Soziale Ungleichheit
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Set of flashcards Details
Flashcards | 12 |
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Language | Deutsch |
Category | Psychology |
Level | University |
Created / Updated | 10.03.2018 / 30.08.2020 |
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Erläutern Sie den Unterschied zwischen einer Klasse an sich und einer Klasse für sich im Sinne Marx‘.
Nach Burzan wird Karl Marx‘ Klassentheorie aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bis heute als grundlegend angesehen. Er unterschiedet zwischen zwei Klassen, dem Proletariat oder der Arbeiterklasse und der Bourgeoisie, dem Bürgertum, die sich antagonistisch gegenüberstehen und sich hauptsächlich durch den Besitz bzw. nicht-Besitz von Produktionsmitteln unterscheiden. Das Proletariat, welches nicht im Besitz von Produktionsmitteln ist, muss seine Arbeitskraft auf dem Markt anbieten und wird vom Bürgertum mehr und mehr ausgebeutet. Marx unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen einer Klasse an sich und einer Klasse für sich. Von einer Klasse an sich spricht er, wenn rein der objektive Unterschied besteht, dass die eine Klasse eben Produktionsmittel besitzt und die andere nicht. Von einer Klasse für sich spricht er, wenn dies zu einem Klassenbewusstsein führt und damit zu Solidarität innerhalb einer Klasse – hier besteht die Klasse damit auch subjektiv. Die gegensätzlichen Interessen führen dann folglich zu einem Spannungsverhältnis bzw. zum Klassenkonflikt, der auch als Motor zum gesellschaftlichen Wandel dient. Laut Burzan betont Marx, dass der (nicht-) Besitz und damit das Unterscheidungskriterium zwischen den beiden Klassen zwar vorerst rein ökonomischer Natur ist. Jedoch wirkt sich dieser auf viele andere Lebensbereiche aus, wie Politik, Recht, Kultur. Somit ist die ökonomische Dimension nur die Basis der Unterschiede zwischen den Klassen. Das Bewusstsein um seine eigene Klassenlage führt wie eine Kettenreaktion zu diversen weiteren Ungleichheiten.
(Burzan, Nicole: Soziale Ungleichheit. Fernuniversität Hagen, 2017, S. 11)
Erläutern Sie den Unterschied der Klassenbegriffe von Marx und Weber.
Marx definiert Klassen auf der Grundlage der bestehenden Ausbeutungsbeziehung im Prozess der Produktion. Die objektive Klassenzugehörigkeit ist der Grund für die gegensätzlichen Interessen.
Im Gegensatz zu Marx definiert Weber Klassen auf der Basis unterschiedlicher Marktchancen. Nach Weber teilen Personen eine Klasse, die aufgrund einer ähnlichen Ausstattung mit Qualifikationen oder Eigentum vergleichbare Verwertungschancen haben. Dadurch erweitert Weber die Basis der Klassenbildung auch über Leistungsqualifikation.
Bei Weber gibt es eine Vielzahl von Klassenlagen, die auf der Ausstattung mit nach der Höhe und Art differenzierten Ressourcen basiert. Es gibt es keinen zentralen Gegensatz von Interessen, die die ganze Entwicklung der Gesellschaft bestimmt, sondern eine Reihe von unterschiedlichen Gruppen, die ihre spezifischen Interessen verfolgt.
Weber unterteilt in Besitz-. Erwerbs-, und soziale Klassen.
Es gibt positiv priviligierte Besitzklassen (z.B. Besitzer von Arbeitsanlagen und Apparaten, Bergewerke) und negativ priviligerierte z.B. Verschuldetet, Arme.
Bei Erwerbsklassen wird die Klassenlage durch die Chancen der Marktverwertung von Gütern oder Leistungen bestimmt. (z.B. Unternehmer, Arbeiter) .
Weber unterscheidet in seiner eigenen Gesellschaft vier soziale Klassen:
1. Die Arbeiterschaft, 2. Die qualifizierte Mittelklasse (besitzlose Intelligenz und Fachgeschultheit), 3. das Kleinbürgertum (das in gewissem Umfang über Produktionsmittel verfügt , z.B. Handwerker, Ladenbesitzer), 4. Die Oberklasse (durch Besitz und Bildung ausgezeichnet)
Soziale Klassen sind die Klassenlagen zwischen denen ein Wechsel (persönlich oder in der Generationenfolge) leicht möglich ist.
