sich von der chronologisch rekonstruierten Handlung vor allem durch die Gestaltung und zeitliche Umgruppierung der Ereignisse im Text (Erzähltempo, Rückwendung, Vorausdeutung). 6. Erzählen: Die Präsentation der Geschichte und die Art und Weise dieser Präsentation in bestimmten Sprachen, Medien (z.B. rein sprachliche oder audio-visuelle) und Darstellungsverfahren (z.B. Erzählsituation oder Sprachstil). Aus: Martinez, Matias / Scheffel, Michael: Einführung in die Erzähltheorie, 8. Aufl., München 2009
Was ist 'zeitdehnendes Erzählen'?
Eine recht seltene Variante bildet dabei das 'zeitdehnende Erzählen'. In diesem Fall ist die 'Erzählzeit' länger als die 'erzählte Zeit'. Ein solches Verfahren kann schnell ablaufende Bewußtseinsprozesse sprachlich wiedergeben. Wenn beispielsweise eine Romanfigur ihr Frühstück im Bett einnimmt und der Erzähler die Gelegenheit nutzt, ihre gleichzeitig ablaufenden Gedanken auf 100 Seiten auszubreiten ...
Was ist 'zeitdeckendes Erzählen'?
Im zweiten Fall, dem 'zeitdeckenden Erzählen', fallen 'Erzählzeit' und 'erzählte Zeit' zusammen, sind gleich lang. Ein typisches Beispiel für diese Form der Zeitbehandlung sind Dialoge, in denen die Worte der Figuren in direkter Rede ungekürzt wiedergegeben werden.
Was ist 'zeitraffendes Erzählen'?
Die meisten Erzählungen sind (übrigens auch im Alltag) jedoch so konstruiert, daß die 'erzählte Zeit' deutlich länger ist als die ´Erzählzeit´. Hier spricht man von 'zeitraffendem Erzählen'. Da das Leben niemals komplett - also lückenlos von Anfang bis Ende - erzählt werden kann, ist jeder Erzähler geradezu gezwungen, Ereignisse in verschiedenen Formen zusammenzufassen bzw. zusammenzuraffen. Die verschiedenen Raffungsarten, (nach Lämmert), sind dabei folgende:
Was ist eine 'Aussparung'?
Die extremste Form der Zeitraffung bildet die 'Aussparung' bzw. der 'Zeitsprung', etwa in der Form "Drei Jahre später ...". Hierbei wird ein Zeitabschnitt schlicht übersprungen; sei es, um für die Geschichte Unwichtiges wegzulassen, oder auch - wie in Detektivgeschichten - bewußt etwas Wichtiges zu unterschlagen ...
Was ist eine 'sukzessiven Raffung'?
Des weiteren unterscheidet Lämmert drei Raffungsarten im engeren Sinne. Bei der 'sukzessiven Raffung' handelt es sich um "eine in Richtung der erzählten Zeit fortschreitende Aufreihung von Begebenheiten. Die Grundformel dieser Raffungsart ist das Dann ... und dann..." (S. 83). "Sie nahm nach dem Frühstück die UBahn bis zum Berliner Platz, dann ging sie zum Narratologie-Seminar, und dann in die Bibliothek, um Lämmerts 'Bauformen des Erzählens' auszuleihen."
Was ist eine 'iterative Raffung'?
Die 'iterative Raffung' hingegen "faßt einen mehr oder weniger großen Zeitraum durch Angabe einzelner, regelmäßig sich wiederholender Begebenheiten" (S. 84) zusammen, ihre Grundformel lautet: "Immer wieder in dieser Zeit ...". Also: "Im Sommer fuhr sie jeden Tag mit dem Fahrrad zur Universität."
Was ist eine 'durative Raffung'?
Mit 'durative Raffung' schließlich werden "allgemeine, den ganzen Zeitraum überdauernde Gegebenheiten" (S. 84) bezeichnet. Sie läßt sich mit der Formel "Die ganze Zeit hindurch ..." beschreiben: "Während ihres gesamten Studiums hat sie nebenbei für eine Werbeagentur gearbeitet." Da die letzten beiden Formen der Zeitraffung häufig gemeinsam auftreten, spricht Lämmert auch zusammenfassend von 'iterativ-durativer Zeitraffung'.
