Klinische Psychologie
Auswahl spezifischer Störungsbilder und Behandlungsverfahren Selektiver Mutismus Posttraumatische Belastungsstörung Zwangsstörungen Adipositas und Binge Eating Disorder
Auswahl spezifischer Störungsbilder und Behandlungsverfahren Selektiver Mutismus Posttraumatische Belastungsstörung Zwangsstörungen Adipositas und Binge Eating Disorder
Kartei Details
Karten | 13 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Psychologie |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 28.03.2019 / 31.01.2020 |
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Selektiver Mutismus
Klassifikation nach ICD-10
Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
-alle Voraussetzungen für das Sprechen sind vorhanden, Kind ist dennoch in spezifischen sozialen Situationen, in denen Sprechen erwartet wird, z. B. im Kindergarten oder in der Schule, unfähig zu sprechen
-Störung dauert mindestens einen Monat an und ist nicht auf den ersten Monat nach Schulbeginn beschränkt
Ausschlussdiagnosen: der passagere Mutismus mit Trennungsangst, ein Nicht-Sprechen im Rahmen einer Schwerhörigkeit/Gehörlosigkeit, neurologische oder psychotische Störungen, tiefgreifende Entwicklungsstörungen und umschriebene Entwicklungsstörungen des Sprechens und der Sprache.
(im DSM-5 wird der selektive Mutismus den Angststörungen zugeordnet)
Selektiver Mutismus
Klinisches Erscheinungsbild & Epidemiologie
-Der Betroffene spricht in einigen Situationen fließend, in anderen bleibt er jedoch stumm oder fast stumm
-„selektiver Mutismus“: es wird keine willentliche Kontrolle suggeriert.
-Betroffene können wie erstarrt und eingefroren wirken, bei anderen ist eine gesteigerte motorische Unruhe, insbesondere der Handmotorik, erkennbar
-Geschwiegen wird in Abhängigkeit vom empfundenen Belastungsgrad der kommunikativen Bedingungen:
- Personen (z. B. Autoritäten)
- Räumlichkeiten bzw. Örtlichkeiten
- dem Inhalt der Kommunikation, wenn die Kinder inhaltlich-thematisch überfordert sind oder ihnen das Thema peinlich ist
- der Sprechleistungsanforderung
- der Länge der Äußerung
- dem Grad der Exponiertheit
- dem sozialen Druck
Zwangsstörungen
Diagnostische Kriterien
Nach der ICD-10 wird eine Zwangsstörung (F42) nach folgenden Kriterien diagnostiziert:
Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen bestehen mindestens zwei Wochen lang.
Die Zwangsgedanken/-handlungen erfüllen die Punkte 1–4:
Zwangsgedanken/-handlungen werden als eigene Gedanken/Handlungen angesehen und nicht als von
anderen Personen oder Einflüssen eingegeben.
Sie wiederholen sich dauernd, werden als unangenehm empfunden und meist als übertrieben oder
unsinnig erkannt.
Die Betroffenen versuchen, Widerstand gegen die Zwangsgedanken/-handlungen zu leisten.
Die Ausführung eines/einer Zwangsgedankens/handlung ist unangenehm.
Die Zwangsgedanken/-handlungen führen zu einer erheblichen psychosozialen Beeinträchtigung.
Häufigste Ausschlusskriterien stellen die Schizophrenie und die affektiven Störungen dar.
(Die Subtypisierung in der ICD-10 mit „Zwangsstörungen mit vorwiegend Zwangsgedanken“ (F42.0) und „Zwangsstörun- gen mit vorwiegend Zwangshandlungen“ (F42.1) erscheint wenig brauchbar und wird entsprechend im DSM-IV/DSM-5 nicht gemacht. Es konnte gezeigt werden, dass gerade jüngere Patienten häufig das Einsichtskriterium (B2) nicht erfüllen, obwohl ansonsten alle Kriterien der Zwangsstörung erfüllt sind
Zwangsstörungen
Wie werden Zwangsgedanken definiert und was sind deren Inhalte?
Zwangsgedanken werden als aufdringliche („intrusive“), unwillkürliche Gedanken, bildhafte Vorstellungen oder dranghafte Impulse erlebt, die mehr oder weniger Ich-fremd, häufig den eigenen Wertvorstellungen widersprechend und unsinnig sind. Sie werden als quälend empfunden und führen zu einer Zunahme von Angst und Unsicherheit.
Zwangsgedanken berühren Tabus. Bei Kindern drehen sich Zwangsgedanken inhaltlich zumeist um Verunreinigung/ Kontamination, Aggression (Schaden oder Tod), Symmetrie und Genauigkeit. Im Jugendalter können blasphemische und sexuelle Gedanken dazukommen.