Klassenzugehörigkeit (bzw. die Zugehörigkeit zu einer sozialen Klasse) führt im Zuge des sozialen Wandels nicht notwendig zu einem Klassenbewusstsein oder gemeinsamen Handeln. Bei Weber sind die Interessen der Klassen weitaus vielfältiger und die Entwicklung ist nicht eindeutig.
Quelle: Nicole Burzan, Soziale Ungleichheit, Seite14 - 16
Erläutern Sie den Kapitalbegriff Bourdieus. Grenzen Sie dabei insbesondere die verschiedenen Kapitalarten voneinander ab
In Bourdieus kombiniertem Klassen- und Lebensstilmodell spielt der Begriff des „Kapitals“ eine zentrale Rolle. So ist nach Bourdieu (vgl. Studienbrief, S. 110) die eigene soziale Position abhängig vom Kapitalvolumen, der Kapitalstruktur und der sozialen Laufbahn. Er unterscheidet dabei ökonomisches, kulturelles, soziales und symbolisches Kapital (vgl. ebd., S. 110f.)
Ökonomisches Kapital stellt Kapital dar, welches relativ einfach in Geld konvertierbar ist, also z. B. Eigentum und Vermögen.
Beim kulturellen Kapital unterscheidet Bourdieu drei Arten: Das inkorporierte Kulturkapital kann man sich nur langfristig aneignen und es auch nicht einfach verschenken oder weitergeben. Hierbei handelt es sich insbesondere um Bildung, Wissen und Erziehung. Objektiviertes Kulturkapital gewinnt erst in der Kombination mit inkorporiertem Kulturkapital an Bedeutung. Hierbei handelt es sich insbesondere um den Besitz von kulturellen Gütern wie Bücher, Gemälde und Instrumente. Erst mit der entsprechenden Bildung, dem Wissen und einer entsprechenden Erziehung wird dieses Kapital „aktivierbar“ und damit auch ökonomisierbar. Zuletzt nennt er das institutionalisierte Kulturkapital (insbesondere schulische Titel), die einen rechtlich garantierten Wert haben und deshalb bis zu einem gewissen Grad in ökonomisches Kapital umgewandelt werden können.
Unter sozialem Kapital versteht Bourdieu Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe basieren, und dem Besitzer dieses Kapitals dadurch ökonomische Chancen eröffnen.
Zuletzt nennt er das symbolische Kapital, unter dem das Prestige und das Renommee einer Person zu verstehen ist.
Für jedes Mitglied einer Gesellschaft ergibt sich also je nach Art der Kapitalstruktur und generellem Kapitalvolumen (Summe aller Kapitalarten) und seiner historischen Entwicklung (soziale Laufbahn) eine soziale Position im sozialen Raum.
Erläutern Sie das Klassenmodell Bourdieus. Ordnen Sie den drei Hauptklassen jeweils einen der von Bourdieu identifizierten Lebensstile zu.
Bourdieu führt in den 60er Jahren in Frankreich Korrespondenzanalysen durch und kommt im Ergebnis zu drei Hauptklassen in der Gesellschaft.
