9. Die Konstruktion der bürgerlichen Stadt
Georges-Eugène Hausmann baut Paris zur Hauptstadt des 19. Jh um
Georges-Eugène Hausmann baut Paris zur Hauptstadt des 19. Jh um
Kartei Details
Karten | 15 |
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Sprache | Deutsch |
Kategorie | Geschichte |
Stufe | Universität |
Erstellt / Aktualisiert | 06.02.2017 / 06.01.2023 |
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Louis Napoléon und Georges-Eugène Haussmann
- Mit der Absetzung von Napoleon wurden seine begonnenen Arbeiten unterbrochen. Um 1830 unternahm man wieder kleinere Eingriffe (Passagen, ...). Paris war damals eine Stadt, die immer noch grosse strukturelle Probleme aufwies. Es gab nach wie vor diese sehr engen und dicht bebauten Strassen.
- Zu dieser Zeit wurde Paris zu einer der grössten Industriestädte Europas. Es gab eine hohe Einwanderungsquote und eine Landflucht, die Leute kamen in die Städte um zu arbeiten. Paris hatte damals 1.5 mio. Einwohner, zu diesen liessen sich die Neuzuzügler in den Zentren oder an der Peripherie nieder. Als eine Folge wurde die schon sehr schwache Hygiene zusehends schlechter.
- Louis Napoleon, der nicht Napoleon I. war (dessen Neffe), jedoch als Präsident Frankreichs mit späterer Kaiserkrönung eine ähnliche Karriere durchlief, erkannte den Bedarf einer Stadterneuerung. Als er 1848 an die Macht kommt, ist das Klima sehr unruhig. Er stellt sich als den Retter der Ordnung in Paris dar. Dafür stellt er ein konservatives Programm der Sicherheit und Kontrolle auf.
- Louis Napoleon kannte sich in der Architektur aus, er sah verschiedene Städte und las Traktate. Dementsprechend waren die ersten von ihm delegierten Veränderungen die Wohnsiedlungen für die Arbeiter. Dort bildeten mehrere Häuserblöcke zusammen einen grösseren Block.
Zusammenfassung dieses Kapitels
- Mit dem Sturz von Napoleon wurden seine Ideen nicht wirklich weitergetrieben
- Der König hatte zudem andere Interessen
- Eher kleine Eingriffe wurden geplant, zum Beispiel Passagen
- Paris war immer noch eine Stadt mit strukturellen Problemen, viel zu enge Strassen mit wenig Belichtung, die
- Einwohnerzahl stieg stark an und die Leute liessen sich entweder im Zentrum nieder oder in der Peripherie (dort entstehen jedoch nur noch mehr Probleme) -> Stadterneuerung ist gefragt
- Louis Napoléon erkennt diese Probleme und er stellt sich als derjenige dar, der für die Sicherheit und Ordnung für die Bürger zuständig ist, sein Programm ist ein konservatives Programm der Sicherheit und Kontrolle (bezogen auf das Bürgertum), er beschäftigt sich sehr mit Paris (sein Interesse gilt der Politik und der Macht in Paris, sowie auch der Architektur, er ist wie ein Architekturdilettant)
- Napoleon interessiert sich insofern nur für die Bürger, da sie seine Wähler sind, ansonsten kümmert er sich nicht so darum
- Er will die Stadt von Grund auf erneuern und modernisieren
- Durchbrüche = grosse breite moderne Strassen
- Er arbeitet mit einem grossen Plan (plan coloré) und dort malte Napoleon III. mit Farben die Dringlichkeit der Erneuerungen ein, rot als sehr dringend (wichtige Verkehrsnotwendigket und auch grafische Achse in der Stadt)
- System der geraden Strassen -> ähnlich wie in Rom, und ebenfalls mit wichtig funktionalen Gebäuden als End- und Schnittpunkte, zentrale Monumente des Bürgertums sowie auch Infrastrukturen (funktional) In dem Sinn wollte er auch eine Verschönerung der Stadt
- Die Vorstellung grosser neuer Strassen war bereits vorhanden, aber die Durchbrüche waren bei Napoleons Plan anders. -> Ähnlichkeit mit Sixtus und den Hauptkirchen Roms, bei Napoleon sind es anstelle der Kirchen einfach die grossen bürgerlichen öffentlichen Institutionen wie die Börse.
- Auch Infrastrukturelle Funktion -> Bahnhöfe müssen erschlossen werden.
Die Funktionen sind folgende:
1. Die Verkehrsverbesserung,
2. die alten und neuen Monumente und Institutionen zu verknüpfen,
3. Die Stadt soll geheilt werden (Luft, Licht…),
4. Stadt soll verschönert werden,
5. militärische Kontrolle der Stadt, Verschiebung des Militärs in der Stadt wird vereinfacht.