Zwangsstörungen
Wie werden Zwangshandlungen definiert und was sind die häufigsten im Kindes- und Jugendalter?
Zwangshandlungen sind willkürliche, aber unfreiwillig („wie aus einem inneren Zwang heraus“) ausgeführte Handlungen, die helfen, Angst und Unsicherheit zu reduzieren. Insofern werden sie häufig subjektiv als (zumindest kurzfristige) Lösung gegen die Zwangsgedanken erlebt. Allerdings können Zwangshandlungen auch als quälend empfunden werden, insbesondere, wenn sie die Lebensqualität und das Zusammensein in der Familie, in der Schule und im Freundeskreis beeinträchtigen.
Die häufigsten Zwangshandlungen im Kindesalter sind Waschen, Kontrollieren, Ordnen, Berühren und Wiederholen. Daneben finden sich auch interpersonelle Zwangs- handlungen
Insbesondere bei jüngeren Kindern und bei Patienten mit komorbider Ticstörung können Zwangshandlungen auch ohne vorausgehende Zwangsgedanken auftreten.
Die Unterscheidung zwischen Zwangsgedanken und mentalen Ritualen ist für Kliniker schwierig, aber wichtig:
Zwangsgedanken sind unwillkürlich und rufen Angst und Unsicherheit hervor. Mentale Rituale dienen dazu, den Zwangsgedanken entgegenzuwirken und dadurch Angst und Unsicherheit zu neutralisieren
Zwangsstörungen
Epidemiologie
Bereits bei 3- bis 4-jährigen Kindern lassen sich Zwangs- störungen finden, in früher Kindheit sind sie jedoch selten. Mit steigendem Alter nehmen sie zu und erreichen in der Pubertät die Prävalenzraten Erwachsener von 2–4 % (Heyman et al. 2003). Im Kindes- und Jugendalter liegt das mittlere Alter bei Erkrankungsbeginn bei etwa 10,4 Jahren (Range: 6,9–12,5 Jahre). Ein präpubertärer Beginn findet sich eher bei Jungen (3:2), im Jugend- und Erwachsenenalter findet sich eine ausgeglichene Geschlechterverteilung.
Zwangsstörungen
Komorbide Störungen
Komorbide Diagnosen sind bei Zwangsstörungen häufig, teilweise sind sie von den Zwängen schwer abzugrenzen. Die häufigsten komorbiden Störungen sind Angststörungen (25–60 %), depressive Erkrankungen (30 %) sowie Tic- und Tourette-Störungen (25–30 %)
Zwangsstörungen
Differenzialdiagnosen
Bei Zwängen stehen bei Unterlassung eher Angst und Unsicher- heit in höherer kognitiver Ausgestaltung im Vordergrund, bei Tics eher eine körperliche Anspannung. Auch die Ab- grenzung von einer generalisierten Angststörung, die durch übermäßige Sorgen und Rückversicherungsversuche gekennzeichnet ist, kann schwierig sein. Bei der Zwangsstörung sind die Sorgen bildhafter, bizarrer und Ich-dystoner, während sie bei der generalisierten Angststörung eher verbal ausgestaltet und durch alltagsnähere Sorgen gekennzeichnet sind. Bei bizarreren Zwangsgedanken Jugendlicher ist die Abgrenzung zur schizophrenen Psychose wichtig. Auch hier spielt die Ich-Dystonie als Merkmal der Zwangsstörung eine herausragende Rolle. Schließlich können Zwangsrituale auch im Rahmen einer geistigen Behinderung oder eines Asperger-Autismus auftreten, in Einzelfällen bestehen Zwangsstörung und Asperger-Autismus nebeneinander.
Zwangsstörungen
Modelle zu Ätiologie und Verlauf
Neurobiologische Erklärungsmodelle: (PANDAS)
Lerntheorie: Zwei-Faktoren-Theorie von Mowrer (1951), Zusammenwirken von klissischer und operanter Konditionierung, vorallem negative Verstärkung spielt eine Rolle (Zwangshandlungen reduzieren aversive Gefühle), Klassische Konditionierung lässt sich allerdings nicht nachweisen
Metakognitives Modell von Wells (2000): Zwangspatienten neigen dazu, ganz normale aufdringliche (intrusive) negative Gedanken, wie sie auch bei der großen Mehrzahl von gesunden Personen vorkommen, überzubewerten und sie mit Ereignissen, Handlungen oder Objekten gleichzusetzen. Sie gehen z.B. davon aus, dass die Gedanken an etwas die Wahrscheinlichkeit für Handlungen und Ereignisse erhöhen.