Zum einen zu der herrschenden Klasse, die sich wiederum in zwei Klassen unterteilen lässt. Dies ist die Klasse, die über ein großes ökonomisches Kapital verfügt (z.B. Unternehmer) und die Klasse, die über ein hohes kulturelles Kapital verfügt (hier z.B. Hochschullehrer). Die von ihm genannte Mittelklasse ist dreigeteilt. Zum einen ist es das absteigende Kleinbürgertum. Bourdieu nennt es absteigend, da seiner Meinung nach an eine überholte Vergangenheit gebunden sind. Als Beispiel wäre der Besitzer eines „Tante Emma Ladens“ zu nennen. Die zweite Untergruppierung ist das exekutive Kleinbürgertum, wie z.B. Büroangestellte und schließlich das neue Kleinbürgertum, hier zu finden z. B. Vertreter oder Eheberater. Zur dritten Klasse, der Volksklasse, die Bourdieu nennt, gehören ungelernte oder angelernte Arbeiter. Die Klassen sind jedoch nicht statisch, ein Auf- bzw. Abstieg ist möglich. Nach Bourdieu prägt die Zugehörigkeit zu einer Klasse den Lebensstil der Menschen. Dieser ist nicht frei wählbar, sondern unmittelbar mit der Klassenzugehörigkeit verbunden. Laut Bourdieu prägt der Habitus (die allgemeine Grundhaltung gegenüber der Welt und bestimmte kollektive Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata) den Lebensstil der Menschen innerhalb des sozialen Raumes. Die herrschende Klasse etwa hat einen von Bourdieu so genannten „legitimen Geschmack“. Es sind einerseits Menschen mit großem ökonomischen Kapital mit der Neigung zu Luxusartikeln oder Menschen mit hohem Kulturellen Kapital, die z.B. klassische Musik bevorzugen und einen ausgeprägten Sinn für Kultur habe. Der mittlere/prätentiöse Geschmack der mittleren Klassen ist der Versuch den oberen Klassen nachzueifern. Die Menschen dieses Lebensstils neigen zum Bildungseifer und zur Anhäufung von Zeugnissen. Der populäre oder auch Notwendigkeitsgeschmack der unteren Klassen, ist dem niedrigen ökonomischen und kulturellen Kapital der unteren Schichten geschuldet. Schaffen es die Menschen aus der mittleren Klasse schon kaum, der oberen Schicht nachzueifern, so ist dies den Menschen der unteren Klasse unmöglich.
Nicole Burzan: Soziale Ungleichheit (2017, S.114-120)
Erläutern Sie, welche beiden Determinanten laut funktionalistischer Schichtungstheorie den Rang einer Position bestimmen. Geben Sie ein Beispiel
Burzan bezieht sich bei der funktionalistischen Schichtungetherorie auf Parson, aber auch auf Davis und Moore.
Diese Theorie fragt nach dem Nutzen von sozialer Schichtung und ob sie für die gesellschaftliche Ordnung notwendig ist. Davis und Moore zeigten in ihrer Arbeit von 1945 auf, dass soziale Schichtung einen positiven Charakter inne hat. Ihre Argumentation richtet sich auf "allgemeine System der Positionen" (Burzan 28) in einer Gesellschaft. Sie nennen dafür zwei Determinanten, die ausschlaggebend für den Rang einer Position ist. Zum einen die "funktionale Bedeutung einer Position"(Burzan, 29) für die Gesellschaft und die "relative Knappheit des Personals" (Burzan, 29) in Bezug auf die notwendige Ausbildung eines Individuum oder seiner Begabungen. Beide Determinanten sind univeral für Davis und Moore, so Burzan. Die Position, so Burzan, stellt hier eine notwendige aber nicht unbedingt hinreichende Bedingung dar. Die Gesellschaft muss manche Positionen nur mit so "starken Anreizen" (Burzan, 29) ausstatten, dass eine ausreichende Besetzung der Positionen garantiert wird. Eine Krankenschwester dient hierfür als gutes Beispiel. Es wird so weit ein Anreiz geboten, dass zumindest die Grundversorgung gewährleistet ist. Bei Positionen die schnell besetzt werden können, braucht man keine hohe Belohnung, unabhängig ihrer Bedeutung für die Gesellschaft. So zum Beispiel ein/e Kellner/in. Anders sieht es bei Positionen aus, die auf spezielle Fertigkeiten bedingen. Bei diesen Positionen herrscht eine Knappheit hinsichtlich ihrer Besetzung. Um hierfür Individuen zu finden, werden oft höhere Anreize angeboten. So ist die Ausbildung als Arzt eine sehr langwierige Angelegenheit. Dafür kann der Verdienst, je nachdem ob man sich für die Forschung oder für den Werdegang als praktischen Arzt entscheidet, sehr hoch ausfallen. Jedoch stellt die Position für Davis und Moore keine Universalität dar, sie kann je nach Gesellschaft unterschiedlich gewichtet sein. Zum Beispiel ein Prediger. In manchen Ländern, wie Saudi Arabien wird ihre Position anders gewertet als in Deutschland.
