SelbA 1. Prüfung
Kapitel 2 R&S, Kapitel 3 R&S, Kapitel 13 GWZ
Kapitel 2 R&S, Kapitel 3 R&S, Kapitel 13 GWZ
Kartei Details
Karten | 19 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Politik |
Stufe | Berufslehre |
Erstellt / Aktualisiert | 14.10.2024 / 15.10.2024 |
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Welches ist die Struktur des geschriebenen Rechts?
Das geschriebene Recht ist die wichtigste Quelle der Schweizer Rechtsordnung. Es besteht aus drei Ebenen und den entsprechenden Instanzen, welche neue, allgemeinverbindliche Rechtsnormen (Rechtserlasse) oder Änderungen derselben auf Bundesebene beschliessen können.
Merke: Rechtsquellen und Gesetzgebungsverfahren der Kantone und Gemeinden sind im Detail verschiedenartig, im Grundsatz jedoch analog der Bundesebene geregelt. Auf Kantone und Gemeinden wird bei den folgenden Ausführungen nicht eingegangen.
Was ist die Bundesverfassung?
Die Bundesverfassung ist als Grundgesetz die oberste Rechtsquelle der Schweizerischen Eidgenossenschaft. In ihr ist die gesamte Rechtsordnung der Schweiz in den Grundzügen festgelegt. So sagt etwa die Bundesverfassung, dass die Gesetzgebung auf dem Gebiet des Zivilrechts (Privatrechts) Sache des Bundes ist. Gestützt auf diesen Verfassungsartikel wurden in der Folge das Zivilgesetzbuch (ZGB), das Obligationenrecht (OR) und andere privatrechtliche Bundesgesetze erlassen.
Über jede Änderung oder Ergänzung der Bundesverfassung muss eine obligatorische Volksabstimmung durchgeführt werden (obligatorisches Verfassungsreferendum). Der Anstoss für eine Änderung der Bundesverfassung kann in der Schweiz im Grundsatz von drei Seiten kommen:
- Bundesrat
- Bundesversammlung
- Volksinitiative
Was ist der Bundesrat?
Der Bundesrat macht einen Vorschlag für eine Verfassungsänderung. Wird der Vorschlag von National- und Ständerat angenommen, wird die Ver- fassungsvorlage für den endgültigen Entscheid dem Volk und den Ständen zur Volksabstimmung vorgelegt (obligatorisches Verfassungsreferendum).
Was ist die Bundesversammlung?
Aufgrund eines von National- und Ständerat angenommenen Parlamentsvorstosses (Motion) wird der Bundesrat verpflichtet, eine Verfassungsvorlage auszuarbeiten. Wird die Vorlage von National- und Ständerat angenommen, kommt es zur obligatorischen Volksabstimmung.
Was ist die Volksinitiative?
Das Initiativrecht ist ein politisches Recht und erlaubt es Schweizer Bürgerinnen und Bürgern, mit ihrer Unterschrift einen neuen Verfassungsartikel bzw. die Änderung eines Artikels zu beantragen. Eine Volksinitiative kommt rechtsgültig zustande, wenn innert 18 Monaten seit der amtlichen Veröffentlichung des Verfassungsbegehrens im Bundesblatt 100 000 Schweizer Stimmberechtigte (ab 18 Jahren) auf Unterschriftslisten bezeugen, dass sie das Anliegen unterstützen. Liegen die erforderlichen 100 000 gültigen Unterschriften rechtzeitig vor, kommt es zur Volksabstimmung.
Da eine Unterschriftensammlung mit erheblichem organisatorischem Aufwand verbunden ist, sind es in aller Regel Interessengruppen wie Wirtschafts- und Umweltverbände oder politische Parteien, welche mit solchen Volksinitiativen ein gesetzgeberisches Begehren durchsetzen wollen. Für die Annahme einer Verfassungsänderung müssen bei der entsprechenden Volksabstimmung die folgenden Resultate erzielt werden (doppeltes Mehr, d. h. Volksmehr und Ständemehr):
Volksmehr: Die Mehrheit der stimmenden Schweizer Bürgerinnen und Bürger muss der Vorlage zustimmen.
