Einführung in die Sozialpsychologie 1 8 Prosoziales Verhalten, Helfen und Altruismus
Einführung in die Sozialpsychologie 1 8 Prosoziales Verhalten, Helfen und Altruismus
Einführung in die Sozialpsychologie 1 8 Prosoziales Verhalten, Helfen und Altruismus
Kartei Details
Karten | 30 |
---|---|
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 18.08.2014 / 24.01.2022 |
Weblink |
https://card2brain.ch/box/einfuehrung_in_die_sozialpsychologie_1_8_prosoziales_verhalten_helfen_und_altruismus
|
Einbinden |
<iframe src="https://card2brain.ch/box/einfuehrung_in_die_sozialpsychologie_1_8_prosoziales_verhalten_helfen_und_altruismus/embed" width="780" height="150" scrolling="no" frameborder="0"></iframe>
|
Lernkarteien erstellen oder kopieren
Mit einem Upgrade kannst du unlimitiert Lernkarteien erstellen oder kopieren und viele Zusatzfunktionen mehr nutzen.
Melde dich an, um alle Karten zu sehen.
Prosoziales Verhalten
Prosoziales Verhalten
- Mit dem Begriff prosoziales Verhalten werden in der sozialpsychologischen Literatur üblicherweise Verhaltensweisen bezeichnet, die von einer Gesellschaft allgemein als vorteilhaft oder gewinnbringend für andere Menschen und/oder das bestehende politische System definiert werden.
- Ob ein Verhaltensakt als prosozial angesehen wird, hängt unmittelbar vom spezi- fischen sozialen, historischen und politischen Kontext ab
- -> unter bestimmten Bedingungen wird Aggression (wenn ein gemeinsamer Feind bekämpft wird) auch als sozial vorteilhaft, wenn nicht sogar prosozial definiert.
Helfen
Helfen
- Verhaltensweisen, die eine Person (der Helfer) in der Absicht aus- führt, das Wohlergehen einer anderen Person (des Hilfeempfängers) zu verbessern (oder zu schützen). Eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass ein Akt als Helfen klassifiziert wird, ist die Verhaltensabsicht oder Intention des Helfers.
„Helfen“ Klassifikationssytem – Peaerce und Amato
„Helfen“ Klassifikationssytem – Peaerce und Amato
- Planungsgrad (spontan vs. Geplant)
- Schweregrad (Lösung kleines Problem vs. Hilfe in gravierender Notsituation)
- Art des Kontakts ( direkter Kontakt vs. Indirekt)
Altruismus
Altruismus
- Formen des Hilfeverhaltens, deren primäres Ziel es ist, das Wohlergehen einer anderen Person zu verbessern oder zu schützen. Ein möglicher persönlicher Nutzen, der dabei für den Helfer entsteht (z.B. soziale Anerkennung durch andere Personen) stellt lediglich ein „Nebenprodukt“ des Hilfeverhaltens dar und ist nicht intendiert.
Altruistisch vs. Egoistisch
Altruistisch vs. Egoistisch
- Altruistisch motiviertes Helfen wird in der Literatur dem egoistisch motivierten Helfen gegenübergestellt
- Im egoistischen helfen besteht das Ziel darin sein eigenes Wohlergehen zu verbessern, schützen oder auszbauen
- -> Helfen dient als Mittel zum Zweck
Verwandtenselektion
Verwandtenselektion
- natürliche Selektion hat insbesondere die Evolution von prosozialem Verhalten gegenüber genetisch Verwandten gefördert
- -> weil dieses Verhalten den indirekten Reproduktionserfolg eines Individuums erhöht
- Theorie leitet sich direkt aus dem von Hamilton entwickelten Konzept der Gesamtfitness ab
Gesamtfitness („inclusive fitness“)
Gesamtfitness („inclusive fitness“)
- Der Fortpflanzungserfolg eines Individuums, der sich aus der Addition zweier Maße ergibt
a) der direkten Fitness, d.h., der Anzahl der Gene, die durch eigene Reproduktion (direkte
eigene Nachkommen) in die nächste Generation weitergegeben werden
b) der indirekten Fitness, der Anzahl der eigenen Gene, die über Verwandte an die nächste Generation weitergegeben werden.