1/2 Erläutern Sie die drei Ursachen, die eine zunehmende Individualisierung erklären können. Gehen Sie zudem auf die drei Dimensionen von Individualisierung nach Ulrich Beck ein und dabei besonders auf den Fahrstuhleffekt.
Nicole Burzan beschreibt Ulrich Becks Individualisierungstheorie. Drei grundsätzlich Gesellschaftlichen Wandelprozesse und drei konkrete Ursachen bilden dabei die Voraussetzung für die Individualisierung der Gesellschaft. Grundsätzlich kann die Gesellschaft der 60 Jahre beschreiben werden durch die Freisetzung aus traditioneller Bindung. Nicht mehr Stände, Klassen oder traditionelle Geschlechtsrollen sind bestimmend, sondern eine Freiheit die zu größerer Mobilität und Wahlfreiheit führt. Als Beispiel kann die freie Berufswahl (unabhängig von den Eltern) oder die Akzeptanz von früher undenkbaren Lebensentwürfen gelten (unverheiratete, arbeitende Frau Mitte 40). Mit dieser Freisetzung kommt es zu einer Entzauberung. Die Kehrseite der Freiheit besteht im Zwang sich entscheiden zu müssen ohne klare Handlungsorientierungen. Beispielsweise kann nicht nur ich den PartnerIn verlassen, sondern er/sie auch mich. Oder die getroffene Berufswahl kann „falsch“ sein, weil keine Jobs in dieser Branche frei sind. „Falsche“ Entscheidungen werden dann dem Individuum zugerechnet, oft ohne Berücksichtigung der gesamtgesellschaftlichen Bedingen (z.B. der Arbeitsmarktsituation, Wirtschaftlichen Situation etc.). Schließlich führt die Freiheit und Entzauberung aber nicht zu einer völligen Loslösung von der Gesellschaft, sondern gerade zu einer Reintegration in die Gesellschaft. Das Individuum ist zwar von alten Zwängen frei, aber steht der Gesellschaft mit ihren „neuen“ Restriktionen unmittelbar (z.B. ohne Vermittlung z.B. durch die Schicht) gegenüber. Solche Restriktionen können z.B. die Schulpflicht oder Arbeitsmarktchancen sein.
2/2 Erläutern Sie die drei Ursachen, die eine zunehmende Individualisierung erklären können. Gehen Sie zudem auf die drei Dimensionen von Individualisierung nach Ulrich Beck ein und dabei besonders auf den Fahrstuhleffekt.
Ulrich Beck benennt nun auf Grundlage dieser allgemeinen Entwicklung drei konkrete Ursachen für die Individualisierung. Erstens der Fahrstuhleffekt. Dieser Beschreibt den wirtschaftlichen Aufschwung nach dem zweiten Weltkrieg. Beck argumentiert, dass die gesamte Gesellschaft „eine Etage“ mit dem Fahrstuhl nach oben gefahren ist. Jeder ist reicher geworden, jeder hat mehr Wahlfreiheit, jeder hat gesteigerte Chancen. Die Unterschiede sind zwar im Verhältnis gleich geblieben (Es gibt immer noch Arme und Reiche), aber sie werden nicht mehr als gravierend wahrgenommen, weil selbst die „Armen“ Handlungsspielräume und (materiell) größere Wahlmöglichkeiten haben. Dieser Bedeutungsverlust der Ungleichheit wird noch durch die räumliche und soziale Mobilität begünstigt, die einen Verlust der traditionellen Bindungen mit sich bringt. Zweitens nennt Beck die wohlfahrtsstaatliche Absicherung, die ebenfalls größere Wahlmöglichkeiten eröffnet. Beispielsweise wird studieren durch Bafög möglich, oder das Verlassen des Partners trotz nicht vorhandener (bzw.geringer) privater finanzieller Absicherung. Drittens nennt Beck schließlich die Bildungsexpansion der 60ger Jahre als Ursache der Individualisierung. Vor allem Frauen können höhere Bildung erwerben und werden durch technische Hilfsmittel im Haushalt und Möglichkeiten wie die Antibabypille zu neuen Handlungsspielräumen „befreit“, die die Möglichkeit des Aushandelns über Haushaltsarbeit und Kindererziehung ermöglichen.