Ständemehr: Die Mehrheit der Stände (Kantone) muss die Verfassungsänderung gutheissen. Die einzelnen Kantonsstimmen richten sich dabei nach den kantonalen Abstimmungsergebnissen (Wie hat die Mehrheit des jeweiligen Kantons entschieden?). Bei 6 Halbkantonen (mit je einer halben Stimme) und 20 Voll- kantonen (mit je einer ganzen Stimme) braucht es folglich für das Erreichen des Ständemehrs mindestens 12 ganze Kantons- stimmen (23÷2+0,5). Das Erfordernis des Ständemehrs – neben dem Volksmehr – soll verhindern, dass die bevölkerungsreichen Kantone der Schweiz in Verfassungsangelegenheiten das alleinige Sagen haben.
Merke: Auf die Bundesverfassung haben die Schweizer Bürgerinnen und Bürger in zweifacher Hinsicht direkten Einfluss: erstens durch das Initiativrecht und zweitens durch Stimmrecht am obligatorischen Verfassungsreferendum.
Was ist das Bundesgesetz?
Auf der zweiten Hierarchiestufe der Schweizer Rechtsordnung stehen die Bundesgesetze. Ein Bundesgesetz darf einzig aufgrund eines von Volk und Ständen angenommenen Verfassungsartikels erlassen werden. Die für diese nachgelagerte Gesetzgebung zuständige Behörde ist die Bundesversammlung (National- und Ständerat). Bundesgesetze führen die einzelnen, in der Regel sehr allgemein gehaltenen Rechtssätze der Bundesverfassung konkreter und näher aus.
Auch auf Gesetzesstufe besteht für die Schweizer Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit, direkt auf die Rechtsordnung Einfluss zu nehmen. Mit dem Referendumsrecht kann das Volk nämlich Abstimmungen über parlamentarisch verabschiedete Bundesgesetze erzwingen. Zu einer Volksabstimmung über ein Gesetz (Gesetzesreferendum) kommt es immer dann, wenn eine Interessengruppe innert 100 Tagen seit der amtlichen Veröffentlichung des von der Bundesversammlung genehmigten Gesetzes 50 000 Unterschriften von Schweizer Stimmberechtigten (ab 18 Jahren) gegen den Rechtserlass sammelt. In diesem Fall ist das Referendum zustande gekommen, und die Vorlage muss dem Volk zur Abstimmung unterbreitet werden. Ansonsten gilt das neue oder abgeänderte Gesetz ohne Volksabstimmung.
Ein Bundesgesetz muss ebenfalls vor das Volk gebracht werden, wenn in der gleichen Frist von 100 Tagen mindestens acht Kantone (mit kantonalem Parlamentsbeschluss) dies verlangen. Weil das Schweizer Volk also nicht in jedem Fall über neue Gesetzesvorlagen abstimmt, spricht man in diesem Zusammenhang vom fakultativen (freiwilligen) Gesetzesreferendum oder einfach vom fakultativen Referendum. In der Volksabstimmung ist dann gemäss Verfassung allein das Volksmehr entscheidend für die Annahme (Ja-Stimmen) oder die Ablehnung (Nein-Stimmen) des Gesetzes.
Der Staat setzt ein von den Parlamenten beschlossenes Gesetz unter den folgenden Bedingungen in Kraft:
- Es wurde kein Referendum dagegen ergriffen.
- Es wurde das Referendum ergriffen, kam aber nicht zustande (zu wenig Unterschriften).
- Das Referendum kam zustande, bei der anschliessenden Volksabstimmung wurde das Gesetz aber angenommen.
Was ist die Bundesverordnung?
Auf der dritten und untersten Hierarchiestufe der Bundeserlasse stehen die Bundesverordnungen. Eine Verordnung leitet sich direkt von einem gültigen Bundesgesetz ab und enthält detaillierte Anweisungen an die betroffenen Amtsstellen des Staates, wie diese das Gesetz praxistauglich, einheitlich und für alle transparent auszuführen haben.
Ein Bundesratsbeschluss über eine Verordnung ist endgültig und kann vom Volk nicht wie ein Bundesgesetz mit dem Referendumsrecht infrage gestellt werden. Das erübrigt sich staatsrechtlich, da mit Verordnungen nicht eigentlich neues Recht gesetzt wird, sondern einzig der amtliche Vollzug des Rechts festgelegt wird.
Was ist das Wahlrecht?
Mit dem Initiativrecht (Verfassungsänderung anstossen), dem Referendumsrecht (Volksabstimmung verlangen) und den zwei Stimmrechten (fakultatives Gesetzesund obligatorisches Verfassungsreferendum) kann das Schweizer Volk direkt auf die Schweizer Rechtsordnung Einfluss nehmen.