- Den Auftrag zur Realisierung der Granc Crosée bekam Jean-Jacques Berger.
- Ausgangslage: Entlang der Strassen war die Stadtstruktur sehr dicht.
- Bergers Intervention: Die Strasse ist ein 30m breiter Durchbruch. Durch sie erhielten die Bahnhöfe von Paris eine bessere Verbindung. Die städtebaulichen Veränderungen erfolgten aber sehr langsam, da er ein Perfektionist war
- Zur Finanzierung: Die Stadtkasse sollte die Zinsen für die Ausleihen bezahlen. Die Ausbauarbeiten fanden mit fremdem Kapital statt. D.h. Leihen von der Bank und Kapital der Stadt, welches sie nicht besass. Berger weigerte sich, diese Finanzierungsmethoden zu akzeptieren und wurde deswegen abgesetzt. Haussmann erhielt nun den Auftrag, das Projekt fortzusetzen. Er übernahm den „Plan Coloré“ von Napoleon, modifizierte ihn aber leicht. So stellte die Farbe Gelb die grossen, schon existierenden Strassen dar. Die anderen Farben standen für Prioritäten der neuen Strassen (sie setzten schon Existierendes fort). Der historischen Stadt wurde eine neue überlagert. Man kann bei Haussmanns Plan von einer ausgeklügelten Balance zwischen dem Zerstören historischer Gebäude und dem Beibehalten historischer Strukturen sprechen.
- Fazit: Haussmanns Plan ist eigentlich nur eine Weiterentwicklung bereits begonnener Strassenprojekte.
- Grundstücke, die sich mit den neuen Strassen überschnitten, wurden entfernt (viele Armenquartiere waren betroffen) oder ausgeschnitten und die anliegenden Strukturen mit neuen Fassaden eingekleidet.
- Die Reaktion der Pariser war zu Beginn durchzogen, die neuen Strassen gewannen aber rasch an Attraktivität und so war man bald überzeugt.
- Exkurs: Rue Rivoli war immobilientechnisch ein Misserfolg, auch ihr nahm sich Haussmann in einem nächsten Schritt an.
- Die Markthallen waren das zweite grosse Thema von Louis Napoleon. Sie wurden noch unter Berger gebaut, doch der Kaiser befand die Architektur als altmodisch (Stahlbau) und so nahm Haussmann einige Änderungen vor.
- Die Baukosten stiegen auf das Dreifache des Ursprungspreises.
- Die Hallen wurden zum Wunderwerk und waren gut besucht.
- Es war eine wichtige Massnahme, bei der Louis Napoleon III. gewichtige Entscheidungen traf. Er schenkte der Stadt den Park (als Entschuldigung dafür, dass seine Machtübernahme nicht so reibungslos verlaufen war). Die Umgestaltung des Parks überliess er Jacob Hittorff.
- Ursprünglich war der Park barock, wurde später in eine romantische Anlage umgewandelt. Er wurde zu einem bekannten Erholungsraum von Paris und die Bevölkerung schätzte ihn. Es gab sogar einen Bootsverleih und einen See (auch zum Fischen).
- Ein wichtiger Punkt war die Angliederung des Parks an die Stadt.
Wird von Haussmanns Landschaftsarchitekt gebaut.
- 120m breite Verbindung von x zum Bois de Boulogne mit vielen grünen Bäumen
- Er ist das Zentrum der ganzen Stadterweiterung. Die Strassen (12 an der Zahl) dort traffen schon immer radial auf den Platz, welcher durch Häuser begrenzt wird. Die Häuser besitzen grosse Vorgärten und können von hinten erschlossen werden, damit im vorderen Bereich eine repräsentative Fassade ungestört bleibt.
- Ursprünglich hatte die Insel eine kleinteilige, dichte Bebauung. So dicht, dass sogar die Brücken bebaut wurden. Man musste die Brückenhäuser aber später abreissen.
- Notre Dame wurde im Sinne des 19. Jh. freigestellt und erhielt einen überdimensionierten Vorplatz (unter Louis Napoleon).
- Haussmann sah eine ziemlich radikale Veränderung für die Insel vor. Anstelle der kleinteiligen Strukturen kamen grosse, die für militärische Zwecke dienten.
- Er lässt die Strasse begradigen.
- Es gab nicht nur einen Standart-Boulevard-Typus. Dieser hier wurde einem Flussverlauf folgend gebaut. Der Kanal ist an mehreren Stellen sichtbar und verläuft in Strassenmitte.
Extremes Beispiel für einen sehr begrünten und landschaftlichen Boulevards
Das Wasser wurde extra abgesenkt, sodass der Boulevard gebaut werden konnte
- Es ist ein städtischer Boulevard, der direkt zum damals zwar noch nicht gebauten, aber geplanten Opernhaus führt.