Skizzieren Sie die sieben Schichten, die Dahrendorf in seinem Haus-Modell identifiziert in jeweils einem Satz.
Nach Nicol Burzan teil Dahrendorf in seinem Haus Modell der Gesellschaft in sieben Schichten ein. Die Schicht unterem Dachstuhl ist die Elite: Sie stellt mit 1% eine heterogene Gruppe, der Herrschenden in der Gesellschaft dar. Unter ihr im Dachgeschoss befinden sich die „bürokratischen Helfer“ der Elite: die Dienstklasse und der alte Mittelstand. Die Dienstklasse, bestehende aus 12% links unterem Dach, stellt eine Gruppe im „Dienst“ der Herrschenden, aus Beamten und Verwaltungsangestellten dar, die wenig Kollektivität und mehr Konkurrenz aufweisen. Der Mittelstand mit 20% nimmt die obere Hälfte des Hauses ein und ist eine defensive Gruppe von Selbstständigen. Auch die Elite der Arbeiter mit 5% ist im oberen teil des Hauses zu finden, sie setzt sich vor allem aus Meistern und Vorarbeitern zusammen. Den Großteil des Untergeschosses bildet die Arbeiterschicht mit 45%. Sie haben eine eigene Mentalität und Glieder sich wieder vielfach in verschiedene Branchen und Qualifikationen. Links neben der Arbeiterschicht befindet sich der „Falsche Mittelstand“. Bei diesen 12% der Gesellschaft handelt es sich um einfache Berufe im Dienstleistungsbereich (z.B. Kellner oder Chauffeure) die sich von ihrer sozialen Stellung her nicht von der Arbeiterschicht unterscheiden, aber sich in ihrem Selbstbewusstsein der Mittelschicht zuordnen. Den Abschluss im Keller bilden schließlich die 5% der Unterschicht, die vor allem aus Dauererwerbslosen, Unsteten, Rückfallkriminellen, Halbanalphabeten... beseht. Im Gegensatz zur Arbeiterschicht bildet die Unterschicht keine gemeinsame Mentalität aus.
Erläutern Sie die Begriffe Lebensstil und Milieu. Grenzen Sie beide Konzepte voneinander ab.
Nicole Burzan setzt sich in ihrem Studienbrief u.a. mit den Bereichen der Lebensstile und Milieus auseinander, mit deren Hilfe man soziale Ungleichheitsmodelle betrachten kann (Burzan 2017: 77 f.).
Der Begriff Lebensstil kann auf sehr vielfältige Art und Weise betrachtet werden. Ein gewisser Konsens hat sich in den letzten Jahren gebildet bei einer Definition wie sie beispielsweise Hillmann anbietet, der von "Ausdrucksformen der alltäglichen Daseinsgestaltung in ganzheitlich-umfassender Weise" spricht. H.-P. Müller sieht Lebensstile als "raum-zeitlich strukturierte Muster der Lebensführung", die von verschiedenen Ressourcen, Lebensformen und Werten abhängen. Den Lebensstilen liegen aus seiner Sicht verschiedene Verhaltensformen zugunde: expressives Verhalten (das sich auf das Freizeit- und Konsumverhalten bezieht), interaktives Verhalten (das sich auf Geselligkeit oder Heirat bezieht), evaluatives Verhalten (bezieht sich auf Werte und Wahlmöglichkeiten) und kognitives Verhalten (das sich auf subjektive Zugehörigkeiten bezieht). Auch Hradil sieht das Verhalten als kleinste Gemeinsamkeit von Lebensstilkonzepten (Burzan 2017: 80).
Der Begriff Milieu kann nach Rammstedt definiert werden als Gesamtheit der äußeren natürlichen und der sozialen Umwelt, die das soziale Handeln eines Individuums beeinflusst. Hradil definiert Milieus als Gruppen mit gleichen Werten und Mentalitäten mit einer gleichen Art, Beziehungen zu Menschen und Umwelt zu gestalten. Die Milieuangehörigen filtern die Umweltbedingungen in spezifischer Weise (Burzan 2017: 90).