Empirische Belege für Verwandtenselektion
Empirische Belege für Verwandtenselektion
- Szenarioexperimente von Burnstein bestätigen Verwandtenselektion
- Linearzusammenhang warnur dann zu beobachten, wenn es sich bei den präsentierten Notfallszenarien, um lebensbedrohliche Situationen handelte (ein Brand in einem Wohnhaus) - keine Notsituation, keine Lebensgefahr für die andere Person -> genetische Verwandtschaft spielte für das Ausmaß der Hilfsbereitschaft keine Rolle
Reziproker Altruismus – Trivers
Reziproker Altruismus – Trivers
- Unterstützung von Nichtverwandten bringt zunächst Fitnesskosten mit sich -> ist garantiert dass diese Unterstützung vom Rezipienten zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Verhaltensweise erwidert wird, deren Wert die eigenen Investitionskosten übersteigt, dann resultiert aus der ursprünglichen Investition ein Fitnessvorteil für das Individuum
- Theorie postuliert, dass die natürliche Selektion die Evolution von Hilfeverhalten begünstigt hat, das auf dem Prinzip der Wechselseitigkeit beruht.
Reziprozitätsnorm
Reziprozitätsnorm
- Menschen sollen denen helfen, die ihnen geholfen haben
- sie sollten die nicht verletzen, die ihnen geholfen haben
- Sozialwissenschaftler: sehen Regeln als Bestandteil einer universell gültigen Norm, die ihre Verbreitung dem universellen Nutzen für das menschliche Zusammenleben verdankt
- Evolutionspsychologen: werten die kulturenübergreifende Verbreitung des Reziprozitätsprinzips als einen Beleg für seine genetische Verankerung
Kosten-Nutzen-Analyse – Sozialer Austausch
Kosten-Nutzen-Analyse – Sozialer Austausch
- Hilfeverhalten lässt sich als eine Form des sozialen Austauschs verstehen, bei der eine Person eigene Ressourcen investiert, um einen Gegenwert dafür zu bekommen.
- Person analysiert in Hilfesituation die potenziellen Kosten und den Nutzen, die für sie persönlich durch das Hilfeverhalten resultieren -> vergleicht diese Konsequenzen mit den potenziellen Kosten und dem Nutzen alternativer Handlungen -> wählt auf Grundlage dieser Analysen ihre Verhaltensweise
- -> Das übergeordnete Ziel des Hilfeverhaltens besteht austauschtheoretischen Überlegungen zufolge damit in der Wahrung oder dem Ausbau des eigenen Wohlergehens nach dem Prinzip der Nutzenmaximierung (egoistische Motivation)
Kosten- und Nutzenfaktoren
Kosten- und Nutzenfaktoren
- Kosten- und Nutzenfaktoren, die Menschen im Rahmen der Entscheidung zu helfen (oder nicht zu helfen) berücksichtigen,
- Materielle Konsequenzen
- Körperliche Konsequenzen
- Soziale Konsequenzen
- Psychische Konsequenzen
Konsequenzen des Nichthelfens
Konsequenzen des Nichthelfens
- viele Gesellschaften haben Erwartungen dass man denjenigen helfen soll, die auf einen angewiesen sind – Norm der sozialen Verantwortung
- -> Menschen nicht zu helfen kann soziale Sanktionierungen, strafrechtliche Konsequenzen, persönliche Schuldgefühle, unangenehme Gefühl eigenen Werten und Standards nicht gerecht zu werden zur Folge haben
- -> Wunsch derartige Kosten zu vermeiden stellt daher eine weitere Quelle der Motivation dar
Emotionale Reaktionen auf die Notlage anderer
Emotionale Reaktionen auf die Notlage anderer
- Menschen reagieren auf die Notlage anderer Menschen üblicherweise mit eigener emotionaler Erregung
- -> Phänomen tritt schon bei sehr kleinen Kindern auf und es ist kulturübergreifend zu beobachten
- -> gibt Anlass zur Vermutung dass Verhaltensreaktion eine biologische Grundlage hat
Negative-State-Relief-Modell - Robert Cialdini
Negative-State-Relief-Modell - Robert Cialdini
- Kerngedanke: negativ empfundene Gefühlszustände lösen die Motivation aus, diese Gefühle zu reduzieren, um damit das eigene Wohlbefinden wiederherzustellen
- -> eine Möglichkeit dieses Ziel zu erreichen ist die Notlage hilfsbedürftiger Personen zu verbessern
- -> Andere Verhaltensweisen können diesen Zweck genauso gut erfüllen. Wenn also ein alternatives Ereignis den negativen Gefühlszustand einer Person verbessert, bevor sie die Gelegenheit zu helfen wahrnimmt, sollte dies ihre Motivation zu helfen, drastisch reduzieren
Empathie-Altruismus Hypothese – Daniel Batson
Empathie-Altruismus Hypothese – Daniel Batson
- Im Kern besagt diese Hypothese, dass das Empfinden von Empathie für eine notleidende Person altruistisches Verhalten begünstigt
- Batson nimmt an, dass das Auftreten von Empathie durch Perspektivenübernahme begünstigt wird
- -> wiederum wahrscheinlicher wenn zwischen Personen ein Gefühl der Verbundenheit herrscht
Empathie
Empathie
- Eine auf eine andere Person gerichtete emotionale Reaktion, die Gefühle wie Mitgefühl, Mitleid, Besorgnis, Wärme oder Fürsorglichkeit umfasst. Ein kognitiver Faktor, der das Auftreten von Empathie begünstigen kann, ist die Übernahme der Perspektive der notleidenden Person.