Was ist unter 'Rückwendung' zu verstehen?
Als 'Rückwendung' bezeichnet Lämmert prinzipiell die Unterbrechung der Erzählung, um Geschehnisse nachzutragen, die sich schon zu einem früheren Zeitpunkt ereignet haben. Ohne diese Umstellungstechnik kommt kaum eine Erzählung aus. Ein typischer Anwendungsfall besteht darin, Informationen über die Biographie einer Handlungsfigur an passender Stelle nachzureichen. Innerhalb dieser Erzählbewegung in Richtung der Vergangenheit differenziert Lämmert jedoch noch weiter:
Was versteht man unter einer 'aufbauenden Rückwendung'?
Die 'aufbauende Rückwendung' bleibt auf eine jeweils zweite Erzählphase beschränkt. Nach einem Beginn 'in medias res' (beispielsweise dem Treffen des Privatdetektivs Sam Spade mit einer neuen Klientin in seinem Büro) wird das am Anfang Ausgesparte nachgeholt (z.B. könnte aus dem Haushalt der jungen Dame ein wertvoller Gegenstand oder gar eine Person verschwunden sein, was sie dazu veranlaßt hat, den Detektiv aufzusuchen).
Was ist eine 'auflösende Rückwendung'?
Analog dazu spricht Lämmert von einer 'auflösenden Rückwendung' am Ende des Textes. Hier werden die Lücken im bisher Erzählten aufgefüllt und Informationen nachgeliefert, die bis zu dieser Stelle zurückgehalten worden waren. So scharen sich die verdächtigen Personen am Ende eines Romans von Agatha Christie regelmäßig um den Detektiv Hercule Poirot, der die Ereignisse resümiert und diejenigen - bisher verschwiegenen - Informationen nachträgt, die ihn auf die Spur des Mörders geführt haben.
Was ist eine 'eingeschobene Rückwendung'?
Eine dritte Form bildet die 'eingeschobene Rückwendung'. Sie kann an einer beliebigen Stelle im Text vorangegangene Ereignisse einblenden, sei es, um Nebenhandlungen weiter auszuführen, um nur punktuell auf ein vergangenes Ereignis zu verweisen oder um mit einem Blick auf die Vergangenheit das gegenwärtige Geschehen zu vertiefen.
Was kann man im Allgemeinen über 'Vorausdeutungen' sagen?
Weniger häufig tritt eine Technik auf, die den gleichen Vorgang in der zeitlichen Gegenrichtung vollzieht. Wenn ein zukünftiges Ereignis der Geschichte vorweggenommen wird, obwohl der Gang der Erzählung noch gar nicht an diesem Punkt angelangt ist, spricht Lämmert von 'Vorausdeutungen'. Verallgemeinernd kann man sagen, daß seine Kategorie der 'zukunftsungewissen Vorausdeutung' dem Horizont der Figuren zugeordnet ist (bzw. einem Erzähler, der nicht mehr weiß als die Figuren). Die Unsicherheit äußert sich als subjektive Hoffnung, Furcht, Glauben usw. Die 'zukunftsgewisse Vorausdeutung' dagegen verlangt einen Erzähler, der zumindest mehr weiß als die Figuren. So kann er sichere Angaben über das zukünftige Geschehen machen. Lämmert differenziert hier noch einmal.
Was ist eine 'einführende Vorausdeutung'?
Dabei bedeutet 'einführende Vorausdeutung', daß am Textanfang eine Figur, ein Thema oder ein Geschehen angekündigt wird (wie z.B. in dem barocken Titel eines spanischen Schelmenromans von Mateo Alemán: Der große spanische Vagabund Guzmán de Alfarache, wie er aus Sevilla auszog, sein Glück zu suchen, in Madrid die Schule der Bettler und in Toledo die Schule der Liebe durchmachte, in Rom und Florenz großen Herren diente und da ihm das Glück zu lächeln schien, endlich auf die Galeere geriet).
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