Eine Abgrenzung der beiden Begriffe ist schwierig, da beide Modelle ähnliche Bereiche ansprechen und eng miteinander verknüpft sind. Das Lebensstilkonzept bildet aber eher den Blickwinkel des Verhaltens ab, nimmt also eher eine aktive Rolle ein. Das Milieukonzept betrachtet eher den Blickwinkel von Wahrnehmung und Nutzung bestehender Möglichkeiten, nimmt also eher eine passive Rolle ein. Es betrachtet eher die Mesoebene, die Lebensstile dagegen eher die Mikroebene. Hradil bezieht Milieus eher auf Werthaltungen und Lebensstile auf Verhaltensroutinen (Bourzan 2017: 91).
1/3Fassen Sie auf Grundlage Ihres Studiums des Kurses „Soziale Ungleichheit“ die zentralen Charakteristika von Klassen- und Schichtmodellen einerseits sowie von Lebensstil- und Milieumodellen andererseits zusammen. Nehmen Sie daraufhin Stellung zu den folgenden Fragen: Wo liegen Ihrer Ansicht nach die Grenzen der jeweiligen Ansätze? Welche Ansätze erscheinen Ihnen als besonders geeignet zur Erklärung sozialer Ungleichheit in modernen westlichen Gesellschaften? Begründen Sie Ihre Antworten.
Nicol Burzan setzt sich in ihrem Studienbrief "Soziale Ungleichheit" mit den verschiedenen Modellen zur Erklärung der sozialen Ungerechtigkeit auseinander. Diese lassen sich in zwei verschiedene Betrachtungsweisen einteilen. Auf der einen Seite stehen die Klassen- und Schichtmodelle. Neuere Ansätze befassen sich dagegen mit Lebensstil- und Milieumodellen.
Klassenmodelle lassen sich durch folgende Merkmale charakterisieren: Grundlage der Klassenmodelle ist die Einteilung nach ökonomischen Kriterien. Marx vertritt hier streng eine Einteilung in "Produktionsmittel haben oder nicht-haben", Weber berücksichtigt zusätzlich noch Leistungsqualifikationen, baut aber auch auf ökonomischer Basis auf. Außerdem hat die Klassenzugehörigkeit Auswirkungen auf alle Lebensbereiche, bis hin zur Bildung eines gemeinsamen Klassenbewusstseins. Zwischen den verschiedenen Klassen besteht ein (mehr oder weniger starker) Konflikt durch gegensätzliche Interessen. Dieser Konflikt treibt dann eine gesellschaftliche Entwicklung an. Die Intention dieser Klassenmodelle ist im wesentlichen die Analyse sozialer Ungleichheit und des sozialen Wandels, weniger eine Beschreibung der Lebensbedingungen.
Schichtmodelle beschreiben hingegen ungleiche Lebensbedingungen. Die Zugehörigkeit zu einer Schicht hat zwar Auswirkungen auf die Einstellungen und das Verhalten der Individuen, aber sie stehen sich nicht grundsätzlich antagonistisch gegenüber. Die Schichtzugehörigkeit erfolgt häufig aufgrund soziokönomischer Merkmale, insbesondere Beruf, Bildung und Einkommen. Daneben gibt es noch vertikale Schichten, die hierarchisch aufgebaut sind. In Schichtmodellen ist eine individuelle Mobilität (Auf- oder Abstieg zwischen Schichten) möglich. Teilweise wird die Schichtung als notwendig für die Aufrechterhaltung der Gesellschaftsordnung gesehen.
Beiden Modellen gemeinsam ist eine vertikale Unterteilung der Gesellschaft in sozial ungleiche Gruppen. Die Einteilung erfolgt meist aufgrund von ökonomischen Kriterien. Die Zugehörigkeit zur Klasse oder Schicht bedeutet auch entsprechend konformes Verhalten und Einstellungen der Individuen.
2/3Fassen Sie auf Grundlage Ihres Studiums des Kurses „Soziale Ungleichheit“ die zentralen Charakteristika von Klassen- und Schichtmodellen einerseits sowie von Lebensstil- und Milieumodellen andererseits zusammen. Nehmen Sie daraufhin Stellung zu den folgenden Fragen: Wo liegen Ihrer Ansicht nach die Grenzen der jeweiligen Ansätze? Welche Ansätze erscheinen Ihnen als besonders geeignet zur Erklärung sozialer Ungleichheit in modernen westlichen Gesellschaften? Begründen Sie Ihre Antworten.