„Elaine“ Experiment
„Elaine“ Experiment
- weibliche Versuchspersonen beobachteten (jeweils einzeln), wie eine andere Versuchsperson („Elaine“, tatsächlich eine Assistentin der Versuchsleitung) an einem Lernexperiment teilnahm
- -> bekam während des Experiment vermeintliche Elektroschocks
- -> Da Elaine unter den (an- geblichen) Elektroschocks aufgrund eines Kindheitstraumas scheinbar stark litt, fragte der Vl die Versuchsperson, ob sie bereit sei, anstelle von Elaine an dem Lernexperiment teilzunehmen.
- Zwei unabhängige Variablen: Stärke der Empathie für Elaine (Vp wurde gesagt sie seien sehr ähnlich, oder nicht); Kosten des Nicht-Helfens (können Experiment jederzeit verlassen vs. Müssen bis Ende bleiben)
- -> Unter der Bedingung „hohe Empathie“ (altruistische Motivation) halfen die Versuchspersonen unabhängig von den Kosten des Nicht-Helfens. Unter der Bedingung „niedrige Empathie“ (egoistische Motivation) war dies hingegen nicht der Fall – der überwiegende Teil der Versuchspersonen half nur dann, wenn Nicht-Helfen mit hohen Kosten einherging
Empathiemotiviertes Helfen wirklich altrusitisch?
Empathiemotiviertes Helfen wirklich altrusitisch?
- Cialdini und Kollegen stellen infrage, dass Helfen, das durch Empathie motiviert ist, „wahrhaft“ altruistisch ist
- -> Empathie – emotionales Signal für die Wahrnehmung als Gefühl des Einsseins
- -> Wenn eine Person sich selbst und die Zielperson als Einheit wahrnimmt, kann man dann wirklich sagen, dass ihr Hilfeverhalten altruistisch motiviert ist – hilft sie dann nicht zwangsläufig auch sich selbst?
- -> Befundlage ist nicht eindeutig - > Empathie kann auch unabhängig vom Gefühl des Einsseins zu Hilfeverhalten führen
Soziale Identität
Soziale Identität
- Effekt von Empathie auf Helfen ist stärker, wenn Helfer und Hilfeempfänger zu einer gemeinsamen Gruppe gehören bzw. eine gemeinsame soziale Identität teilen
Aktuelle Befundlage zur Empathie-Helfen-Beziehung
Aktuelle Befundlage zur Empathie-Helfen-Beziehung
- wenn auch die Rolle der Definition des Selbst und des Anderen im Zusammenhang der Empathie-Helfen-Beziehung weiterer konzeptueller und empirischer Klärung bedarf, so spricht die gegenwärtige Befundlage dennoch dafür, dass die Motivation, die durch Empathie ausgelöst wird, nicht mit egoistischer Motivation gleichzusetzen ist
Zwei unabhängige Motivationssysteme
Zwei unabhängige Motivationssysteme
- hedonistisch-egoistisches und ein empathisch-altruistisches
- können beide prosoziales Verhalten regulieren
- Art der Beziehung zwischen Helfer- und Hilfeempfänger (definiert durch Ähnlichkeit, Verwandtheit, Freundschaft etc.) spielt für die Regulation dieser motivationalen Systeme offenbar eine entscheidende Rolle
Prosoziale Persönlichkeit – Louis Penner
Prosoziale Persönlichkeit – Louis Penner
- Empathische Veranlagung: relativ zeitstabile Tendenz einer Person, auf die Notlagen anderer Menschen mit Empathie zu reagieren, sowie ihre Neigung, sich für das Wohler- gehen anderer Personen verantwortlich zu fühlen - Diese Dimension korreliert substanziell mit einer Reihe von Persönlichkeitsvariablen, die in der Literatur im Zusammenhang mit prosozialem Verhalten diskutiert werden
