8. Vertragserfüllung
Gérard Hertig (ETH Zurich)
Gérard Hertig (ETH Zurich)
Kartei Details
Karten | 14 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Recht |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 07.02.2017 / 06.01.2023 |
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Schuldner (Wer?)
- − Grundsatz: Unpersönlichkeit der Leistungspflicht
- Geschuldete Leistung kann von jedermann erbracht werden
- Schuldner kann Leistung durch Dritte erbringen lassen oder sich Hilfspersonen bedienen
- Ausnahme: Persönliche Leistungspflicht
- Arbeitsvertrag, Arzt- oder Anwaltsvertrag, Opernsänger, etc.
- Mehrheit von Schuldnern
- Mehrere Schuldner haben jeweils für gesamte Schuld einzustehen
- Erbringt ein Schuldner die Leistung
- ist die Schuld getilgt
- kann er bei anderen Schuldnern Regress nehmen
Gläubiger (An wen?)
Im Gegensatz zur Unpersönlichkeit des Schuldners wirkt grundsätzlich nur die Leistung an den richtigen Gläubiger leistungsbefreiend. Ist der Gläubiger durch Dritte gesetzlich vertreten oder besteht ein vertragliches Stellvertretungs- oder Abtretungsverhältnis, so ist die Leistungserbringung an die Drittperson einer direkten Leistung an den Gläubiger gleichgestellt. In allen anderen Fällen besteht die Schuld gegenüber dem Gläubiger fort, wenn der Schuldner an einen Dritten und nicht an den Gläubiger leistet.
Ausnahmen von der Leistungspflicht an den Gläubiger bestehen, wenn der Schuldner zur Leistung an einen Dritten verpflichtet oder berechtigt wurde. Dies kann sich bei-spielsweise aus Vertrag, durch Anweisung des Gläubigers oder des Richters oder im Konkurs des Gläubigers aus dem Gesetz ergeben.
Leistungsgegenstand (Was?)
- Vertragliche Hauptpflicht
- Die Pflichten, die für den Vertrag charakteristisch sind
- Vertragliche Nebenpflichten
- Schutzpflichten: Schutz des Besuchers von Sportanlässen
- Mitteilungs- und Mitwirkungspflichten: Aufklärungspflicht des Arztes bei Operationsrisiko
Erfüllungszeit (Wann?)
- Grundsätzlich können Ansprüche sogleich erfüllt (Erfüllbarkeit) und eingefordert (Fälligkeit) werden
- Bei einem vollkommen zweiseitigen Vertrag werden beide Leistungen gleichzeitig fällig (Zug um Zug)
- Sonderfall: Dauerschuldverhältnis
Beispiele: Arbeits-, Miet-, Lizenz-, Darlehensvertrag
Verjährung
- Nach Ablauf der Verjährungsfrist kann Forderung nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden
- Kann vom Schuldner gegen den Anspruch des Gläubigers geltend gemacht werden
- Wird Verjährung vom Schuldner nicht geltend gemacht, kann Gläubiger die Forderung durchsetzen; Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt
- Grundsätzlich verjähren alle Forderungen des Privatrechts, Ausnahmen im Sachen-, Erb- und Persönlichkeitsrecht
Normale Verjährungsfrist: 10 Jahre
Kürzere Verjährungsfristen
- 5 Jahre: z.B. Mietzinsforderungen, Arbeits-, Arzt- und Anwaltsverträge (Art. 128 OR)
- 1 Jahr (ab Kenntnis von Schaden & Schuldner, sonst 10 Jahre ab Tag der Handlung): Schadenersatz aus unerlaubter Handlung (Art. 60 OR)
- 2 Jahre (ab Kenntnis von Schaden & Schuldner, sonst 10 Jahre ab Tag der Handlung): Schadenersatzansprüche im Strassenverkehr (Art. 83 SVG)
- 2 Jahre (ab Ablieferung/Abnahme, mit Ausnahmen): Gewährleistungsrechte wegen Mängeln im Kauf- und Werkvertragsrecht (Art. 210, 371 OR)
Leistungsstörungen
- Unmöglichkeit Leistung ist unmöglich (z.B. Leistungsgegenstand ist „untergegangen“)
- Positive Vertragsverletzung Mangelhafte Hauptleistung oder Verletzung einer Nebenpflicht
- Schuldnerverzug Schuldner leistet verzögert, obwohl die Leistung noch möglich wäre
- Gläubigerverzug Gläubiger verzögert die Entgegennahme der Leistung des Schuldners
Unmöglichkeit: Rechtsfolgen
Mögliche Rechtsfolgen der Unmöglichkeit sind die Nichtigkeit des Vertrags, eine Schadenersatzpflicht oder aber das Entfallen der schuldnerischen Verpflichtungen.