Paradoxe Wirkung von Ritualen: („Rebound- Effekt“) Gedankenunterdrückung führt eher zu einer Zunahme der Gedanken, Exzessives Kontrollieren führt nicht zu einer Zunahme an Sicherheit, sondern fördert Verunsicherung, Viel Händewaschen trocknet Haut und fördert Juckreiz, etc.
Dysfunktionales Stopsignal: Ritual soll so lange ausgeführt werden, bis der auslösende Gedanke abgeklungen ist, wird so aber immer wieder ins Bewusstsein gerückt. Oder so lange, bis sie sich sicher fühlen. Gefühl der Sicherheit tritt aber nicht ein.
Diagnostik
- Was alles ist Teil einer umfassenden klinisch-psychologischen bzw. kinder- und jugendpsychiatrischen Diagnostik?
-Psychopathologischer Befund
-Eigen- und Familienanamnese
-Körperlich-neurologischer Befund
-Testpsychologischer Befund
Zwangsstörungen
Diagnostik
Child Behavior Checklist (CBCL) Als Breitband- und Screeningverfahren. Die Symptom-Items werden mit 0 („nicht zutref- fend“), 1 („etwas/manchmal zutreffend“) oder 2 („genau/ häufig zutreffend“) gewertet. Hudziak et al. 2006 bildeten aus der Skala „schizoid/zwanghaft“ (11 Items) eine Subskala „Zwangsstörung“ aus folgenden 8 Items:
-„Kommt von bestimmten Gedanken nicht los“ (Item 9)
-„Befürchtet, er/sie könnte etwas Schlimmes denken oder tun“ (Item 31)
-„Glaubt, perfekt sein zu müssen“ (Item 32)
-„Hat starke Schuldgefühle“ (Item 52)
-„Wiederholt bestimmte Handlungen immer wieder (wie unter Zwang)“ (Item 66)
-„Verhält sich eigenartig“ (Item 84)
„Hat seltsame Gedanken/Ideen“ (Item 85)
„Macht sich Sorgen“ (Item 112)
Ein kritischer Wert von 5 gilt dabei als hochsensibler und hinlänglich spezifischer Hinweis für das Vorliegen einer Zwangsstörung.
Zwangsstörungen Diagnostik II
Children’s Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale (CY-BOCS)
Children’s YaleBrown Obsessive Compulsive Scale (CY BOCS) Die Children’s Yale-Brown Obsessive Compulsive Scale (CY-BOCS) ist das international am weitesten verbreitete Diagnostikum für Zwangsstörungen bei Kindern und Jugendlichen (Scahill et al. 1997). Der erste Teil ist eine Checkliste für Zwangsgedanken und -handlungen, im zwei- ten Teil werden auf einer 5-stufigen Skala jeweils für Zwangs- gedanken und -handlungen der Zeitaufwand, der Grad der Beeinträchtigung, Leidensdruck, Resistenz gegen die Gedan- ken respektive Handlungen und der Grad der Kontrolle dar- über erfragt. Der ermittelte Gesamtwert liegt zwischen 0 und 40 mit folgender Schweregradzuordnung:
- leichte Zwangsstörung (10–18),
- mittelgradige Zwangsstörung (19–29), schwere Zwangsstörung (30 und höher).
Bei „Not just right“-Zwängen finden sich in der Regel keine auffälligen Angaben in der Skala „Zwangsgedanken“. Für die Einschätzung des Schweregrades ist damit der Gesamtwert weniger aussagekräftig als der Wert der Skala „Zwangshand- lungen“. Zusätzlich werden in der CY-BOCS Krankheitsein- sicht, Vermeidungsverhalten, Entscheidungsunfähigkeit, übersteigertes Verantwortungsgefühl, zwanghafte Langsam- keit und pathologisches Zweifeln eingeschätzt, im Gesamt- wert jedoch nicht berücksichtigt.
Die CY-BOCS wird in allen Therapiestudien als primäres Erfolgsmaß verwendet. Als Response auf die Behandlung
wird eine Symptomremission in der CY-BOCS um 25 % gewertet, als Remission eine Reduktion um 45–50 % und gleichzeitig ein Gesamtwert ≤ 14 (Storch et al. 2010).
Zwangsstörungen
Exploration und Verhaltensanalyse
Lösungsanalyse Erfragt wird, woran Kind und Eltern mer- ken werden, dass der Zwang überwunden ist. Es ist konkret nachzufragen, wer dann was wie genau tun wird. Wenn an dieser Stelle nur wenig konkrete Vorstellungen genannt wer- den, ist zu prüfen, ob der Zwang (im systemischen Sinne) familiäre Beziehungsmuster stabilisiert und aufrechterhält
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