- Dispositionelle Hilfsbereitschaft: umfasst die Selbsteinschätzung der Person als hilfsbereit (Hilfsbereitschaft wird subjektiv als ein wesentliches Merkmal des Selbstkonzepts angesehen), und die Wahrnehmung, dass man selbst kompetent ist, Hilfe zu leisten - korreliert ebenfalls mit einer Reihe von Variablen, die von anderen Forschern mit prosozialem Verhalten in Verbindung gebracht werden
- -> es ist darauf hinzuweisen dass der Einfluss der Persönlichkeit auf prosoziales verhalten nicht in allen Situationen gleich stark ist
Geschlechterunterschiede
Geschlechterunterschiede
- traditionellen Geschlechtsrollen liegt es nahe zu vermuten, dass Männer und Frauen sich auch im Hinblick auf Hilfeverhalten unterscheiden
- Eagly und Crowly: Weder Frauen noch Männer helfen mehr, sondern sie helfen in unterschiedlichen Bereichen
Bystander Effekt
Bystander Effekt
- Je größer die Anzahl der Zeugen („bystander“), die einen Notfall beobachten, desto geringer ist offenbar die Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemand von ihnen hilft
Fünf Schritte im Notfall – Latane und Darley
Fünf Schritte im Notfall – Latane und Darley
- Ereignis bemerken
- Ereignis als Notfall interpretieren - Viele Notfallsituationen sind für den Betrachter häufig nicht eindeutig als solche zu interpretieren, sondern bieten mehrere Interpretationsmöglichkeiten
- Verantwortung übernehmen – Gefahr der Verantwortungsdiffusion je mehr Leute anwesend sind
- Passende Art der Hilfeleistung auswählen - Mangelndes Wissen oder das Gefühl, nicht kompetent zu sein, könnten dazu führen, dass die Person letztlich doch davon absieht einzugreifen
- Entscheidung umsetzen – sämtliche Motivationsprozesse spielen eine Rolle (Kosten/Nutzen, Negativ-State-Relief, Empathie); Bewertungsangst: sich vor anderen Personen, die das Ereignis ebenfalls bemerkt haben, zu blamieren. Insbesondere in Situationen, in denen sich die Person selbst unsicher ist, ob sie in der Lage ist, erfolgreich einzuschreiten
Pluralistische Ignoranz
Pluralistische Ignoranz
- Eine auf informativem sozialem Einfluss beruhende kollektive Fehlinterpretation eines Notfalls als harmloses Ereignis
- Fehlinterpretation resultiert daraus, dass sich alle Zeugen unsicher sind, wie sie das Ereignis einzuschätzen haben, und sich deshalb aneinander orientieren. Da keiner einschreitet, wird das Ereignis als harmlos angesehen.
Verantwortungsdiffusion
Verantwortungsdiffusion
- Die Abnahme der wahrgenommen individuellen Verantwortlichkeit für das Einschreiten in einer Notfallsituation aufgrund der Anwesenheit anderer handlungsfähiger Personen.
Wie lässt sich Helden in Notfallsituationen fördern?
Wie lässt sich Helden in Notfallsituationen fördern?
- Machen Sie durch deutliche Zeichen oder Rufe auf sich aufmerksam, um sicherzustellen, dass Ihre Notlage bemerkt wird!
- Artikulieren Sie deutlich, in welcher Lage Sie sind („Ich werde an- gegriffen und brauche Hilfe!“) – Schreie oder Schmerzenslaute allein bieten mehrere Interpretationsmöglichkeiten!
- Verantwortungsdiffusion vorbeugen, indem Sie von den Personen, die sich in der Nähe aufhalten, eine Person direkt ansprechen („Hey, Sie in der blauen Jacke, bitte helfen Sie mir!“).
- Erleichtern Sie dem Angesprochenen die Entscheidung bezüglich der Wahl der Hilfe, indem Sie die Hilfe vorschlagen, die Sie für angemes- sen halten („Bitte rufen Sie die Polizei!“).
- -> Aufklärung über die Faktoren, die Hilfeverhalten in Notfallsituationen verhindern, steigert die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen zukünftig Hilfe leisten.
-
- 1 / 30
-