Grundrechte
Prüfschema zur Zulässigkeit von Eingriffen in die Freiheitsrechte (gilt nicht für Art. 7 BV, Art. 24 Abs. 2 BV und Art. 25 BV)
Prüfschema zur Zulässigkeit von Eingriffen in die Freiheitsrechte (gilt nicht für Art. 7 BV, Art. 24 Abs. 2 BV und Art. 25 BV)
Kartei Details
Karten | 44 |
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Lernende | 15 |
Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 22.05.2017 / 20.04.2024 |
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Rechtsfolgen von Grundrechtsverletzungen
Restitution → z. B. Entlassung aus dem Gefängnis, wenn zu Unrecht im Gefängnis, Landzurückgabe bei unrechtmässiger Enteignung → Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands, ev. Rückweisung an die Vorinstanz
Kompensation: z. B. für unrechtmässige Haft, Schadenersatz und Wiedergutmachung. Wenn die Restitution nichts mehr bringt (der rechtmässige Zustand kann nicht wieder hergestellt werden oder ist schon wieder hergestellt)
Prävention: Vermeidung von Grundrechtsverletzungen, die wieder vorkommen könnten
Art. 36 BV: Einschränkungen von Grundrechten
- Gesetzliche Grundlage
- Schwerwiegende Eingriffe müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein
- Öffentliches Interesse und Schutz der Grundrechte Dritter
- Verhältnismässigkeit
- Kerngehalt
Grundsatz: Einschränkungen sind unter bestimmten Voraussetzungen zulässig
Auf welche Art von Grundrechten ist Art. 36 BV anwendbar?
Auf Freiheitsrechte.
Klassischer Grundrechtseingriff
Rechtsförmige, zielgerichtete, unmittelbare und zwingende Minderung der Freiheit eines Menschen.
Rechtsförmige und faktische Beeinträchtigung von Grundrechten
Rechtsförmig: Beeinträchtigung aus Rechtsnorm oder formellem Rechtsakt (Verfügung, Urteil)
Faktisch: Das Grundrecht wird durch eine tatsächliche Handlung beeinträchtigt (Realakt)
Zielgerichtete und unbeabsichtigte Beeinträchtigung von Grundrechten
Zielgerichtet: Rechts- oder Realakt soll den Grundrechtsträger betreffen (Absicht)
Unbeabsichtigt: Grundrechtsträger wird versehentlich oder unzielgerichtet aber unmittelbar beeinträchtigt (kein Vorsatz)
Unmittelbare und mittelbare Beeinträchtigung von Grundrechten
Unmittelbar: Erlass, Verfügung oder Realakt schränkt den Grundrechtsträger direkt ein
Mittelbar: Der Grundrechtsträger ist in seinem Grundrecht nur indirekt berüht und nicht direkt von der Massnahme betroffen
Zwingende und nicht zwingende Beeinträchtigung von Grundrechten
Zwingende: Beeinträchtigung erfolgt gegen den Willen des Grundrechtträgers
Nicht zwingende: Beeinträchtigung erfolgt mit dem Willen des Grundrechtträgers (Grundrechtsverzicht, kein Eingriff!)
Beeinträchtigung von Grundrechten durch Unterlassen des Staates (bei Schutzpflicht)
Wo ein Handeln des Staates verlangt ist, werden Grundrechte verletzt, wenn staaatliche Behörden untätig bleiben, obwohl:
- sie die Gefahr für das Grundrecht kennen oder hätten erkennen können
- sie in der Lagen gewesen wären, die erforderlichen zumutbaren Massnahmen zu ergreifen
Fall: Rote Zora
Was ist der Chilling effect?
Spezialform des mittelbaren Eingriffs:
Die staatliche Massnahme hat eine abschreckende Wirkung auf die Grundrechtsausübung
Eingriffsintensität
Eingriffsintensität (schwer, leicht) hat Einfluss auf
- Art der gesetzlichen Grundlage
- Öffentliches Interesse/Güterabwägung
Je schwerer der Eingriff, desto höher die Anforderungen an die gesetzliche Grundlage, öff. Interesse und desto differenzierter muss die Interessenabwägung vorgenommen werden.
Kriterien für die Eingriffsintensität
- Persönlichkeitsnähe
- Dauer, Art und Gesamtumstände der Beeinträchtigung
- Auswirkung auf den Lebensalltag der Betroffenen
- Zahl der Betroffenen
Beurteilung: Objektive Betrachtungsweise, Einzelfallbeurteilung
Klassifizierungsmerkmale Grundrechtseingriff:
- Rechtsförmig/faktisch
- Zielgerichtet/unbeabsichtigt
- Unmittelbar/mittelbar
- Zwingend/nicht zwingend
Sonderstatusverhältnisse
Situationen, in welchen Personen in einer besonders engen persönlichen oder räumlichen Beziehung zum Staat stehen:
- Staatsdienst, Mitglied einer Behörde
- Armee, Gefängnis, Heim
- Kantonale Hochschule, städtische Bibliothek
- Schule (Lehrer und Schüler)
Staats- und Polizeischutzrecht
Die Aufgabe der Polizei kann nicht von vornherein abschliessend und bestimmt umschrieben werden.