Selbstverständlich beteiligen sich die Bürger/innen aber nicht zuletzt auch indirekt am Gesetzgebungsprozess, und zwar mit ihrem politischen Wahl- recht. So wählen sie diejenigen Politikerinnen und Politiker in den National- und Ständerat, von denen sie glauben, dass sie die Gesetzgebung in ihrem Sinn gestalten werden. Man spricht in diesem Zusammenhang vom aktiven Wahlrecht (das Recht, jemanden in ein Amt zu wählen). Daneben haben alle Stimmberechtigten das Recht, sich selbst in das Parlament (oder auch in die Regierung) wählen zu lassen und so an vorderster Stelle direkt in Bundesangelegenheiten mitzureden und diese mitzugestalten (passives Wahlrecht).
Welches sind die sechs Merkmale der Schweizer Politik?
Um zu verstehen, wie in der Schweiz politische Entscheide zustande kommen und wie das Land regiert wird, ist es unabdingbar, sechs wichtige charakterisierende Merkmale zu kennen. Sie bilden die Grundlage für die stabile politische und wirtschaftliche Lage der Schweiz.
- Pluralismus
- Konkordanzdemokratie
- Parteienvielfalt
- Verhältniswahlrecht in der Legislative
- Exekutive als Kollegialbehörde
- Starke Interessenvertretung
Was ist der Pluralismus?
Ein Staat, in welchem die Macht nicht bei einer Person oder Gruppe allein konzentriert ist, sondern auf verschiedene, voneinander unabhängige Gruppen der Gesellschaft verteilt ist, bezeichnet man als pluralistischen Staat. Pluralismus ist Voraussetzung für einen demokratischen Staat und zeichnet sich durch folgende Attribute aus:
- Friedliches Nebeneinander unterschiedlicher Ansichten und Lebensentwürfe in einer Gesellschaft
- Verteilung der Macht im Staat auf verschiedene Ebenen und Gewaltentrennung
- Freie Meinungsäusserung und Willensbildung
- Freiheit zur Bildung von Interessenvertretungen wie Parteien, Verbänden, Religionen, Bürgerinitiativen usw.
Es ist ein langer Prozess, bis aus den unterschiedlichen Positionen aller ein Konsens, eine möglichst breit abgestützte Meinung, für die verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Fragestellungen entsteht. Diese Fähigkeit, Kompromisse und Mehrheitsmeinungen zu akzeptieren, ist aber das A und O einer pluralistischen Gesellschaft wie der Schweiz. Im Gegensatz zur demokratischen, pluralistischen Gesellschaft steht die Machtausübung
durch einzelne Menschen (Diktatur, Monarchie) oder einzelne Gruppen (Parteidiktatur, Herrschaft einer Elite).
Was ist die Konkordanzdemokratie?
Das Wort «Demokratie» kommt aus dem Griechischen und bedeutet Herrschaft («kratia») des Volkes («demos»). In einem demokratischen Land wie der Schweiz herrscht also das Volk.
«Das Volk» als Einheit gibt es nicht: Ein Volk ist in diesem Zusammenhang eine Vereinigung unterschiedlicher Menschen mit unterschiedlichen Meinungen und Wertvorstellungen. Um ihre unterschiedlichen Positionen wirksam in der Politik vertreten zu können, schliessen sich Menschen mit gleicher Gesinnung oder gleichen Interessen in Parteien, Verbänden und anderen gesellschaftlichen Gruppierungen wie etwa Vereinen zu- sammen. Eine Demokratie, in welcher möglichst viele Beteiligte in den politischen Prozess und die Entscheidungsfindung einbezogen werden und die Macht in der Regierung auf verschiedene Parteien verteilt ist, nennt man Konkordanzdemokratie. Dies im Gegensatz zur Konkurrenzdemokratie, bei welcher die jeweils stärkste Partei zusammen mit ihren Partnern die relevanten Entscheidungen fällen kann, solange sie an der Macht ist.
Beispiel: In der Schweiz sind zurzeit vier Parteien in der Landesregierung vertreten (Stand 2021). Die sieben Bundesräte müssen sich jeweils auf gemeinsame Entscheide einigen können (Konkordanz). In Grossbritannien regiert abwechslungsweise die Partei der Tories (Konservative) oder die Labour Party (Arbeiterpartei). Ihre jeweilige Politik unterscheidet sich stark (Konkurrenz).
Was ist die Parteivielfalt?