Lebensstilmodelle setzen sich mit der Analyse von Lebensstilen auseinander. Ein bestimmter Lebensstil bietet Handlungsroutinen im Alltag. Er bedeutet Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen und Abgrenzung zu anderen Gruppen und fördert eine soziale und persönliche Identität. Kennzeichnend bei Lebensstilmodellen ist eine Einteilung nach kulturellen und symbolischen Faktoren. Sie bieten ein ganzheitlicheres Modell, indem sie sich nicht nur vorrangig auf die Berufstätigkeit konzentrieren, sondern viele Einflußfaktoren berücksichtigen.
Milieus sind äußere, natürliche oder soziale Einflüsse auf den Einzelnen oder eine Gruppe und nimmt auf das soziale Handeln. Die Gruppen eines Milieus haben gemeinsame Werte und Verhaltensweisen. Die Grenzen zwischen Milieus sind fließend und die verschiedenen Milieus sind nicht nur hierarchisch angeordnet, sondern verlaufen auch nebeneinander.
Beiden Modellen gemeinsam ist eine hohe Bedeutung des Handelns und der Lebensweise von Akteuren. Sie sind realitätsnäher, da sie mehrere Dimensionen betrachten. Den Lebensstilen oder Milieus werden verschiedene Personengruppen zugeordnet oder zu Typen zusammengefasst.
3/3Fassen Sie auf Grundlage Ihres Studiums des Kurses „Soziale Ungleichheit“ die zentralen Charakteristika von Klassen- und Schichtmodellen einerseits sowie von Lebensstil- und Milieumodellen andererseits zusammen. Nehmen Sie daraufhin Stellung zu den folgenden Fragen: Wo liegen Ihrer Ansicht nach die Grenzen der jeweiligen Ansätze? Welche Ansätze erscheinen Ihnen als besonders geeignet zur Erklärung sozialer Ungleichheit in modernen westlichen Gesellschaften? Begründen Sie Ihre Antworten.
Welches Modell zur Erklärung sozialer Ungleichheit in modernen westlichen Gesellschaften besonders geeignet ist muss differenziert betrachtet werden. Nach Rössler ist vor allem die vertikale Dimension der strukturierten sozialen Ungleichheit die Prägende, was für die höhere erklärungskraft von Klassen und Schichtmodellen sprechen würde. Gleichzeitig wendet er ein, dass Lebensstil und Milieumodelle darauf aufmerksam machen, dass es andere Dimensionen sozialer Ungleichheit gibt, die nicht aus dem Blick geraten dürfen.
Die bessere Eignung eines Modelles hängt m.E von zwei Kriterien ab. Erstens: wie alt ist das konkrete Modell zur Erklärung der sozialen Ungleichheit. Kritikpunkte an alten Klassen und Schichtansätzen wurden in neueren Überarbeitungen ja teilweise behoben. So ist vielleicht das Marxche Klassenmodell tatsächlich wenig erklärungskräftig, während sich das Klassenmodell von Goldthorpe als durchaus erklärungskräftig erweist. Geißlers Schichtmodell, dass um die Jahrtausendwende entstand, zeigt auch wie viele Kritikpunkte gegen Schichtmodelle in neueren Modellen Berücksichtigung gefunden haben, so z.B. die horizontale Dimension der Ethnischen Unterschiede.
Zweitens muss die konkrete Fragestellung bzw. das konkrete Forschungsinteresse berücksichtigt werden. So können Lebensstile, die ja den deutlichen Nachteil aufweisen hauptsächlich auf Konsum und Freizeit zu Fokussieren, besonders erklärungskräftig für die das Thema der Gentrifizierung in der Stadtsoziologie sein. Milieus sind ggf. für eine Kirchliche Perspektive auf soziale Ungleichheit besonders erklärungskräftig. Klassen wenn es um die Berücksichtigung der Herrschaftsverhältnisse bei der Erklärung der Ungleichheit geht und Schichten wenn wenn eine Bildungspolitische Fragestellung nach Ungleichheit gestellt wird.
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