- Anforderungen an die Normstufe gelten unverändert
- Anforderungen an die Normdichte (Bestimmtheit) sind herabgesetzt
1. Schutzbereich des Grundrechtes berührt?
Persönlicher SB: nat./jur. Personen, Kinder, Jugendliche, Flüchtlinge
Sachlicher SB: geschützte Sphäre und Ansprüche, Ziel und Zweck der Norm
2. Eingriff in den SB?
Eingriffsvoraussetzungen erfüllt?
- Tun/Unterlassen des Staates oder Trägers staatlicher Aufgaben?
- Verkürzung GR-Anspruch durch dieses Tun/Unterlassen?
- Verkürzung dem Staat zurechenbar?
Intensität des Eingriffs: schwer oder leicht?
3. Gesetzliche Grundlage
Zuständigkeit: Wurde das Gesetz/Verordnung von der zuständigen Behörde erlassen?
Normstufe:
- Schwer: Grundzüge des Eingriffs (Inhalt, Zweck, Ausmass) müssen in formellen Gesetz geregelt sein
- Leicht: Verordnung genügt, siehe Delegationsvoraussetzungen
- Wenn gesetzliche Grundlage fehlt: Polizeiliche Generalklausel oder Sachherrschaft des Gemeinwesens?
Normdichte:
- Gesetzliche Grundlage genügend präzis? (Je schwerer der Eingriff, desto präziser)
- Herabgesetzte Anforderungen an die Normdichte: Sonderstatusverhältnis? Polizeirecht?
Delegationsvoraussetzungen (Verordnung)
- Delegation ist nicht durch das Bundesrecht (BV) oder kantonales Recht ausgeschlossen
- Delegation bezieht sich auf eine bestimmte Materie
- Delegationsnorm ist im formellen Gesetz geregelt
- NUR bei schweren Eingriffen: formelles Gesetz selbst umschreibt Grundzüge der delegierten Regelung (Inhalt, Zweck, Ausmass)
Polizeiliche Generalklausel
- besonders hochstehende Schutzgüter des Staates oder von Einzelnen sind betroffen
- schwere Gefahr oder die schwere Störung hat sich schon verwirklicht
- zeitliche Dringlichkeit
- keine geeigneten gesetzlichen Massnahmen und diese lassen sich auch nicht zeitnah schaffen
- Behörde handelt im Rahmen ihrer Zuständigkeiten
- Massnahmen sind verhältnismässig
Sachherrschaft des Gemeinwesens
Einschränkung der Grundrechtsausübung in Form des gesteigerten Gemeingebrauchs an öffentlichen Sachen auch ohne gesetzliche Grundlage (Praxis BGer)
4. Öffentliches Interesse und Schutz Grundrechte Dritter (Art. 36 Abs. 2 BV)
Polizeigüterschutz: dient der Eingriff dem Schutz von
- öffentliche Sicherheit (Leib, Leben, Eigentum, Freiheit, Ehre, Einrichtungen des Staates)
- öffentliche Ordnung
- öffentliche Gesundheit
- öffentliche Sittlichkeit
- Treu und Glauben im Geschäftsverkehr
Staatsaufgaben: dient der Eingriff zur Erfüllung einer Staatsaufgabe?
- Aufgaben aus Bundes-, Kantonsverfassung, Gesetz, VR-Verträge zur Erledigung durch das Gemeinwesen
- zu verfolgende öffentliche Interessen (Umweltschutz, Raumplanung, sozialpolitische Interessen)
Schutz Grundrechte Dritter
5. Verhältnimässigkeit
- Eignung: taugliches Mittel, um die öff. Interessen zu erreichen
- Erforderlichkeit: mildestes Mittel in zeitlicher, räumlicher, personeller und sachlicher Hinsicht
- Zumutbarkeit: Interessenabwägung
6. Kerngehalt (Art. 36 Abs. 4 BV)
Wahrt der Eingriff den Kerngehalt?
Typologie der Grundrechte
- Freiheitsrechte (Abwehr)
- Gleichheitsrechte
- Sozialrechte (Leistung vom Staat)
- Politische Rechte
- Verfahrensrechte
Subjektiv-rechtliche Grundrechtsdimension
- Abwehransprüche
- Schutzansprüche
- Leistungsansprüche
-> unmittelbar geltende, justiziable Rechte der Grundrechtsträger, unmittelbar wirkende Verpflichtungen des Staats
Voraussetzungen für Schutzpflicht des Staats
- Staat muss vom Vorfall wissen
Staat muss die Möglichkeit haben um einzugreifen
Staatsmassnahmen müssen grundrechtskonform sein
Leistungsansprüche aus dem Verfassungstext:
- Anspruch auf Hilfe, Betreuung und die Mittel, welche für ein menschenwürdiges Dasein unerlässlich sind
- Anspruch auf unentgeltlichen Grundschulunterricht
- Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege
Abwehransprüche
- Verbot ungerechtfertigter polizeilich verfügter Wegweisung aus einem bestimmten Areal
- Verbot zwangsweiser Medikamentenbehandlung
- Verbot ungerechtfertigter Haft oder Festhaltung
Schutzansprüche
Pflicht der Polizei, bekannter und ernsthafter gewalttätiger Bedrohung durch Private einzugreifen
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