Eine Partei ist ein Zusammenschluss von Menschen mit ähnlicher Gesinnung, welche gemeinsam Einfluss auf die Politik nehmen möchten. Mit folgenden Massnahmen versuchen Parteien, ihre Ziele zu erreichen:
- Die Wählerschaft bei Abstimmungen und Wahlen informieren und mobilisieren
- Volksinitiativen und Referenden lancieren und Unterschriften sammeln
- Kandidaten für politische Ämter rekrutieren
- Bei Vernehmlassungsverfahren (Möglichkeit der Stellungnahme zu neuem Gesetzesentwurf) Sichtweise der Partei einbringen
Fünf grosse und mehrere kleine Parteien sind in der Schweiz auf Bundesebene im Parlament vertreten. Politische Parteien werden häufig vereinfacht in ein Links-Rechts-Schema eingeordnet. Gemäss der Sitzordnung in diesem ersten französischen Parlament sitzen – von vorne gesehen – auch heute noch die bürgerlichen, konservativen Kräfte auf der rechten und die sozialistischen, progressiven auf der linken Seite – dazwischen die- jenigen Parteien, welche eine Position in der Mitte vertreten.
Die schweizerische Bundesversammlung gliedert sich politisch in Fraktionen und nicht in Parteien. Die Fraktionen umfassen Angehörige der gleichen Partei oder gleichgesinnter Parteien. Eine Fraktion ist also nicht immer mit einer einzigen Partei identisch. Diese Parteien vertreten unterschiedlichste politische und gesellschaftliche Positionen und ringen im Parlament und in der Regierung um Entscheidungen, welche oft einen notwendigen Kom- promiss darstellen.
Die politischen und gesellschaftlichen Überzeugungen und Ausrichtungen von Individuen
und Parteien werden vereinfacht wie folgt typisiert (etikettiert):
Merke: Die Vielfalt von politischen und gesellschaftlichen Meinungen widerspiegelt sich im breiten Parteienspektrum von links bis rechts. Diese auf einen gemeinsamen, für alle mehr oder weniger akzeptablen Nenner zu bringen, macht das Wesen der schweizerischen Konkordanzdemokratie aus. Die Parteien in der Mitte spielen dabei eine wesentliche Rolle.
Was ist das Verhältniswahlrecht für die Legislative?
Das breite Parteienspektrum ist möglich, weil der Nationalrat nach einem entsprechenden Verfahren gewählt wird. Es gibt grundsätzlich zwei Wahlverfahren:
- Majorzsystem (Mehrheitswahlrecht) Beim Majorzwahlsystem ist pro Wahlkreis nur ein Abgeordneter zu wählen, also nur ein Sitz zu vergeben. Die Wahl gewinnt, wer am meisten Stimmen erhält. Es braucht entsprechend viele, kleinere Wahlkreise, um z. B. ein ganzes Parlament zu wählen. Das Majorzsystem begünstigt die grossen Parteien, weil sie in der Regel pro Wahlkreis mehr Stimmen und damit die Sitze erhalten.
- Proporzsystem (Verhältniswahlrecht) Das Proporz- oder Verhältniswahlrecht verteilt die zu vergebenden Parlamentssitze im Verhältnis der abgegebenen Stimmen in einem Wahlkreis. Die Wahlkreise sind entsprechend grösser; es werden mehrere Sitze pro Wahlkreis vergeben. Dieses Wahlrecht gibt auch den kleineren Parteien eine Chance, Sitze zu erringen.
Das Proporzsystem, mit welchem der Nationalrat gewählt wird, ermöglicht also, dass auch kleinere Parteien einen Sitz im Parlament erhalten und die nationale Politik mitbestimmen können.
Merke: Die Einbindung kleinerer Parteien, welche die Meinung von Minderheiten vertreten, ist gewünscht und trägt zur Vielfalt und Stabilität der Schweizer Politik bei. Die bei langen Verhandlungen erzielten Ergebnisse bezeichnet man gelegentlich als «helvetischen Kompromiss».
Was ist die Exekutive als Kollegialbehörde?
Das System der Konkordanzdemokratie, das in der Schweiz eine lange Tradition hat, beinhaltet unter anderem, dass sich die grossen Parteien zusammen die Macht teilen. Diese Aufteilung erfolgte seit Jahrzehnten nach der sogenannten Zauberformel:
Die Anzahl Sitze im Bundesrat soll die Stärke der Parteien, gemessen an Wählerstimmen, widerspiegeln. Durch den Linksrutsch im Parlament wollte die Grüne Partei Ende 2019 (neu mit 33 Sitzen in der Bundesversammlung) einen der beiden Sitze der FDP für sich beanspruchen. Dies gelang ihr jedoch nicht; der gesamte bisherige Bundesrat wurde von der Bundesversammlung wiedergewählt. Somit bleibt die Zusammensetzung für die Legislatur 2019–2023 unverändert.