- Für diesen Boulevard mussten viele Häuser fallen. Er wird umsäumt von vielen hohen Gebäuden, die diesen städtischen Charakter noch verstärken (städtisch = ohne Bäume).
- Für das Opernhaus gewann Charles Garnier den Wettbewerb
- man wollte die Oper in Szene setzten (es gab sie vorher noch nicht) gute Verbindung wurde geschaffen
- Avenue mit Oper am Ende als Inszenierung
- Les Promenades de Paris ist ein Buch, in welchem Alphands gesamtes Werk aufgezeigt wird. Der Architekt hat für alle möglichen Platzsituationen eine Lösung parat. Er behandelt nicht nur die Oberfläche der Plätze und Boulevards, sondern auch die darunter laufende Infrastruktur.
- Er entwickelte auch eine Baumaschine, die es ermöglichte, grosse Bäume umzupflanzen, sodas Plätze und Boulevards möglichst schnell eine Wirkung entfalten konnten.
- Caillebotte war ein franz. Maler, der die Haussmann-Stadtumwandlung dokumentarisch festhielt.
- Eine der wichtigsten Operationen, die Haussmann durchführte, war die Wasserversorgung. Dafür liess er lange Leitungen direkt in die Stadt hinein bauen (zuvor wurde das Wasser aus der Seine genommen, gefiltert und als Trinkwasser verwendet. Blöd nur dass man alles Abwasser auch in die Seine leitete). Er setzte viel Energie darauf, denn für ihn war es ein wichtiger Schritt zur modernen Stadt (den Kaiser interessierte dies herzlich wenig). Auch die Kanalisation war eine grosse Errungenschaft seinerseits.
Häuser an den Boulevards
- Alte und enge Strassen wurden durch gewaltige Verkehrsbauwerke ersetzt
- Durch die neuen Strassen wurde der Stadt eine neue Triangulatur gegeben. Sie brachten eine neue Geometrie in die Stadt (die zuvor mittelalterlichen Parzellen waren annähernd recheckig), mit ihnen wurden viele Grundstücke dreieckig (aufgrund des Stern-Systems). Dies brachte neue Formen und Typologien hervor.
- Es entstanden drei neue Klassen von Häusern an den Boulevards: Die Schlafzimmer waren zum Hof gerichtet (auch wenn z.T. inexistent), die repräsentativen Räume waren eher zur Strasse orientiert. Höfe hatten keine Funktionen mehr (dort wurde früher gearbeitet), sie dienten nur noch zur Licht- und Luftzufuhr. Die luxuriösen Gebäude hatten immer zwei Treppenhäuser (Für Hausherren und Angestellte).
- Fixierung und Verbindung wichtiger Punkte in der Stadt.
Errungenschaften und Schatten.
- Paris unter Haussmann: Er erstellte in seinen 17 Jahren der Transformation 15km Boulevards und errichtete etwa 100'000 neue Gebäude (er hatte aber auch 27'000 abreissen lassen). Das Gesetz erlaubte es, die Grundstückbesitzer zum Marktpreis zu enteignen. Dabei sollten die enteigneten Gebäude in den Besitz der Stadt fallen (dieses Gesetz wurde von Napoleon bald wieder geändert: neu sollten nicht nur die Eigentümer, sondern auch die Mieter entschädigt werden. –> die Stadt musste immer mehr Geld in diese Operation stecken -> spekulative Dynamik).
- Der Geldmangel führte schlussendlich zum Sturz von Haussmann. Er hatte mit Geld gearbeitet, dass gar nie existierte. Um die Schuldscheine einzulösen, verwendete Haussmann „fertiggestellte“ Bauwerke als Einsatz. Paris konnte lediglich die Zinsen für die Anleihen bezahlen, es musste extra eine neue Bank gegründet werden, um der Stadt so viel Geld zur Verfügung zu stellen.
- Das Ergebnis der Modernisierung war ein völlig neues Paris. Die neuen Strassenräume hatten eine grosse Faszination auf die Menschen der damaligen Zeit.
- Schattenseiten: Die Situation der Arbeiter und Fabriken wurde durch Haussmanns Eingriff weder gelöst noch verbessert. Man machte die Arbeiten auf Kosten der ärmeren Schichten.
Stadtumbau in Europa
Florenz: Mercato Vecchio, 1865
- Transformation: neue breitere Strassen im Sinn von Haussmann, Überlagerung der historischen Stadt und der modernen Stadt
- Neue Fassaden an der Piazza !
Rom: Corso Vittorio Emanuele II, 1882-86
- Verbindung zwischen Piazza die Venezia und der Chiesa Nova, man getraut sich nicht grosse Durchbrüche zu machen und so entstehen merkwürdig gewinkelte Strassen, sie werden schon breiter aber eben nicht zu einer optischen Verbindung
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