z.B Kann die Erfüllung der Verbindlichkeit überhaupt nicht […] bewirkt werden, so hat der Schuldner für den daraus entstehenden Schaden Ersatz zu leisten, sofern er nicht beweist, dass ihm keinerlei Verschulden zur Last falle.
Positive Vertragsverletzung
- Schlechtleistung der vertraglichen Hauptpflicht oder Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht
Voraussetzungen
- Verletzung einer vertraglichen Pflicht
- Schaden
- Kausalzusammenhang zwischen 1 und 2
- Verschulden (Exkulpationsbeweis des Schädigers)
- Rechtsfolge: Schadenersatz
- Teilweise durch Sonderregelungen ersetzt (z.B. Gewährleistungsrecht beim Kaufvertrag)
Schuldnerverzug Voraussetzungen
1. Fälligkeit der Forderung
2. Ausbleiben der Leistung, obwohl diese möglich wäre
3. Kein Leistungsverweigerungsrecht
4. Verzug des Schuldners
Sind die Voraussetzungen des Schuldnerverzuges gegeben, haftet der verspätete Schuldner dem Gläubiger für den entstandenen Verspätungsschaden und für Schäden, die von keiner Partei zu vertreten sind (Zufall, Art. 103 Abs. 1 OR). Der Schadenersatz-anspruch des Gläubigers ersetzt nicht dessen Anspruch auf die Hauptleistung, sondern tritt kumulativ zu diesem hinzu. Wie bei der positiven Vertragsverletzung ist der Gläu-biger so zu stellen, als ob der Schuldner seine Leistungspflicht korrekt erfüllt hätte, also rechtzeitig geliefert hätte (so genanntes „positives Interesse“). Der Schuldner kann sich von der Leistung des Verspätungsschadens befreien, wenn er beweist, dass er die Ver-spätung nicht zu vertreten hat
Schuldnerverzug −Rechtsfolgen
- Allgemein: Ersatz des Schadens aus verspäteter Erfüllung (Exkulpation: Schuldner nachweist fehlendes Verschulden)
- Bei Geldschulden: Verzugszins (verschuldensunabhängig) von mindestens 5%
- Gläubiger kann nach Setzung einer angemessenen Nachfrist
- weiterhin Erfüllung und Schadenersatz wegen Verspätung verlangen,
- auf Leistung verzichten und Ersatz des Nichterfüllungsschadens verlangen, oder
- auf Leistung verzichten und vom Vertrag zurücktreten
Gläubigerverzug −Voraussetzungen
- Schuldner bietet Leistung an
- Gläubiger verhindert Erfüllung durch
- Weigerung der Annahme
- Verweigerung von Vorbereitungs/Mitwirkungshandlungen
Gläubigerverzug−Rechtsfolgen
- Schuldner kann nicht in Schuldnerverzug geraten
- Gläubiger trägt das Risiko für den zufälligen Untergang der Leistung
- Schuldner kann seine Verpflichtung durch Hinterlegung der Sache erfüllen
Leistungs- und Erfüllungsort (Wo?)
Der Erfüllungsort der Leistung bestimmt sich in erster Linie nach der Parteivereinba-rung. Wenn keine solche getroffen wurde, bietet das Gesetz dispositive Regelungen (Art. 74 OR): Geldschulden sind am Ort zu zahlen, am dem der Gläubiger zur Zeit der Erfüllung seinen Wohnsitz hat. Stückschulden sind an jenem Ort zu übergeben, an dem sich der fragliche Gegenstand zur Zeit des Vertragsschlusses befand. Grundsätzlich sind andere Verbindlichkeiten am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen, wobei abweichende Vereinbarungen möglich sind (dispositive Norm).
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