Die Zusammensetzung der Exekutive gemäss Zauberformel fördert eine ausgewogene Politik. Die Entscheidungsfindung in der Konkordanz ist langsamer – manchmal auch mühsamer – als in Ländern, in denen die jeweils mächtigste Partei das Sagen hat. Die Mitglieder des Bundesrates sind angehalten, nach aussen nur die Meinung des Bundesrates als Ganzes zu vertreten, auch wenn sie persönlich anderer Meinung sind. Dies nennt man Kollegialitätsprinzip. Die vier grössten Parteien teilen unter sich die Bundesratssitze nach der Zauberformel (2 : 2 : 2 :1) auf: Die drei grössten Parteien erhalten zwei, die viertgrösste einen Sitz. Durch die Abspaltung der BDP von der SVP wurde die Zauberformel zwischen 2008 und 2015 verletzt.
Was ist die starke Interessenvertretung?
Verschiedene gesellschaftliche und wirtschaftliche Kreise nehmen ihre Interessen nicht nur in Parteien, sondern auch in Bürgerbewegungen, Initiativkomitees und Verbänden wahr. Da solche Organisationen unabhängig von der Regierung sind, werden sie auch NGOs (non-governmental organizations) genannt. Die folgende Aufstellung zeigt eine Auswahl wichtiger Interessenvertretungen in der Schweiz.
Der Einfluss von Interessenvertretenden ist im Allgemeinen hoch. Sie werden z. B. in die Ausarbeitung von Gesetzen involviert und haben auch bei Vernehmlassungen – Stellungnahmen zu Gesetzesentwürfen – eine gewichtige Stimme. Einflussnahme durch Überzeugungsarbeit bei Regierung und Parlament nennt man auch «Lobbying». Das Wort kommt von englisch lobby (Vorhalle), mit dem die Vorhalle des Parlaments gemeint ist. In einer Lobby können informelle Gespräche geführt werden. Lobbying ist ebenso diskret wie wichtig in der Schweiz.
Was sind Dachverbände Arbeitgeber / Arbeitnehmer?
Aus der Vielzahl von Interessenvertretungen werden vier Organisationen der Arbeitswelt im Detail betrachtet.
Die Arbeitnehmerverbände vertreten die Angestellten und deshalb zwangsläufig andere Interessen als diejenigen der Arbeitgeber. Dies führt zu einem Zielkonflikt, der in vielen Ländern zu Streiks und Arbeitskämpfen führt. In der Schweiz ist dies äusserst selten, da sich beide Seiten dem Arbeitsfrieden verpflichtet fühlen und in langwierigen Verhandlungen beidseitig akzeptable Kompromisse ausarbeiten.
Merke: Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände beteiligen sich an Vernehmlassungen zu Gesetzen, arbeiten zusammen Gesamtarbeitsverträge aus und handeln jedes Jahr Lohnerhöhungen und Teuerungsausgleich aus. Dies sichert den Arbeitsfrieden, eine lange schweizerische Tradition.
Welche politischen Positionen zu Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft gibt es?
Zu wichtigen Themen haben die Bundesratsparteien und Dachverbände Positionspapiere erarbeitet, damit sich Wählerinnen und Wähler ein Bild machen können.
Dazu gehören:
- Arbeitsmarktpolitik
- Ausländer- und Asylpolitik
- Aussenpolitik
- Bildung
- Energie- und Umweltpolitik
- Familien- und Gesellschaftspolitik
- Finanzpolitik
- Finanzplatz Schweiz
- Gesundheitspolitik
- Landesverteidigung
- Landwirtschaftspolitik
- Sicherheitspolitik
- Sozialpolitik
- Steuerpolitik
- Wirtschaftspolitik
Die politischen Positionen sind teilweise sehr unterschiedlich – sie verändern sich von rechts nach links bei jedem Thema kontinuierlich. Erwartungsgemäss liegen die Meinungen von SVP und SP jeweils am weitesten auseinander. Die Arbeitgeberdachverbände teilen ihre Positionen eher mit den bürgerlichen Parteien, der Gewerkschaftsbund mit den Linksparteien. Der Kaufmännische Verband Schweiz lässt sich keinem politischen Lager zuordnen und positioniert sich situativ im Interesse des beruflich engagierten Mittelstandes.
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